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Spiegel: Vom Mythos zur Psychoanalyse – Selbsterkenntnis und Differenzerfahrungund Differenzerfahrung

Im Dokument Herausgegeben von Wolf Schmid (Seite 123-128)

Wahrnehmung im Weltbild literarischer Texte

II. Ontologische Ausgangspunkte: Sinne und Emotionen als Kategorie des Selbst- und Emotionen als Kategorie des Selbst- und

2.  Wahrnehmung als Schnittstelle zur Innenwelt

2.2  Spiegel: Vom Mythos zur Psychoanalyse – Selbsterkenntnis und Differenzerfahrungund Differenzerfahrung

Eine besondere Dichte an konkret veranschaulichten Selbstbezügen durch äußere Repräsentation ist rund um das Motiv des Spiegels zu verzeichnen. Der antike Narziss-Mythos bildet dabei einen in Literatur, Kunst und Psychoanalyse vielfältig weiterverarbeiteten Topos.78 Literarisch wird die Spiegelproblematik insbesondere im 19. Jahrhundert aufgegriffen, wo mit Heinrich von Kleists Über das Marionetten-theater (1810), Fedor Dostoevskijs Dvojnik (1846) und Oscar Wildes The Picture of Dorian Gray (1890) beispielhafte Texte entstanden. (vgl. Pagel 2012: 26) Da dieser Hintergrund eine spezifische Argumentationsrichtung vorgibt, soll vorab darauf hingewiesen werden, dass der Blick auf das eigene Spiegelbild die Wahrnehmung auch davon unabhängig auf ein intensives gegenwärtiges Selbsterleben fokussiert.

Eine solche Darstellung findet sich etwa in Friedrich von Weizsäckers Der Gestalt-kreis (1940), wo der Mediziner sich unter Bezugnahme auf naturwissenschaftliche Forschung phänomenologischen Aspekten der Wahrnehmung nähert.

Wie die Möwe im Fluge den Spiegel des Sees berührt, so entsteht die innigste Spiege-lung für den Moment des Hier und Jetzt. Hier und Jetzt verhalten sich Ich und Umwelt aber nicht nur als Spiegelung, sondern auch als Ergänzung: das Spiegelbild wäre nicht ohne das Ding, das gespiegelte Ding nicht ohne sein Bild. (Weizsäcker 1973: 275) Welche Wertigkeit der Anblick des Selbst in der eigenen Interpretation erhält, scheint, abgesehen von Interferenzen mit dem mythologischen Denken, haupt-sächlich vom Selbstbild des Betrachters geprägt, das durch den konzentrierten Fokus verstärkt wahrgenommen wird.

Ovids Bearbeitung des Narziss-Mythos in den Metamorphosen (ca. 8 n. Chr.) gibt die Kernmotive wieder. Die unsterbliche Liebe des Helden zu seinem eigenen Spiegelbild ist durch die Rache der von ihm verschmähten Nymphe Echo verursacht.

Gefangen in Sehnsucht erlebt er nun selbst die ihr zugefügten Liebesqualen und kann sich nur durch Selbstmord davon befreien. Der selbstreflexive Charakter der Spiegelung wird gedoppelt durch die den Wortlaut seiner Rufe wiederholenden Antwortrufe der Nymphe.

Er selbst will umarmt werden! Denn sooft ich dem klaren Wasser einen Kuß geben will, strebt er mir, auf dem Rücken liegend, mit dem Munde entgegen. Man möchte meinen, er lasse sich berühren. Fast ein Nichts ist es, was den Liebenden im Wege steht.

[…] Ich bin es selbst! Ich habe es begriffen, und mein Bild täuscht mich nicht mehr.

Liebe zu mir selbst verbrennt mich […]. Ein neuartiger Wunsch bei einem Liebenden:

Ich wollte, der Gegenstand meiner Liebe wäre nicht bei mir. […] Doch der Tod ist mir keine Last; denn der Tod wird mir die Schmerzen nehmen. […] Wie gelbes Wachs an einem schwachen Feuer […] schmilzt, so schwindet er dahin, von Liebe ausgezehrt, und langsam nagt an ihm ein verborgenes Feuer. […] Er bettete sein müdes Haupt aufs 78 Dazu ausführlich siehe: Vinge 1967; Orlowsky 1992; Ellis 1898.

grüne Gras. Und der Tod schloß die Augen, welche die Schönheit ihres Eigentümers bewunderten. (Ovidius 2010: 157–161)

Sigmund Freuds von diesem Mythos abgeleitetes Narzissmus-Konzept in Zur Ein-führung in den Narzissmus (1914), führt vom Topos der konkreten Spiegelung weg, da ihm diese als Metapher für egoistischen Selbstbezug dient. Ausgehend vom autoerotischen Verlangen leitet Freud vom narzisstischen Typus und der für ihn ebenfalls typischen starken Mutterbindung auch die homosexuelle Objektwahl ab. (vgl. Wahl 1014: 601) Diese Verbindungen sind im Mythos ebenfalls angelegt.

Weiterführende Deutungen anderer Psychoanalytiker befassen sich im Spektrum des Narzissmus-Begriffs auch mit ins Pathologische reichenden Phänomenen in Bereichen wie Schlaf, Verliebtheit, Partnerwahl, Autismus oder Selbstwertgefühl.

Eine genuin positive Dimension als ‚primäre Liebe‘, welche die ‚harmonische Ver-schränkung von Baby und Umwelt‘79 bezeichnet, bildet zugleich die Grundlage für pathologische Ausprägungen im Bereich der Objektbeziehung. (vgl. ebd. 602)

Einen stärkeren Fokus auf das Spiegelmotiv legt hingegen Carl Gustav Jung in Über die Archetypen des kollektiven Unbewussten (1934). Ebenfalls vom Narziss- Mythos ausgehend, versteht er den Blickkontakt mit der eigenen Spiegelung im Was-ser als Symbol für die unverhüllte Begegnung mit dem Selbst. Auch unangenehme negative Eigenschaften, die im sozial angepassten Selbstbild (Persona) üblicherweise verdeckt und verdrängt liegen, werden so der bewussten Erfahrung zugänglich.

Das Wasser ist das häufigste Symbol für das Unbewusste. […] Wer in den Spiegel des Wassers blickt, sieht allerdings zunächst sein eigenes Bild. Wer zu sich selber geht, riskiert die Begegnung mit sich selbst. Der Spiegel schmeichelt nicht, er zeigt getreu, was in ihn hineinschaut, nämlich jenes Gesicht, das wir der Welt nie zeigen, weil wir es durch die Persona, die Maske des Schauspielers, verhüllen. Der Spiegel aber liegt hinter der Maske und zeigt das wahre Gesicht. Dies ist die erste Mutprobe auf dem inneren Wege, […] denn die Begegnung mit sich selber gehört zu den unangenehmeren Dingen, denen man entgeht, solange man alles Negative auf die Umgebung projizieren kann.

Ist man imstande, den eigenen Schatten zu sehen und das Wissen um ihn zu ertragen, […] hat [man] wenigstens das persönliche Unbewusste aufgehoben. Der Schatten aber ist ein lebendiger Teil der Persönlichkeit und will darum in irgendeiner Form mitleben. Man kann ihn nicht wegbeweisen oder in Harmlosigkeit umvernünfteln.

Dieses Problem […] [erinnert den Menschen] zugleich an seine Hilflosigkeit und an sein Unvermögen. (Jung 1934: 25–28)

Besondere Bekanntheit erlangte das Spiegelmotiv im psychoanalytischen Kontext jedoch in Zusammenhang mit Jacques Lacans vielzitiertem Artikel Le stade du mir-roir comme formateur de la fonction du Je (1949).80 Er bezieht sich darin auf Hegels Phänomenologie des Geistes (1809), wo dieser die Tragödie des Narziss aufgreift, um 79 Dazu ausführlich siehe: Balint 1969.

80 Neben Lacan beschäftigte sich mit dem Spiegelmotiv auch Jean-Paul Sartre, der die Arbeiten L’imagination und La transcendance de l’Égo (1936) im selben Jahr

Bezüge zwischen dem Bewusstsein und einem Fremdbewusstsein zu analysieren – ein Thema, das später von Merleau-Ponty aufgegriffen wird (vgl. Kap. II.2.1). Da solche Bezüge in Hegels Phänomenologie zwar möglich sind, jedoch ebenfalls nur durch Rückkoppelung mit dem eigenen Selbst, kommt es zum endlosen Regress der

‚Begierde‘ zwischen den beiden Instanzen.

[Hegel zeigt auf], daß das menschliche Selbstbewußtsein eine ‚gedoppelte Bedeutung‘

hat. Zunächst verliert es sich, denn es findet sich als ‚anderes Wesen‘ vor, dann aber hat es damit das andere aufgehoben, da es das andere nicht als Wesen sieht, ‚sondern sich selbst im Anderen‘. Diese Bewegung des Selbstbewußtseins in der Beziehung auf ein anderes Selbstbewußtsein begreift Hegel als ‚Begierde‘ nach Anerkennung, die jedoch nicht befriedigt werden kann, da dem ‚Tun des Einen‘ gleichwohl dasselbe ‚Tun des Anderen‘ gegenübersteht. Indem sich aber die ‚Begierde‘ des einen auf die ‚Begierde‘

des anderen richtet, kann diese Beziehung nur brüchig bleiben, da jeder versucht, das Anderssein des anderen aufzuheben, um sich selbst in ihm zu gewinnen. (vgl. Pagel 2012: 26f.)

Die Begierde wird bei Lacan unter der Bezeichnung ‚Begehren‘ (le désir) zu einem wichtigen Stichwort, an dem er bei der Analyse zentraler Antriebe ansetzt. Darüber hinaus greift er die von Hegel am Narziss-Stoff veranschaulichte Grenzsituation in der Konfrontation mit dem unerreichbaren Selbst auf, verlagert diese jedoch vom Kontext des Fremdbewusstseins auf jenen psychoanalytisch breiter diskutierten Konflikt der Konfrontation mit dem imaginären geschlossenen und autonomen Selbstbild (moi in Abgrenzung zum Subjekt je). Im Artikel über das Spiegelstadium leitet er diesen abstrakten psychischen Konflikt zwischen Ich (je) und Ich (moi) vom Modell der kindlichen Selbstidentifikation mit dem eigenen Spiegelbild als Entwicklungserfahrung ab.

La fonction du stade du mirroir s’avère pour nous dès lors comme un cas par-ticulier de la fonction de l’imago, qui es d’établir une relation de l’organisme à sa réalité – ou, comme on dit, de l’Innenwelt à l’Umwelt. (Lacan 1949: 96)

[L]e stade du miroir es tun drame dont la poussée interne de précipite de l’insuffisance à l’anticipation – et qui pour le sujet, pris au leurre de l’identification spatiale, machine les fantasmes qui se succèdent d’une image morcelée du corps à une forme que nous appellerons orthopédique de sa totalité, – et à l’armure enfin assumée d’une identité aliénante, qui va marquer de sa structure rigide tout son développement mental. Ainsi la rupture du cercle de l’Innenwelt à l’Umwelt engendre-t-elle la quadrature inépuisable des récolements du moi. (ebd. 97)

Da das Spiegelbild die äußere Gestalt des Körpers als Einheit zeigt, welche fortan die zerstückelte Selbsterfahrung aus der Innenperspektive ersetzt, kommt es zur Grenzerfahrung, denn dass das Selbst nun durch das Imago dieser Außenperspektive veröffentlichte, in dem Lacan seinen ersten Vortrag zum Spiegelstadium hielt. (vgl.

Pagel 2012: 15)

repräsentiert wird, führt zur Entfremdung. Der von Hegel beschriebene Konflikt des Eins-sein-Wollens mit einem unerreichbaren Selbst prägt daher auch diese Konfron-tation, in der sich die imaginierte Intersubjektivität mit dem Ich (moi) als ständiges Verkennen des Ich (je) erweist. Lacan erkennt hierin eine für den Existenzialismus typische Kernproblematik des menschlichen Selbstverständnisses.

Dass Lacans Artikel zum Spiegelstadium auch Bachtins Interesse auf sich zog,81 scheint durch das Fragment Čelovek u zerkala (verfasst ca. 1943)82 deutlich zu wer-den. Auch Bachtin problematisiert hier den Anblick des Selbst im Spiegel als Ent-fremdungserfahrung, die deshalb entsteht, weil das trügerische äußere Bild die Einheit von innerer und äußerer Existenz zerstört. Wie Lacan leitet er davon die konfliktbeladene Identifikation und Vermischung des Selbst mit einem dem Selbst nicht entsprechenden ‚Anderen‘ ab.

Фальшь и ложь, неизбежно проглядывающие во взаимоотношении с самим собою. Внешний образ мысли, чувства, внешний образ души. Не я смотрю изнутри своими глазами на мир, а я смотрю на себя глазами мира, чужими глазами; я одержим другим. Здесь нет наивной цельности внешнего и внутреннего. Подсмотреть свой заочный образ. Наивность слияния себя и другого в зеркальном образе. Избыток другого. У меня нет точки зрения на себя извне. У меня нет подхода к своему собственному внутреннему образу. Из моих глаз глядят чужие глаза. (Bachtin 1996: 71)

Die Bezüge zum französischen Existenzialismus werden insbesondere darin deut-lich, dass die Skepsis gegenüber dem Spiegelbild und die durch dieses ausgelöste Differenzerfahrung sich deutlich von Bachtins Überlegungen zu Autor und Held unterscheidet. Zur Veranschaulichung der sich in gegenseitige Betrachtung ver-sunken Gegenübersitzenden verwendet er ebenfalls das Motiv des Spiegels und auch in diesem Rahmen thematisiert er die aufgrund der unterschiedlichen Per-spektiven für die Wahrnehmung unzugänglichen Bereiche. Allerdings geschieht dies hier unter Hinweis auf das Ziel, diese blinden Flecken in der Beziehung durch wechselseitige Reflexion zu überwinden. Bachtin knüpft hier an seine Überlegungen zum Dialogischen an und gerade diese Konstellation beschäftigt sich mit der Selbst-erfahrung durch imaginierte Intersubjektivität. (vgl. Kap. II.2.1) In Bachtins Schaffen ergeben sich gewissermaßen zwei parallele Versionen des Spiegelmotivs, eine kon-struktiv-ethisch motivierte und eine existenzialistische.

Die existenzialistische Sichtweise des Spiegel-Fragments wird nachträglich in die Ausgangsvariante integriert, wie eine, ebenfalls aus 1943 stammende, Anmerkung in Problemy tvorčestvo Dostoevskogo (1929) zeigt.

81 Zur Bachtins Lacan-Rezeption siehe ausführlich: Ėtkind 1993: 401–405.

82 Zu unterschiedlichen Interpretationen dieses Fragments siehe den ausführlichen Kommentar: Bočarov 1996: 464–466.

Он сам глядит на свое лицо чужими глазами, глазами другого. И этот чужой взгляд перебойно сливается с его собственным взглядом и создает в нем своеобразную ненависть к своему лицу. (zit.n: Bočarov 1996: 465)

Die Ergänzung bezieht sich auf Dostoevskijs psychologische Charakterisierung des

‚Kellerloch-Menschen‘ (podpol’nyj čelovek). (vgl. ebd.) Im Spätwerk führt Bachtin die konstruktiv-ethische und die erkenntnistheoretisch-existenzialistische Dimension zusammen, wenn er etwa in Problemy poėtiki Dostoevskogo (1963) schreibt, der Autor zwinge seine Figur zur Selbsterkenntnis, indem er sie zwinge, sich selbst im Spiegel zu erkennen, zugleich jedoch seine Verantwortung betont.

Neben Lacans Auseinandersetzung mit dem Spiegelmotiv spielt auch Sartres in L’être et le néant (1943) dargelegte Analyse der Bedrohung durch den fremden Blick in diesem existenzialistischen Kontext eine wichtige Rolle. Sartre verhandelt hier eine dem Spiegel-Motiv sehr ähnliche Konstellation, in der das Subjekt durch das Gesehen-Werden zum Objekt werde, weil der fremde Blick es auf sich selbst zurückwerfe, so dass es sich seiner Verletzlichkeit bewusst werde.

C’est que percevoir, c’est regarder, et saisir un regard n’est pas appréhender un objet-regard dans le monde […], c’est prendre conscience d’être objet-regardé. Le objet-regard que mani-festent les yeux, de quelque nature qu’ils soient, est pur renvoi à moi-même. Ce que je saisis imméditament lorsque j’entends craquer les branches derrière moi, ce n’est pas qu’il y a quelqu’un, c’est que je suis vulnérable, qu j’ai un corps qui peut être blessé, que j’occupe une place et que je ne puis, en aucun cas, m’évader de l’espace où je suis sans défense, bref, que je suis vu. Ainsi, le regard est d’abord un intermédiaire qui renvoie de moi à moi-même. (Sartre 1943: 298)

Perspektivisch interessant ist an Sartres weiteren Ausführungen, dass er den aus der Quantenphysik bekannten Begriff der ‚Potenzialität‘ aufgreift und ebenfalls davon ausgeht, dass eine eindeutige Festlegung der Existenz erst durch einen Beobachter auf höherer ontologischer Ebene möglich sei. (vgl. Kap. II.1.4) Ein solcher überge-ordneter Beobachter ist in seinem phänomenologischen Weltbild jedoch nicht vor-gesehen, sodass er diese Situation ebenso wie eine reale Intersubjektivität, ähnlich wie Merleau-Ponty, zurückweisen muss. (vgl. ebd. 331, 340f.)

Lacans Arbeiten hatten neben disziplinenübergreifenden wissenschaftlichen Diskursen zum Spiegelmotiv auch Einfluss auf einige Surrealisten, denen Lacan teils freundschaftlich verbunden war. (vgl. Pagel 2012: 14) Dass das Spiegelmotiv in den Künsten auf so großes Interesse stößt, hat eine lange Tradition, die mit der Psychoanalyse neu entdeckt wurde. Jurij Lotman weist in Vnutri mysljaščich mirov (1990) darauf hin, dass die Spiegelung, wie das Echo, seit jeher als Metapher für die Beziehung zwischen Kunst und Wirklichkeit verwendet wird. Die Verwendung von Spiegelmotiven in einem Kunstwerk symbolisiert daher die Integration von Binnen-welten, die der angenommenen Ausgangswelt zwar ähneln, mit dieser jedoch nicht völlig übereinstimmen. Daran anknüpfend wird dieses Verfahren auch als ikonische Rhetorik eingesetzt, um den Übergang vom gegenständlichen Abbild zu einer auf Symbolbedeutungen zurückgreifenden Zeichenwelt zu kennzeichnen.

В этом отношении античные легенды о рождении рифмы из эха, рисунка – из обведенной тени исполнены глубокого смысла. Одновременно магическая функция таких предметов, как зеркало, создающих другой мир, похожий на отражаемый, но им не являющийся, ‚как бы‘ мир, столь же знаменательна, как и роль метафоры отражения, зеркальности для самосознания искусства.

Возможность удвоения является онтологической предпосылкой превращения мира предметов в мир знаков: отраженный образ вещи выбран из естественных для нее практических связей […] и поэтому легко может быть включен в моделирующие связи человеческого сознания. Отражение лица не может быть включено в связи, естественные для отражаемого объекта: его нельзя касаться или ласкать, – но вполне может включиться в семиотические связи: его можно оскорблять или использовать для магических манипуляций. (Lotman 1999: 74) Auch Lotman wirft einen gesonderten Blick auf Gesichtsspiegelungen, die schon in Bachtins Darstellung mit dem Eigenhass des mit sich selbst konfrontierten ‚Keller-loch-Menschen‘ assoziiert sind. Er verortet deren Bedeutung in einem ähnlich emo-tional-destruktiven Rahmen, indem er nämlich betont, dass Gesichtsspiegelungen sich zärtlichen Berührungen entziehen und ihre archaische Rolle häufig mit dem okkulten Bereich von Magie und Flüchen in Verbindung steht. Sowohl in ihrer iko-nischen Rhetorik als auch an sich als psychoanalytisches Symbol der scheiternden oder verstörenden Selbsterfahrung stellen Spiegelmotive ein literaturwissenschaft-lich wichtiges Motiv dar, dessen Ideengeschichte subtile Verortungen zwischen Selbsterkenntnis in der imaginierten Intersubjektivität und existenzialistischer Be-drohung oder Differenzerfahrung erlaubt.

2.3  Objektbeziehung und Archetypen: Jungs Anima

Im Dokument Herausgegeben von Wolf Schmid (Seite 123-128)