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2 DIE QUELLEN: DAS SCRIPTORIUM ALFONS’

2.2 Die Gesetzbücher

Was die Gesetze betrifft, steht in jedem Prolog der Gesetzbücher eine Erklärung für die Notwendigkeit einer Vereinheitlichung der Gesetze und dass die Verschiedenheit der Gesetze von Ort zu Ort Verwirrung herstelle und folglich den Frieden unter den Menschen behindere. Die Prologe erläutern weiterhin, dass Alfons sah, dass die Gesetze in seinem Königreich nicht vollständig waren und dass infolgedessen das Land Probleme hatte.

Deswegen sammelte er die alten Gesetze und ergänzte sie mit neuen.

Es gibt vier legislative Werke, die am Hof Alfons’ geschrieben wurden: der Fuero Real, der Espéculo, der Setenario, und die Siete Partidas.

Der Fuero Real besteht aus vier Büchern und regelt das städtische Leben. Man vermutet, dass der Fuero Real 1255 abgeschlossen worden war, da in diesem und dem nächsten Jahr der Fuero Real in mindestens zehn Städten erlassen wurde: Sahagún, Valladolid, Palencia, Soria, Peñafiel, Cuéllar, Buitrago, Burgo, Alarecón und Ávila.69 Der

68 Ebd., 16-17.

69 O’Callagham, Sobre la promulgación, 1985, 178.

Fuero Real wurde mit der Intention geschrieben, die Gesetze im Königreich anzugleichen.

Dabei ersetzte der Fuero Real die damals bestehenden örtliche Gesetze nicht, sondern ergänzte sie durch zusätzliche Regelungen, die im Falle eines Konflikts mit den alten Gesetzen zu bevorzugen waren.

Der Espéculo bedeutet, wie in seinem Prolog geschrieben steht, der Spiegel aller Rechte.70 Er besteht aus fünf Teilen und stellt eine systematische Regelung der Justiz dar, die von den Richtern des Königs anzuwenden war. Wie der Name und auch der Text des Prologs schon verraten, sollte der Espéculo als eine Referenz für das Recht im Königreich angenommen und konsultiert werden. Nach der Meinung einiger Autoren wurde er, anders als der Fuero Real, möglicherweise nicht an die Städte verteilt und wurde sogar nicht einmal erlassen, da es nur noch vier Handschriften gibt und die älteste gefundene Handschrift aus dem 14. Jahrhundert (1390) stammt.71 In Bezug auf das Datum seiner Anfertigung und die Frage, ob er erlassen und verwendet wurde oder nicht, gibt es keinen Konsens. O’ Callaghan verteidigt in einem Artikel von 198572 die Idee, wonach der Fuero Real und der Espéculo in der gleichen Versammlung des Adels von 1255 in Palencia erlassen wurden. O’Callaghan zieht zur Unterstützung seiner Hypothese den Prolog des Espéculo heran, der sich seiner Analyse zufolge auf das Erlassen beider Gesetzbücher bezieht. Später schreibt dieser Autor in seinem Buch El Rey Sabio. El reinado de Alfonso X de Castella73 (1999), dass die beiden Gesetzbücher wahrscheinlich 1254 auf der Versammlung des Adels in Toledo erlassen wurden, ohne weitere Argumente dafür zu nennen. Im Widerspruch dazu vermutet Evelyn Procter,74 dass die Ähnlichkeit und die Unterschiede zwischen dem Espéculo und den Siete Partidas darauf hinweisen, dass der Espéculo später als die Siete Partidas geschrieben wurde, das heißt nach 1276, und dass der Espéculo nie erlassen worden sei. Letztlich stellt Procter fest, dass jede Aussage bezüglich dieses Gesetzbuchs nicht mehr als eine Vermutung darstellt, da man einen folgerichtigen Beweis nicht durchführen kann. Die sicheren Informationen stehen aber in Prolog des Werkes. Dem Prolog des Espéculos kann man wörtlich entnehmen,

70 „Este es el libro del ffuero que ffizo el rrey don Alffonsiso, ffiio del muy noble rrey don Fferrnando e de la muy noble rreyna donna Beatriz, el qual es llamado Espéculo que quiere tanto dezir commo espeio de todos los derechos” (Das ist das Buch des fuero, das von Don Alfons gemacht wurde, Sohn des sehr edlen Don Ferdinand und der sehr edlen Donna Beatriz. Dieses Buch wird Espéculo genannt, was Spiegel aller Rechte heißt). Alfonso el Sabio, Espéculo, Martínez Díez, 1985, 101.

71 Biblioteca Nacional, N. 10.123 (olim li 5). Diese Handschrift war die Vorlage für die drei anderen Handschriften, die es noch gibt: Biblioteca Nacional, Res. 125 (olim li 136), 16. Jahrhundert; Biblioteca Palacio Real, II-10, 18. Jahrhundert; Biblioteca de la Real Academia de la Historia, 9/6112, 19.

Jahrhundert. Siehe Ebd., 18.

72 Vgl. O’Callagham, Sobre la promulgación, 1985, 167-179.

73 O’Callagham, El rey sabio, 1999, 175. Englische Edition: Philadelphia 1993.

74 Procter, Alfonso X, 2002, 86.

dass das Gesetzbuch am Hof Alfons’ geschrieben wurde und dass es in Anwesenheit der Bischöfe, Juristen und des Adels das Siegel Alfons’ bekam.75 Es findet sich aber kein Hinweis darauf, wann und wo es das Siegel erhielt.

Der Setenario ist ein kontroverses Werk, denn es gibt unterschiedliche Meinungen darüber, in welchem Wissensbereich er kategorisiert werden soll. Er wird von einigen Autoren besonders wegen seiner Kapitel, die in Gesetzesform geschrieben sind, als legislatives Werk angesehen, obwohl sein Inhalt mehr einem Fürstenspiegel ähnelt und zudem noch viel religiöse Prägung enthält. Im Prolog des Buches steht, dass die Vollendung des Werkes von Alfons von seinem Vater Ferdinand III. befohlen wurde, damit andere Könige den Inhalt des Werkes als „Spiegel“ nehmen konnten.76 Wie bei den Siete Partidas wurde dieses Buch nach der Zahl sieben benannt. Einige Autoren77 halten den Setenario sogar für eine erste und unvollständige Version den Siete Partidas. Tatsächlich beschränkt sich die Ähnlichkeit des Setenario mit der Siete Partidas auf Teile der ersten Partida, wo die katholischen Sakramente beschrieben werden. Die restlichen Teile zeigen aber Verschiedenes.

Während in der ersten Partida soziale und legislative Begriffe erklärt werden, werden in dem Setenario die Bedeutung des Namens und die Tugenden sowohl Gottes als auch Ferdinands III. und Alfons’ interpretiert. In der weiteren Folge stellt das Werk die Bedeutungen der vier Elemente (Erde, Wasser, Luft, Feuer), der Planeten und der zwölf Sternzeichen dar, deren Glauben in Wirklichkeit eine Ankündigung des katholischen Glaubens sei. Solche mystische Vorstellungen kommen in den Siete Partidas nicht vor.

Das vierte legislative Werk – die Siete Partidas – präsentiert eine besondere Vorstellung von Gesetz, die eine philosophische Grundlage enthält. Es werden innerhalb dieser Gesetze z. B. Aristoteles zitiert und Begriffe wie Volk, Land, König behandelt sowie auch Ratschläge festgeschrieben, wie über die richtigen Umgangsformen des Königs und seiner Familie oder über die Frage, wie ein Hof und ein Königreich beschaffen sein sollen und wie ein König oder ein Kaiser richtig regieren kann. Die Siete Partidas vereinigen auf diese Weise Postulate aus verschiedenen philosophischen, religiösen und juristischen Texten.

Da die Siete Partidas eine der drei Hauptquellen dieser Forschungsarbeit sind, werden sie in diesem Kapitel noch in Einzelheiten kommentiert.

75 Alfonso el Sabio, Espéculo, Martínez Díez, 1985, S. 18.

76 Nach Alfons eigenen Worten: „espeio“, da der Fürst sich in einem solchen Werk wie bei einem Spiel sehen könnte, um seine Fehler zu korrigieren. Vgl. Alfonso el Sabio, Setenario, Vanderford, 1945, 25. In der deutschen Literatur heißen solche Werke Fürstenspiegel, die darüber Rat gaben, wie der Umgang des Königs, seine Haltung und die Struktur seines Königreiches beschaffen sein sollten.

77 Procter, Alfonso X, 2002, 76-80; Keller, Alfonso X, 1967, 113.