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Jwanowitsch Platow

Im Dokument 51'°. i. Mittwoch/ dm i^" Januar 181z. (Seite 138-141)

Gedruckt bei dem Hauptquartiere der russischen . Armee zu Kaiisch am 22. März 1313. * )

Schon lange ists her, daß wir von d i r , guter Vater M a t w e i S w a n o w i t s c h kein Briejlein erhalten; du bist uns doch nicht etwa böse, Väter-chen? — Die frohe Kunde, daß du H e r r , die ehr-und treulosen Kriegsschaaren des Feindes besiegt, daß du ihrer viele gefangen genommen, aber mehr noch auf unsere Donischen Spieße aufgereiht badest, verjüngte unS alte Grauköpfe. M i t frohem Herzen strömte alles hin zum Bilde des Erlösers, um I h m und Seiner gebenedeiten M u t t e r , auf den Knien zu danken, und für dich und deine Kinder zu beten.

„ G i e b Sieg gütiger Gott, unserm Russischen Zaaren,

„ h i l f Seinen tapfern Kriegern, hilf uns, Seinen

„treuen Kosaken, daß wir im Felde immer wie

bis-„her die Bösewichter abfertigen." — So lautet unser inbrünstiges Gebet Vater Matwei Jwano-witsch; es quill aus dem einfältigen aber treuen Kosaken Herzen.

-Lieber H e r r ! da haben wir neulich ein

Aerger-«iß gehabt; oder wobl eigentlich kein Aergerniß, denn eS war schier mehr zum Lachen. Unser Ma-kao Federirsch war da vom Don ins nächste Gou»

vernement hinüber geritten. Als er wieder heim kam, erzählte er «n6 eS stehe, in Gott weiß waS für fremden Papieren geschrieben, der Franzoö wundre sich, und könne nicht begreifen, wie wir einfältige Bauersleute mit BArr und langem

Fal-* ) Dieses ächt nationale Sendschreiben erschien zuerst im Russischen Hauptquartier und ward darauf in das L o u r n a l : der Sohn des Va»

terlandeS, aufgenommen. Obgleich bei der möglichst wörtlichen Übersetzung sehr viel von der schönen Einfalt und Nationalilär des russischen Originals verloren gegangen ist, so wird eS dennoch Vielen als Äeirrag zur Charakteristik der Sitten und Gebräuche eines Volkes willkommen seyn, welches be-sonders tn der letzten Campagne gewiß jedem Freunde der gerechten Sache interessant ge«

worden iß.

tenrock vermögend gewesen, ihm immer so we»dlfch die Rippen zu überzählen, da doch die Seinigen, meint er, die größten, bravsten und klügsten unter allen Völkern wären. Die verstunden Festungen zu bauen, und sich in Kleidern aufjustMren, voe den Weibern herum zu hupfen und zu schwänzeln, Brücken zu-bauen und nach der Scheibe zu schie-ßen: — D a ist'nmal wieder daS Sprichwort wahr:

„ 6 stch d e r K l ü g s t e h a t der D u m m h e i t v i e l . « M i t ihren Festungen und ihren Bocks«

sprüngen sollen .sie denn doch auch nicht so gar -weit gelangen. W i r Vaterchen sind ein schlichtes einfaltiges Volk und verstehen wenig von dem K r a m ; wir waren aber doch schon beim Türken und Preußen, in Persien und beim Oestreicher und im Sü-weizerland: und was dic Polen anlangt -7-ja die haben wir Kosaken so gut wie in der Tasche.

Auch im Ztglienerlande sind wir ja gewesen unv haben die gedrechselten Popanze dort gesehen. D a meint noch-mancher, eS könne gut geben — den Teufel Wird er euch was helfen, Euer verdammter Götze, wenn ihr Ruchlosen des guten Vaters im Himmel verg/ßrl W i r mit unserm Härten und langen Faltröcken, wir vertrauen nur auf Gott ben H e r r n ; von D e m nur kömmt Hülfe und D e r Hüft uns. Wenn wir so gegen den F e i n d anspren-gen, du Matwei Jwanowilsch auf deinem fliegen-den Rosse vorauf, dann freuen wir unS deiner und stiegen dir «ach, aber immer ists unö so, als führte Gott selbst uns ins Tressen und zum Siege.

I h r unverständigen dummen Menschen, ihr wundert euch, daß wir Unö so wacker schlagen und nichts fürchten - - ein großes Wunder! I h r schlagt euch um «in Sternchen, um elenden Sold, für die Launen eureS Slfterherrn. W i r kcimpfen für Haus und Hof, für Weib und Kind, für nnsern Zaar, für den Glauben unfrer V ä t e r / D a steckt'S! O dürftest du nur einmal sehen Franzmann, wie w i r hier ai'l alten hkiligen Don leben, wär'st du nur fädig uns zu begreifen, selbst d e i n Lästermaul würde verstummen? Kaum würdest du es dann noch wagen, selbst dcn Tböcj.dtei, deines Volks zn Hause das Mährcben von den Russin zu erzählen, die du in6 kalte Sibirien vertreiben willst. — D u sollst gesagt haben, daß man nnS und unsr< Sitten in keinem deiner klngen Lander dulden könne: o! uns lüster auch gar nicht nach >ill deinen rändern. Groß und schön ist unser Rußland, gut un'o lieblich unsre Kosakenheimath darin. D u hast ein wahres Wort gesagt, Franzose: unheimlich sind dir «nsrs

S i t t e n , denn wir leben und sterbe» für Gott, Kaiser und Vaterland. D u warft immer nur ge«

wohnt Feige und Verräther zu finden; eS konnte dir nickt behagen hier auf die felsenfeste russische Brust zu stoßen.

Horch Franzose, ich will dir sagen, wie man bei uns lebt. Kaum fühlt der Knabe Kraft tn den Beinen, so sitzt er schon zu Rosse, tummelt eS auf dem Felde und freu't sich des russischen Landes.

Sein Gebet ist: „Herr, g'eb mir Kraft und Stärke

„mein Roß zu bändigen, meinen Doniftben Speer

„gegen den Feind des Vaterlandes zu schwingen,

„froh für'S Russische Vaterland zu sterben." — Naht die Zeit dcn Burschen zu beweiben, unsre Dirnen wissen dir genau was jeder werth ist. D a zählen sie gegen einander auf: dem glüht der M u t h auf der kirschbraunen Backe; dcr schreitet rüstig einher, als würde er mir jedem Schritt dreier Feinde Meister; unter diesem zittert daS unbän»

digste Roß, wie Espenlaub; der schwingt seinen Speer tvie ein Federchen: jener sitzt auf dem er-oberten Tscherkässen'Sattel mtt dem bochrothen Gurr. - - Unsre Dirnen wählen ihre Burschen und lieben sie nicht auf Eincn Tag; bei uns liebt man treu bis inö Grab. - - Erschallt dcS Zaar'S Befehl iüS Feld zu ziehen, den Feind zu schlagen, da giebr's ;>nbcl, dafür lebt dcr Kosak. Sein junges Weib führt ihm sein Roß vor, die Kindlein schlep-. Pen Säbel und Lanze herbei und dcr greise Vater,

die alte Mutter, — sie weinen nicht, dafür behüt uns Gott! — ste führen dcn Sohn in den Garten, geben ihm seinen Schutzengel mit auf dcn Weg nnd ieegnen ihn dreimal mtt dem heiligen Kreuj:

diene wacker, treu; erdicne d i r Ruhm, deinen grauen Aclte^n Freude.« — Die fromme Mütter hat unterdeß schon alles in Bereitschaft: ein Säck-eben, genäht aus dcm Sammt» Mantel, dcn der Vater «inst einem überwundenen Pascha abnahm;

es hängt an einem scidnen Schnürchen, einst dcr Gürtel einer schönen Tscherkässischen Dirne. Eine Handvoll vaterländischer Erde thut der Alte in das Eäckchen und hängt cS dem Sohne u m : „Hier

„ S o h n , der beste Sccgen, es ist heilige vaterlän-dische Erde vom D o n , lebe mit i h r , stirb f ü r sie." *) Vergteb Väterchen Matwei Jw«nowitsch, daß ich dir so, in unsrer einfältige» Kssakcnsprache vorplaudere! W i r wissen ja alle, daß auch du ein solches Heiligthum aus deinem Garten auf der Brust trägst. Gleich heilig und ehrwürdig ists uns allen? eS ist aus dem Vaterlande, es ist vom Don, wo du und wir geboren wurden.

J a schützend und heilig ist die vaterländische Erde. Wird einer von uns tn fremden Lande mit Siechthum befallen, nur einige Körnchen Donischev Erde mir klarem Wasser verschluckt, Gottes Seegen dazu, und jedes Unbehagen weicht! Andre quälen stch mit Arzcnci und Kräutern, unS hilft der liebe

*) Uralte und jetzt noch bestehende Gebräuche unter dcn Kosaken.

Don. - - Und dann an Heimatb, Aeltern, Wekb und Kind gedacht, — o! das ruft dcn Todten aus dem Grabe inö Lebcn zurück.

Da schreibt man wohl zu weilen ein Brieflei«

nach Hause: „ G o t t grüß Euch Vater und M u t t e r !

„ich bin gesund und brav; Gold und Silber brauch'

„ick nicht, wohl aber Euren Seegen, dcn schickt

„ m i r statt aller Schätze. Schickt mir heimisches

„Wasser auS unserm Don, .schöpft mir ein

Fläsch-„chen noch so klein und grüßt mir freundlich un>

„fern Don." — Siek ' da kömmt dann ein Reuter von Hause gesprengt; siech zog er fort; der Her«

Math Luft, ein Vav im Don, — geheilt sind alle seine Wunden und vor wie nach saust Speer und Säbcl durch die Luft. — Sieb! ein Flascdchen holt er aus dem Tornister; seine Botschaft ist kurz: ,,da A w a n , den Segen von HauS; Vater,

„ M u t t e r , Weib und Kind leben, sind g e s u n d . " O daS thtit wohl! kaum traut man Aug' und Obren, kaum wagt man'S mir dcm heiligen Wasser ine Lippe zu netzen. Und nun komm' einmal du du, wag' dich gegen uns.' — O kräftig ist der Don und groß ist Rußlands G o t t !

Und endlich giebtS auch einmal Frieden ---unsre Kosaken ziehen beim. A n den Dorfern be-grüßt man uns, in den Slädten bewundert man uuS — und das tbut uns wohl! und immer gehtS naber zum Vater Don. Hoch zu den Wolken wir-belt der Staub hinauf, der Tag selbst wird ver-finstert, nichts hört man als Hufschlag, Säbel- und Spießgeklirr. — „ S i c kommen, ste kommen, die

„Unsrigen kommen! Auf, ihnen entgegen alt und

„ j u n g , alle, alle ihnen entgegen!" Und wir kom-men; reiten durch die Menge, an Leitern, Weib und Kind vorüber, zuerst zum Tempel dcS Herrn, denn so gebührl sschs. Da stehen vor dcm Ein-gange unsre Alten mit ihren Keulen und mit den heiligen Fahnen. Sie begrüßen uns, wir sie. I m Tempel ist alles bereit. Der Priester im reichen festlichen Meßgcwande vor dcm A l t a r , die Diener der Kirche zu beiden Seiten. W i r treten in den Teinoel und nun erschallt'S: „Herr Gott dich loben w i r / t unh andächtig nähern wir unS dem Bilde dcS Erlösers, dcn Reliquien der Heiligen, fallen nieder auf unser Angesicht und danken dem Herrn für seinen Schutz. Jeder bringt dann von der ge-machten Beute, der Kirche sein O.pfer dar. — Ge-lobt sey der Herr! dcr Seegen kommt von A h m !

— Und dann — gehtS nach Hause! da hat die Hausfrau schon das Roß seiner Bürde entledigt, Himeichelnd und kosend umschlingt ste seine breite B r u s t : „Dank dtr treues Roß; daß du mir mei-n e mei-n Herrmei-n wiedcr gebracht. .Himei-nfort sollst du mei-nur

„auS meiner Hand den schönsten gelben Hafer

„essen, von Mlr nur »ur Tränke geführt werden;

„statt des ledernen SugelS flechte ich selbst dir einen

„aus rotbcr persischer Seide." Und d e Buben — da schleppendste schon den schweren Speer, d m krummen Sabcl daher, sie putzen ihn und womit?

— mlt hejnnschtr Erde, m i l selbem Sande vom

V o n . — „ H e r , Wetb und Kind an meine B r u s t : « Und nu.n wird geherzt, nun wird erzählt, und nun

— M r manche Trähne in Hen krausen B a r t , »un ist'S keine Schande mehr.

Aber waS ists denn, Maö bieS alleS zusammen Kält, was uns den D o n so Werth macht? — D u bists, unser V a t e r ; du liebst, und mir dir lieben auch w i r das herrliche Rußland, den heiligen Don.

O W i r wissen alle wie du 4S machst, wie du immer zu Gott zuerst für dein Land, und dann für dich betest; wie kein B o t e , kein Abgesandter von dir hieher kömmt, der nicht den Auftrag hätte: „ G r ü ß

„ m i r den Vater D o n , trink für mich von feinem

„Wasser, berichte ihm daß seine Kosaken treu und

„wacker dienen." Und das, Väterchen, das iß un?

lieblicher denn Honig, süßer denn Zucker.

Und wie sollten wir auch unsere Heimath, unfern alten V>«er Don nicht über alles lieben?

N u r ihr unwurdige Fremdlinge, nur ihr und B u -ben eures Gelichters könnd euch darüber wundern.

— O W i r haben PeS Werthen -und Theuren hier so viel: unsre.Erde ist «nS theurer als Euer Gold, unser Wasser schmackhafter als Euer W e i n ! Kein Fremdling gebietet Äber uns, -unser Hertmann ist ein Donischer Kosak, geboren i n nnsermHande, ge-tauft i n dem Wasser unserS Stromes- .

Eure Alfanzereien passen uns nicht. Ahr.dunkt Euch klüger, a l S i v i r ; sey'S drum. W i r beneiden Euch nicht um Eure Klugheit. D a brachte neullch einer von unfern Gelbschnäblen so ein D m g ge-tragen, das bei Euch eine Lorgnette Heißen soll und

guckte dadurch mit seinen Kosaken ','ugen, die den Feind auf Meilen weit^ unterscheiden. Was soll uns der Plunder? W i r sind qeübr auch ohne Glaser zu zielen, und wie w i r treffen das wißt I h r . 'Unsre Alten steckten den Griten auf ein Weilchen ins Loch wo ihn weder Sonne noch Mond beschien, da mag er du?Ä) sein Glas guck-n, uns aber M der Milchbart Euren Flunder nicht aufsacken, ,-Ein anderer wollte gar in Euren verdummten kur-zen Narrcnjäckcken bei unS aufziehen, aber da kam 4r schön an. Die Alten verstanden den Svaß

un-rechr, rissen ihm t>aÄ Scbandjackchen vom treibe und gaben ibm noch einen tüchtigen Denkzettel obendrauf.

D r u m sollst dn herzlich dafür gedankt seyn, Matwei Awanowitsch daß t u dich so fest an di«

E i t l e n der Väter bälst! Der Himmel starke dich unv helfe dir i n deinem Unternrbmen.' Fahr? nur fort da über der -Kränze den Frindeu Respekt zu lehren und klovfe die Mitchbarre tnclrig auf d k Nasen, denen "eS etwa einfallen mögte uns alte -Greise auf französische Manier zustutzen z» wollen.

Doch ick plaudre gar zu lange.! und du Vater-chen hast der Geschäfte ohne bin so viel, brauchst deine Zeit besser; die Feinde schlägst du, uns liebst und hilfst du; i m fremden Lande nimmst du Städte, bei uns am Don erbaust du 6e. Gott schütze und Ibehüre dich. Leb wohl unser Herr und V a t e r , sey M u n d , bleib unS gewogen.

Dich grüßt ehrerbietig dein treuer

J e r m s l a i G a w r i l « s - M . (Aus dem Invaliden.)

Lst tll drucken erlaubt worden. Dr. D» G' Balk, Censör.

O ö r V

t-12. Sonntag

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Im Dokument 51'°. i. Mittwoch/ dm i^" Januar 181z. (Seite 138-141)