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Die systematisch-theologische Aktualisierung des Wortgeschehens als kritische Arbeit am Konzept

Vorüberlegungen zur Rezeption Ricœurs und Aktualisierung des Wortgeschehens

1.2. Die systematisch-theologische Aktualisierung des Wortgeschehens als kritische Arbeit am Konzept

Die Hermeneutische Theologie wirkt direkt durch ihre Vertreter und indirekt durch ihre Institute weiterhin in den hermeneutischen Debatten bis in die aktuelle Theologie. Während ERNST FUCHS‘ Schüler822 in der neutestamentlichen Forschung, aber auch systematisch-theologisch hermeneutische Fragen weiterverfolgen, prägt GERHARD EBELING besonders durch das von ihm gegründete Institut für Hermeneutik diverse Theologen mit hermeneutischem

822 Zu ihnen zählen u.a.: EBERHARD JÜNGEL (Promotion 1961, Habilitation 1962), ETA LINNEMANN (Promotion 1961) und WOLFGANG HARNISCH (Promotion 1967, Habilitation 1971). Es ist bemerkenswert, dass FUCHS‘ Werk bei aller angeblichen Unverständlichkeit sich letztlich offensichtlich doch als ausgesprochen anregend erweist und diverse später diskutierte hermeneutische Impulse vorwegnimmt (in diesem Sinne auch: Sass 2013a,7).

JÜNGEL wird oft noch als Vertreter der Hermeneutischen Theologie gesehen (Dalferth et al. 2013b, IV; Sass 2013a, 6). Dafür spricht, dass JÜNGELs Arbeiten teilweise noch in die Zeit der Hermeneutischen Theologie fallen und auch inhaltlich damit vergleichbar sind, z.B. durch die Verwendung des Konzeptes Sprachereignis (s.u.). Dagegen spricht allerdings, dass JÜNGEL Schüler von FUCHS und EBELING ist, seine Arbeit in breiterem Maße der philosophischen Diskussion öffnet und vor allem trotz sprachtheologischer und hermeneutischer Tendenzen die Hermeneutik im Sinne der Hermeneutischen Theologie nicht mehr Programm ist. Außerdem gewinnt hier neben BULTMANN auch KARL BARTH großen Einfluss und gibt JÜNGELs Theologie eine eigene Richtung (dazu Fischer 2002, 223-238, und Rohls 1997, 805). Dies gilt auch für das Konzept des Sprachereignisses, das für JÜNGEL entgegen BARTHseigener Einschätzung durchaus mit BARTHs Konzeption des Wortes Gottes kompatibel ist (bes.

Jüngel ³1976, 12f, Anm. 1).

196 Schwerpunkt.823 Bis heute beziehen sich die Theologen, die an hermeneutischen Fragen interessiert sind, außerdem auf RUDOLF BULTMANN.824 So verbindet dieser Rückgriff auf eine bestimmte theologische Tradition und das Bemühen, deren Anliegen aufzugreifen verschiedene Ansätze. Dies manifestiert sich vor allem in der Frage danach, wie das Wort Gottes hermeneutisch zu beschrieben ist und welche theologische Bedeutung folglich der Sprache allgemein zuzuschreiben ist. Nach wie vor spielt dabei in der Frage nach der theologischen Bedeutung von Sprache die phänomenologische Tradition, die sich direkt auf HEIDEGGER

bezieht oder zumindest dessen Sprachverständnis übernimmt, eine herausgehobene Rolle. In dieser Tradition stehen bereits sowohl die Hermeneutische Theologie als auch RICŒUR, wobei sein Ansatz weitere sprachphilosophische Einflüsse aufnimmt. Sprachphilosophische beziehungsweise literaturwissenschaftliche Ansätze werden in der Schülergeneration, im Gegensatz zu FUCHS‘ und EBELINGs Vorgehen, verstärkt berücksichtigt. Hatte sich die Hermeneutische Theologie fast ausschließlich auf HEIDEGGERs Spätwerk konzentriert und zudem eine klare Trennung der theologischen und philosophischen Arbeiten vertreten, gibt die ihr folgende Theologie diese abgrenzende Haltung auf und nutzt verstärkt die fortschreitende sprachphilosophische Entwicklung für sich.825 So gewinnen beispielsweise rezeptionsästhetische Einflüsse in der theologischen Hermeneutik an Bedeutung,826 die es erlauben, den Verstehensprozess auf Seiten der Leserin genauer zu beschreiben. Hier wird Idee verfolgt, dass der Sinn eines Textes keine vorgegebene Größe ist, sondern sich in einem

823 Mittlerweile „Institut für Hermeneutik und Religionsphilosophie“ (www.hermes.uzh.ch, zuletzt eingesehen am:

22.04.2020). Die Institutsleiter waren: EBERHARD JÜNGEL,HANS FRIEDRICH GEIßER,WALTER MOSTERT,HANS WEDER,INGOLF U.DALFERTH,PIERRE BÜHLER und aktuell: CHRISTIANE TIETZ.

824 So vor allem die Rudolf-Bultmann-Gesellschaft für Hermeneutische Theologie: „In Aufnahme und Weiterführung der theologischen Arbeit Rudolf Bultmanns setzt sie sich das Ziel, hermeneutische Theologie zu fördern, die in der Einheit der theologischen Disziplinen und im Gespräch mit der Philosophie die geschichtlichen Verstehensbedingungen und die Gegenwartsbedeutung des biblischen Zeugnisses bedenkt.“ (Satzung, §2(1), www.bultmann-gesellschaft.net/Satzung, zuletzt eingesehen am 22.04.2020). Zu den Mitbegründern dieser Gesellschaft gehört ULRICH KÖRTNER, Mitglieder, die in diesem Kapitel erwähnt werden, sind ferner RUBEN ZIMMERMANN undDORIS HILLER.Eine persönliche Verbindung bestand noch beiPETER BIEHL (*1931-2006),der von 1956bis 1969BULTMANNs Assistent war.

825 Vgl. nur Körtner 2000, 12: „Aus solchen Überlegungen [RICŒURs in: Ricoeur 1974b, 43f] folgt aber, daß die inzwischen klassischen Texte Hermeneutischer Theologie im Kontext der neueren hermeneutischen Debatte einer gleichermaßen kritischen wie produktiven Relektüre unterzogen werden. Die Aufgabe besteht darin, einerseits Verbindungen zwischen theologischer und literarischer Hermeneutik herzustellen und andererseits falsche Alternativen zwischen Hermeneutik und Linguistik bzw. Semiotik zu überwinden. Voraussetzung dafür ist freilich, daß sich die von P. Ricoeur und Umberto Eco als regulative Idee jeder Interpretation formulierte Annahme plausibel machen läßt, daß jenseits der Alternative eines unverrückbar feststehenden Textsinns und seiner radikalen dekonstruktivistischen Bestreitung, d.h. jenseits der Alternative von intentio auctoris oder intentio lectoris jedem Text eine gegenüber beiden autonome intentio operis innewohnt.“

826 Z.B.: Körtner 1994; Huizing 1996. Darstellend Körtner 2001, 324ff; Moxter 2008, bes. 165ff: „Die neuere theologische Hermeneutik hat vor diesem Hintergrund die theologische Funktion der Schrift im Kontext der Literaturwissenschaften und vor allem ihrer semiotischen und rezeptionsästhetischen Paradigmen bestimmt.“

(aaO., 165). Vgl. auch die Rolle der Rezipientin in aktuellen exegetischen Ansätze, die sie z.B. in Form der Wirkungsgeschichte berücksichtigen (Zimmermann 2007, 14f; 43f; Luz 2014, 176-188; 399-409).

197 hermeneutischen Prozess erschließt, an dem die Rezipientin maßgeblich beteiligt ist, beziehungsweise in der stärksten Lesart: dass es keinen von der Rezeption unabhängigen Sinn des Textes gibt. Dies ist nicht nur von exegetischem Interesse, sondern trifft sich auch mit systematisch-theologischen Fragen.827 Außerdem gibt es Auseinandersetzungen mit der Analytischen Philosophie,828 deren methodisches Umkreisen der erkenntnistheoretischen Wahrheitsfrage mit einem differenzierten linguistischen Vokabular auch für die Analyse religiöser Rede genutzt wird. Hier liegt der Schwerpunkt auf der Frage nach Sinn und Bedeutung sprachlicher Strukturen und dem logischen Aufbau eines Textes oder einer Äußerung, sodass Schnittpunkte mit der exegetischen Textanalyse, aber vor allem mit systematisch-theologischen Fragen, etwa nach der Begründung theologischer Aussagen, bestehen.

Für die Aktualisierung des Wortgeschehens ist besonders die Sprechakttheorie als eine Richtung der Analytischen Philosophie829 hervorzuheben. Wie schon RICŒUR beobachtete, liegt es nahe, das philosophische Konzept des Sprechaktes mit dem theologischen Wortgeschehen zu vergleichen. Allerdings macht bereits RICŒURs Begriffsdifferenzierung zwischen „speech-act“ (für Sprechakt) und „speech-event“ (für Sprachereignis)830 deutlich, dass die beiden Konzepte nicht einfach gleichzusetzen sind. Nach RICŒUR liegt dies zunächst daran, dass der theologische Begriff ein unklares und weites Bedeutungsspektrum umfasst und daher keine einfache Verhältnisbestimmung erlaubt (vgl. II.1.3.2.). Dieser Kritikpunkt impliziert die Folgerung, dass eine Klärung des Begriff „Sprachereignis / Wortgeschehen“

nötig ist, gerade im Vergleich zu dem philosophisch naheliegenden Begriff „Sprechakt“. Auf Seiten der aktuellen Theologie spielt dieser Vergleich tatsächlich eine Rolle, weil nun die entsprechenden philosophischen Thesen rein chronologisch Berücksichtigung finden konnten,831 aber vor allem die grundsätzliche Haltung zur Philosophie keine abgrenzende mehr

827 In Grenzen betrifft dies auch Aspekte des Wortgeschehens, ist doch hier eine ähnliche existentiale Beziehung zwischen Text und Leser gemeint (z.B. Körtner 2001, 328: „Dies bedeutet, daß im Akt des Lesens nicht etwa nur der Text durch den Leser, sondern dieser durch den Text als Subjekt neu konstituiert wird. Dieses Geschehen aber läßt sich theologisch als eine Weise des Wortes Gottes, als Wortwerdung der Schrift interpretieren.“ − unter Rückgriff auf RICŒURs These der Aneignung des textlichen Weltentwurfs, Ricoeur 1974b, 33). Trotz möglicher Berührungspunkte ist damit die Bedeutung des Wortgeschehens allerdings nicht abgedeckt (Dalferth 2010, 160f, der auf die „eminent theologische“ Komponente hinweist) und außerdem entspricht dessen hermeneutische Eigenart letztlich nicht der Rezeptionsästhetik (Sass 2013a, 190, argumentiert mit der normativen Komponente, weil das Wortgeschehens bereits vorgebe, was das Ziel des Verstehensprozesses sei).

828 Z.B.: Track 1977; Dalferth 1981.

829 Vgl. zur Einordnung Track 1996, 567.

830 Ricoeur 1975, 66f, s.o., II 1.2.

831 AUSTINs „How to do things with words” (hier: Austin ²1975) wurde 1962 veröffentlicht, die Rezeption setzte entsprechend später ein. Die Entwicklung des Sprachereignisses bei FUCHS und des Wortgeschehens bei EBELING liegt bereits Mitte der 1950er Jahre (vgl. Balz 1973, 109; Knuth 1986, 40f).

198 ist. RICŒURs Kritik, dass das Wortgeschehen zu philosophischen und linguistischen Positionen ins Verhältnis gesetzt werden sollte, wurde insofern auch im theologischen Bereich gesehen.832 Beide Konzepte zielen darauf, Sprache als wirksam, das heißt, als Handlung zu verstehen.

Sprache wird nicht auf die Funktion beschränkt, Informationen zu übermitteln, sondern auf ihre wirklichkeitsverändernde oder sogar wirklichkeitsschaffende Funktion, vorzugsweise der mündlichen Äußerung, hin analysiert.833 Zumindest diese Funktion der Sprache, die der Sprechakt herausstellt, entspricht dem theologischen Konzept,834 allerdings ist umstritten, ob sich damit die Bedeutung des Wortgeschehens erschöpfend beschreiben lässt. Wird der theologische Begriff aufgrund dieser Entsprechung durch den philosophischen ersetzt, kann er nicht zur Klärung beitragen, die durch das weite Bedeutungsspektrum des Wortgeschehens nötig ist.835 Problematisch ist grundsätzlich nicht nur dieses Bedeutungsspektrum des theologischen Begriffs, das die philosophische Analyse nicht abdeckt, sondern auch Anliegen und hermeneutische Struktur des Konzeptes. Zwar ist das Wort Gottes ein menschliches Wort, kann allerdings als rechtfertigendes und wahres Wortgeschehen von menschlichem Wortgeschehen unterschieden werden.836 Die Pointe des Konzeptes besteht eben darin, dass

832 Vgl. nur Reinmuth 2008, 548, der besonders auf die mangelnde Diskursfähigkeit des Begriffes durch

„theologische Aufladung“ abhebt, was in etwa vergleichbar ist mit RICŒURs Vorwürfen des idealisierten und des unkritischen Begriffs. Vgl. konkret zu EBELINGs (zurückhaltender) Rezeption der Analytischen Philosophie:

Petzoldt 2005, 446f.

833 Weder ²1989, 168; Sass 2013a, 186: Es „stehen […] im Mittelpunkt […] Modi der Einbeziehung der Sprechenden und Adressaten in das Sprachgeschehen.“ Dalferth 1994b, 136, unterscheidet illokutionäre (die angeben, wie das Gesagte zu verstehen ist) und kausative (die verwirklichen, was sie sagen) Sprechhandlungen.

Um die Nähe neutestamentlicher Texte zur mündlichen Äußerung zu betonen, nutzt auch Luz 2014 (v.a. 156-159;

199-202) die Sprechakttheorie für seinen Textbegriff, für den auch der Anredecharakter der Texte eine Rolle spielt (aaO., 545: „Ich verstehe nicht nur mündliche, sondern auch schriftliche Texte als kommunikative Sprachhandlungen und frage auch nach ihrer performativen Dimension, also danach, was sie bewirkt haben.“).

Der Vergleich zum Wortgeschehen spielt bei LUZ trotz seiner Nähe zu EBELING keine Rolle.

834 So beispielsweise in der Formulierung: Körtner 2001, 166f: „Wie die Performanz jeglicher Sprechakte an der Kompetenz des Agenten hängt, so auch im Fall religiöser Sprechakte. […] Worte begleiten also nicht etwa nur das Handeln Gottes oder erläutern es, […] sondern sie sind selbst die ausgezeichnete Weise, in welcher Gott handelt.

Zugespitzt kann letztlich alles Handeln Gottes als Wortgeschehen verstanden werden.“ KÖRTNER bezieht sich mehrfach auf RICŒUR (z.B.: aaO.,120; zu RICŒURs Metapherntheorie:138f; 141f; 148f; zu RICŒURs Hermeneutik, die den Text in den Mittelpunkt der Interpretation stellt: 241; 322; 331; 324; 327; 345), rezipiert dessen Kritik am Wortgeschehen, beziehungsweise den vorgeschlagenen Vergleich zum Sprechakt allerdings nicht nachweislich.

Vgl. zur Vergleichbarkeit von Wortgeschehen und Sprechakt auch: Weder ²1989, 172f; Sass 2013a, 186.

835 So geschieht es offensichtlich bei Körtner 2001, 181 (Offenbarung und Verkündigung als Sprechakt); 265 (Predigt als Sprechakt); 287 (Bekenntnis als Sprechakt); 350 (Wort Gottes als Sprechakt); 355 (Segen als Sprechakt) – der Sprechakt wird gewissermaßen theologisch vereinnahmt. Dagegen Dalferth 1981, 331: So könne

„nicht alles und jedes zum Sprechakt erklärt“ werden, sonst verliere der Begriff seine „erhellende Funktion“ (ebd.).

Die hier formulierte Kritik trifft sich mit RICŒURs kritischen Bemerkungen zum missverständlichen Begriff des

„Wortgeschehen“.

836 Bei EBELING erfolgt diese Unterscheidung durch die Ambivalenz des menschlichen Wortgeschehens, die durch das eine, wahre Wortgeschehen gelöst und geheilt wird (vgl. I.5.). FUCHS will mit der trinitarischen Gesamtanlage seines Konzeptes gerade die fundamentale Umdeutung menschlicher Sprache durch das Ereignis des Wortes Gottes zeigen (vgl. I.6.). Dies ist nicht zuletzt ein Problem der Lutherinterpretation (Bayer 2003, bes. 46-49;

Körtner 2001, 76; 353, interpretiert LUTHERs Sprachverständnis als Sprechakt. Dagegen argumentiert: Dalferth 1994b, 139-142, bes. 139: „Versuche, das von Luther thematisierte verbum efficax im Anschluß an J.L.Austins

199 Gottes Wort auf andere Weise wirkt, als das menschliche Wort, weil diese rechtfertigende Wirkung unverfügbar ist und in einem spezifischen Zusammenhang mit dem Glauben als Existenzverständnis steht.837 Insofern ist es hilfreich, vergleichsweise die philosophische Kategorie dafür heranzuziehen, das „menschliche“ Wortgeschehen zu beschreiben und dadurch zu erklären, wie bestimmte Sprechhandlungen der zwischenmenschlichen Kommunikation – etwa im liturgischen Rahmen − funktionieren.838 Was darüber hinaus jedoch gemeint ist, wenn das Wort Gottes als Wortgeschehen beschrieben wird, kann sich nicht mithilfe des Sprechaktes erklären lassen,839 weil das philosophische Konzept die theologischen, vor allem christologischen Strukturen nicht nachvollzieht und daher den Bedeutungskern des Wortgeschehens nicht erfasst.

Der Vergleichbarkeit sind insofern Grenzen gesetzt und so bleibt es schließlich auch in aktuelleren theologischen Entwürfen bei dem Begriff „Sprachereignis / Wortgeschehen“ oder vergleichbaren Konzepten mit ähnlicher Bezeichnung,840 teilweise in bewusster Abgrenzung

Sprechaktanalysen als performatives Sprechhandeln zu charakterisieren, differenzieren nicht nur unzureichend zwischen performativem Handeln und Sprechhandeln. Sie stellen auch nicht hinreichend in Rechnung, daß die Wirksamkeit performativen Handelns und Sprechens am Bestehen sozialer Konventionen hängt, die Wirkkraft des Gotteswortes aber gerade nicht.“ und aaO., 142: „Genau das war die Pointe des reformatorischen sola scriptura gegenüber allen kirchlichen und sonstigen Versuchen, die Wirkkraft und Überzeugungskraft des Wortes Gottes an etwas anderes zu binden als an Gott selbst.“).

837 Sass 2013a, 187f, es geht theologisch beim Wort Gottes um „Figuren der Selbstauslegung“, „sich selbst verdankende Erschließungsprozesse“ und um Sprache als „ihr eigenes subjektloses Subjekt“ und ihre

„sakramentale Züge“ (alle Zitat: aaO., 188). Vgl. auch Dalferth 1994b, 139. Diese Grenze sieht auch Petzoldt 2005, 450, obwohl er grundsätzlich für die Parallele von Wortgeschehen und Sprechakt argumentiert.

838 Dalferth 1994b, 140: „Performations- und Sprechaktanalysen dieser Art können allenfalls ekklesiale Sachverhalte explizieren, aber nicht erhellen, wie und warum Gottes Wort wirkt. Sie sind aufschlußreich für die Klärung von Kasual-Formeln. Zur Klärung der Wirkkraft von Gottes Wort tragen sie nichts bei.“

839 Außer man modifiziert den Sprechakt und passt das philosophische Konzept so gewissermaßen den theologischen Anforderungen an, wie etwa JÜNGELs Vorschlag einzuschätzen ist, der AUSTINs „perlokutionären Akt“ zu einem „perlokutionär-attraktiven Akt“ erweitert (Jüngel ⁷2001, 11, besonders Anm. 17), beziehungsweise wieder auf das Sprachereignis zurückkommt, wenn es um die rechtfertigungstheologische Bedeutung des Wortes geht: „Solche Sprechakte, die den Menschen aus sich herausgehen lassen, nennen wir – mit Ernst Fuchs Sprachereignisse. […] Im Sprachereignis geschieht also dies, daß der Mensch ins Wort versammelt wird und dort, extra se, bei einem anderen zu sich selbst kommt.“ (Jüngel ⁷2001, 12f) Vgl.: aaO., 10 (Sakramentale Funktion des Wortes); 221 (Gott kommt den Menschen im Sprachereignis nahe); 312 (Gottes Selbstdefinition im Wort vom Kreuz); 411(Gottes Wort verändert von außen die menschliche Zeit und Geschichte, indem es in sie eingeht und ist insofern das ursprüngliche Wortgeschehen).

840 Z.B. findet Sprachereignis weiterhin Verwendung bei: Ringleben 1998, 73; 75 u.ö.; Jüngel ³2000b, 129, Anm. 15; 134 (Sprachereignis als „Sein in der Tat des Wortes“, diese Formulierung leitet JÜNGEL von BARTHs Appropriationsverständnis her: Jüngel ³1976, 52, Anm. 148; 79); Jüngel ⁷2004, 283; vgl. Fischer 2002, 225, der diesen Begriff als Ansatzpunkt für JÜNGELs Theologie sieht. Wortgeschehen findet sich z.B. noch bei KÖRTNER (Körtner 2001, 167 u.ö.), allerdings wie gezeigt nicht in Abgrenzung zum Sprechakt. Vgl. auch Großhans 1996, 259.

Ein vergleichbares Konzept mit ähnlicher Bezeichnung ist etwa DALFERTHs Zeichenereignis: Dalferth 2010, 170:

„Gott ist zu verstehen als sich selbst auslegendes Grundgeschehen, das eine Welt hervorbringt, mit deren Mittel es sich selbst durch anderes für andere als Gott verständlich machen kann und in konkreten Zeichenereignissen kontingent auch macht, ebendadurch diese und ihre Welt unablässig und unerschöpflich mehr werden lässt, als sie jeweils sind, ohne jemals aufzuhören, als die kreative Wirklichkeit des Möglichen allen Möglichkeiten des weltlich

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