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Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt

Im Dokument Nukleare Entsorgung in der Schweiz (Seite 68-73)

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2.6 Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt

2.6.1 Bevölkerungsentwicklung

Abbildung 39: Bevölkerungsentwicklung in den einzelnen Kerngemeinden, 1980-2003

Quelle: Statistisches Amt Kt. Aargau; Zahlen in Klammern: Einwohnerzahlen 2003.

Wie aus Abschnitt 2.2.1 (Abb. 7) hervorgeht, sind sowohl die Kerngemeinden wie auch die Gemeinden des äusseren Kreises im Vergleich zum Kanton Aargau un-terdurchschnittlich gewachsen. Das Wachstum der Kerngemeinden liegt jedoch über dem schweizerischen Durchschnitt. Zwischen Mitte der 80er-Jahre und Mitte der 90er-Jahre, im Zeitabschnitt der Planungsphase des Zwilag, war das Wachs-tum in den Kerngemeinden deutlich stärker als im kantonalen Durchschnitt. Die einzelnen Kerngemeinden haben sich dabei sehr unterschiedlich entwickelt (Abb.

39). Seit dem Entscheid zum Bau des Zwischenlagers (1989) sind die Gemeinden Villigen, Böttstein und Würenlingen stärker gewachsen als der Durchschnitt des Kantons Aargau und der Schweiz. In den beiden Gemeinden Döttingen und Stilli, die zwischen 1980 und 1985 an Bevölkerung verloren hatten, nahm die Einwoh-nerzahl nach 1989 ebenfalls zu. Ab Mitte der 90er-Jahre setzte sich dann jedoch in der sehr kleinen Gemeinde Stilli wieder ein negativer Trend durch.

Ab 1996 verlangsamte sich auch das Wachstum in Villigen, der Gemeinde mit der höchsten Wachstumsrate. Insgesamt sind seit dem Entscheid zum Zwischenlager in den Kerngemeinden insgesamt rund 1’500 Einwohner/innen zugezogen und rund 800 Einwohner/innen weggezogen. Negative Wanderungssaldi resultierten in den Jahren 1995 (-28), 1998 (-134) und 2000 (-191). Die Folgejahre zeigten je-weils wieder einen positiven Saldo (1996 +3, 1999 +80 und 2001 +92). Die Bevöl-kerung ist in dieser Zeit insgesamt um rund 2’000 Personen gewachsen.

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Wahrnehmungen von Expert/innen, Bevölkerung und Unternehmen

Auf die offenen Fragen werden weder eine Zu- noch eine Abnahme der Bevölke-rung als Folge des Zwilag erwähnt. Auch auf die Antwortvorgabe gibt weniger als ein Fünftel der Bevölkerung an, dass das Zwischenlager zu einem Wachstum der Bevölkerung beigetragen hat (Abb. 105, Abschnitt 7.5.11). Umgekehrt ist auch nur 14% der Bevölkerung der Meinung, dass das Lager zu einem Attraktivitätsverlust für Neuzuzüger/innen geführt habe (Abb. 103, Abschnitt 7.5.10). Aus den Inter-views in der Region gehen ebenfalls keine Anhaltspunkte für negative oder stark positive Wirkungen des Zwilag auf die Bevölkerungsentwicklung hervor.

2.6.2 Lebensqualität und gesellschaftliches Leben

Die folgenden Aussagen stammen ebenfalls aus der Bevölkerungsbefragung.

Unter den offenen Fragen wurde in der Region Würenlingen von fast niemandem (Anteil unter 4%) eine negative Wirkung genannt (Abb. 102, Abschnitt 7.5.10). Als positive Wirkungen gaben hingegen, wie bereits erwähnt, immerhin 22% der Be-fragten die Schaffung von Arbeitsplätzen an. Weitere, durch das Zwilag bedingte positive Effekte wurden ebenfalls nur von wenigen Befragten (Anteil unter 2%) erwähnt (Abb. 104, Abschnitt 7.5.11).

Auch auf die Antwortvorgabe hin meinten weniger als ein Fünftel der Bevölkerung, das Zwischenlager hätte negative Effekte gehabt. Als negative Wirkungen waren der Verlust von Wohnattraktivität und Attraktivität im Bereich Freizeit und Touris-mus, gesundheitliche Probleme sowie Spannungen in der Bevölkerung vorgege-ben (Abb. 103, Abschnitt 7.5.10).

Bei den positiven Wirkungen wurden durch die Bevölkerung die bereits erwähnten wirtschaftlichen Effekte bestätigt: Schaffung von Arbeitsplätzen (67%), zusätzliche Einnahmen für die Gemeinden (61%), Impulse für das Gewerbe (35%) und auch die Verbesserung der Infrastruktur (37%) (Abb. 105, Abschnitt 7.5.11).

Lebensqualität insgesamt

Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung in der Region Würenlingen (74%) ist der Ansicht, dass das Zwischenlager die generelle Lebensqualität nicht verändert hat. Weitere 14% meinen, dass sich die Lebensqualität verbessert hat, nur rund 8% meinen, dass sie sich wegen des Zwilag verschlechtert hat (Abb. 106, Ab-schnitt 7.5.12). Die Bevölkerung in den Kerngemeinden der Region Würenlingen ist signifikant häufiger der Meinung, das Zwischenlagers habe sich positiv auf die regionale Lebensqualität ausgewirkt (rund ein Drittel gegenüber knapp 10% im äusseren Kreis).

2.6.3 Protest gegen das Projekt

Erste Reaktion auf die Pläne des Zwilag

Bei etwas mehr als einem Drittel der Bevölkerung in der Region Würenlingen stiessen die Pläne zum Bau eines Zwischenlagers auf ein positives Echo, ein wei-teres Drittel hat das Lager, wenn auch mit einem unguten Gefühl, akzeptiert (Abb.

97, Abschnitt 7.5.9). Negative Reaktionen rief die Planung des Zwilag nur bei 11%

der Befragten hervor und 20% konnten sich nicht mehr an den Planungsprozess erinnern.

Grund dafür, weshalb die Bevölkerung in Würenlingen die Pläne für das Lagerpro-jekt positiv aufgenommen hat, war vor allem die Hoffnung, dass das Lager Arbeits-plätze in der Region schafft und dass die regionale Wirtschaft vom Bau und Betrieb des Lagers profitiert. Für mehr als die Hälfte derjenigen, welche die Lagerpläne positiv aufgenommen haben, liegt der Grund für ihre Bewertung in der Übernahme einer Aufgabe für die Allgemeinheit. In den Kerngemeinden haben signifikant mehr Personen als im äusseren Kreis das Lagerprojekt positiv aufgenommen, weil sie sich davon positive Impulse für die regionale Wirtschaft versprachen.

Der am häufigsten genannte Grund, das Lagerprojekt abzulehnen, war die Angst vor Verstrahlung, und dass es als unfair empfunden wird, dass in der Region eine Anlage geduldet werden sollte, die wahrscheinlich keine andere Region haben wollte. Es sind vor allem Frauen, welche angeben, Angst vor Verstrahlung gehabt zu haben, sowie tendenziell mehr Personen im äusseren Kreis als in den Kernge-meinden.

Protestdemonstrationen und organisierte Opposition als Ausdrucksmittel des Widerstands

Der Prozentsatz der Bevölkerung, der sich aktiv gegen die Lagerpläne zur Wehr gesetzt hat (<1%23), ist in Würenlingen im Vergleich mit den anderen untersuchten Regionen sehr gering (Abb. 97, Abschnitt 7.5.9). Als Zwischenlager stand das Zwi-lag nicht im Fokus der überregionalen AKW-Gegnerschaft. Ein Grund dafür könnte sein, dass die Gegner anlässlich der ersten Entsorgungskonferenz (1991) explizit Zwischenlager gefordert haben, um Zeit zu gewinnen für die Überarbeitung der Lagerkonzepte (Abschnitt 6.3.1).

Wegzug aus der Region wegen dem Lagerprojekt

In Würenlingen haben nur sehr wenige Einwohner/innen (2%) in Erwägung gezo-gen, im Falle der Realisierung des Zwischenlagers aus der Region wegzuziehen.

Diese Personen sind ausschliesslich weiblich und stammen aus den Kerngemein-den. Es kennt auch nur ein sehr geringer Teil der Bevölkerung (2%) - und auch nur in den Kerngemeinden – überhaupt jemanden, der tatsächlich nach der Realisie-rung der Lagerprojekte weggezogen ist (Abb. 99 und 100, Abschnitt 7.5.9).

Einstellung und Stimmung in der Region gegenüber dem Zwilag heute

Nach dem Bau und den ersten Betriebsjahren des Zwilag ist die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung in der Region Würenlingen (74%) dem Lager gegenüber positiv eingestellt24. Jeweils rund ein Fünftel der Bevölkerung ist (weiterhin) gegen das Lager, akzeptiert es jedoch. 3% der Bevölkerung in Würenlingen akzeptieren das Lager nicht.

48% der Bevölkerung meinen zudem, dass das Zwischenlager bei der Mehrheit der Würenlinger/innen heute Akzeptanz geniesst, und 46% meinen, dass das La-ger in der Region kein Thema mehr ist. Frauen und Männer unterscheiden sich hier nicht bezüglich ihrer Ansichten (Abb. 101, Abschnitt 7.5.9).

23 In der Region Würenlingen hat lediglich eine befragte Person angegeben, dass sie sich aktiv gegen das Lagerprojekt gewehrt hat (entspricht hochgerechnet 0.5% der Bevölkerung).

24 33% sind dem Zwilag gegenüber ohne Einschränkung positiv eingestellt, 41% sind dem Zwilag ge-genüber trotz gewisser Bedenken positiv eingestellt.

2.6.4 Beobachtete Auswirkungen durch das Zwilag auf Stand-orteigenschaften

Die Unternehmen wurden gefragt, welchen Einfluss das Zwilag ihrer Einschätzung nach auf verschiedene Standorteigenschaften hat. Abbildung 40 zeigt die entspre-chenden Beurteilungen. Die blaue Kurve stellt die durchschnittliche Beurteilung über alle antwortenden Unternehmen dar. Die rote Kurve entspricht der negativs-ten Beurteilung durch die Branchen, die gelbe Kurve der positivsnegativs-ten. Angegeben wird, ob der Einfluss des Zwilag „neutral“, „eher negativ“ bzw. „eher positiv“ oder

„stark negativ“ bzw. „stark positiv“ ist.

Das Polaritätsprofil für die Auswirkungen lässt sich in einen oberen und einen unte-ren Teil trennen. Im oberen Teil finden sich die positiven Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort. Dazu zählen nach Einschätzungen der befragten Unterneh-men die Verkehrsverbindungen, die Potenziale an Arbeitskräften und zur Ansied-lung neuer Unternehmen, das regionale Firmennetzwerk, die regionale Nachfrage und die bessere finanzielle Situation der Gemeinden mit geringeren Steuerbelas-tungen für die Unternehmen.

Abbildung 40: Durchschnittliche ungewichtete Beurteilung der Veränderungen von Standorteigenschaften durch die Unternehmen, inklusive negativster und posi-tivster Bewertung

Quelle: Unternehmensbefragung Rütter + Partner, 2005.

Sicherheit Image der Region Attraktivität für Tourismus und Freizeit Kulturangebot Gastronomie Landschaftsbild und Natur Schöne, intakte Ortsbilder Bevölkerungswachstum Aufträge aus der Region Steuerfuss Finanzielle Situation der Gemeinden Regionales Firmennetzwerk Potenzial an Arbeitskräften Potenzial zur Ansiedlung neuer Firmen Verfügbarkeit von Landwirtschaftsland Baulandreserve Wohnzone Baulandreserve Gewerbezone Verkehrsverbindungen

2 1 0 -1 -2

Max Min

Durchschnitt

negativ positiv

Im Gegensatz hierzu haben sich sog. „weiche Aspekte“, welche vor allem für den Lebensraum der Kerngemeinden Würenlingen von hoher Bedeutung sind, gemäss den befragten Unternehmen verschlechtert. Das Zwilag habe einen negativen Ein-fluss auf das Orts- und Landschaftsbild, das Image der Region und letztendlich auch auf die Attraktivität für Tourismus und Freizeit. Keine Wirkung hat sich nach Ansicht der befragten Unternehmen bezüglich dem Bevölkerungswachstum und der Verfügbarkeit von Boden ergeben.

2.6.5 Auswirkungen auf die Umwelt

In den Experteninterviews wurde allgemein erwähnt, dass die neuen Anlagen des Zwilag und des PSI eine Verbesserung in Bezug auf die Lufthygiene bedeuten. Die alte Verbrennungsanlage des PSI sei eine „Dreckschleuder“ gewesen.

Für weitere Ausführungen zu Auswirkungen auf die Umwelt sei auf den Umweltbe-richt verwiesen, der im Rahmen der UVP für das Zwilag erstellt worden ist (Dr.

Graf AG, Umweltschutz und Wärmetechnik, Gerlafingen, 1993).

Zusammenfassung und Fazit: Gesellschaftliche Auswirkungen des Zwilag Mehrheitlich werden von Bevölkerung und Expert/innen keine negativen gesell-schaftlichen Auswirkungen beobachtet, die auf das Zwilag zurückgehen könn-ten.

Das Zwilag hat gemäss Bevölkerungsbefragung bereits in seiner Planungspha-se eine hohe Akzeptanz erfahren. Es hat auch nicht zu grosPlanungspha-sen oder andauern-den Spannungen und ebenfalls nicht zu grossen Protesten in der Region ge-führt.

Als Zwischenlager stand das Zwilag nicht im Fokus der überregionalen AKW-Gegnerschaft. Ein Grund dafür könnte sein, dass die Gegner anlässlich der ers-ten Entsorgungskonferenz (1991) explizit Zwischenlager gefordert haben, um Zeit zu gewinnen für die Überarbeitung der Lagerkonzepte.

Zum heutigen Zeitpunkt ist die Mehrheit dem Lager gegenüber positiv einge-stellt und es dominiert die Meinung, das Zwilag werde akzeptiert oder sei kein Thema mehr.

Die positiven Auswirkungen, welche beobachtet wurden, sind vor allem wirt-schaftlicher Natur.

Negative Auswirkungen werden vor allem in Bezug auf ImaFaktoren ge-nannt. Dazu gehören Attraktivitätsverluste der Region als Wohnstandort sowie als Freizeit- und Tourismusregion. In dieser Beurteilung stimmen Bevölkerung und Unternehmen überein.

Für die Beurteilung der Einflüsse auf die Umwelt sei auf den Umweltbericht verwiesen.

3. Fallstudie 2: Centre de stockage de l’Aube,

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