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Instrumentelle Unterstützung der Wirkungsidentifikation

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WIRKUNGSEBENE Abbildung 36: Abgrenzung der relevanten Analyseperspektiven

4.3 Systematik und Instrumentarium der Wirkungsanalyse .1 Vorgehenssystematik einer Wirkungsanalyse .1 Vorgehenssystematik einer Wirkungsanalyse

4.3.2 Konzeptionsphase: Aufbau der Analysesystematik .1 Identifikation gesamtgesellschaftlicher Auswirkungen .1 Identifikation gesamtgesellschaftlicher Auswirkungen

4.3.2.1.4 Instrumentelle Unterstützung der Wirkungsidentifikation

Mit der Abbildung eines gesamtgesellschaftlichen Wirkungsgefüges wurde ein prakti-kables Instrumentarium entwickelt, welches das Controlling bei der Strukturierung und systematischen Analyse der Wirkungen staatlichen Handelns unterstützt. Offen bleibt bislang, welche zusätzlichen unterstützenden Instrumente das Controlling zur

Wir-684 Zu den dynamischen Aspekten der Modellkonzeption vgl. ausführlich Kapitel 4.1.2.4.

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kungsidentifikation nutzen kann. Theoretisch betrachtet enthält das Wirkungsgefüge Kausalhypothesen über die gesellschaftlichen Auswirkungen des untersuchten staatli-chen Handlungsbereiches. Entsprestaatli-chend des gewählten Forschungsparadigmas der Wirkungsanalyse müssen diese vermuteten Auswirkungen des staatlichen Handelns nicht nur theoretisch begründbar sein, sondern auch schrittweise empirisch validiert werden.685 Demnach hat das wirkungsorientierte Controlling die Aufgabe, umfangrei-che Erkenntnisse über die Veränderungen in der gesellschaftliumfangrei-chen Wirklichkeit zu gewinnen. Zur instrumentellen Unterstützung der Wirkungsidentifikation muss sich das Controlling daher den Methoden der empirischen Sozialforschung bedienen.

Grundsätzlich stehen dazu die drei nachfolgenden Verfahren der Datenerhebung zur Auswahl, die im Weiteren kurz vorgestellt werden:686

• Befragungen

• Beobachtungen

• Inhalts- und Dokumentenanalysen

Die in den Sozialwissenschaften bei weitem am häufigsten angewandte Datenerhe-bungsmethode stellen Befragungen dar.687 Die Befragung gilt nach wie vor als das Standardinstrument bei der Ermittlung von Fakten, Wissen, Meinungen, Einstellungen oder Bewertungen im zu untersuchenden Anwendungsbereich.688 Bei der Befragung werden im Rahmen eines kommunikativen Prozesses Informationen gesammelt.689 Grundsätzlich sind dabei unterschiedliche Vorgehensweisen denkbar. Nach der Form der Durchführung unterscheidet man zwischen »persönlichen Interviewbefragungen«,

»Telefoninterviews« und »schriftlichen Befragungen«. In Abhängigkeit von der Teil-nehmerzahl handelt es sich entweder um Einzel- oder Gruppenbefragungen.690 Ein weiteres wichtiges Unterscheidungskriterium ist der Strukturierungsgrad der Be-fragung. Insbesondere bei den mündlich durchgeführten Interviewsituationen handelt

es sich um einen sozialen Prozess, mit wechselseitigen Wahrnehmungen und Orientie-rungen.69' Durch die Strukturierung des Interviews mit einem Leitfaden oder durch die Vorgabe eines standardisierten Fragebogens lässt sich die Befragung so gestalten, dass valide und substantielle Ergebnisse zu erwarten sind. Abhängig vom notwendigen Stichprobenumfang und den damit verbundenen Erhebungskosten wird bei einer ent-sprechend stark strukturierten Erhebung dann auch häufig der schriftliche

Durchfüh-685 Vgl. hierzu ausführlich Kapitel 4.1.1.2.

686 Zur vorgenommenen Systematisierung der Methoden empirischer Sozialforschung vgl. Schnell/Hili/Esser (1999), S. 297 ff. oder auch Laatz (1993 ), S. I 03 ff.

687 Ungefähr 90% aller Daten in den empirischen Sozialwissenschaften werden mit dieser Methode erhoben.

Vgl. Bortz/Döring (2006), S. 236.

688 Vgl. Schnell/Hili/Esser (1999), S. 299.

689 Vgl. Laatz (1993), S. 103.

690 Diese Unterscheidung besitzt insbesondere bei einem mündlichen Durchführungsweg Relevanz, vgl. Laatz (1993),S.103.

691 Vgl. hierzu und im folgenden Schnell/Hili/Esser (1999), S. 300 ff.

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rungsweg692 oder das Telefoninterview angewandt. Dagegen bietet sich eine wenig strukturierte lnterviewsituation eher dann an, wenn das Untersuchungsobjekt in seinen Dimensionen noch nicht klar umrissen ist und weiterer Klärungsbedarf besteht. Solche stark am informellen Gespräch orientierte Vorgehensweisen können sich sowohl auf die Befragung von Einzelpersonen (z.B. in „Expertengesprächen"), als auch auf die Diskussion in Gruppen (,,Gruppendiskussion") beziehen.693

Für das Verfahren der Wirkungsanalyse und die Wirkungsidentifikation sind insbeson-dere Expertengespräche ein wichtiges Instrument zur explorativen Erkundung mögli-cher Wirkungen im gesellschaftlichen Umfeld. So können Vertreter oder Interessen-vertreter der unterschiedlichen gesellschaftlichen Empfängergruppen direkt nach den Auswirkungen des staatlichen Handelns befragt werden. In gleicher Weise können auch Einzel- oder Gruppenbefragungen in Form von Mitarbeitergesprächen stattfin-den, da diese direkt an der öffentlichen Leistungserstellung beteiligt sind. Das wir-kungsorientierte Controlling muss in diesem Zusammenhang nur die jeweiligen spezi-fischen Interessenslagen der Befragten beachten und einen möglichst neutralen Stand-punkt einnehmen. Zur Überprüfung und Validierung möglicher Auswirkungen ist da-gegen eine eher standardisierte Befragung mittels Fragebogen zu wählen, wobei die Leistungsempfänger bzw. Betroffenen um eine konkrete Beurteilung der einzelnen Auswirkungen gebeten werden.

Ein weiteres wichtiges Instrument der empirischen Sozialforschung stellen Beobach-tungen dar. Im Allgemeinen wird dies als die „ursprünglichste" Datenerhebungstech-nik betrachtet.694 Im Vergleich zur Befragung handelt es sich dabei um das Sammeln von Erfahrungen in einem nichtkommunikativen Prozess mit Hilfe sämtlicher Wahr-nehmungsmöglichkeiten.695 Der Übergang von einer Alltagsbeobachtung zur wissen-schaftlichen Beobachtung ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass das Verfahren kontrolliert und systematisch abläuft und die gesammelten Beobachtungsinhalte nach einem vorab definierten Schema strukturiert werden.696 Je nach Kenntnisstand der beo-bachteten Personen vom Beobachtungsvorgang unterscheidet man zwischen »offener Beobachtung« und »verdeckter Beobachtung«. Ist der Beobachter Interaktionspartner

692 Neben den Erhebungskosten bei entsprechend umfangreichen Stichproben, werden als weitere inhaltliche und methodische Vorteile der schriftlichen Befragung insbesondere das „ehrlichere" und „überlegtere" Ant-wortverhalten der Befragten genannt. Durch die häufig zugesicherte Anonymität ist das AntAnt-wortverhalten glaubwürdiger und lnterviewfehler können vermieden werden. Demgegenüber besteht jedoch ein wichtiger Nachteil in der üblicherweise recht hohen Ausfallquote, da nur ein Teil der Fragebögen zurückgeschickt wird. Die Datenerhebungssituation ist damit nicht mehr vollständig kontrollierbar und es können Stichpro-benverzerrungen auftreten, da nur ein bestimmter Personenkreis (z.B. höheres Bildungsniveau, Interesse an der Thematik etc.) an der Befragung teilnimmt. Zudem besteht auch kein Einblick in die „Ernsthaftigkeit"

des Antwortverhaltens beim Ausfüllen des Fragebogens. Zu einer umfangreichen Diskussion der mit schrift-lichen Befragungen verbundenen Vor- und Nachteile vgl. Bortz/Döring (2006), S. 256 ff.

693 Zu einer Übersicht der möglichen Formen mündlicher Befragung vgl. Schnell/Hili/Esser ( 1999), S. 301.

694 Vgl. hierzu Schnell/Hili/Esser (1999), S. 358 ff.

695 Vgl. Laatz (1993), S. 169.

696 Die Form der wissenschaftlichen Beobachtung wird daher auch als systematische Beobachtung bezeichnet.

Vgl. Cranach/Frenz (1969), S. 269.

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der beobachteten Personen, spricht man von einer »teilnehmenden Beobachtung«, an-sonsten von der »nicht-teilnehmenden Beobachtung«.697

Bei der Durchführung einer Wirkungsanalyse können Beobachtungen - vor allem die explorative Untersuchung - von bisher wenig analysierten gesellschaftlichen Berei-chen unterstützen. Dennoch muss für jeden Einzelfall entschieden werden, ob Wir-kungstatbestände besser durch eine Befragung oder durch systematisches Beobachten erschlossen werden können. Dabei wird das wirkungsorientierte Controlling in vielen gesellschaftlichen Bereichen nicht auf das Instrument der Beobachtung verzichten können - z.B. bei komplexen Sachverhalten. Diese können von den beteiligten Akteu-ren weder angemessen wahrgenommen werden, noch können sie detailliert darüber berichten. Teilweise können verbale Auskünfte auch nicht eingeholt werden (wie z.B.

bei Kindern) bzw. nur das Verhalten der Akteure ist für die Untersuchung von Interes-se.698

Als drittes Instrument der empirischen Sozialforschung werden schließlich Inhalts-und Dokumentenanalysen angeführt.699 Hierbei werden schriftliche und nicht-schriftliche Dokumente aller Art als Quellen für die Beschreibung und Erklärung von Sachverhalten verwendet und ihre Inhalte einer Analyse unterzogen. Im Gegensatz zur Befragung und einigen Beobachtungsverfahren besteht ein Vorteil des Instrumentes darin, dass sich die untersuchten Individuen oder Kollektive der Untersuchungssituati-on nicht bewusst sind und keine entsprechenden Reaktionseffekte zeigen. Auch eine Wirkungsanalyse kann meist auf umfangreiches dokumentarisches Material zurück-greifen, welches Hinweise auf mögliche gesellschaftliche Auswirkungen beinhaltet.

Wichtig ist, die herangezogenen Quellen kritisch auf ihre Verlässlichkeit hin zu über-prüfen.

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