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Rahmenbedingungen für die nukleare Entsorgung in Frankreich

Im Dokument Nukleare Entsorgung in der Schweiz (Seite 79-82)

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3. Fallstudie 2: Centre de stockage de l’Aube, oberirdisches SMA-Lager

3.3 Rahmenbedingungen für die nukleare Entsorgung in Frankreich

In Frankreich sind 62 Reaktoren in Betrieb, die durch den Stromkonzern Electricité de France (EDF) betrieben werden.

3.3.1 Programm für hochaktive Abfälle

Ende der 80er Jahre hatte in Frankreich die Standortsuche für ein unterirdisches Endlager für hochaktive Abfälle (HAA) zu einem Patt geführt (starker Widerstand an den möglichen Endlagerstandorten)4. Den verantwortlichen staatlichen Agentu-ren CEA (Commissariat à l’Energie Atomique) und Andra (Agence Nationale pour la Gestion des Déchets Radioactifs) wurde vorgeworfen, einseitig den Entsor-gungsweg der Endlagerung zu favorisieren, anstatt auch alternative Wege zu ver-folgen. In den fünf Départements, in denen Untersuchungen für ein Endlager durchgeführt wurden, war ein heftiger Widerstand entbrannt. Der damalige Pre-mierminister beschloss daher ein Moratorium und setzte als Vermittler den Abge-ordneten Christian Bataille ein. Es wurden verschiedene nationale Hearings durch-geführt. Batailles Bemühungen mündeten in das Gesetz vom 30. Dezember 19915 über die Entsorgung hochradioaktiver Abfälle von langer Lebensdauer. Das Gesetz besagt, dass für drei verschiedene Entsorgungswege während 15 Jahren For-schung betrieben werden solle, so dass im Jahr 2006 das Parlament – auf Vor-schlag der Regierung – darüber entscheiden könne, welcher Entsorgungsweg oder welche Kombination mehrerer Entsorgungswege, grosstechnisch zu realisieren seien. Die drei Wege sind:

Endlagerung in tiefen geologischen Schichten;

Langzeitzwischenlagerung;

Abtrennung und Transmutation der langlebigen Radionuklide.

Die Langzeitzwischenlagerung soll Zeit schaffen, bis die Technik der Abtrennung und Transmutation beherrscht würde, so dass anschliessend nur noch sehr gerin-ge Mengerin-gen von hochaktiven Abfällen in ein Endlagerin-ger gerin-gebracht werden müssten6. In Untertagelabors sollen in der Zwischenzeit Erfahrungen gewonnen werden be-züglich verschiedener Behandlungsmöglichkeiten hoch radioaktiver Abfälle sowie System- und Nachweisunsicherheiten abgebaut und die Rückholbarkeit untersucht werden. Das Gesetz von 1991 sieht dafür die Errichtung von unterirdischen Labo-ratorien in mindestens zwei unterschiedlichen geologischen Formationen vor.

Weiter wurde eine staatliche Commission Nationale d‘Evaluation (CNE) eingerich-tet, die alljährlich einen Bericht über den Fortschritt der Untersuchungsarbeiten veröffentlicht. Bis zum Jahre 2006 soll ein umfassender Evaluierungsbericht über die Untersuchungen vorliegen sowie gegebenenfalls ein Gesetzesentwurf über die Einrichtung eines Lagers für hochradioaktive Abfälle mit langer Halbwertszeit.

Mit der Gesetzesänderung wurde 1991 die Andra, die bisher eine Abteilung des Commissariat à l’Energie Atomique (CEA) war, in einen staatlichen Regiebetrieb umgewandelt, der unter der Aufsicht des Ministeriums für Industrie, Forschung und

4 Bataille, Ch. 1994.

5 Loi n° 91-1381 du 30 décembre 1991 relative aux recherches sur la gestion des déchets radioactifs.

6 EKRA, Entsorgungskonzepte für radioaktive Abfälle, Schlussbericht, 2000.

Umwelt steht. Aus organisatorischer Sicht wurde die Andra damit unabhängig von der Energiewirtschaft7.

Die Andra ist u.a. für Konzeptentwicklung, Standortsuche sowie Bau und Betrieb von Untertagelaboratorien bzw. Endlagern zuständig. Bis 2006 muss sie das künf-tige Endlagerkonzept vorschlagen.

Für die Suche nach Standorten für die Untertagelaboratorien wurde basierend auf dem Gesetz von 1991 ein auf Freiwilligkeit beruhendes Verfahren eingeführt. Die Regionen konnten sich für ein Labor bewerben. Die Standortsuche nach diesem Prinzip verlief folgendermassen: Auf die Ausschreibung hin meldeten sich 30 Re-gionen. Nach Abklärung der geologischen und soziologischen Kriterien kamen deren 10 in die engere Wahl. 1993 wurden vier davon für weitere Abklärungen ausgewählt, drei im Sedimentgestein und eine im Kristallin. Keiner der zu einem früheren Zeitpunkt von der Andra favorisierten Standorte war darunter.

In den vier Regionen wurden örtliche Informationskomitees gebildet. Deren Auftrag bestand in der Information und in der Anregung eines Dialoges zwischen Bevölke-rung, Politik und Wissenschaftler/innen. Die Kommitees waren Vorläufer der for-mellen Commissions Locales d‘Information et de Surveillance (CLIS), die nach Gesetz an jedem potenziellen Standort eingesetzt werden müssen. Diese CLIS sind als institutionalisierte Diskussionsforen zu verstehen. Sie stellen eine grundle-gende Abkehr von der in früheren Zeiten üblichen auf Geheimhaltung basierenden Informationspolitik dar8.

Als vorläufiges Ergebnis wurden 1997 die Standorte La Chapelle-Bâton (Vienne) und Bure, beide mit Tonformationen, als geeignet bezeichnet. Im Dezember 1998 genehmigte die französische Regierung die Errichtung eines unterirdischen For-schungslabors in Bure. Dieses Labor befindet sich zur Zeit im Bau. Ein weiteres von der Andra vorgeschlagenes Labor in Granit im Département Vienne wurde nicht genehmigt. Da jedoch gemäss dem Gesetz von 1991 auch ein Standort in Granit erforderlich ist, musste eine erneute Standortsuche aufgenommen werden.

Für diese erneute Suche wurde kein weiterer Aufruf zu einer freiwilligen Teilnahme gemacht. Ende 1999 lagen 15 potenzielle Standorte in Granit vor, und es sollte mit der Öffentlichkeitsarbeit vor Ort begonnen werden. Auf Grund der äusserst hefti-gen Proteste wurde die Suche jedoch im Juni 2000 gestoppt. Die Proteste kamen von Politikern aus dem gesamten Parteienspektrum sowie von zahlreichen Bür-germeistern aus den potenziellen Standortgemeinden.

Gemäss Bericht 10 der CNE von 2004 wird in Frankreich vorläufig auf ein Labor in Granit verzichtet, da der Granit in Frankreich nicht die nötige Qualität aufweise. Für die Forschungen in Granit beteiligt sich die Andra an internationalen Programmen in Schweden, Kanada und der Schweiz.9

7 L’Agence nationale pour la gestion des déchets radioactifs (Andra) a historiquement été créée par un arrêté du 7 novembre 1979 au sein du Commissariat à l’Énergie Atomique (CEA). La loi n°91-1381 du 30 décembre 1991 relative aux recherches sur la gestion des déchets radioactifs a, par son article 13 devenu l’article L.542-12 du Code de l’environnement, rendu l’Andra indépendante du CEA en en fai-sant un établissement public industriel et commercial (EPIC) chargé des opérations de gestion à long terme des déchets radioactifs, sous la triple tutelle des ministres en charge de l’Industrie, de la Recher-che et de l’Environnement. Son organisation a été précisée par le décret n°92-1391 du 30 décembre 1992, qui dote l’Agence: d’un conseil d’administration composé d’un député ou sénateur, de six re-présentants de l’État, de quatre personnalités représentant les activités économiques intéressées par l’action de l’établissement, de trois personnalités qualifiées et de sept représentants des salariés; d’un directeur général nommé par décret; d’un commissaire du gouvernement, qui est le directeur général de l’énergie et des matières premières; d’un comité financier; d’un conseil scientifique (www.andra.fr).

8 Barthe, Y., Mays, C. (1998).

9 CNE, rapport d’évaluation n° 10, 2004: „Certains peuvent se demander pourquoi le granite n'a pas reçu une haute priorite dans les choix de la France. Des données sur les laboratoires souterrains

reu-Das französische Endlagerkonzept für HAA wird von Appel et al. (2001) ausführlich beschrieben.

3.3.2 Programm für schwach- und mittelaktive Abfälle

Für die Lagerung der schwach- und mittelaktiven Abfälle (SMA)10 stellt Frankreich schon seit Jahren auf eine oberflächennahe Lagerung ab. Ab 1969 wurde das Centre de la Manche in der Nähe von Cherbourg am Ärmelkanal betrieben. Das Centre liegt neben der Wiederaufbereitungsanlage La Hague. 1991 wurde mit dem Verschluss der Anlage begonnen. Seit 1997 ist die Anlage verschlossen und wird überwacht. In den frühen 80er Jahren wurde nach einer zweiten Lagerstätte für SMA gesucht. Seit 1992 ist das in dieser Fallstudie beschriebene Centre de l’Aube, ebenfalls ein oberflächennahes Lager, in Betrieb.

Zusammenfassung und Fazit: Rahmenbedingungen

In Frankreich hat es 1991, infolge starken Widerstands, eine Wende in der Strategie der Entsorgung für HAA gegeben. Frankreich setzt heute auf die Erforschung von drei Entsorgungsvarianten und auf eine offene, transparen-te Information. Die Auswahl der Standortransparen-te der Forschungslabors beruhtransparen-te auf Freiwilligkeit.

Mit diesem Vorgehen gelang es nur ein einziges Forschungslabor zu erstel-len (Bure, Tonformation). Für die Forschungen in Granit arbeitet Frankreich mit ausländischen Partnern zusammen.

Die drei Varianten, an denen zur Zeit geforscht wird, sind:

Endlagerung in tiefen geologischen Schichten, Langzeitzwischenlagerung,

Abtrennung und Transmutation der langlebigen Radionuklide.

Die eigentliche Standortsuche für ein Endlager für HAA untersteht einem Moratorium bis 2006.

Die gesetzlichen Bestimmungen werden nach 2006 neu formuliert.

Für die SMA bestehen oberflächennahe Lager.

sés dans les granites ont été recueillies à l'étranger, à la demande du Gouvernement, en Suéde et au Canada principalement. Elles seront mises en regard des connaissances générales disponibles sur les granites français. Cependant, en France, les granites (dont la mise en place est beaucoup plus récente que sur les boucliers scandinaves ou canadiens) ont tous été repris dans des phases tectoniques plus tardives, qui les ont fracturés. La probabilité de trouver en France un site assurant un bon confinement est donc plus faible qu'en Scandinavie ou au Canada.“

10 Déchets faiblement et moyennement radioactifs (FMA).

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