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Reconquista und Wiederbesiedlung im 13. Jahrhundert

3 ALFONS’ HALTUNG UND HANDELN GEGENÜBER DEN MAUREN

3.1 Reconquista und Wiederbesiedlung im 13. Jahrhundert

Alfons X., der Weise, der Mäzen, war vor allem ein Ritterkönig, durch die Reconquista geformt und geprägt. Diese Tatsache muss man in Betracht ziehen, wenn die politische Haltung und das Handeln Alfons’ analysiert wird, da diese drei Aspekte, nämlich der Gelehrte, der König und der Ritter, den Kern der Persönlichkeit Alfons’ bildete. Alfons wurde König in einer Zeit, in der auf der Iberischen Halbinsel das Schwert als königliche Insignie so wichtig wie die Krone war,158 das heißt, um König zu sein, sollte man auch ein Kriegsführer sein. Doch wenn der Krieg verging, sollte die Krone als Symbol der Vereinigung überwiegen. Alfons’ Zeitgenossen nahmen seine Dreigestaltigkeit wahr, und so wurde der gekrönte Alfons in der Malerei mal mit einem Schwert in der einen Hand, mal mit einem Pergament dargestellt. Dieses Schwert der Eroberungskönige repräsentierte eine Epoche, die im 13. Jahrhundert langsam zu Ende ging.159 Doch trotz des Siegs Kastiliens und

158 José Mattoso, Fragmentos de uma Composição Medieval. (Histórias de Portugal, Bd. 1) Lisboa 1993, S.

49-94.

159 Die traditionelle Historiographie unterscheidet in diesem Prozess drei Etappen: 1040-1150, 1150-1212, 1212-1264. Anfang des 11. Jahrhunderts sind drei der größten christlichen Königreiche der Iberischen Halbinsel entstanden, die eine große Rolle in der Wiedereroberung des muslimischen Gebietes spielten, nämlich León, Kastilien und Aragón. In demselben Jahrhundert wendete sich das Blatt zugunsten der Christen. Da das Kalifat von Córdoba in viele kleine muslimische Reiche (taifas) aufgeteilt wurde, die um die Hegemonie des Gebietes erkämpften, und weil es dadurch geschwächt worden war, musste es den Frieden mit den christlichen Herren kaufen. Die christlichen Königreiche nutzten diese Zahlung in Gold (parias) für die Finanzierung der Eroberungsvorbereitung. 1040 waren die Christen bereit. In einem ersten Schritt besetzten León und Kastilien, die seit 1037 zu einem einzigen Königreich vereinigt worden waren, die Region des Flusses Duero, die Cordillera Central und die Region um den Fluss Tajos. Das Gebiet zwischen dem Duero und der Cordillera Central wurde wenige Jahre später von den Mauren zurückgewonnen und gleich danach von den Christen noch einmal wiedererobert. Der wichtigste Sieg für

der Eroberung von Andalusien und Murcia durch Alfons’ Vater, Ferdinand III., in der ersten Hälfte des Jahrhunderts, war die Reconquista noch nicht konsolidiert, als Alfons den Thron bestieg. Tatsächlich befand sich Alfons’ Herrschaft wegen der Eroberungsanstrengungen in einer politisch und wirtschaftlich160 kritischen Situation.

In dieser Konsolidierungsphase in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhundertes lag auf Alfons’ Schultern die Verantwortung, die Eroberungen seiner Vorfahren zu sichern, und wir können ihn in dieser Hinsicht als einen christlichen Ritterkönig der Reconquista bezeichnen.

Dies bedeutete jedoch, unabhängig von religiösen Fragen auch pragmatisch zu handeln.

Alfons löste deshalb einige Abkommen mit den Mauren auf, sobald er König geworden war, und siedelte die muslimische Bevölkerung um. Während des mudejarischen Aufstands übte er gnadenlose Repression aus oder nutzte, wie sein Vater, die Rivalität unter den muslimischen Führern aus, eine Taktik, die Francisco García Fitz als eine politische Auflösungsstrategie (estrategia política de disolución) bezeichnet hat.

Diese Strategie zielte darauf ab, Pakte mit Dissidentengruppen einer Regierung oder mit den lokalen Machthabern abzuschließen und dadurch einen internen Destabilisierungsprozess auszulösen.161 Die politische Auflösungsstrategie soll auch von Alfons VI. während der Einnahme Toledos benutzt worden sein. Das 13. Jahrhundert bildete allerdings den Höhepunkt eines langen Wiedereroberungs- und Wiederbesiedlungsprozesses auf der Iberischen Halbinsel, in dem von dieser Strategie häufig Gebrauch gemacht wurde, sei es von Seiten der Christen oder der Muslime. Es muss deshalb nun erörtert werden, wie sich

die Christen in dieser ersten Etappe war die Einnahme von Toledo, der alten Hauptstadt der Westgoten, am 25. Mai 1085. An diesem Tag trat Alfons VI. von Kastilien als Sieger über Toledo auf und nahm den Titel Imperator totius Hispaniae an. Doch vorher schloss Alfons VI. ein Abkommen, wobei er sich den muslimischen Einwohnern der Stadt gegenüber verpflichtete, die Eigentümer der Muslime inklusive der Moscheen und die religiösen Tätigkeiten zu respektieren. Navarra und Aragón, die seit 1076 auch ein einziges Königreich bildeten, eroberten ihrerseits das Tal Embros. Wegen der Abwesenheit der internationalen Orden, wie der Templerorden und der Hospitalarorden, die noch mit Jerusalem beschäftigt waren, befanden sich die christlichen Spanier in der Lage, selbst ihre militärischen Orden mit der Unterstützung des Papsts zu begründen. Daher erschienen in der zweiten Etappe der Reconquista der Orden der Hermanos de Caceres (1170), später Santiagoorden ,und der mächtige Orden de Calatrava (1164), die in der Eroberung Andalusiens eine entscheidende Rolle spielten. Siehe Bonnassie/Guichard/Gerbet, Las Espanas Medievale, 2001, 197-214.

160 Der König Granadas hatte einen Pakt mit Ferdinand III geschlossen, wonach er jährlich 300.000 Maravedies für den Frieden und die militärische Unterstützung Kastiliens bezahlen sollte. Allerdings entschloss sich der König Granadas, als Alfons gekrönt wurde, seine Verpflichtung zu verändern: Statt 300.000 maravedies bezahlte er nur noch 250.000. Gleichzeitig fand eine große Geldentwertung statt, und Alfons wechselte mehrfach die Währung, um dieses Problem zu lösen, was zur Verteuerung vieler Produkte führte. Die Crónica del Rey Don Alfonso Décimo berichtet: „E en este tiempo, por el mudamiento de estas monedas, encarescieron todas las cosas en los regnos de Castilla é de Leons“ (zu dieser Zeit wurden alle Sachen in Kastilien und León teurer wegen des Währungswechsels) Crónicas, Rosell, 1953, 4;

Siehe auch Martín, Aspectos socioeconómicos, 1985, 179- 187.

161 Garcia Fitz, Alfonso X, 1997, 215-237.

der Eroberungs- und Siedlungsprozess im 13. Jahrhundert entwickelte und welche Politik Alfons gegenüber den kleinen muslimischen Reichen auf der Iberischen Halbinsel und den Mudejaren162 verfolgte. Die folgenden Darstellungen beruhen auf der Textanalyse der Crónicas de los reys de Castilla 163 (14. Jh.), den Siedlungsurkunden (cartas-poblas)164 (13.

Jh.), den Cantigas de Santa Maria, den Siete Partidas und einigen Dokumenten über die Ansiedlung Orihuela165.

Anfang des 13. Jahrhunderts erhielten die christlichen Königreiche der Iberischen Halbinsel unter der Führung Alfons’ VIII. die Unterstützung des Papstes Innozenz III. (1198-1216) durch das Versprechen, Ablässe für diejenigen zu gewähren, die in Spanien an Kämpfen teilnahmen. So erklärt sich die bedeutende Hilfe der Franzosen in der entscheidenden Schlacht von Navas de Tolosa im Jahre 1212, die die Niederlage der Almohaden zur Folge hatte und das Tor Andalusiens für die christlichen Königreiche der Iberischen Halbinsel öffnete. Das Enkelkind Alfons’ VIII., Ferdinand, war der Erbprinz Kastiliens mütterlicherseits, durch die Prinzessin Berenguela, und Leóns väterlicherseits, durch König Alfons IX. von León. So wurden Kastilien und León, die seit 1157 getrennt waren, ab 1230 anlässlich des Todes Alfons’ IX. und der Krönung Ferdinands wieder vereint.

Die zwei größten christlichen Königreiche auf der Iberischen Halbinsel bildeten nun eine einzige Macht gegen die kleinen und instabilen muslimische Königreiche (taifas) Andalusiens.166

Ferdinand III. wurde zunächst König von Kastilien als Nachfolger seines Großvaters.

In den ersten Jahren seiner Herrschaft bediente er sich einer Interventionspolitik bezüglich der kleinen muslimischen Königreiche, besser gesagt, er nutzte die zwischen ihnen bestehende Rivalität aus, um Andalusien zu erobern.

1224 half Ferdinand dem König von Baeza, Abdallah Ibn Muhammad, dem Bayasi, bei der Plünderung von Quesada und stellte sich auf die Seite Bayasis gegen dessen Bruder Idris Almansur Abu-l-Ula, den Gouverneur Sevillas. Als Gegenleistung dafür verpflichtete sich Bayasi, Kastilien sieben strategische Festungen zu überlassen, darunter Matos, Andújar und Jaén. Mit der Unterstützung Kastiliens marschierte Bayasi im Spätsommer 1225 gegen

162 Mudejaren wurden die Muslime genannt, die nach der Eroberung im christlichen Königreich blieben und dort ihre Religion weiter praktizieren durften.

163 Crónicas, Rosell, 1953, 3-65.

164 Diplomatario andaluz, Gonzálvez Jiménez, 1991;González Jimenez, En Torno a los origenes, 1988, bes.

Das Kapitel Piezas Documentales, 159-192.

165 Documentos ineditos, Estal, 1984.

166 Bonnassie/Guichard/Gerbet, Las Espanas Medievale, 2001, 208.

Sevilla und besetzte auf dem Weg Talyata (Tejada). Seitdem wurde seine Autorität von Córdoba anerkannt. Angesichts der Ereignisse unternahm Ferdinand im Oktober eine Reise nach Andalusien, um neue Forderungen für die weitere Unterstützung Königs Baezas zu stellen: Ferdinand forderte die Überlassung der Festungen von Salvatierra, Borjalimar, Baños, Capilla und Baeza. Kurz darauf starb Bayasi, und so fühlte sich Ferdinand III. frei von den Verpflichtungen, die er gegenüber Bayasi eingegangen war. Stattdessen übernahm er zwischen 1226-1227 die Herrschaft über Capilla, Baeza, Garciez, Jodar und Sabiote.

Zwischen 1227-1228 litt das almohadische Spanien unter einem starken Machtverlust, denn der von Ibn Hud geführte Aufstand gegen Abu-l-Ula breitete sich von Murcia nach Almeria, Granada, Jaen, Córdoba und Sevilla aus. Abu-l-Ula suchte die Hilfe Ferdinands, der wieder die Gelegenheit nutzte, um als Alliierter von Abu-l-Ula zwischen 1230 und 1231 viele Orte in Andalusien zu plündern. Zu diesem Zeitpunkt trafen die Truppen Ferdinands in Vejer ein und siegten in der Schlacht gegen Ibn Hud in der Nähe von Guadalete.167

1230 starb Ferdinands Vater, Alfons IX. von León, woraus die Vereinigung beider Königreiche resultierte. Auf Grund dieses Ereignisses besaß Ferdinand III., nunmehr König von Kastilien und León, ausreichend Macht für eine Großoffensive gegen die muslimischen Reiche in Andalusien und konnte die Interventionspolitik vernachlässigen. Dies war der Beginn einer neuen Phase, in der die Christen systematisch in Andalusien vorrückten. Die erste Offensive fand unter der Leitung des Erzbischofs von Toledo, Don Rodrigo Jimenez de Rada168 statt, der 1231 am Oberlauf des Flusses Guadalquivir eintraf und die Städte Quesada und Cazola für Kastilien einnahm.169

Nach dem Sieg Rodrigos kamen die Christen in Andalusien relativ schnell voran.

Gleichzeitig verlor Ibn Hud seinen Einfluss unter den Muslimen Andalusiens, da sich andere muslimische Führer gegen die Autorität Ibn Huds erhoben hatten: Mohammed Ibn Yusuf Ibn Nasr, zu seiner Zeit als Ibn Ahmar bekannt,170 zukünftiger Mohammed I., König von Granada, erklärte die Unabhängigkeit seiner Stadt Arjona gegenüber der Führung Ibn Huds (1231) und eroberte die wichtige Festung von Jaén. Der Aufstand breitete sich nach Sevilla (1233) und Niebla (1234) aus. Ferdinand erkannte die Zerbrechlichkeit der Macht Ibn Huds

167 Garcia Fitz, Alfonso X, 1997, 219.

168 Es handelt sich um denselben Don Rodrigo de Rada, der auch die historischen Werke De rubus Hispanien, Historia Romanorum und Historia Arabum schrieb, wobei in diesem letzten Werk, das von den islamischen Herrschaften des Westens handelt, nur arabische Quellen benutzt wurden (siehe Kapitel 2.1).

169 González Jiménez, En Torno a los origenes, 1988, 20.

170 Mohammed ibn Yusuf ibn Nasr Ahmar war der erste seiner Dynastie. Er kam aus einer alten andalusischen Familie, deren Patronym Nasr der letzten muslimischen Dynastie in Europa den Namen gab: den Nasriden.

und schloss 1237 einen Pakt mit Ahmar gegen Ibn Hud und Córdoba. Auf diese Weise fiel Córdoba in christliche Hand und die Truppen Ferdinands eroberten das Tal des Flusses Guadalquivir. Zwischen 1240 und 1243 wurden die Städte Almodovar, Hornachuelos, Luque, Lucena, Santaella, Montoro, Aguillar, Baena, Obejo, Chillón, Pedroche, Gahete, Santa Eufemia, Ecija, Setefilla, Marchena, Morón, Osuna und Estepa fast ohne Widerstand besetzt.171 Ahmar erhielt seinerseits die Unterstützung Kastiliens, um seine Autorität gegenüber anderen muslimischen Herrschern durchzusetzen; also half Ferdinand Ahmar bei der Eroberung Granadas und Almerias.172 Angesichts des wachsenden Einflusses Ahmars und seiner Komplizenschaft mit Kastilien fühlte sich das kleine muslimische Reich Murcia bedroht und suchte ebenfalls den Schutz Kastiliens. Die Crónica del rey Alfonso Décimo berichtet darüber, dass der Emir von Murcia nicht unter der Herrschaft Ahmars bleiben wollte und deswegen die Unterstützung und den Schutz Kastiliens anstrebte. 1243 trafen sich seine Repräsentanten mit dem Erbprinz Alfons in Toledo (Ferdinand selbst lag krank in Burgos) und handelten die Bedingungen des Abkommens aus, das später in Alcaraz geschlossen wurde. Diesem Abkommen zufolge übergab der Emir die Stadt Murcia und alle Burgen von Alicante bis Lorca und Chinchila173 an die Christen; außerdem sollte Murcia Kastilien auch Tribut, die parias174, zahlen. Dies alles war der Emir bereit zu tun, um den status quo in seinem Reich zu halten und um den Schutz Kastiliens zu erhalten.

Die zerbrechliche Partnerschaft zwischen Ferdinand III. und Ahmar erfuhr einen Bruch, als Ferdinand Arjona (1244) und Jaén (1246) besetzte. Trotzdem fand sich Ahmar, der in beiden Städten gegen die Kastilianer gekämpft hatte, in einer delikaten Situation und wurde daher wie der Emir von Murcia gezwungen, sich zum Vasallen Ferdinands zu machen. Der König von Granada zog also den Kuss auf die Hand Ferdinands, das bedeutete, die Lehnpflicht zu Kastilien, der totalen Niederlage vor.175

Zu dieser Zeit standen die Truppen Kastiliens bereits unter der Führung des Erbprinzen Alfons und 1246 eroberten sie Triana, eine Stadt vor den Toren Sevillas. Diese Stadt – Sevilla – war das große Ziel Kastiliens in Andalusien, der spanischen Hauptstadt der Almohaden, die später unter der Regierung Alfons’ X. die kulturelle Hauptstadt Kastiliens wurde. Hier gründete Alfons die dreisprachige Universität (Arabisch, Lateinisch und

171 González Jiménez, En Torno a los origenes, 1988, 21.

172 Crónicas, Rosell, 1953, 8.

173 Ebd.

174 Tribut in Gold, das die muslimischen Reiche an die Christen zahlen sollten, um Frieden zu sichern und Unterstützung gegenüber anderen muslimischen Reichen zu erhalten.

175 González Jiménez, En Torno a los origenes, 1988, 21.

Kastilisch) und hier wurde er neben seinem Vater und seiner Mutter nach seinem Tod beigesetzt. Die Eroberung Sevillas ereignete sich im Jahr 1248 nach einer Belagerung von mehr als einem Jahr. Im Gegensatz zu den Städten, die sich ohne Widerstand ergeben hatten, wurde Sevilla gleich nach der Eroberung von Christen besiedelt, die muslimische Bevölkerung verlor ihre Autonomie und die Stadt verwandelte sich in den Hauptsitz des Königs von Kastilien im Süden der Iberischen Halbinsel. Später wird Alfons Sevilla in seinen Werken die „Perle am Guadalquivir“ nennen.176

Manuel Gonzalo Jimenez177 unterscheidet vier Eroberungsarten unter der Regierung Ferdinands:

š Die Übergabe von Festungen durch Abkommen mit muslimischen Führern (Martos, Andujar, Salvatierra und Borjalamar).

š Die Eroberung durch Waffengewalt, ohne Vertrag zwischen Siegern und Besiegten (Quesada, Cazorla, Cantillana und Alcalá del Río).

š Die Kapitulation, die erklärt wurde, nachdem man sich erfolglos widersetzt hatte. Auf diese Weise wurden die Hauptfestungen der Region besetzt (Baeza, Ubeda, Córdoba, Arjona, Jaen, Sevilla, Niebla, Jerez, Tarifa).

š Die Unterwerfung der Städte und ihrer Festungen und die Anerkennung der Autorität des kastilischen Königs durch ein Abkommen, bei welchem die muslimische Bevölkerung ihr Eigentum behielt (Alcalá de Guadaira, Lora, Gerena, Carmona, Jerez, Arcos und Medina Sidonia).

In den Fällen, in denen die Stadt durch eine harte Schlacht erobert wurde, wie im Fall von Quesada und Cazorla, verloren die Muslime all ihr Eigentum, das von nun an dem König gehörte. Darüber hinaus wurden die Menschen und ihr persönliches Vermögen als Kriegsbeute behandelt und konnten daher zwischen den Siegern aufgeteilt werden. Im Fall der Kapitulation hingegen blieben die Muslime frei. Allerdings mussten sie die Stadt, ihr Grundstück und das Land verlassen; nur bewegliches Eigentum durften sie mitnehmen. Ihre Häuser und ihr Land wurden dann zwischen den Eroberern und den Siedlern aufgeteilt. Die Crónica del Rey Don Alfonso Décimo erwähnt beispielsweise den Fall von Ubeda (1233), in welchem die Muslime die Stadt unter der Bedingung übergaben, dass die Menschen beiderlei Geschlechts frei bleiben und ihr Vermögen mitnehmen durften. Sie übergaben die Festung dem König, und mittels eines Geleitbriefs (salvo-conduto) konnten sie gehen, wohin sie

176 Martínez, Alfonso X, 2003, 108.

177 González Jiménez, En Torno a los origenes de Andalucia, 1988, 25-29.

wollten.178 Ein weiteres Beispiel ist die Besetzung von Iznatoraf (1235). Die Stadt wurde den christlichen Eroberern so übergeben, dass die Mauren frei bleiben und ihr bewegliches Vermögen mitnehmen durften.179 In solchen Fällen bekamen die Muslime meistens eine Frist, bis wann sie ihr Eigentum zu verkaufen hatten.180 Mit ihrem Geleitbrief (salvo-conduto) sollten die Muslime in muslimische Länder auswandern, auch wenn einige Mauren in der Stadt bleiben durften, wie die Primeira Crónica de Espana berichtet (in Arjona): „de los moros, de los la vaziaron luego et dellos fincaron y aquellos a que el rey quizo consentir et lo mandó“181 (die Mauren verließen bald die Stadt und andere Mauren blieben, denen der König dies erlaubte oder befahl). Erst nach dem mudejarischen Aufstand 1264 wurde die Besatzungspolitik geändert, seitdem musste die muslimische Bevölkerung in jedem Fall die Stadt verlassen und ihr Eigentum dem christlichen König übergeben.

Diese vier verschiedenen Eroberungsarten erforderten für jeden Fall auch eine spezifische Art der Teilung und der Besiedlung des Landes durch die christlichen Eroberer und Einwanderer, den so genannten repartimiento.

Die Teilung des Landes und die Wiederbesiedlung Andalusiens geschahen nicht in einem kontinuierlichen Prozess, denn es mangelte an Wasser und an Arbeitskräften auf dem Land und an Schutz in den instabilen muslimischen Grenzgebieten. Dies erschwerte die Niederlassung christlicher Einwanderer in dieser Region. Aufgrund dieser Schwierigkeiten verkauften viele Einwanderer ihr Eigentum wenige Jahre später wieder oder verließen es einfach, so dass der König den Siedlungsprozess mehrmals erneut durchführen musste. Nach dem Tod Ferdinands hatte die Reorganisation des Siedlungsprozesses unter den Handlungen seines Sohnes oberste Priorität.

Während der Belagerung Sevillas war der Kronprinz Alfons 27 Jahre alt und nahm persönlich daran teil. Vier Jahre später starb Ferdinand und Alfons X. regierte ein Königreich, das fast doppelt so groß wie die anderen drei iberischen Königreiche, nämlich Aragón, Portugal und Granada, zusammen war. Allerdings bestand dieses Königreich aus einem instabilen Gebiet, in dem die Macht Kastiliens, insbesondere an der Südgrenze, noch nicht konsolidiert war. In den ersten Jahren kümmerte sich Alfons X. um die effektive Besetzung der verbliebenen muslimischen Gebiete in Andalusien, deren Könige als Vasallen Kastiliens

178 Crónicas, Rosell, 1953, 87.

179 Ebd., 90.

180 In Sevilla: “Los moros demandaron plazo al rey para vender sus cosas las que no podían levar„ (Die Mauren forderten von dem König eine Frist, um die Sachen, die sie nicht mitnehmen konnten, zu verkaufen). Alfons el Sabio, Primera Crónica General, Menéndez Pidal, 1955, T. 2, 733.

181 Ebd., 743.

gemäß dem Pakt mit Ferdinand III. Tribut zahlten. Die Crónica del Rey Don Alfonso Décimo berichtet, dass Ferdinand die Dörfer um Sevilla herum den Mauren überlassen habe und es deshalb viele maurischen Dörfer in der Nachbarschaft gebe, die eine Bedrohung für Sevilla darstellten, vor allem die kleinen Reiche Niebla und Jerez. Aus diesem Grund belagerte Alfons Jerez und Niebla und setzte ihre Könige ab.182 In den darauf folgenden Verhandlungen wurde festgelegt, dass die muslimischen Könige mit ihrem persönlichen Besitz die Dörfer verlassen mussten und dass die maurische Bevölkerung, die in den Dörfern blieb,183 weiter Tribut an Kastilien zu zahlen hatte. Außerdem wurden die Festungen diesmal den Christen übergeben. Weiterhin verfolgte Alfons eine Politik der Konsolidierung der Macht Kastiliens.

In diesem Sinne tauschte er die alten muslimischen Autoritäten gegen andere seines Vertrauens aus. Er teilte das Land (repartimiento) zwischen den Eroberern und den christlichen Siedlern auf, siedelte die muslimische Bevölkerung nach eigenem Gutdünken aus den kritischen Zonen in andere Orte um, schloss neue Abkommen mit den muslimischen Führern und verstärkte die militärische Präsenz der Orden an der Grenze.

Über Alfons Haltung zur Wiederbesiedlungspolitik gibt die Siedlungsurkunde (carta-pobla) Auskunft, die er für die Stadt Puerto de Santa Maria erlassen hat und die die Motive und Interessen Alfons’ enthält:

„1281, Dieciembre, 16, Sevilla. (...). Entendiendo e conosçiendo que dos cosas que son de todas las otras deuen mucho faser los reys, la vna plouar las tierras yermas aquéllas que conuienen que sean pobladas, porque la tierra sea por ende más rica e más abondada, e la otra labrar las

„1281, Dieciembre, 16, Sevilla. (...). Entendiendo e conosçiendo que dos cosas que son de todas las otras deuen mucho faser los reys, la vna plouar las tierras yermas aquéllas que conuienen que sean pobladas, porque la tierra sea por ende más rica e más abondada, e la otra labrar las