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Bultmanns Kerygma: Das Wort Gottes als existentiale Anrede

Wie einleitend kurz darzustellen ist, bestimmtBULTMANN das Verhältnis von Theologie und Philosophie ähnlich wie HEIDEGGER.Anschließend soll das Konzept des Kerygmas in seiner anthropologischen und christologischen Dimension untersucht werden. Dabei zeigt sich eine bestimmte Sprachauffassung, die das Kerygma als Leitbegriff einer existentialen Hermeneutik kennzeichnet.68

BULTMANNs Kerygma lässt sich von exegetischen Überlegungen herleiten, wo es nach der üblichen Verwendung des griechischen Wortes um die „Verkündigung“ oder „Predigt“ Jesu geht. Allerdings entwickelt BULTMANN daraus systematische und hermeneutische Problemstellungen, wenn er danach fragt, wie diese historische Predigt den Glaubenden heute existential betreffen kann. Damit umfasst der Begriff Kerygma in einer weiterführenden Bedeutung den existentialen Kern der biblischen Texte, also die „eigentliche“ Verkündigung, die sich als Anrede in den Tiefenebenen des Wortlauts erschließt.

Dabei liegt es BULTMANN fern, seinen Begriff sprachphilosophisch zu reflektieren,69 weil Philosophie und Theologie sich in der fundamentalen Frage nach der Wahrheit unterscheiden und daher getrennt voneinander betrieben werden müssen.70 Die Theologie geht davon aus, dass der Mensch nur im Glauben und damit unverfügbar zur Wahrheit seiner Existenz gelangen kann, hingegen die Philosophie eine derartige Abhängigkeit von Gott leugnet. Dies schließt allerdings nicht aus, dass sich beide Perspektiven gegenseitig Rechenschaft schuldig sind. Die Philosophie muss ihren Zugriff auf die Wirklichkeit begrifflich und konzeptionell verständlich

68 Dass das Kerygma BULTMANNs Interpretation des Wortes Gottes und seiner Wirkweisen ist, bemerkt auch Körtner 2001, 35 (mit folgender kurzer Darstellung, die ihrerseits den Anrede- und Ereignischarakter herausstellt).

69 Die Phänomene dieser Welt, die für den christlichen Glauben bedeutend sind, haben zwar eine historische, soziologische, psychologische und/oder philosophische Ebene, werden aber in Wahrheit erst auf der

„eschatologischen“ Ebene verständlich (Bultmann ³1988, 64).

70 Bultmann 1984, 89. Vgl. auch zum Folgenden: Robinson 1964, 78f; Zwanepol 1993, 169-173.

26 machen. Für die Theologie gilt es, die philosophischen Wirklichkeits- und Existenzanalysen in den ihr gegebenen Grenzen dieser Welt anzuerkennen und als Grundlage der eigenen Arbeit zu nutzen.71 Die theologische Arbeit bezieht sich aber letztlich darauf, was außerhalb des philosophischen Interesses liegt, nämlich auf die Wahrheit der menschlichen Existenz, genauer:

auf ihr Gottesverhältnis. Dennoch muss die Theologie ihren Wirklichkeitszugang nachvollziehbar ausweisen und in ein Verhältnis zu philosophischen Wirklichkeitsanalysen setzen. In diesem Sinne übernimmt BULTMANN bekanntermaßen zentrale Begriffe und Gedanken HEIDEGGERs,72 will aber letztlich den Glauben gegen den Zugriff eines

„ungläubigen“ Wirklichkeitsverständnisses schützen. Diese abwehrende Grundhaltung entspricht noch der dialektischen Theologie, darüber hinaus gestehen allerdings die vorgenommenen Einschränkungen durchaus eine Verbindung der Fächer in der Sache ihrer Fragestellung ein. Da es aber bei der existentialen Bedeutung von Texten gerade um eine sachgeleitete Fragestellung geht, ist die abgrenzende Grundhaltung zugunsten des gemeinsamen Interesses zu relativieren. Das Kerygma wird insofern zunächst als theologischer Begriff expliziert, der allerdings gerade im Rahmen seiner hermeneutischen Fragestellung Aspekte philosophischer Existenzanalyse aufnimmt.

Weitere bekannte Schlagwörter aus BULTMANNs Theologie, wie etwa die Entmythologisierung, werden hier nur thematisiert, insofern sie das Kerygma betreffen. Damit ist auch hinsichtlich der Rezeption nur ein kleiner Ausschnitt einer umfassenderen Auseinandersetzung zu sehen, der allerdings aufgrund der zentralen Bedeutung des Kerygmas innerhalb von BULTMANNs Theologie keineswegs marginal ist.73

Der Begriff an sich stammt nicht von BULTMANN, sondern wird ausgehend vom Neuen Testament als dogmatisches Konzept bereits in der Alten Kirche interpretiert.74 „Kerygma“

erhielt aber durch BULTMANN eine spezifische, wenn auch weit gespannte Prägung und erlangte in dieser „bultmannschen“ Bedeutung Fachwortstatus.75

71 Bultmann ⁴1965b, 232f.

72 Dazu ausführlicher: Großmann 2013, 65-70. Kritischer Abriss gegen BULTMANNs theologische Verwendung der philosophischen Begriffe (bes. wegen Überlagerung von „existential“ und „existentiell“): Martin 1976, 25-35.

73 Brantschen 1974, 212, weist in diesem Sinne darauf hin, dass BULTMANN lediglich im Kerygmakonzept das Problem der Sprache reflektiert, das bei seinen Schülern dann aber die zentrale Rolle einnimmt.

74 Κήρυγμα: [Mk 16,8b]; Lk 11,32; Mt 12,41; Röm 16,25; 1Kor 1,21; 2,4; 15,14; Tit 1,3; 2Tim 4,17. Vgl.

McFarland 2001, 936. Um eine Differenzierung von Bedeutungen bei BULTMANN bemüht sich Sinn 1991, 179-193. Meines Erachtens liegt die theologische Pointe gerade darin, dass alle Bedeutungen auf denselben Begriff zulaufen.

75 Nach Hammann ³2012, 112, übernimmt BULTMANN den Begriff 1919 von MARTIN DIBELIUS. OTT weist auf den Einfluss MARTIN KÄHLERs hin und stellt BULTMANNs besondere Betonung des Begriffs heraus („kerygmatische Theologie“): Ott 1959, 1251-1254. Konzentriert sich dieser zeitgenössische RGG3 Artikel auf die Darstellung und

27 Als kennzeichnender Begriff vonBULTMANNs hermeneutischem Ansatz76 stellt das Kerygma die Frage, wie sich die biblischen Texte zur Wirklichkeit verhalten und das heißt für BULTMANN: wie sie auf unsere Existenz wirken. Konsequent tritt BULTMANN dafür ein, Theologie und Anthropologie zusammenzudenken, wobei er diese Verbindung zwischen Gott und Mensch an sprachlichen Strukturen festmacht. Der Spitzensatz: „Will man von Gott reden, so muß man offenbar von sich selbst reden“,77 weist (neben der grundlegenden Aussage, dass Gottes- und Selbsterkenntnis in einem unhintergehbaren Zusammenhang stehen) in diese Richtung, dass sowohl die menschliche Existenz als auch Gott in erster Linie durch das Wort erfasst werden. Es ist das Medium der – unverfügbaren – Offenbarung78 und damit Grund des Glaubens, der mit seiner Antwort sich selbst und die ganze Wirklichkeit neu bestimmt.79 Besser gesagt: neu bestimmen lässt, denn der Glaube ist nach BULTMANN Gehorsam, eine freiwillige Abhängigkeit von Gott, in der die eigene Existenz ganz vom Wort Gottes her verstanden wird.80 Glaube ist daher das hermeneutische Geschehen zwischen dem Wort Gottes und der Existenz des Menschen. Insofern setzt BULTMANN Gottes Handeln mit Gottes Rede gleich, weil Gottes Wort als wirksame Anrede qualifiziert ist, die sich durch eine Eigendynamik auszeichnet.81 Dieses Wort identifiziert BULTMANN mit dem Kerygma, das wiederum in Jesus Christus begegnet.82 Es geht dabei nicht um den Inhalt einer christlichen Lehre, sondern allein um den

Bedeutung des Konzeptes für die Theologie insgesamt („So ist der Begriff K. auch geeignet, die Kontinuität und sachliche Einheit der der Hauptdisziplinen theologischer Arbeit […] deutlich werden zu lassen.“, aaO., 1253), findet sich in RGG4 nur nochein rein forschungsgeschichtlicher Eintrag zu Herkunft, Einflüssen auf und Kritik an BULTMANNs Kerygmabegriff (McFarland 2001, 936-938). Daran ist zu sehen, dass der Begriff heute in erster Linie mit BULTMANN verbunden wird.

76 Dazu ausführlich: Schmithals ²1967, 226-277. Für mein Thema ist weniger die Entmythologisierung, sondern ihre Kehrseite, nämlich die existentiale Interpretation relevant.

77 Bultmann ⁹1993e, 28. Vgl. dazu Bultmann ⁹1993d, 158, das Kerygma ist Anrede, „um mir eine neue Möglichkeit meines Daseins zu erschließen.“; aaO., 178: „Gottes Offenbarung […] [ermöglicht] ein neues Sich-verstehen“;

Bultmann ⁴1975, 38: das Kerygma ist „an den Hörer als ein Selbst gerichtet“.

78 Darin liegt auch der Ereignischarakter des Wortes: „Völlig zufällig, völlig kontingent, völlig als ein Ereignis tritt das Wort in unsere Welt hinein.“ (Bultmann ⁹1993e, 37). Vgl. zum Offenbarungswort als Geschehen:

Bultmann 1960a, 2. Kerygma als „eschatologisches Geschehen“ (Bultmann 1965d, 137).

79 Bultmann ⁹1993e, 36: „Dies Glauben kann ja nur die Bejahung des Tuns Gottes an uns, die Antwort auf sein an uns gerichtetes Wort sein. Denn wenn es sich im Glauben um die Erfassung unserer Existenz handelt, und wenn unsere Existenz in Gott gegründet, d.h. außerhalb Gottes nicht vorhanden ist, so bedeutet die Erfassung unserer Existenz ja die Erfassung Gottes.“

80 Bultmann ⁹1993e, 34.

81 Bultmann 1960a, 21: „Die Offenbarung muß also ein uns unmittelbar betreffendes, an uns selbst sich vollziehendes Geschehen sein.“ Die Verbindung von Wort Gottes und Kerygma besteht ihrerseits in der Wirkmacht: „Ebenso ist nun im Neuen Testament der Begriff ‚Wort Gottes‘ verstanden, wenn er die Größe bezeichnet, für die er überwiegend gebraucht wird: das christliche Kerygma. Es ist ein Wort, das Macht hat, das wirksam ist.“ (Bultmann ⁹1993a, 279f).

82 „Jesus spricht und ist dieses Wort der christlichen Verkündigung, aber deshalb, weil dieses Wort, in dem Gericht und Vergebung, Tod und Leben Ereignis werden, durch das Ereignis Jesus eingesetzt, autorisiert, legitimiert ist.

Es braucht also inhaltlich von Jesus nichts gelehrt zu werden als dieses Daß, das in seinem historischen Leben seinen Anfang nahm und in der Predigt der Gemeinde weiter Ereignis wird.“ (Bultmann ⁹1993a, 292).

28 hermeneutischen Prozess der Anrede, der existentialen Entscheidung und der folgenden Veränderung zur Existenz im Glauben.83

BULTMANN gewinnt seinen Kerygmabegriff – und sein daraus abgeleitetes allgemeines Wortverständnis – aus seiner exegetischen Arbeit. Dabei stehen für ihn vor allem die Paulusbriefe und die johanneischen Schriften im Vordergrund.84 So schreibt BULTMANN

beispielsweise über die johanneische Identifikation von Jesus und Logos, beziehungsweise Jesus und Wort:

„In solcher Identifikation ist aber gesagt, daß das ‚Wort‘ nicht in einem Komplex von Gedanken besteht, nicht kraft seines Sinngehalts Gottes Wort ist; denn Jesus bringt nicht eine Lehre, die man von ihm übernimmt, um sie dann zu wissen, und ihn entbehren zu können. Man geht ihn nicht wie einen Hierophanten um mysteriöses Wissen an, sondern man kommt zu ihm: er ist die Wahrheit; er ist das Wort. Das Verstehen ist daher nicht die Einsicht in einen Sinngehalt, sondern es ist Glauben; daß es wirklich wird, kann nicht menschlich begriffen werden, sondern nur als Gottes Wirkung bezeichnet werden.

Es kann also der Inhalt seines Wortes nicht von seinem Ereignis- und Anredecharakter losgerissen werden.“85

Die grundlegende Frage stellt sich dabei nach der Kontinuität dieser existentialen Wahrheit, die in Form des historischen Jesus offenbart, in den biblischen Texten überliefert wurde und schließlich in der heutigen Verkündigung wieder als Anrede begegnet. BULTMANNs Intention liegt darin, alle drei Ebenen durch das Kerygma zu verbinden.86 Daher stellt er die inhaltlichen Aspekte der Verkündigung Jesu, die möglicherweise im Laufe der Zeit überformt wurden, in den Hintergrund und betont dagegen den „Ereignis- und Anredecharakter“, der die Kontinuität leisten soll. Dabei ist auch vorausgesetzt, dass die Sprache der „Anknüpfungspunkt“ für die Offenbarung ist, weil sich hier die menschliche Existenz äußert und bestimmt wird.87 Im Wort begegnet Gott dem Menschen und bewirkt eine Veränderung der menschlichen Existenz. Dies ereignet sich unverfügbar, erfordert aber dann eine Entscheidung, weil der Mensch sich zu

83 Bultmann ⁹1993a, 283. JÜNGEL spricht daher von einem „Ereignischarakter der Relation von Kerygma und Glaube“ (Jüngel 1990, 38). Vgl. Dalferth 1993, 136: „Das Kerygma ist keine bloße Nachricht über ein Heilsgeschehen, sondern das Heilsgeschehen selbst, das sich im Ergehen und Vernehmen dieses Rufes ereignet.“

84 Z.B.: Bultmann ⁹1993d, 169; 178; Bultmann ⁹1993b, 265-267 u.ö., vgl. Dalferth 1993, 133; Rohls 1997, 564.

Diese Fokussierung ist in unterschiedlicher Weise für die Theologie FUCHS‘ und EBELINGs maßgeblich und somit auch für die Entwicklung des Wortgeschehens. Während FUCHS den Johannesprolog quasi als Programm seiner Theologie immer wieder bearbeitet und interpretiert, liegt ein deutlicher Schwerpunkt von EBELINGs Arbeit auf einem lutherischen Rechtfertigungsverständnis, das sich von Paulus herleitet, s.u. I.5.1.3.

85 Bultmann ⁹1993a, 291.

86 Bultmann ⁹1993a, 292: „Die Geschichte Christi ist keine schon vergangene, sondern vollzieht sich im verkündigenden Wort.“ Dazu auch Hammann ³2012, 304. Insofern gilt: „Die Kirche wird durch das Kerygma konstituiert und das Kerygma durch die Kirche.“ (Bultmann ⁹1993d, 186, in Bezug auf Paulus), dazu: Schmithals

²1967, 195ff.

87 Bultmann ⁴1965a, 121. Dazu auch Schmithals ²1967, 252f.

29 dieser Anrede verhalten muss: Der Wahrheit kann man nicht objektiv gegenüberstehen, sie ist eine Glaubensfrage, das heißt, sie nimmt das Wort Gottes zum Maßstab, oder nicht.88

BULTMANNs exegetische Folgerungen stellen entsprechend diese existentiale Wirkung des Wortes Gottes in den Vordergrund. Historische, grammatische und anderweitige Aspekte des Textverstehens dienen dem Ziel, den existentialen Bezug freizulegen.89 Eigentliches, wahres Verstehen ist demnach nicht eine neutrale Texterklärung, die es nach BULTMANN genau genommen auch nicht geben kann,90 sondern ein Verstehen des Textes im Glauben; das heißt:

in Bezug auf die eigene Existenz.91 Das Kriterium „objektiv“ ist insofern gegen seine gewöhnliche Bedeutung anzuwenden, als dass mit dem subjektiven Verständnis die eigentliche, in diesem Sinne objektive Aussage des Textes erreicht wird.

Dabei setzt BULTMANNs Hermeneutik voraus, dass Texte in einem „Lebenszusammenhang“

entstehen, aus dem heraus sie auch verstanden werden müssen.92 Dies ist die eigentliche Sache des Textes, es ist aber auch die Ausgangslage jeder Textinterpretation, weil der Interpret selbst in einem Lebenszusammenhang steht, aus dem er existentiale Fragen entwickelt.93 Die reflexiven und existentiellen Voraussetzungen auf Seiten des Auslegers bestimmen dessen Textbegriff: Erscheint die eigenen Existenz irrtümlicherweise als „gesichert“, wird der Text zu einem abstrakten Komplex ohne Bedeutung. Angesichts einer problematischen, fraglichen und unverfügbaren Existenz wird aber auch der Text unverfügbar und zu einem Ereignis, das der Existenz neue Bedeutung geben kann.94 Der Ausleger tritt mit seiner Fraglichkeit an den Text heran und erwartet dessen Antwort. Dies ist möglich, weil Text und Ausleger beide durch ihre Zeitlichkeit charakterisiert sind, also in einer geschichtlich bedingten Situation existieren, und

88 Bultmann ⁹1993d, 169; 172. Dazu erklärend Schmithals ²1967, 188f, und Körtner 2006, 52.

89 Bultmann 1960b, 143f, historische Erkenntnisse werden durch den Existenzbezug relativiert (aaO., 148).

Gleichwohl muss die Exegese sich zunächst um ein gründliches „Wortverständnis“ bemühen (Bultmann 1963, 71f).

90 Bultmann 1963, 55.

91 Körtner 2013, 159, erläutert den Glauben als Verstehensmodus, in dem der Mensch zum Objekt des Verstehens wird.

92 Bultmann 1960b, 147; Bultmann ⁴1975, 56. In BULTMANNs Terminologie geht es also um eine „existentiale Interpretation“. Diesen Begriff problematisiert Hübner 2003, 322, und genauer: Hübner 2006 mit dem Fazit, „daß Bultmann und Heidegger je auf ihre Weise in ihre existentiale Interpretation ein erhebliches existentielles Moment hineinbrachten.“ (aaO., 566). HÜBNER weist darauf hin, dass HEIDEGGER „existenzial“ für ontologische Strukturen reserviert, BULTMANN aber eigentlich mit den Texten ontische Strukturen untersucht und HEIDEGGERs Begriff auch dementsprechend versteht (aaO., 541). In der späteren Entwicklung sehen aber beide, dass existentiale und existentielle Ebene hermeneutisch verbunden sind (aaO., 563).

93 Insofern ist das Vorverständnis BULTMANNs Variante des hermeneutischen Zirkels im Sinne HEIDEGGERs. S.

Bultmann ⁴1965b, 232; Heidegger 1977, 202-204. Vgl. Schmithals ²1967, 249-251; Trowitzsch 1981, 55. Körtner 2013, 159, weist allerdings zu Recht darauf hin, dass dieser hermeneutische Zirkel mit BULTMANNs Verbindung von Glauben und Verstehen eine klare theologische Ausprägung hat.

94 Bultmann 1963, 56.

30 sich auch in diesem Rahmen begegnen können.95 Textauslegung beginnt also in Form des Vorverständnisses existential und endet auch so: in der Entscheidung über die Wahrheit des Textes für die eigene Existenz, ohne, dass damit das letzte Wort über den Text gesprochen wäre.96

Mit dem Kerygma entwirft BULTMANN ein Konzept, das die existentiale Relevanz der Verkündigung Jesu verdeutlichen soll. Um nicht Gefahr zu laufen, historisch überformte und somit zweifelhafte Lehrsätze als Verkündigung zu identifizieren, charakterisiert BULTMANN

Situation und Wirkung der Verkündigung als ihren eigentlichen Inhalt. Jesu Ruf zur Entscheidung angesichts der eschatologischen Situation betrifft auch die heutigen Hörer, weil es um die existentiale Entscheidung des Glaubens in der Situation einer fraglichen Existenz geht. Das Konzept des Kerygmas schließt auch philosophische Überlegungen zu Existenz, Wirklichkeit, Sprache und Text ein. Allerdings werden sie in das christologische und soteriologische Konzept eingeordnet, das BULTMANNs Hermeneutik begründet.

2. Weiterentwicklung: Die Rezeption des gemeinsamen Problemfeldes durch

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