• Keine Ergebnisse gefunden

Die Behandlungsmethoden männlicher und weiblicher „Sterilität“

4.3 Staatlich legitimierte Wege und Möglichkeiten der „assistierten“

4.3.1 Die Reproduktionstechnologien in Deutschland

4.3.1.2 Die Behandlungsmethoden männlicher und weiblicher „Sterilität“

Im Rahmen des Embryonenschutzgesetzes haben sich verschiedene Behandlungsme-thoden männlicher und weiblicher „Sterilität“ in der medizinischen Praxis etabliert, de-ren Kosten wie oben gezeigt mit wenigen Ausnahmen von den Gesetzlichen wie den Privaten Krankenversicherungen bei entsprechender medizinischer Indikation und Aus-sicht auf das Herbeiführen einer Schwangerschaft übernommen werden. Die medizini-sche Definition von „Unfruchtbarkeit“ bezieht sich auf die Situation, dass nach ein bis zwei Jahren mit regelmäßigem ungeschützten Geschlechtsverkehr keine Schwanger-schaft eingetreten ist.95 Dabei fällt auf, dass von einer klaren Unterscheidung zwischen

„Fruchtbarkeit“ und „Unfruchtbarkeit“ ausgegangen wird. Die spezifischen Umstände des Paares werden hier nicht berücksichtigt, die jedoch wesentlich zu einer scheinbaren

„Unfruchtbarkeit“ beitragen können. So ist es beispielsweise möglich, dass das Paar eine Wochenendbeziehung lebt und entsprechend zeitlich determinierte sexuelle Bezie-hungen hat, der Eisprung der Frau aber in der Woche stattfindet, oder dass generell we-nige sexuelle Kontakte stattfinden bzw. diese selten im Koitus enden. Eine Folge der engen statistischen Definition von „Unfruchtbarkeit“ sind die immer wieder in den Me-dien erwähnten Prozentzahlen von 10 bis 20 % „ungewollt kinderloser“ (Ehe)paare in Deutschland, die jedoch keine Angaben darüber machen, ob es sich um den Prozentsatz aller Kinderlosen in der deutschen Bevölkerung handelt, um den Anteil aller Kinderlo-sen der „fortpflanzungsfähigen Altersgruppen“ oder um diejenigen KinderloKinderlo-sen, die eine ärztliche Behandlung gesucht haben.96

In Deutschland werden reproduktionsmedizinische Technologien in Kliniken oder Pra-xen durchgeführt, die sich ausschließlich auf die Fortpflanzungsmedizin spezialisiert haben (privat- und kassenärztliche Einrichtungen), sowie in spezifischen Abteilungen

Bundessozialgerichts (nach der Klage eines Paares) in der Regel wieder weitgehend übernommen. Aufwendungen für eine Behandlung sind im übrigen nach § 33 EstG als außergewöhnliche Belastung steuerlich abzugsfähig.

95 In meiner Feldforschung habe ich es jedoch erlebt, dass Paare schon nach einem halben bis einem Jahr in die

„Kinderwunsch-Sprechstunde“ der Kliniken kamen.

96 Wobei sich hier allerdings auch die gesellschaftliche Idealvorstellung, dass zu einem verheirateten Paar Kinder gehören, widerspiegelt.

größerer Kliniken (beispielsweise Universitätskliniken oder auch staatliche Frauenklini-ken). Diese Zentren sind frei zugängig, d.h. nach Voranmeldung kann ein Termin zu einem Erstgespräch mit einem Arzt vereinbart werden. Am Anfang jeglicher Diagnose und auch Therapie steht die Selbstdefinition der Frau/des Paares als „ungewollt kinder-los“. Mit dieser Vorab-Definition wird ein Gynäkologe oder direkt ein reproduktions-medizinisches Zentrum aufgesucht. Bei jedem Erstgespräch (auch „Kinderwunsch-Sprechstunden“ genannt) zwischen dem Arzt und dem „ungewollt kinderlosen“ Paar erfolgt eine ausführliche Erhebung der Vorgeschichte (Anamnese). Diese wird zumeist in Form eines Fragebogens ermittelt. Gefragt wird unter anderem nach Alter, Größe, Gewicht, Operationen im Bauch und Unterleib, Krankheiten, früheren Erkrankungen, Zyklusverlauf, Regelblutung, bisherige Form der Verhütung, vorausgegangenen Schwangerschaften und deren Verlauf, Fehlgeburten, Entzündungen der Eierstöcke, der Scheide oder der Hoden/Nebenhoden, nach der Dauer des „Kinderwunsches sowie Art und Dauer der bisher durchgeführten Diagnostik und gegebenenfalls der Therapien.

Auch die Sexualität des Paares, zumeist die Häufigkeit der sexuellen Kontakte, spielt eine wichtige Rolle (Feige et al. 1997:104ff).

Der Mann wird einer urologischen Untersuchung unterzogen, um den andrologischen

„Sterilitätsfaktor“ zu bestimmen. Diese sieht neben einer Hormonanalyse eine körperli-che Untersuchung der äußeren Genitalien vor sowie die Erstellung eines Spermio-gramms, um die Spermien auf Qualität, Quantität und Beweglichkeit zu prüfen. Bei der körperlichen Untersuchung der Frau werden zunächst die äußeren und die inneren Ge-nitalien kontrolliert. Es folgen weitere Untersuchungen zur Abklärung der weiblichen

„Sterilität“ wie die Hormonanalyse97 anhand abgenommenen Blutes, die Basaltempe-raturmessung98 und/oder der Postcoital-Test99. Sie beziehen sich vor allem auf Störun-gen der Abläufe im Eierstock (Schirren et al. 1989:73ff). Die Durchgängigkeit der Ei-leiter sowie Verwachsungen oder gutartige Tumore der Gebärmuttermuskulatur (Myo-me) können mit Hilfe einer röntgenologischen Untersuchung der Eileiter und der Ge-bärmutter (Hysterosalpingographie) überprüft werden. Dabei wird die GeGe-bärmutter mit Kontrastmittel gefüllt und dann mit Hilfe von Röntgenaufnahmen festgestellt, ob das Kontrastmittel über die Eileiter in den Bauchraum abfließen kann. Eine weitere Mög-lichkeit ist die Bauchspiegelung (Laparoskopie) als gleichzeitig diagnostische und

97 So kann zum Beispiel ein erhöhter Prolaktin-Wert unterschiedliche Zyklusstörungen bewirken (Prolaktin wird auch als Still- oder Stresshormon bezeichnet).

98 Störungen des Zyklus und der Eierstockfunktion können mit Hilfe der Basaltemperaturmessung festgestellt wer-den.

99 Beim Postcoital-Test wird die Frau nach verordnetem Geschlechtsverkehr zur Untersuchung einbestellt, um das Vorhandensein von lebensfähigen Spermien im oberen weiblichen Geschlechtstrakt nachzuweisen.

rapeutische Maßnahme, bei welcher der Bauchraum betrachtet und kleinere Eingriffe vorgenommen werden können. Hierfür ist eine Vollnarkose notwendig.100

Im wesentlichen sind zwei Behandlungsmöglichkeiten der männlichen „Sterilität“ zu nennen: die medikamentös-hormonelle und operative Behandlung. Gaben des männli-chen Geschlechtshormons können die Spermienreifung anregen und zu einer Erhöhung der Dichte normal geformter und beweglicher Spermien führen (Winkler 1994:105).

Durch chirurgische Eingriffe werden z.B. Krampfadern am Hoden (Varikozelen) ent-fernt, welche sich negativ auf die Spermienreifung auswirken. Des weiteren können Verschlüsse der Samenleiter operativ behoben werden. Ebenfalls operativ kann eine Refertilisation erfolgen. Hier wird nach einer Sterilisation die Durchlässigkeit der Sa-menleiter wieder hergestellt (Schirren et al. 1989:169-186). Mit Hilfe des operativen Eingriffs der mikrochirurgischen Spermatozoen-Aspiration aus dem Nebenhoden (MESA) können Spermienvorstufen direkt aus den Nebenhoden gewonnen werden.

Während einer Vollnarkose wird der Nebenhoden punktiert und gleichzeitig werden die Punktate auf das Vorhandensein von Samenzellen untersucht. Bei einem positiven Nachweis wird der Eingriff beendet, um in der Zukunft gegebenenfalls neu punktieren zu können. Eine weitere Möglichkeit, Samenzellen mikrochirurgisch zu gewinnen, bie-tet die testikuläre Spermienextraktion (TESE). Auch dieser Eingriff erfolgt unter Voll-narkose, wobei aus Teilen des Hodengewebes Samenzellen herausgelöst werden.

Die Behandlung der weiblichen „Sterilität“ kann mit Hilfe von Hormontherapien erfol-gen, die sowohl eigenständige Behandlungen oder auch Teil der komplexeren medizini-schen Therapien sein können. Es werden Hormonpräparate in Form von Tabletten, Spritzen oder einer Pumpe verabreicht, um die Eierstöcke zur Follikelreifung zu stimu-lieren, Eisprünge auszulösen und die Gebärmutterschleimhaut auf eine Schwangerschaft vorzubereiten. Diese Behandlung wird regelmäßig fachärztlich kontrolliert. Verschlüsse der Eileiter und Verwachsungen können mittels chirurgischer Eingriffe behandelt wer-den. Dabei wird versucht, die Eileiter wieder durchgängig zu machen und Verwachsun-gen zu lösen. Teilweise geschieht dies durch eine Bauchspiegelung, teilweise durch mikrochirurgische Operationen. Ebenfalls können Endometrioseherde101, Zysten sowie Myome operativ entfernt werden.

100 Ich möchte hier explizit darauf hinweisen, wie umfangreich die Untersuchungen am Körper der Frau sind im Vergleich zu denen, die am Körper des Mannes vorgenommen werden zur Abklärung der Ursachen der „ungewollten Kinderlosigkeit“. Diese Unterschiede werden auch deutlich an den im weiteren Verlauf beschriebenen Behandlungs-methoden, die primär den weiblichen Körper als Behandlungsobjekt in den Mittelpunkt stellen, auch bei der Diagno-se „(eingeschränkte) männliche Zeugungsunfähigkeit“.

101 Endometriose ist eine Erkrankung, bei der sich Teile der Gebärmutterschleimhaut außerhalb der Gebärmutter angesiedelt haben.

Im Folgenden möchte ich nun die medizinischen Therapien darstellen, mit deren Hilfe versucht wird, die weibliche und/oder männliche „Sterilität“ zu überbrücken, um eine Befruchtung und anschließende Schwangerschaft zu erreichen.102 Es gibt zwei Varian-ten der Insemination.

Eine homologe Insemination mit aufbereitetem Sperma wird durchgeführt, wenn beim Ehemann oder Partner Störungen bezüglich Menge, Form und Beweglichkeit der Sa-menfäden vorliegen, bei einem vorzeitigen Samenerguss, Erektionsstörungen oder im-munologischer103 „Sterilität“ auf Seiten des Mannes oder der Frau. Die Spermien gelan-gen dabei direkt in den Gebärmutterhals oder die Gebärmutter (intrazervikal oder in-trauterin), was ihre Überlebenschancen steigern kann. Das durch Masturbation gewon-nene Sperma des Ehemannes oder Partners wird mit einem Kulturmedium versetzt und zentrifugiert. Danach wird es mittels eines dünnen, weichen Katheters direkt in die Ge-bärmutter oder den GeGe-bärmutterhals gebracht. Der Zyklus wird gleichzeitig beobachtet, und gegebenenfalls erfolgt eine Stimulation und die Auslösung des Eisprungs.

Unter heterologer Insemination versteht man die Verwendung von „Spendersperma“.

Anstelle von Sperma des Ehemannes wird auf kryokonserviertes Sperma eines Spenders zurückgegriffen, das vor der Insemination aufgetaut wird. Mit Hilfe der Kryokonservie-rung kann das Sperma über Jahre hinweg aufbewahrt werden. Die heterologe Insemina-tion wird zumeist bei „Zeugungsunfähigkeit“ oder bei der Weitergabe von schweren genetischen Erkrankungen des Mannes angewandt. Zur Steigerung der ‚Erfolgsaus-sichten’ wird die Frau bei einer Befruchtung mit „Spendersperma“ teilweise ebenfalls hormonell stimuliert.

Unter In-vitro-Fertilisation (IVF) mit Embryotransfer (ET) versteht man die außer-körperliche Befruchtung nach hormoneller Vorbehandlung und Zyklusüberwachung der Frau. Die Indikationen für eine In-vitro-Fertilisation sind überwiegend Eileiterver-schluss oder fehlende Eileiter (Tubenfaktor). Zunächst werden die Eierstöcke mit Hilfe hoch dosierter Hormongaben über ein bis zwei Wochen ruhig gestellt (Down-Regulation). Anschließend erfolgt eine Stimulierung der Eierstöcke durch tägliche Hormongaben (Tabletten, Spritzen) mit gleichzeitiger Zyklusüberwachung durch

102 Angaben zu ‚Erfolgsquoten‘ der einzelnen Methoden werde ich hier nicht machen, da diese in der Regel aufgrund der Aussagen der jeweiligen reproduktionsmedizinischen Zentren erstellt werden. Dabei zählt aus medizinischer Perspektive als ‚Erfolg‘ entweder die erreichte Befruchtung von Eizellen, die Anzahl der Frauen, an denen ‚erfolg-reich‘ ein Embryonentransfer vorgenommen wurde oder erzielte Schwangerschaften in einem sehr frühen Stadium.

Weder sagen diese Quoten etwas über die Anzahl der geborenen Kinder aus (die baby take home-Rate), noch bezie-hen sie die aus mediziniscbezie-hen Gründen abgebrocbezie-henen Behandlungsversuche (die ‚Misserfolge‘) mit ein (z. B. eine zu geringe oder zu hohe Stimulation, die nicht zur Punktion führt, oder die nicht erfolgte Befruchtung der Eizellen im Reagenzglas).

103 Bestimmte Abwehrmechanismen im Körper können sogenannte Antikörper bilden, die sich an die Samenzellen anlagern und diese in der Beweglichkeit hindern, wodurch eine Befruchtung erschwert bzw. unmöglich wird. Diese Antikörper können sowohl von der Frau als auch vom Mann selbst gebildet werden.

schalluntersuchungen und Hormonbestimmungen in Blut und Urin. Durch die hormo-nelle Stimulierung kommt es zu einer Reifung mehrerer Follikel.104 Der Eisprung wird wiederum mit einer Hormonspritze ausgelöst. Kurz bevor der Eisprung stattfindet, wird eine vaginale, ultrasonografisch gesteuerte Follikelpunktion durchgeführt. Um die Ei-zellen zu gewinnen, wird ein stabförmiger Ultraschallkopf mit einer Punktionsnadel in der Führungshülse durch die Scheidenwand zum Eierstock eingeführt. Dort werden die Follikel angestochen und die Flüssigkeit mitsamt der Eizelle abgesaugt (Beier 1997:22ff). Die Punktionen werden ohne Narkose, mit Teil- oder Vollnarkose durchge-führt.105

Nach der Beurteilung der Follikelflüssigkeit unter dem Mikroskop werden die reifen Eizellen im Inkubator (Brutkasten) gelagert. Das Sperma des Partners wird auf Anzahl und Beweglichkeit überprüft. Dieses im Labor aufbereitete Sperma wird im Inkubator in einer Petrischale mit den Eizellen zusammengebracht. Nach ca. 48 Stunden haben sich die Eizellen − wenn es zur Befruchtung und zur Zellteilung gekommen ist − bis zum Vier- oder Achtzellstadium geteilt und werden in die Gebärmutter transferiert. Die

‚überzähligen‘ befruchteten Eizellen im Vorkernstadium können auf Wunsch des Ehe-paares sofort kryokonserviert werden.106 Sie werden für einen späteren Transfer aufge-taut, um dann unmittelbar in den Uterus der Frau transferiert zu werden. Für diese Zy-klen, die sogenannten KryozyZy-klen, ist jedoch zusätzlich eine hormonelle Behandlung der Frau einschließlich einer ultrasonografischen Überwachung üblich. Der Em-bryotransfer (ET) erfolgt in der Regel ohne Narkose durch die Scheide und den Ge-bärmuttermund, indem ein dünner Plastikkatheter in die Gebärmutter eingeführt wird.

In den meisten Fällen ruhen die Frauen zwischen einer halben und einer Stunde, seltener verbleiben sie 24 Stunden in der Klinik. Zur Förderung der Einnistung erfolgt eine hor-monelle Unterstützung, die das „Schwangerschaftsmilieu“ der Gebärmutterschleimhaut begünstigen soll. In den folgenden ca. 14 Tagen muss abgewartet werden, ob sich ein oder mehrere Embryonen einnisten und eine Schwangerschaft entsteht.

104 Durch hormonelle Behandlungen der Eierstöcke werden sogenannte Superovulationen ausgelöst. Im Vergleich zum Spontanzyklus sind damit angeblich organisatorische Vorteile verbunden, da sich die Zyklusüberwachung ver-einfachen und das Auslösen des Eisprungs somit besser determinieren lässt.

105 Zur Organisation der Rahmenbedingungen einer Follikelpunktion und die dabei verwendete unterschiedliche Medikation der einzelnen IVF-Zentren in Deutschland siehe auch Barbian/Berg (1997:64-69).

106 Da die Befruchtung von Eizellen in vitro zum Zweck des Einfrierens in Deutschland nicht erlaubt ist (was im Ausland allerdings zum reproduktionsmedizinischen Alltag gehört), wird das Pronukleus-Stadium, das sogenannte Vorkernstadium, kryokonserviert. Dieser Vorkern gilt noch nicht als Embryo. Es bilden sich aus den Chromosomen (genetisches Material) der Eizelle und der Samenzelle zwei Zellkerne in einer Eizelle. Erst wenn diese beiden Vor-kerne miteinander verschmelzen, ist eine vollständige menschliche Körperzelle entstanden (Zygote). Das Pronukleus-stadium stellt demnach ein ZwischenPronukleus-stadium dar. Die Eizelle ist bereits befruchtet, aber männliches und weibliches Erbmaterial haben sich noch nicht verbunden. Kryokonservierte Vorkerne werden in flüssigem Stickstoff eingefroren und bei -196 0 C eingelagert.

Intratubarer Gametentransfer (GIFT): Die Befruchtung erfolgt in vivo, im Körper.

Sie verläuft bis zur Eizellentnahme mit der In-vitro-Fertilisation identisch. Dabei wer-den die gewonnenen reifen Eizellen mit dem aufbereiteten Sperma in wer-den Eileiter einge-spült. Für die Methode des intratubaren Gametentransfers muss mindestens ein Eileiter durchgängig sein; sie wird u.a. bei ungeklärter „Sterilität“ beider Partner oder geringer Spermienzahl angewendet.107

Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI)108 mit Embryotransfer (ET): Die-se Therapieform wurde im deutschen IVF-Register erstmals für die Jahre 1994 und 1995 vermerkt. Sie wird angewendet bei der Diagnose „männliche Zeugungsunfähig-keit“, d.h. aufgrund der Spermaquantität, -qualität oder -beweglichkeit ist eine Be-fruchtung der Eizelle nicht möglich. Das Vorgehen bei der Mikroinjektion ist ein-schließlich der Punktion mit der Methode der In-vitro-Fertilisation (IVF) identisch.109 Danach wird jedoch jeweils ein Spermium mit einer Mikropipette aufgenommen und durch die äußere Eihülle direkt in die Eizelle injiziert. Nach einer erfolgten Befruchtung und Teilung in ein Vier- oder Achtzellstadium erfolgt der Embryotransfer wie oben bei der In-vitro-Fertilisation beschrieben.

Bei den beschriebenen operativen Eingriffen bestehen die gleichen Risiken wie bei an-deren chirurgischen Eingriffen auch, d.h. es kann zu Verletzungen innerer Organe der Frau kommen, zu unkontrollierten Blutungen ebenso wie zu Infektionen. Des weiteren besteht ein Anästhesierisiko bei Vollnarkose im Zusammenhang mit Laparoskopien oder Follikelpunktionen. Insbesondere bei den Therapien, die mit einer Stimulationsthe-rapie verbunden sind, gibt es immer das Risiko von Mehrlingsschwangerschaften.

Durch die Hormonbehandlungen, mit denen im Zusammenhang mit einer IVF-Behandlung sogenannte Superovulationen ausgelöst werden, kann es zu einer Eier-stocküberreaktion mit Ausbildung großer Eierstockzysten (Überstimulation) kommen.

Über die Nebenwirkungen der Hormonpräparate besteht immer noch Uneinigkeit. Sei-tens der Ärzteschaft überwiegt die Ansicht, dass fruchtbarkeitssteigernde Medikamente keine kurz- oder langfristigen Konsequenzen nach sich ziehen, Kritiker sprechen jedoch von starken Gewichtsschwankungen, Übelkeit und Schwindelgefühl. Die von mir be-fragten Frauen waren geteilter Meinung und hatten unterschiedliche Erfahrungen ge-macht. Im Beisein der Ärzteschaft äußerten sie sich jedoch in den seltensten Fällen

107 Die Therapieverfahren wie der intratubare Gamtentransfer (GIFT), der intratubare Transfer von Eizellen im Vorkernstadium (PROST), der intratubare Zygotentransfer (ZIFT) und der intratubare Embryotransfer (EIFT/TET) haben an Zahl und Bedeutung seit der Einführung der Methoden der Mikroinsemination (ICSI) verloren (Feige et al.

1997:124).

108 Auch Mikroinjektion genannt.

109 Die Mikroinjektion ist ohne vorhergehende IVF-Behandlung somit nicht möglich, d.h. die beschriebenen Eingrif-fe müssen trotz diagnostizierter männlicher „Sterilität“ am Körper der Frau vorgenommen werden.

tisch. Da diese der Überzeugung waren, dass es keine körperlichen Nebenwirkungen gebe, verschwiegen sie oftmals ihre subjektiven (leiblichen) Empfindungen, von denen sie mir in den persönlichen Interviews berichteten.

4.3.1.3 Eine kurze Betrachtung der Konsequenzen der heterologen Insemination