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Beschäftigungswirkung

Im Dokument Nukleare Entsorgung in der Schweiz (Seite 89-95)

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3. Fallstudie 2: Centre de stockage de l’Aube, oberirdisches SMA-Lager

3.5 Wirtschaftliche Auswirkungen des Centre de l’Aube

3.5.2 Beschäftigungswirkung

Das Centre de l’Aube beschäftigt seit der Inbetriebnahme im Jahr 1992 zwischen 100 und 170 Mitarbeiter/innen (VZÄ). Damit stellt das Centre gut 20% der Arbeits-plätze im Canton de Soulaines (Abb. 47). Bezogen auf die vier an das Centre an-grenzenden Gemeinden (Kerngemeinden) beträgt der Anteil der Arbeitsplätze, die das Centre stellt, sogar über 50% (1999). Insgesamt haben die Arbeitsplätze im Canton de Soulaines von 1990-1999 abgenommen. Ein Grund dafür ist, dass 1990 in der Bauphase des Centre de l’Aube liegt, was temporär zu einer Erhöhung der Beschäftigten im Bausektor geführt hatte. Diese wurde nach 1992 wieder abge-baut.

Herkunft der Mitarbeiter/innen, Löhne

Von den Angestellten des Lagers leben rund ein Dutzend (8%) in der Region, die andern pendeln grösstenteils aus der Region Troyes ein.

Die Angestellten des Centre verdienen jährlich rund 2.3 Mio. , davon verbleiben rund 180'000 im Canton de Soulaines.

Regionaler Arbeitsmarkt

Gemäss Aussagen der interviewten Personen ist die Beschäftigungswirkung in der Region, über Aufträge der Andra, positiver als ursprünglich erwartet. Bei Instand-stellungsarbeiten werden vorwiegend lokale Handwerker beauftragt.

Auf die Zahl der arbeitslos gemeldeten Einwohner/innen habe das Centre jedoch keinen Einfluss gehabt. Die Arbeitslosenquote sei aber tiefer als im Durchschnitt

1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

0 5 10 15 20 25 30 35 40

Umsätze Vorleistungen Drittunternehmen auf der Anlage Mio. ¤

Frankreichs, da in der Region eine hohe Anzahl von Personen im Pensionsalter leben.

Abbildung 47: Beschäftigte des Centre de l’Aube, 1992-2003, sowie Beschäftigte im Canton de Soulaines 1999

Quelle: Andra; Eurostat datashop; Roche 2002.

Die positive Wirkung auf die Beschäftigung wird auch durch die Bevölkerungsbe-fragung bestätigt. 35% der Befragten nennen spontan die Schaffung von Arbeits-plätzen als positive Wirkung des Lagers. Nachträglich mit einer Antwortvorgabe darauf aufmerksam gemacht, bestätigen sogar 69% der Befragten diesen Effekt (Abb. 104 und 105, Abschnitt 7.5.11).

3.5.3 Auswirkungen auf Liegenschaftspreise und Bautätigkeit

Die Liegenschaftspreise sind gemäss Aussagen in den Interviews gestiegen. Der Anstieg sei vor allem in der Anfangsphase des Centre sehr stark gewesen, heute sei der Anstieg wohl etwa gleich wie im Durchschnitt von Frankreich. Die Andra habe für den Boden (Wald), der im Besitz einer Versicherung gewesen sei, einen guten Preis bezahlt.

Bevölkerungsbefragung: In der offenen Frage nach den Nachteilen des Lagers gibt nur eine Person an, eine Abnahme der Liegenschaftspreise beobachtet zu haben.

Mit einer Antwortvorgabe darauf angesprochen, stimmen jedoch – im Gegensatz dazu – 20% der Befragten zu, dass Wertverminderungen sehr oder ziemlich einge-troffen seien (Abb. 102 und 103, Abschnitt 7.5.10) ein Umstand der wahrscheinlich auch darauf zurückzuführen ist, dass die Immobilienpreise schwierig einzuschät-zen sind.

1990 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 1999 2000 2001 2002 2003 0

100 200 300 400 500 600 700 800

304 508

103 133 135 144 169 158 151 237 463

147 149 165 172 174

Andra Kerngemeinden

äusserer Kreis Beschäftigte

VZÄ

3.5.4 Auswirkungen auf den Absatz von landwirtschaftlichen Produkten

Von den interviewten Personen werden in Zusammenhang mit dem Centre de l’Aube keine Nachteile für die Landwirtschaft genannt. Die landwirtschaftlichen Produkte, insbesondere die Milch, werde laufend kontrolliert, und bis heute sei noch nie eine Belastung festgestellt worden. Auch von der Chambre d’Agriculture wird diese Ansicht bestätigt. Biobetriebe mit Labelprodukten sind für die Region nicht von Bedeutung. Das Weingebiet der Champagne liegt weiter südlich und wird nicht mit dem Namen Aube in Verbindung gebracht. Es wird jedoch darauf hinge-wiesen, dass ein Vorfall im Lager, der zu einer Kontamination führen würde, sich sehr wohl auf den Absatz von landwirtschaftlichen Produkten auswirken würde.

Bevölkerungsbefragung: Offen nach Nachteilen des Lagers befragt, nennt nur eine Person Absatzprobleme für landwirtschaftliche Produkte. Mit einer Antwortvorgabe darauf angesprochen, will jedoch rund ein Viertel der Befragten Nachteile für die Landwirtschaft beobachtet haben (Abb. 102 und 103, Abschnitt 7.5.10).

3.5.5 Auswirkungen auf Tourismus und Freizeitaktivitäten

Die interviewten Personen stellen seit Bestehen des Lagers vorwiegend eine Bele-bung des Tourismus in der Region fest, die sie teilweise auf das Lager selbst, teil-weise auch auf andere Initiativen (Route du Champagne) zurückführen. Mit Hilfe der Andra konnte in der Region ein Centre d’études de la nature gegründet wer-den, das Kurse und Studien macht und Besucher/innen anzieht. In der Gemeinde Soulaines-Dhuys konnte dank dem Geld, das von den Abgeltungen (in der Bau-phase) und den Steuern des Centre de l’Aube kommt, ein ehemaliges Gasthaus zu einem guten Hotel umgebaut werden. Dank der Geschäftstouristen, die das Centre besuchen, ist das Hotel auch sehr gut ausgelastet. Weiter hat die Andra das Camp, das den Arbeitern zu Bauzeiten des Lagers als Unterkunft diente, zu einem touristisch nutzbaren Campingplatz ausgebaut und der Gemeinde Soulaines-Dhuys geschenkt, die ihn nun erfolgreich betreibt.

Auf die an den Canton de Soulaines angrenzenden Naturreservate konnte kein negativer Einfluss auf die Besucherzahlen festgestellt werden.

Die Andra unterstützt auch Projekte für das kulturelle Erbe. In Ville-aux-Bois ist eine Kirche mit Fresken renoviert worden.

In der Presse wird durchwegs von einer positiven Auswirkung des Centre auf den Tourismus gesprochen. Anstatt negativer Auswirkungen habe das Centre mit dem Industrietourismus eine neue Art von Tourismus ermöglicht, welche nicht nur dem Centre selber, sondern auch lokalen Unternehmen Besucher/innen zuführe. Dieser neue Tourismus vertrage sich gut mit dem vorherrschenden „grünen Tourismus“.

Die Bevölkerungsbefragung zeigt bezüglich der Beurteilung der Wirkungen des Lagers auf den Tourismus widersprüchliche Reaktionen. Auf die offenen Fragen nach den Vorteilen bzw. den Nachteilen äusserten sich spontan nur je 1-2 Perso-nen in positiver oder negativer Weise. Mit Antwortvorgaben auf eine allfällige Wir-kung hingewiesen schätzen jedoch 33% positive WirWir-kungen auf das Gastgewerbe und 19% negative Wirkungen auf den Tourismus beobachtet zu haben (Abb. 102 und 103, Abschnitt 7.5.10).

3.5.6 Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen und die Infra-struktur

Für die Zahlungen der Andra in der Startphase des Projektes Centre de l’Aube wurde ein Schlüssel ausgearbeitet, der eine gerechte Verteilung der Gelder sicher-stellte. Der Schlüssel bestand darin, dass ein Teil der Gelder in die Kasse der Communauté des Communes, der die 21 Gemeinden des Kantons angehören, floss. Die Gemeinden erhielten Geld aus der Kasse der Communauté für definierte Projekte, die sie eingeben mussten. Der übrige Teil kam der Standortgemeinde Soulaines-Dhuys sowie den Nachbargemeinden Ville-aux-Bois (nur 12 Einwoh-ner/innen) und Épothémont zugute.

Abbildung 48: Geldflüsse an die öffentliche Hand der Region

Quelle: Angabe Andra.

In der Bauphase (1987-1992) des Centre de l’Aube zahlte die Andra Beträge in der Höhe von 32.9 Mio. FFR, was rund 1 Mio. pro Jahr entspricht. Analog dazu wur-den während der Bauzeit des Lagers für sehr schwachaktive Abfälle CSTFA in Morvilliers (2003 und 2004) insgesamt 3 Mio. ausgerichtet.

Während der Betriebszeit beider Lager werden keine Abgeltungen an die öffentli-che Hand mehr geleistet. Die Gemeinden profitieren jedoch von der taxe professi-onnelle (Gewinnsteuer) sowie einer taxe foncière auf den Gebäuden der Lager.

Damit die Gemeinde Épothémont auch in den Genuss einer taxe foncière kommt, wird, als Ausnahme, auch die Zufahrtsstrasse als Bauwerk gezählt und muss von der Andra versteuert werden. Die Steuern, die die Andra für beide Lager zusam-men ausrichtete, stiegen in der Zeit von 1992 bis 2004 laufend an, von rund 200'000 auf heute über 6 Mio. jährlich. Die Andra leistete damit in der Stand-ortgemeinde Soulaines-Dhuys einen Anteil zwischen 60% und 85% der Gemein-desteuern.

Von den Steuern profitieren sowohl die Standortgemeinde wie auch die übrigen Gemeinden des Canton de Soulaines. Nach französischem Recht darf eine Ge-meinde nur einen Anteil an den Steuern selber behalten, welcher dem doppelten Pro-Kopf-Steueraufkommen des französischen Durchschnitts entspricht. Was dar-über liegt, geht als Finanzausgleich an die übrigen Gemeinden des Kantons.

1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004

0

Die Andra sponsert ausserdem in unterschiedlichem Masse Vereins- und Schulan-lässe sowie Institutionen mit Mitteln in der Höhe von jährlich einigen 10'000 .

Verwendung der Mittel

Die Mittel aus den Abgeltungen und aus Steuergeldern wurden in erster Linie für die Instandstellung von Gebäuden und Verkehrswegen in den Gemeinden ver-wendet. In Épothémont wurden darüber hinaus neue Mietwohnungen erstellt mit Gemeindemitteln und in Soulaines-Dhuys wurde, wie bereits erwähnt, ein Gast-haus renoviert.

Auch im übrigen Kanton wurde ähnlich vorgegangen. In den Interviews wurde auch erwähnt, dass Mehrzweckhallen errichtet worden seien.

Beurteilung durch die Region

In der Presse werden die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Region vorwie-gend positiv beurteilt. Die finanziellen Beiträge seien für die Region sehr wichtig gewesen, um dringend nötige Instandstellungen zu realisieren.

Von dem Lager eher kritisch gegenüberstehender Seite wurde auf die einseitige Abhängigkeit der Gemeinden von der Andra hingewiesen. Die Gelder würden zu einer Lethargie in den verantwortlichen Gremien führen. Eigene Initiative sei nicht mehr gefragt und aus diesem Grunde werde zuwenig unternommen, um nach an-deren wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten zu suchen.

Grundsätzlich wird jedoch auch von Seite der Kritiker nicht angezweifelt, dass das Lager, solange sich kein Unfall ereignet, sich in wirtschaftlicher Hinsicht positiv auf die Region auswirke.

In der Bevölkerungsbefragung wird die positive Wirkung, die das Lager auf Ge-meindefinanzen (37%) und Infrastruktur (17%) gehabt hat, spontan bestätigt. Mit einer Antwortvorgabe darauf hingewiesen bestätigen sogar 81% die positive Wir-kung auf die Gemeindefinanzen und 65% die positive WirWir-kung auf die Infrastruktur der Region (Abb. 104 und 105, Abschnitt 7.5.11).

Zusammenfassung und Fazit: Wirtschaftliche Auswirkungen

Das Centre de l’Aube erwirtschaftet jährliche Umsätze zwischen 30 und 35 Mio. . Davon gehen zwischen 5 und 10 Mio. als Vorleistungen an Dritt-unternehmen. Weitere 10-15 Mio. gehen an Drittunternehmen, die perma-nent auf der Anlage arbeiten, wie Sicherheitsdienst, Restaurant, Umge-bungsunterhalt. Dies ist für die Region erheblich.

Das Centre de l’Aube ist mit rund 170 Angestellten ein bedeutender Arbeit-geber für die nur schwach besiedelte Region (2‘600 Einwohner/innen). Es stellt gut 20% der Arbeitsplätze im Canton de Soulaines und über 50% der Arbeitsplätze in den Kerngemeinden.

Die Vorleistungen des Centre de l’Aube führen zu Umsätzen, Wertschöp-fung und Beschäftigung im lokalen Gewerbe.

Das Centre zahlte in der Bauphase Abgeltungen von 1 Mio. pro Jahr. Heu-te zahlt es SHeu-teuern von ca. 6 Mio. pro Jahr.

Die Abgeltungen wurden nach einem Schlüssel auf alle Gemeinden des Canton de Soulaines verteilt. Die Steuern kommen über den

Finanzaus-gleich ebenfalls allen Gemeinden des Kantons zugute. Am meisten profitie-ren jedoch die Standortgemeinden.

Dank dem grösseren finanziellen Spielraum konnten die Gemeinden ihre bauliche Infrastruktur sanieren und Wohnungen bauen.

Negative Auswirkungen auf den Tourismus oder auf den Absatz von land-wirtschaftlichen Produkten können keine nachgewiesen werden.

Der Besuchertourismus sowie durch die Andra finanzierte Projekte wirken sich positiv auf die Auslastung der regionalen touristischen Infrastruktur aus.

Auf die heute herrschende Form des Tourismus sind keine negativen Effekte beobachtet worden. In der Wahrnehmung eines kleinen Teils der Bevölke-rung hat die Region jedoch an Attraktivität im Bereich Freizeit und Touris-mus eingebüsst.

Seitens der Gegnerschaft des Lagers wird eine einseitige Abhängigkeit der Gemeinden vom Centre de l’Aube befürchtet, und es wurde auf die Gefahr des Verlusts an Eigeninitiative der Gemeinden hingewiesen.

3.6 Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt

3.6.1 Bevölkerungsentwicklung

Wie aus Abb. 42 und Abschnitt 3.1.2 hervorgeht, ist im Canton de Soulaines - im Gegensatz zu den Nachbarkantonen - ein Bevölkerungswachstum zu verzeichnen.

Die Investitionen der Gemeinden in die Infrastruktur haben zu einer Erhöhung der Attraktivität der Dörfer für Neuzuzüger/innen, zum Teil mit Kindern, geführt. Die Schulen konnten so erhalten bleiben. Es ist festzustellen, dass die Anzahl Schul-kinder im Canton de Soulaines in den letzten Jahren leicht zugenommen hat, und dass der Kanton eine gute Versorgung mit Schulen aufweist: Jede Gemeinde ver-fügt über eine eigene Schule oder ist einem „regroupement pédagogique inter-communal“ angeschlossen.

Weiter ist auch zu vermerken, dass der Anteil der erwerbstätigen Bevölkerung im Canton de Soulaines im Gegensatz zu den Nachbarkantonen ansteigend ist und sich der Trend in den letzten Jahren sogar noch verstärkt hat (Roche 2002).

Wie aus den Interviews mit den Gemeindevertretern hervorgeht, sind die Fluktuati-onen heute relativ hoch. Die Neuzuzüger/innen integrierten sich nicht sehr leicht in die gewachsenen Strukturen, was jedoch nicht zu Konflikten führe. Es bestehe in den Gemeinden ohnehin eher die Tendenz, dass jeder für sich lebe.

Dem Lager kritisch gegenüberstehende Personen weisen darauf hin, dass die Gegend als Wohnregion für Menschen, die aus den Städten wegziehen möchten, ein hohes Potenzial habe, und dass sich die Region auch ohne die Investitionen mit den Geldern aus der Entsorgungswirtschaft als Wohnstandort hätte positiv entwickeln können. Genau diese Leute würden jedoch durch die Anlage davon abgehalten, in die Region zu ziehen. Dieser Aussage widerspricht allerdings die Tatsache, dass in den sehr ähnlich gelegenen Nachbarkantonen keine entspre-chende Entwicklung eingetreten ist. Weiter konnte auch in der

Bevölkerungsbefra-gung keine Evidenz dafür gefunden werden, dass das Lager negative Auswirkun-gen auf die Attraktivität der Region für Neuzuzüger/innen hätte.

Insgesamt wird von den Befragten eine positive Wirkung auf die Bevölkerungszahl konstatiert (Abb.102 und 103, Abschnitt 7.5.11). Nur rund 1% der Befragten gibt an, sich selbst einen Wegzug aus der Region überlegt zu haben oder jemanden zu kennen, der wegen des Lagers weggezogen sei (Abb. 99, Abschnitt 7.5.9).

3.6.2 Lebensqualität und gesellschaftliches Leben

Die Bevölkerungsbefragung bestätigt die Aussagen der interviewten Experten.

Rund ein Drittel der befragten Personen gibt an, dass das Lager eher zu einer Verbesserung der Lebensqualität beigetragen hat. Weitere 8% geben sogar an, dass das Lager sehr zu einer Verbesserung der Lebensqualität geführt habe. Rund die Hälfte der Befragten konnte keine Veränderung feststellen (Abb. 106, Abschnitt 7.5.12).

Gemäss Angaben in den Geschäftsberichten unterstützt oder organisiert die Andra auch kulturelle Veranstaltungen.

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