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Einstellungen der Bevölkerung gegenüber dem Endlager- Endlager-projekt

Im Dokument Nukleare Entsorgung in der Schweiz (Seite 170-176)

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5. Fallstudie 4: Endlagerprojekt für hoch- hoch-aktive Abfälle, Olkiluoto

5.5 Wirtschaftliche Auswirkungen der geplanten Ent- Ent-sorgungsanlage

5.6.2 Einstellungen der Bevölkerung gegenüber dem Endlager- Endlager-projekt

Verschiedene Institute haben Bevölkerungsbefragungen in Eurajoki, den übrigen Standortgemeinden und im restlichen Finnland zum Thema Endlager für radioakti-ve Abfälle durchgeführt. Zum Teil waren diese Studien Teil der UVP und von Posi-va in Auftrag gegeben, zum Teil handelte es sich auch um unabhängige Studien von Universitätsinstituten. Im Folgenden werden die Resultate aus den Befragun-gen 1997 für Eurajoki und Kuhmo präsentiert. Kuhmo ist insofern als

Vergleichs-standort interessant, weil in dieser Gemeinde kein Kernkraftwerk steht. Es wird vermutet, dass die Erfahrung mit Kernenergie in der eigenen Region auch in Finn-land die Haltung zu einem allfälligen Endlagerprojekt entscheidend beeinflusst.

Befragung zur Einstellung der Bevölkerung gegenüber einem Endlager-projekt

Bei dieser Befragung25 wurden insgesamt 49 halbstrukturierte Themeninterviews mit Frauen und Männern zwischen 25 und 60 Jahren in allen vier potenziellen Standortgemeinden durchgeführt, davon 11 in Eurajoki und 13 in Kuhmo. Inter-viewt wurden Einwohner/innen, Beamte der öffentlichen Verwaltung, Personen aus unterschiedlichen Branchen und Berufen und Vertreter/innen von Umwelt-organisationen und politischen Vereinigungen. Themen der Interviews waren Infor-mationen über die Gemeinde, Hintergrundwissen zum Endlagerprojekt, Meinungen der unterschiedlichen Interessengruppen und der Einwohner/innen zum geplanten Endlager.

Resultate für Eurajoki

In Eurajoki hat man sich an die Kernkrafttechnologie gewöhnt: In den Interviews wurden oft mit den bestehenden KKW Vergleiche gezogen und die Vor- und Nachteile der Kernenergie allgemein diskutiert.

Als Nachteil empfinden die Einwohner/innen sowohl in Bezug auf die Umwelt als auch auf die individuelle Sicherheit den durch das Endlager vermutlich zunehmen-den Verkehr. Vorteile sehen sie im wirtschaftlichen Bereich: TVO (KKW) ist der grösste Arbeitgeber und Steuerzahler in der Gemeinde. Ausserdem hat die Ge-meinde als KKW-StandortgeGe-meinde sich ein positives Image kreieren können, indem sie sich heute selber als „die Gemeinde Finnlands mit der meisten Energie“

bezeichnet.

Resultate für Kuhmo

In Kuhmo ist man der Meinung, dass das Endlager nicht in die schöne Landschaft passe. Die reine Natur und die Frage um die Sicherheit der Anlage lassen sich nach Aussagen der Befragten nicht vereinbaren.

Die befragten Einwohner/innen sagen aus, dass die Sicherheit zwar kurzfristig gegeben sei und sie keine Angst vor dem Betrieb des Endlagers hätten. Langfristig aber sehen sie keine Sicherheitsgarantien. Die Interviewten geben an, Angst vor Sabotage, Terrorismus, Erdbeben oder geologischen Veränderungen zu haben.

In Kuhmo befürchtet man auch eine Verschlechterung des Images. Insbesondere das Image als Wilderness-Area könnte in Gefahr kommen. Die Absätze von land-wirtschaftlichen Produkten, vorwiegend aus der Milchwirtschaft, und der Tourismus würden darunter leiden. Man befürchtet eine Verseuchung von Beeren und Pilzen, deren Pflücken als Nebenerwerb gilt und somit einen Verlust an Arbeitsplätzen in diesem Bereich.

In Kuhmo hat man eine enge Beziehung zu den grossen Wäldern und den vielen Seen und man sieht diese in Gefahr.

25 Viinikainen, T.: Posiva Report 98-16, 1998.

Repräsentative Befragung an den potentiellen Standorten

Eine repräsentative Bevölkerungsbefragung aus dem Jahr 1998 (Posiva 1999, 167f.) untersuchte die generelle Akzeptanz des Endlagerprojekts in der Bevölke-rung der vier Untersuchungsregionen.

Abbildung 71: Akzeptanz und Ablehnung eines Endlagers in der eigenen Ge-meinde

Quelle: Posiva 1999 (S. 165), Eurajoki und Lovisa sind KKW-Standorte.

Die Frage lautete, ob man ein Endlager radioaktiver Abfälle in der Gemeinde in dem Fall akzeptieren würde, dass die Untersuchungen und die Sicherheitsprüfung den Standort als sicher für die nukleare Endlagerung einschätzten.

Abbildung 71 zeigt die generelle Akzeptanz für alle vier Untersuchungsregionen im Überblick. An den beiden Kernkraftwerksstandorten Eurajoki und Lovisa gab je-weils die Mehrheit der Bevölkerung an, dass sie ein Endlager akzeptieren würde (59% bzw. 62%). In den Standorten ohne Kernkraftwerk, Kuhmo und Äänekoski würde dagegen jeweils die Mehrheit der Bevölkerung ein Endlager ablehnen.

Frauen stehen dem Endlager grundsätzlich kritischer gegenüber als Männer.

5.6.3 Protest gegen das Lagerprojekt

Die folgenden Ausführungen stammen aus einem Beitrag anlässlich des Workshops der NEA in Turku (Abschnitt 5.4.3). Trotz der vielfältigen, den Konsens in der Endlagerfrage stärkenden Faktoren, hat es in allen vier untersuchten poten-ziellen Standortgemeinden lokalen Widerstand gegen das Endlagerprojekt gege-ben.

So berichtete Tuikka26 über die Widerstandsbewegung in Äänekoski. Die Wider-standsbewegung in Äänekoski agierte aus Angst vor Sicherheitslücken bei Trans-port und Lagerung von radioaktivem Abfall. Sie war ausserdem besorgt über den möglichen Imageverlust einer grossen Region rund um das geplante Lager und über mögliche soziale Effekte. Die Bewegung kooperierte mit der Bewegung in Romuvaara/Kuhmo und Umweltorganisationen wie der Finnischen Vereinigung für Naturschutz, Greenpeace sowie Friends of the Earth.

In Äänekoski blieben die meisten Gemeindevertreter und Politiker stumm. Die Wi-derstandsbewegung wollte „diese Stille brechen“. Eine Gruppe von zehn Endla-gergegnern nahm an den Wahlen im Herbst 1996 teil, bei denen sie mit der Grü-nen Liga Finnlands kooperierten, die bis anhin keine Vertreter im Stadtparlament von Äänekoski hatten. Sie errangen vier Mandate und änderten in einem histori-schen Akt die Machtverhältnisse im Stadtparlament von einer sozialistihistori-schen zu einer nicht-sozialistischen Mehrheit.

Zu Beginn der UVP zweifelte die Widerstandgruppe an der Unabhängigkeit von Posiva. Man hatte das Gefühl, dass Posiva sich die Akzeptanz der Bevölkerung erkaufen wollte. Interviews während der UVP gaben den Aktivisten jedoch das Gefühl, Ernst genommen zu werden mit ihren Anliegen. Die Gegner nahmen über-rascht zur Kenntnis, dass ihre Bedenken in den Ergebnisberichten der UVP auch wirklich Eingang gefunden hatten.

In Eurajoki war der Widerstand gegen ein allfälliges Endlager verglichen mit den übrigen drei Regionen am geringsten. Eine Oppositionsgruppe etablierte sich in den späten 80er Jahren. Ihr Hauptfokus war die Kernenergie und die Kernkraft-werke in Eurajoki. Die Gruppe löste sich jedoch schon bald nach ihrer Gründung wieder auf, weil die Mitglieder der Gruppe sich nicht auf das Leitthema der Grup-pierung einigen konnten (Umweltthemen allgemein oder Kernenergie als Hauptfo-kus). Die Oppositionsbewegung wie auch die dahinter stehenden sozialen Prozes-se sind in Eurajoki generell nur wenig untersucht worden.

Ende 1996 führten Friends of the Earth in Eurajoki einige Aktionen durch, sie wa-ren zudem national mit Greenpeace im Widerstand gegen ein Endlager verbunden.

Die nationalen Umweltorganisationen waren jedoch nicht besonders deutlich zu vernehmen, der Widerstand war, wenn es ihn gab, eher lokal organisiert – in Eura-joki gab es ihn wie erwähnt praktisch nicht.

5.6.4 Auswirkungen auf das Image der Region

Zum Thema Auswirkungen eines Endlagerprojektes auf das Image der Stand-ortgemeinde wurden von Posiva verschiedene Abklärungen in Auftrag gegeben oder durchgeführt. Der Umfang der Untersuchungen zeigt, dass diesem Thema im Rahmen der UVP ein grosses Gewicht beigemessen worden ist.

Die Resultate können wie folgt zusammengefasst werden. Die industrialisierte Gemeinde Eurajoki ist weniger bekannt als die Tourismus- und Kulturstadt Kuhmo.

Das bereits als Industriestandort eingereihte Eurajoki dürfte durch ein Lager einen geringeren Imageschaden davontragen als Kuhmo, das touristisch von seinem naturnahen Image lebt.

26 In NEA 2002, S. 49.

Der folgende Abschnitt sind die Resultate - stark gekürzt - wiedergegeben. Sie sollen jedoch die Bandbreite der Untersuchungen und der angewandten Methoden wiedergeben.

Studie zu den Auswirkungen des Endlagers auf das Image der Gemeinden Die Untersuchungsziele dieser Studie27 waren die Identifikation des bestehenden Gemeinde-Images, die Identifikation und Analyse von Vorstellungen und Wissens-stand bezüglich eines Endlagers und die Analyse der Auswirkungen eines Endla-gers auf das Gemeindeimage.

Es wurden strukturierte Telefoninterviews, Experteninterviews und Fokusgruppen durchgeführt. Die strukturierten Telefoninterviews wurden gemacht, um das Image der potentiellen Standortgemeinden zu erfassen. Die Zielpopulation war hier die finnische Gesamtbevölkerung über 18 Jahren.

In den Fokusgruppen wurden einerseits offene Diskussionen geführt, andererseits wurden mittels projektiver Methoden28 individuelle Gedanken erfasst. Jede Fokus-gruppe bestand aus 7-10 Personen, insgesamt nahmen 64 Personen an den Fo-kusgruppen teil. Es gab FoFo-kusgruppen mit Konsumenten (Kaufentscheide für Le-bensmittel), Touristen (Wahl ihres Reiseziels), Familien (potentielle Zuzüger), Wirt-schaftsvertreter (Auswirkungen auf das Image als Wirtschaftsstandort).

Ergebnisse für Eurajoki: Telefoninterviews

Die Telefoninterviews zeigten, dass die Gemeinde Eurajoki eher wenig bekannt ist in Finnland. Nur 17% der Interviewten kannten Eurajoki. Rund 15% der In-terviewten wussten, dass Olkiluoto ein KKW-Standort ist. Über das touristische Angebot der Gemeinde wussten die Befragten wenig.

Ergebnisse Eurajoki, Fokusgruppen, Innensicht

Die erste spontane Äusserung der Familien zum Endlagerprojekt war die Hoff-nung darauf, dass das Endlager an einem anderen Ort gebaut würde. Es wird von den Familien befürchtet, dass die Gemeinde an Anziehungskraft als Wohn-ort verlieren könnte und dass der Bau des Endlagers den Verkehr nach Olkiluo-to erhöhen würde. Die Befragten glaubten dennoch nicht, dass das Lager einen Einfluss auf das eigene Leben haben wird.

Die Wirtschaftsvertreter erwarten durch das Endlagerprojekt folgende positive Auswirkungen: Erhöhtes Steuereinkommen, mehr Arbeitsplätze, erhöhte Nach-frage nach Gütern und Dienstleistungen, Zuzug von gut qualifizierten Arbeits-kräften, erhöhtes auch internationales Interesse für die gesamte Region als In-dustriestandort. Hotel- und Restaurantbetriebe könnten durch Besucher/innen der Anlage profitieren.

Umstritten war der Punkt, ob das Image der Region insgesamt leiden werde.

Mehrheitlich sind die Wirtschaftsvertreter der Ansicht, dass dies nicht der Fall sei. Dennoch wurde auch gesagt, dass das Image „nicht wie früher“ sein werde, sondern dass die Region eine Stigmatisierung als Endlagerstandort erhalten wird.

27 Kankaanpää, Haapavaara, Lampinen, 1999.

28 Die Befragten mussten Sätze komplettieren, Collagen machen und Sprechblasen ausfüllen.

Ergebnisse Eurajoki, Fokusgruppen, Aussensicht

Die Befragung der Familien aus der nahe gelegenen Stadt Rauma zeigte, dass Eurajoki das Image einer kleinen, wenig attraktiven, „schlafenden“ Lands-gemeinde hat. Der Ort wird stark mit Elektrizität und Kernkraftwerken verknüpft.

Die Mehrheit würde nicht nach Eurajoki ziehen.

Ergebnisse für Kuhmo: Telefoninterviews

Kuhmo ist 34% der Befragten bekannt. Das Kammermusikfestival ist sogar praktisch allen Interviewten bekannt. Die Stadt wird mit Norden, aber auch mit Einöde, „weit weg“, Armut und Arbeitslosigkeit, verbunden. Die Natur wird als Idylle bezeichnet: Sauberkeit, unberührte Natur und hohe Sicherheit. Kuhmo ist ein beliebtes Ferienziel. Die Einwohner/innen von Kuhmo wurden als sehr gast-freundlich geschätzt.

Ergebnisse für Kuhmo: Fokusgruppen, Innensicht

Ein Endlager in der Region würde nach Ansicht von Teilnehmer/innen der Fo-kusgruppen bessere Beschäftigung aber ein schlechtes Image für die Region bringen, es würde der Vermarktung und dem Vertrauen in die Natur schaden.

Die erarbeitete Positionierung als Kulturstadt könnte leiden.

Als negative Auswirkung eines Endlagers befürchten die Teilnehmer/innen ei-nen Imageschaden über Generatioei-nen hinweg.

Es wird weiter befürchtet, dass die Standortgemeinden als Wohngemeinden unattraktiv werden, was indirekt auch der Wirtschaft schaden könnte. Zudem wird ein Schaden für die Landwirtschaft und den Absatz ihrer Produkte befürch-tet. Aus touristischen Gründen wäre nach Ansicht der Expert/innen ein Standort in der Nähe von bereits bestehenden Industriegebieten vorzuziehen.

Stärken und Schwächen der Standortgemeinden

Eurajoki: Positiv empfanden die Befragten die guten Bus- und Bahnver-bindungen. Der Ort wird als guter Standort für industrielle Logistik eingeschätzt.

Die Nähe zu grösseren Städten wird sowohl als positiv wie auch als negativ empfunden. Als negativ wird die ungenügende industrielle Entwicklung erwähnt.

Kritisiert wurde auch, dass Eurajoki nicht unternehmerfreundlich sei.

In Kuhmo wurden die gute Infrastruktur, der hohe Dienstleistungsstandard und tüchtige Arbeitskräfte hervorgehoben. Auf Grund seiner Nähe zum Osten könn-ten auch internationale Unternehmen profitieren. Für den Tourismus werden die Natur, die Einsamkeit und das grosse kulturelle Angebot erwähnt. Als Schwä-che wird die ferne Lage genannt und die damit verbundenen logistisSchwä-chen Prob-leme sowie die Schwierigkeiten, Unternehmen an den Ort zu binden.

Zielimage

Eurajoki: Aus Sicht der Einwohner/innen soll Eurajoki unternehmerfreundlich sein, mit gutem Dienstleistungsniveau. Die Gemeinde soll gute Freizeitan-gebote bieten. Weitere Anstrengungen in dieser Richtung werden erwünscht.

In Kuhmo möchte man junge Familien mit Kindern anziehen, indem gute Schu-len, Freizeit und Tageskrippen angeboten werden. Für Unternehmen will die Gemeinde die Rahmenbedingungen verbessern und gute Dienstleistungen an-bieten.

5.6.5 Auswirkungen auf das kulturelle Erbe und auf die

Im Dokument Nukleare Entsorgung in der Schweiz (Seite 170-176)