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Das Centre de l’Aube und weitere Anlagen

Im Dokument Nukleare Entsorgung in der Schweiz (Seite 82-85)

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3. Fallstudie 2: Centre de stockage de l’Aube, oberirdisches SMA-Lager

3.4 Nukleare Entsorgungseinrichtungen in der Region

3.4.1 Das Centre de l’Aube und weitere Anlagen

Das Centre de l’Aube (Abb. 44 und 45) lagert schwach- und mittelaktiven Abfälle der französichen Abfallproduzenten wie COGEMA, CEA, EDF, SICN, COMU-RHEX, EURIFIF, FBFC11 sowie auch Abfälle (SMA) von Spitälern und Laborato-rien. Es wird betrieben von der Agence Nationale pour la Gestion des Déchets Radioactifs (Andra).

Die Abfälle werden verpackt in verschiedenen Behältern wie Fässern, Metallcon-tainern oder Betonbehältern angeliefert. Die Transportsicherheit beruht dabei auf dem Behälter, welcher den Vorgaben der Andra entsprechen muss. Die Transporte finden mit Lastwagen oder in selteneren Fällen auch mit der Bahn (Terminal in Brienne-le-Château) statt. Bis zu seinem geplanten Verschluss im Jahre 2050 wird das Centre de l’Aube rund 1 Million m3 Abfälle12 einlagern.

Abbildung 44: Centre de l’Aube

Quelle: Andra.

Es werden auch zu einem kleinen Anteil langlebige Abfälle, sog. Alphastrahler, eingelagert. Darüber wurde durch die Andra informiert. Für die totale Menge dieser Abfälle ist für das Centre de l’Aube ein Grenzwert angegeben13.

11 Compagnie Générale des Matières Nucléaires (COGEMA), Commissariat à l'Energie Atomique (CEA), Electricité de France (EDF), Société Industrielle de Combustible Nucléaire (SICN, filiale de COGEMA), Société pour la Conversion de l'Uranium en Métal et Hexafluorure (COMURHEX); Frama-tome - FBFC est une filiale (51%) du groupe FRAMATOME et de COGEMA (49%).

12 Andra (2003): Centre de l’Aube, Bilan 2003, S. 22.

13 Centre de l’Aube, Bilan 2002, S 22: Der Grenzwert für die Totale Menge die im Centre de l’Aube eingelagert werden darf beträgt 750 Teraberquerels und war 2002 zu rund 7% erreicht.

Abbildung 45: Centre de l’Aube, Einlagerungshallen

Quelle: Andra.

Angrenzend an das Centre de l’Aube liegt in der Gemeinde Morvilliers ein Lager für sehr schwach radioaktive Abfälle: Centre de stockage de déchets de très faible activité (CSTFA). Die Lager liegen im Wald und sind von den Siedlungen her nicht einsehbar.

In der Region gibt es militärische Anlagen, die nukleares Material lagern. Die Regi-on lebt daher bereits seit Jahren mit nuklearen Einrichtungen. Ausserhalb der un-tersuchten Region im Département de l’Aube liegt ein KKW (Nogent, ca. 70 km Distanz zum Centre de l’Aube).

3.4.2 Entstehungsgeschichte

Vorbereitungsphase 1984

Anfang 80er Jahre wurde durch das CEA und die Andra bekannt gegeben, dass neben dem Centre de la Manche ein zweites SMA-Lager gebaut werden solle. Es standen neben dem Département de l’Aube auch die Départements Vienne und Indre zur Diskussion. Die Ankündigung, dass ein Lager geplant sei, erreichte die Bevölkerung und die Gemeindebehörden über die Presse. Die Information zu die-ser Zeit wird als völlig ungenügend bezeichnet. Sie habe sich vor allem auf die Ankündigung von wirtschaftlichen Vorteilen beschränkt. Die Bevölkerung reagierte ablehnend. Es wurde das „Comité pour la sauvegarde du Nord-Est aubois“ (Komi-tee für die Rettung der Region nord-östliches Aube) gegründet.

Die Haltung der einzelnen Gemeindebehörden war unterschiedlich. Während sich die meisten Gemeindebehörden negativ zum Projekt stellten, waren die Vertreter der potenziellen Standortgemeinde Soulaines-Dhuys wegen erwarteter wirtschaftli-cher Vorteile dafür. Diese Haltung führte in Soulaines-Dhuys zu einer starken Op-position aus der Bevölkerung und später zur Ablösung des gesamten Gemeindera-tes. Sowohl in Soulaines-Dhuys wie auch in Épothémont waren die heutigen

Ge-meindepräsidenten damals in der Opposition und an der Organisation des (illega-len) Referendums beteiligt (nächster Abschnitt).

Die Opposition führte 1984 eine Bevölkerungsbefragung in 10 Gemeinden des Canton de Soulaines durch: 76% der Befragten wünschten sich besser informiert zu werden und rund 80% verlangten eine Volksabstimmung. Weiter sprachen sich 17% für das Projekt und 55% dagegen aus. 26% hatten keine Meinung dazu14. Die Andra reagierte auf das Resultat der Befragung mit einer Informationskampag-ne. Die Gemeindebehörden wurden zu einer Besichtigung von La Manche einge-laden und umgekehrt sprachen Gemeindevertreter aus der Region von La Manche im Canton de Soulaines an Veranstaltungen. Aus den Pesseartikeln von 1984 und 1985 geht hervor, dass sich die öffentliche Diskussion vor allem um Sicherheitsas-pekte gedreht hat. Von Seite der Befürworter wurden damals die erwarteten wirt-schaftlichen Vorteile sowie die Schaffung von Arbeitsplätzen ins Feld geführt.

Standortentscheid

1985 führten 18 Gemeinden ein Referendum zum Lager durch. Diese „Volksab-stimmung“ war, da im französischen Gesetz nicht vorgesehen, illegal. 80% derje-nigen die sich an der Abstimmung beteiligten sprachen sich gegen das Lager aus15. Dennoch gab die französische Regierung im Herbst 1985 grünes Licht für den Standort Soulaines.

Gemäss Aussagen von Andra sind es geologische Gründe, weshalb der Region Aube gegenüber den Regionen Vienne und Indre den Vorzug gegeben wurde.

In das Jahr 1985 fiel auch die Gründung der Commission locale d’information (CLI, lokale Informationskommission), die eine umfassende Information und Mitwirkung der lokalen Akteure zum Ziel hat (Abschnitt 3.4.3).

1986: Im Spiegel der Presse scheint der Widerstand weniger heftig gewesen zu sein. Das Comité de sauvegarde führte, unterstützt von nationalen Antiatom-Vereinigungen, eine Demonstration mit rund 700 hauptsächlich auswärtigen Teil-nehmern durch. Die lokale Bevölkerung sah dabei eher zu.

Gemäss französischem Gesetz ist für industrielle Grossprojekte eine „enquête d’utilité publique“ nötig, d.h. eine Befragung, die zum Ziel hat, abzuwägen, ob ein Projekt dem öffentlichen Interesse entspricht. Während eines Monats konnte jede/r Einwohner/in seine/ihre Meinung, Einwendungen oder Anregungen zum Projekt des Centre de l’Aube auf der Gemeindeverwaltung der Wohngemeinde eintragen.

Die „enquête“ wurde von der Bevölkerung allerdings kaum genutzt. Die Opposition sprach von einem Boykott.

1987: Beschluss durch den französischen Staat zugunsten des Centre, als Resul-tat der „enquête d’utilité publique“. Auf das Referendum wurde nicht eingegangen, obschon die Andra versichert hatte, das Lager nicht gegen den Willen der Bevölke-rung durchsetzen zu wollen. In der Presse wird dieses Vorgehen so kommentiert:

„La loi est la loi, et on n’est pas en Suisse!“ Das Comité de sauvegarde reichte in der Folge 20'000 Unterschriften gegen den Standortentscheid ein. Bei den lokalen Gegner/innen16 machte sich jedoch eine Stimmung der Resignation breit.

14 L’Est Eclair 12.12.84 und andere Presse.

15 Heute wird rückblickend von 73% der Bevölkerung angegeben, dass sie das Lager damals akzeptiert hätten (Abschnitt 7.5.9). Das Referendum ist damals möglicherweise von Gegnern des Lagers stärker benutzt worden als von Befürwortern.

16 Libération Champagne 6.11.86.

Baubeginn

1987: Die Diskussion in der Presse drehte sich in diesem Jahr vor allem um die Verteilung der Auftragsarbeiten beim Bau des Centre sowie um die Verteilung der Zahlungen der Andra und die möglicherweise zu schaffenden Arbeitsplätze.

Die Gegner aus der Region nahmen an nationalen Kundgebungen teil, sie zweifel-ten den „décret d’utilité publique“ an und verlangzweifel-ten eine Wiederholung der „en-quête“ mit Hilfe eines Rekurses, der jedoch in der Folge abgelehnt wurde. Bei ei-ner Aktion auf dem Baugelände nahmen nur wenige Personen teil.

1992 ging das Centre de l’Aube in Betrieb.

3.4.3 Partizipation: Die Commission Locale d’Information et de

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