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Analyseperspektiven und staatliche Aufgabenbereiche

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WIRKUNGSEBENE Abbildung 36: Abgrenzung der relevanten Analyseperspektiven

4.2.3 Analyseperspektiven und staatliche Aufgabenbereiche

Die zuvor eingeführten Bewertungskreise können demnach als unterschiedliche Analy-seperspektiven aufgefasst werden, die die öffentliche Leistungserstellung aus einem jeweils anderen Blickwinkel betrachten. Grundsätzlich lassen sich sämtliche staatli-chen Aufgabenbereiche aus allen drei Perspektiven - Leistungsanalyse, Nutzenanalyse und Wirkungsanalyse - bewerten. In diesem Zusammenhang ist jedoch zu beachten, dass abhängig vom staatlichen Aufgabenbereich, eine bestimmte Analyseperspektive bzw. eine Kombination der Analyseperspektiven sinnvoller und damit auch vorzuzie-hen ist. Auf Basis verschiedener Charakteristika wird nachfolgend eine grobe Typisie-rung staatlicher Leistungen vorgenommen, woraus sich unter Umständen Hinweise auf eine besonders relevante Analyseperspektive gewinnen lassen (siehe Abbildung 36).625 Die erste Typisierung beschreibt staatliche Aufgaben mit weitestgehend standardisier-tem Charakter. Im Fokus der öffentlichen Leistungserstellung steht häufig eine geset-zestreue und regelkonforme Erfüllung der übertragenen Aufgaben - vielfach betrifft dies auch hoheitliche Anliegen. Die öffentliche Verwaltung besitzt während des Auf-gabenvollzugs einen eher geringen Gestaltungsspielraum, stattdessen ist eine möglichst gleichartige Leistungserstellung mit möglichst einheitlichen Leistungsergebnissen wichtig. Tendenziell handelt es sich dabei um repetitive Tätigkeiten, die Interaktions-beziehung zum Kunden bzw. Klienten626 ist meist gleichförmig ausgeprägt, weshalb der Analyse individueller Kundenbedürfnisse eine eher geringe Bedeutung zukommt.

624 Zur Abgrenzung von Bürger und Kunde vgl. auch Schedler/Proeller (2003), S. 61.

625 Im Gegensatz zu KIESEL werden nachfolgend drei Typen öffentlicher Dienstleistungen unterschieden. In Anlehnung an WEBER/SCHÄFFER unterscheidet KlESEL in ihrem Beitrag zur wirkungsorientierten Steuerung einer Landesverwaltung zwei Typen von staatlichen Dienstleistungen. Beim Typ I handelt es sich um wei-testgehend standardisierte Aufgaben, mit entsprechend geringen Freiheitsgraden der öffentlichen Verwal-tung. Typ II beschreibt hingegen eher schöpferische und kreative Dienstleistungen, die zusätzlich durch hohe Unsicherheiten bezüglich des Leistungsergebnisses geprägt sind. Vgl. Weber/Schäffer (2002), S. 7 und Kie-sel (2005), S. 14 ff.

626 Die Bezeichnung Klient soll im Gegensatz zum Kundenbegriff verdeutlichen, dass das Gegenüber der waltung nicht immer als gleichberechtigter Partner entgegentritt, sondern vielmehr auf Leistungen der Ver-waltung angewiesen bzw. diesen auch zwangsweise ausgesetzt ist. Vgl. Schedler/Proeller (2003). S. 60.

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Bei entsprechenden Aufgaben ist eine quantitative und qualitative Bewertung der Leis-tungsergebnisse aus verwaltungsinterner Analyseperspektive üblicherweise ausrei-chend, so dass hier die Leistungsanalyse staatlichen Handelns besondere Relevanz besitzt. Eine ergänzende Nutzen- oder Wirkungsanalyse verspricht nur einen begrenz-ten zusätzlichen Erkenntnisgewinn. Das wirkungsorientierte Controlling unterstützt bei diesem Aufgabentypus die Erzielung effizienter Leistungsergebnisse. Dazu werden produktbezogene Kosten- und Leistungskennzahlen erhoben und ergänzt um intern messbare Qualitätsindikatoren. Beispiele für entsprechende staatliche Aufgabenberei-che sind die Ausgabe von BesAufgabenberei-cheinigungen, BesAufgabenberei-cheiden und Erlaubnissen (wie z.B.

Fokus. auf 8e~tze:.tre:u.e und regelkonförnte Erfüllung

• starke lnte1<1ktion miL Kunden . uru Witkuog,en zu erzielen

• wenig objel..1ive Bewermngs~

• eher individllillb,ierte Projekte

vielfäl!ige Wirkung.,;empfänger

• hohe Freiheiisgrll<le im Vo11zug

hoher Ge.,:,talrung.,..\ifJielruum bei de-r Wirk1.1n~erzielung

• objektive Bewertungsp,1ramerer vorhanden

z.B. lnfrastrukturprojekte

Abbildung 37: Analyseperspektiven staatlicher Aufgabenbereiche

Der zweite Typus bezieht sich auf eher individuelle staatliche Aufgaben, die durch ho-he Freiho-heitsgrade im Leistungserstellungsprozess charakterisiert sind. Weiterhin zeich-nen sich diese Aufgaben durch eine äußerst starke Interaktionsbeziehung zum Kunden bzw. Klienten und damit durch eine hohe Personenbezogenheit der öffentlichen Leis-tung aus. Die Kunden sind in starkem Maße in den LeisLeis-tungserstellungsprozess einge-bunden, wodurch eine hohe Variabilität der Leistungsergebnisse besteht. Nicht selten handelt es sich dabei um eher sozial orientierte Aufgaben, für die sich nur wenige ob-jektive Bewertungsparameter finden lassen.

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Bei entsprechenden Aufgaben kommt der Wirkungsbewertung als Einwirkung auf ein-zelne Kunden bzw. Klienten besondere Bedeutung zu. Im Rahmen der Nutzenanalyse staatlichen Handelns werden die Wirkungen anhand der individuellen Präferenzen und Werte beurteilt. Zur Erzielung effektiver Leistungsergebnisse ist es für das wirkungso-rientierte Controlling daher unerlässlich, die Impactperspektive in die Analyse einzu-beziehen und im Rahmen eines systematischen Controllingprozesses steuerungsrele-vante Daten zur Verfügung zu stellen. Erst hierdurch werden die notwendigen Lern-prozesse über die Wirkungsweisen des staatlichen Handelns beim Kunden angestoßen und die hohen Freiheitsgrade beim Vollzug lassen sich für eine zielsetzungsgerechte Wirkungssteuerung nutzen. Abhängig vom staatlichen Aufgabenbereich bietet sich gegebenenfalls eine ergänzende Leistungsanalyse an, um über produktbezogene Kenn-zahlen auch eine Kontrolle der Leistungseffizienz zu gewährleisten. Beispiele für ent-sprechende staatliche Aufgabenbereiche sind insbesondere Betreuungs-, Beratungs-und Bildungsleistungen (z.B. die Beratung Suchtkranker).

Hiervon zu unterscheiden ist der dritte Aufgabentypus, welcher ebenfalls durch hohe Freiheitsgrade im Leistungserstellungsprozess gekennzeichnet ist und damit über ho-hen Gestaltungsspielraum bei der Wirkungserzielung verfügt. Es handelt sich hierbei um kreative und schöpferische Dienstleistungen in Form individueller Projekte. Im Gegensatz zum vorherigen Aufgabentypus haben diese Projekte häufig eine Vielzahl unterschiedlicher Wirkungsempfänger, so dass Auswirkungen in vielfältigen gesell-schaftlichen Bereichen zu verzeichnen sind. Im Unterschied zu eher personenbezoge-nen Aufgaben kann i.d.R. auch auf eine ausreichende Anzahl objektiver Bewertungs-parameter zurückgegriffen werden.

Bei solchen Aufgaben sollte die Wirkungsanalyse staatlichen Handelns zum Einsatz kommen, um eine möglichst umfassende Bewertung der gesellschaftlich ausgelösten Wirkungen vorzunehmen. Als Referenz dienen hier die allgemeinen Erwartungen der Bürger an das staatliche Handeln bzw. die politischen Zielsetzungen - verstanden als eine Art aggregierte Nutzenfunktion der gesamtgesellschaftlichen Wohlfahrt. Im Rah-men des wirkungsorientierten Controllings wird so die Perspektive des Outcome aus-gefüllt, um eine effektive Steuerung der staatlichen Leistungsergebnisse zu ermögli-chen. Bestehende Gestaltungsspielräume in der Leistungserstellung können gezielt zur Verbesserung der gesamtgesellschaftlichen Wohlfahrt genutzt werden. Häufig bietet es sich zudem an, ergänzend eine Leistungsanalyse und unter Umständen auch eine Nut-zenanalyse durchzuführen, um sämtliche Ziel- und Ergebnisebenen im Controllingan-satz zu berücksichtigen. Beispiele für entsprechende staatliche Aufgaben sind insbe-sondere planerische oder gestalterische Tätigkeiten (wie z.B. Infrastrukturprojekte).

Wie bereits zuvor angedeutet, zeigen die Ausführungen zu den grob unterschiedenen Aufgabentypen, dass die Wahl einer bestimmten Analyseperspektive für jeden staatli-chen Handlungsbereich individuell entschieden werden muss. Hierzu sollte die vorge-nommene Typisierung und Charakterisierung eine erste Orientierungshilfe geben.

Während grundsätzlich bei sehr klar strukturierten Aufgaben der Einsatz der Leis-tungsanalyse ausreichend erscheint, erhöht sich mit steigendem Komplexitätsgrad der

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staatlichen Aufgabenstellung auch die Notwendigkeit, ergänzend eine Nutzen- bzw.

Wirkungsanalyse durchzuführen. Eine Nutzenanalyse bietet sich dann an, wenn eine hohe Personenbezogenheit der öffentlichen Leistung vorliegt. Der Einsatz der Wir-kungsanalyse ist insbesondere bei breiten gesellschaftlichen Empfängerebenen sinnvoll und zusätzlich vom Vorhandensein objektiver Bewertungsparameter abhängig.

Im Modell der Ziel- und Ergebnisebenen öffentlicher Leistungserstellung bzw. bei der Ausgestaltung eines wirkungsorientierten Controllings ist demnach darauf zu achten, dass nicht für alle Produkte staatlichen Handelns die durchgängige Anwendung sämtli-cher Modellebenen sinnvoll erscheint. Auswahl und instrumentelle Ausgestaltung der Analyseperspektiven muss für jeden öffentlichen Aufgabenbereich neu entschieden werden. Die Entscheidung wird einerseits sicherlich von den speziellen Informations-erfordernissen der Akteure im politisch-administrativen System sowie andererseits von der generellen Eignung der öffentlichen Aufgabenstellung abhängig sein. Die folgen-den Ausführungen geben Hinweise zur instrumentellen Ausgestaltung der einzelnen Analyseperspektiven - Leistungsanalyse, Nutzenanalyse und Wirkungsanalyse.

4.2.4 Instrumentelle Ausgestaltung der Analyseperspektiven

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