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4.3 Sven König und Andreas Berg – Landschaftsplanung

4.3.2 Konkrete Aspekte der Kooperation

4.3.2.4 Umgang mit Differenzen

Wie in den vorausgehenden Ausführungen schon angedeutet wurde, gab es zu Beginn der gemeinsamen Selbständigkeit problematische Differenzen zwischen Herrn Berg und Herrn König. Ihre Ideen, wie eine Gestaltungsaufgabe zu lösen sei, wichen voneinander ab, was, gekoppelt mit „Rechthabereien“ und „Eigenwilligkeiten“, zu starken Auseinandersetzungen führte. Jeder hielt seine Sicht und seine Lösungsvorschläge für überlegen und so bestand keine Kompromissbereitschaft. Herr Berg erlebte diese spannungsreiche Situation als belastend für die Arbeitsatmosphäre und „sehr unangenehm“. Zudem wurde im Verlauf der

26 Vgl. Ausführungen zum Umgang mit Differenzen, Kapitel 4.3.2.4.

gemeinsamen Selbständigkeit deutlich, dass sich die Auseinandersetzungen nachteilig auf das Werk und in letzter Konsequenz existenzgefährdend für das Büro auswirken können (vgl. Berg, Z. 912-918).

„Zum Beispiel kam auch viel mehr noch /ähm/ Eigenwilligkeit [zögernd] eben in die ganze Geschichte mit rein, also /ähm/ das war, empfand ich, teilweise als sehr [betont] unangenehm am Anfang sogar /ähm/ dass /ähm/ ((Schlucken)) dass es in Teilbereichen eben nicht um das Werk [betont] um das Büro ging, sondern um die /ääähm/ (.) um diiie (.) Durchsetzung oder diiie, ja um die, ich sag mal jetzt, die Durchsetzung der eigenen Meinung oder ummm ja, also dass da /ähm/ wir, ich sag jetzt auch beide natürlich, es ist auch so [[I: Ja.]] /ähm/

beide n bisschen zu sehr an uns, oder selbstverliebt waren mit unseren eigenen [betont] Vorstellungen von dem, was da so sein soll“ (Berg, Z. 893-907).

Herr Berg stellt diese Probleme heute in einen engen Zusammenhang mit dem Charakter der kreativen Gestaltungsaufgabe:

„Das ist ne sehr komplexe Angelegenheit irgendwie etwas zu erfinden, was es nicht gibt und so zwischen Funktiooon und Gestaltung und freier Lösung von irgendwelchen Aufgaben /ähm/ ja, so n Grad zu beschreiben und zu gehen (...) gerade so im Rahmen des Entwurfes, weil das ist alles sehr frei, da ist alles und nichts möglich oft. Und /ähm/ und da ham wir, oft ist es Komposition einfach nur und darüber lässt sich’s oft schwer streiten dann auch, ob das jetzt richtig ist“

(Berg, Z. 908-930).

Ein Schritt zum harmonischeren Umgang mit den Differenzen war daher die Einsicht, dass die freien, kreativen Aufgaben - genauso wie das ausgeprägte Selbstverwirklichungsstreben der beiden Planer - eine Arbeitsorganisation erforderlich machen, die dem einzelnen die Freiheit gewährt, individuelle Gestaltungsideen zu entwerfen und zu verwirklichen. So ent-wickelten sie - anstatt weiterhin parallel an einer Lösung zu arbeiten - aus der Praxis heraus ein arbeitsteiliges Vorgehen, bei dem zunächst einer alleine einen Gestaltungsvorschlag erarbeitet, der andere kritisch daran anknüpft und so schließlich ein Ergebnis entsteht, mit dem sich beide identifizieren können.27 Aus heutiger Sicht erscheint Herrn Berg diese Vorge-hensweise sehr viel sinnvoller und effizienter. Sie nimmt die unterschiedlichen Ideen und Sichtweisen konstruktiv auf und enthält weniger Zündstoff als das parallele Entwerfen (vgl.

Berg, Z. 923-944, Z. 973-977).

Neben dieser organisatorischen Veränderung trug auch die zunehmende Vertrautheit zwischen den Partnern zu einer Entspannung bei. Zu Beginn kannten sich die beiden kaum, aber im Zeitverlauf entstand ein immer stärkeres Verständnis für den anderen: „Da gibt’s jetzt mittlerweile einfach auch so n bisschen Übung miteinander, Gefühl füreinander“ (Berg, Z. 968/96). Der Partner kann heute besser eingeschätzt werden als früher und seine Sicht-weisen werden besser verstanden. Das gestiegene Verständnis für den anderen geht mit einer geringeren Empfindlichkeit im Umgang mit dessen Kritik einher.

„Das war am Anfang tatsächlich [betont] so, dass man dann /äh/ nicht einfach so wegstecken konnte und sagen und mir dachte, oh der will wieder seine Ideen reinbringen und das war vielleicht so ein Konflikt, wie du ihn jetzt vielleicht meinst. Aber mittlerweile schätzen wir uns da doch beide und schätzen auch die Meinung des anderen und die ist nicht aus der Luft gegriffen, das wissen wir jetzt mittlerweile“ (König, Z. 560-566).

Herr König verdeutlicht, wie wichtig es war, Vertrauen in die Ideen, Kompetenzen und den guten Willen des anderen aufzubauen, um dessen Ideen und Standpunkte nicht nur akzep-tieren, sondern auch wertschätzen zu können. Auf der gewachsenen Basis von

27 Vgl. Ausführungen zur Organisation der Zusammenarbeit, Kapitel 4.3.2.2.

zung und Akzeptanz kann dem anderen mittlerweile die Möglichkeit zur Verwirklichung der eigenen Kreativität zugestanden werden (vgl. König, Z. 560-566). Herr Berg bringt deutlich zum Ausdruck, dass er diese Veränderungen als entlastend empfindet.

Treten heute inhaltliche Differenzen auf, so bemühen sich die beiden Männer darum, die Konflikte und Probleme im offenen Gespräch zu lösen, wobei der Grundsatz der Ehrlichkeit besteht. Dennoch gehört das unbedingte Thematisieren von Differenzen nicht zur Gesprächskultur. „Es werden manche Kleinigkeiten nicht gleich angesprochen, manchmal lösen sie sich aber auch von selber, dann braucht man sie einfach auch nicht ansprechen“

(König, Z. 947-949). So erspart man sich unnötige Diskussionen. Auch Herr Berg weist auf die Strategie hin, erst einmal abzuwarten, ob sich offene Fragen nicht „von alleine lösen“.

„Und dann gibt es so n kleinen Prozentsatz, wo Unklarheit ist, dass der nun, das nun wirklich richtig ist oder falsch ist, wo einer vielleicht noch ne andere Meinung hat als der andere, das bleibt oft, manchmal so als offenes Thema, einfach im Raum stehen. (2) [[I: Wird das dann ausgeräumt später?]] Jooo ((Lachen)) kommt darauf an, ob es später noch n Thema ist, also manche Themen /ähm/ lösen sich dann auch einfach von alleine /ähm/ irgendwann im Lauf der Zeit und, das gibt’s natürlich auch als Problem(.)bewältigungsstrategie“

(Berg, Z. 1125-1136).

Die begrenzte Offenheit gegenüber dem Partner zeigt sich auch im Umgang mit Persön-lichkeitsdifferenzen. Obwohl Herr Berg eine Angleichung persönlichkeitsbedingter Differen-zen wahrnimmt, früher waren sie „massiv“, können sie für ihn immer noch zum Ärgernis werden. Doch bringt er zum Ausdruck, dass er sich eher mit dessen Handeln arrangiert, anstatt das Problem offen anzusprechen.

„Also wir sind sehr, wir sind unterschiedlich [betont] und /ähm/ manche Verhal-tensweisen von ihm kann ich nicht gut finden und umgekehrt wird es wahr-scheinlich auch so sein und wenn da mal, zum Beispiel eine von seinen Ver-haltensweisen, die ich als nicht besonders vorteilhaft für das Büro empfinde, mal wieder durchschlägt, bin ich genervt [betont] (...) Dadurch dass das aller-dings, dass wir uns da auch [betont] angenähert haben mit unseren Persönlich-keitsunterschieden und mit der Art, wie die dann ausgelebt werden im Büro, tritt das halt auch nicht mehr so massiv [betont] auf und wenn das mal so in ner kleine Welle mal wieder daher schwappt, dann kann man das auch manchmal einfach schwappen lassen“ (Berg, Z. 1020-1038).

Wenn auch immer noch störende Persönlichkeitsdifferenzen innerhalb der Partnerschaft gegeben sind, so sind die beiden Partner doch aus einer problematischen Situation heraus zu einem toleranten Umgang miteinander gelangt, der differierende Perspektiven nicht mehr als persönliche Angriffe, sondern als wertvolle Anregungen für den Arbeitsprozess begreift.

Die Differenzen können inzwischen produktiv zur Erzielung des besten Ergebnisses einge-setzt werden. Trotz aller Startschwierigkeiten in der Zusammenarbeit haben die beiden Landschaftsplaner also inzwischen ein hohes Maß an gegenseitigem Verständnis entwickelt.

Immerhin war nach Einschätzung beider schon von Anfang an eine gewisse Basis in Gestalt geteilter Einstellungen zu Planungsprozessen gegeben. Herr Berg nimmt ein gegenseitiges Einfühlungsvermögen wahr, wenn er von einem „Gefühl füreinander“ spricht (vgl. Berg, Z.

968/969), und auch Herr König bemerkt „eine gewisse Fähigkeit aufeinander einzugehen“

(König, Z. 553-555, Z. 688-692). In ihren Schilderungen wird deutlich, dass die gestiegene Vertrautheit und Empathie sowie das gewachsene gegenseitige Verständnis inzwischen viel Kommunikation ersetzen können. So ist es auch ohne viele Worte möglich, sich auf das Handeln des anderen einzustellen und selbst angemessen handeln (vgl. Berg, Z. 876-885).

Herr König sieht darin eine wichtige Voraussetzung für die hohe Leistungsfähigkeit des Teams (vgl. König, Z. 552-555).

„Und das häufig auch ein schönes Erlebnis war, wenn wir rausgekommen sind und dann haben wir /boa/ da haben wir uns aber wieder die Bälle zugeschoben, also so richtig, dass einer was vorlegt und der andere übernimmt den Ball und, und geht damit wieder ein Stückchen weiter oder gibt‘n Querpass oder ne Steil-vorlage oder sonst irgendwie und das, das können wir ja, können wir ganz gut.

Da müssen wir uns manchmal gar nicht angucken /äh/ und dann wissen [betont] wir einfach w-, wie das so laufen wird. Das hat sich immer mehr ein-, eingespielt. Ich finde das zeugt schon auch von einer gewissen /ähm/ Fähigkeit, aufeinander einzugehen und zu wissen /ähm/ das wird im Sinne weiterentwi-ckelt vom andern und /ähm/ da entsteht was gemeinsames daraus. Das bei den /äh/ Akquiseterminen war das häu-, häufig so, dass wir dann nach Hause gekommen sind und waren richtig /ähm/ ja euphorisch danach, egal wie, ob wir dann Aufträge gekriegt haben oder nicht, es war einfach so, dass wir gesagt haben, das ist super gelaufen“ (König, Z. 681-696).

Das harmonische Zusammenspiel mit dem Partner kann Herr König merklich genießen – eine „Lust und Freude, gemeinsam was zu arbeiten“, die ihn bis heute mit seinem Partner zusammenhält (König, Z. 1078).