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II. Kreis der Antragsberechtigten 114

2. Bei Gesetzen a) In der Vergangenheit

Zieht man die Zeit nach der Entstehung der Verfassung von 1921 in Be­

tracht, stellt man fest, dass der Landtag selber die Initiative ergriffen und Gesetze ausgearbeitet hat. Man darf ihm zugestehen, dass er sich dabei an die Verfassung gehalten hat. Er hätte sich auch gemäss Art. 16 StGHG an den Staatsgerichtshof wenden und von ihm ein Gutachten verlangen kön­

nen, um allfällige Bedenken über die Verfassungsmässigkeit eines "Gegen­

standes der Gesetzgebung", die er nicht auszuräumen vermochte, zu be­

seitigen. Es bestand für den Landtag keine Veranlassung, seine gesetzge­

berische Tätigkeit einer breiteren Kontrolle durch den Staatsgerichtshof zu unterstellen, wozu etwa der Kreis der Antragsberechtigten zu erweitern gewesen wäre. Dieser konnte daher klein gehalten werden. Wenn man von den Gerichten absieht, kamen bei Erlass des Staatsgerichtshofgesetzes 1925 als Behörden nur die Regierung und die Gemeinden in Frage. Die Gerich­

te waren als Antragsteller im konkreten Normenkontrollverfahren vorge­

sehen. Es hätte auch die Möglichkeit bestanden, einer parlamentarischen Minderheit, das heisst einer beschränkten Anzahl von Abgeordneten im Landtag, ein Antragsrecht einzuräumen, wie dies in Osterreich geltendes Recht gewesen ist. Es wäre allerdings damit zu rechnen gewesen bezie­

hungsweise hätte das Bedenken nicht ausgeschlossen werden können, dass unter Umständen ein solches Antragsrecht zu einem politischen Instru­

ment hätte umfunktioniert werden können, was einer nicht gewünschten

"Politisierung der Justiz" Vorschub geleistet hätte. Eine solche Entwick­

lung war unter den damaligen politischen Verhältnissen jedenfalls nicht von der Hand zu weisen. Vieles deutet auch darauf hin, dass die Auswahl der Antragsberechtigten mit dem dezentralen Staatsgedanken in Verbin­

dung gebracht werden könnte, wenn auch auf Liechtenstein bezogen von einem föderativen Aufbau des Staates124 wohl nicht die Rede sein kann.125

124 Der Staatsgerichtshof spricht in StGH 1968/6, Gutachten vom 28. Mai 1969, ELG 1967 bis 1972, S. 248 (251), von einem föderalistischen Element der Staatsordnung. Vgl. auch Erwin Melichar, Die Liechtensteinische Verfassung 1921 und die österreichische Bun­

desverfassung 1920, S. 443. Vgl. auch vorne S. 81/Anm. 49.

125 Nach Gerard Batliner, Einführung in das liechtensteinische Verfassungsrecht, S. 96, ist das Fürstentum Liechtenstein ein "Einheitsstaat". Er bilde in der "Vereinigung seiner beiden Landschaften Vaduz und Schellenberg ein unteilbares und unveräusserliches Ganzes" (Art. 1 Abs. 1 S atz 1 LV). In seiner Struktur sei der Staat dezentralisiert. Lo­

kale Aufgaben würden von den Gemeinden wahrgenommen.

Als "Teilkraft" neben dem Staat mit der Verpflichtung zur Förderung des

"Ganzen"126 oder als "lebendige Einheiten"127 ist den Gemeinden im An­

tragsrecht eine bedeutende Stellung zur Sicherung der objektiven natio­

nalen Rechtsordnung zuerkannt worden.128

b) In der Gegenwart

Aus heutiger Sicht hat sich die Gesetzgebungsarbeit zu einem grossen Teil vom Landtag auf die exekutive Seite verschoben.129 Es ist die Re­

gierung, die durch das Initiativrecht massgebend an der Gesetzgebung mitwirkt. Sie ist zum "weitaus wichtigste(n) Initiator von Gesetzesvor­

lagen" geworden.130 Insoweit ist auf der Gesetzgebungsebene neben dem Landtag bis zu einem gewissen Grad auch die Regierung getreten, deren Einflussbereich die Gesetzgebung in hohem Mass unterliegt. Die­

sem Umstand ist es zuzuschreiben, dass es zu einer vermehrten Instru­

mentalisierung des Antragsrechts durch die Regierung nicht gekommen ist. Dieses Antragsrecht spielt in der Staatspraxis nach wie vor eine marginale Rolle.131 Das ist nicht weiter verwunderlich, hängt es doch entscheidend davon ab, wie sich die Regierung zur abstrakten Normen­

kontrolle verhält. Die Gemeinden gehören zwar auch zum Kreis der Antragsberechtigten, doch sind sie nicht in dem Mass wie die Regierung in das Gesetzgebungsverfahren involviert. Sie können ihre Wünsche oder Bedenken zu Gesetzen im Rahmen des Vernehmlassungsverfah-rens anbringen. Dies betrifft in erster Linie Gesetzesentwürfe, die für sie von Interesse sind. Es steht ihnen nach Art. 64 Abs. 1 der Verfassung auch ein Initiativrecht auf Erlassung, Abänderung oder Aufhebung eines Gesetzes und nach Art. 66 Abs. 1 und 2 der Verfassung das Mittel

126 Job von Neil, Die politischen Gemeinden im Fürstentum Liechtenstein, LPS 12, Vaduz 1987, S. 58.

127 StGH 1984/14, Urteil vom 28. Mai 1986 LES 2/1987, S. 36 (38) mit Verweis auf StGH 1981/13, Gutachten vom 16. Juni 1981, LES 1982, S. 126 (127). Nach Ansicht des Staatsgerichtshofes geht Art. 110 LV davon aus, dass das Bestehen der liechtensteini­

schen Gemeinden verfassungswesentlich ist.

128 So Job von Neil, Die politischen Gemeinden im Fürstentum Liechtenstein, LPS 12, Vaduz 1987, S. 220.

129 Vgl. auch Michael Ritter, Die Organisation des Gesetzgebungsverfahrens in Liechten­

stein, S. 76 f.

130 Hilmar Hoch, Verfassung- und Gesetzgebung, S. 212; vgl. auch Michael Ritter, Beson­

derheiten der direkten Demokratie Liechtensteins im Vergleich zur Schweiz, S. 2 ff.

131 Vgl. dazu vorne S. 106 f.

Abstrakte Normenkontrolle

des Referendumsrechts gegen ein vom Landtag beschlossenes Gesetz zur Verfügung. Vom Antragsrecht im Sinn der abstrakten Normenkon­

trolle haben sie bisher keinen Gebrauch gemacht.132

c) Geringe Bedeutung

Die Antragsbereitschaft ist damals wie heute nicht gross. In der Anfangs­

zeit - nach der Entstehung der Verfassung von 1921 - war der Gesetzge­

ber nicht in dem Mass wie heute herausgefordert, so dass seine Tätigkeit im Vergleich zu heute auch nicht so umfangreich gewesen ist. Zudem hat sich die Regierung aus verständlichen Gründen nicht als Kontrolleurin des Landtages verstanden,133 so dass sie von ihrem Antragsrecht keinen Ge­

brauch gemacht hat. Daran hat sich auch heute nichts geändert. Denn die Regierung würde gegen sich selber votieren, da sie im Gegensatz zu früher die Gesetzesentwürfe ausarbeitet. Ein Grund gegen die Ausübung des Antragsrechts ist auch, dass sie dabei auf das Fachwissen eines Beamten­

apparates zählen kann, der früher nur in Ansätzen vorhanden und klein gehalten war. Zu bedenken ist weiter, dass die Regierung bei Bedarf gezielt das Gutachten als Instrument der "Normenkontrolle" einsetzen kann. Hat sie nämlich im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens Verfassungszweifel, kann sie in verschiedenster Weise den Ratschlag des Staatsgerichtshofes einholen. Damit vermeidet sie, ein Gesetz nach dessen Inkrafttreten nicht beim Staatsgerichtshof wegen Verfassungswidrigkeit anfechten zu müs­

sen. Ein negativer Ausgang des Verfahrens, den sie selber zu vertreten hät­

te, könnte für sie unangenehme politische Konsequenzen haben.134

Nach StGH 1984/14, Urteil vom 28. Mai 1986, LES 2/1987, S. 36 (38), haben die Ge­

meinden das Recht, gegen einzelne in ihre Autonomie eingreifende Verwaltungsakte nach Erschöpfung des Instanzenzugs Verfassungsbeschwerde an den Staatsgerichtshof zu erheben. Vgl. dazu schon vorne S. 111, und zum Ganzen Job von Neil, Die politi­

schen Gemeinden im Fürstentum Liechtenstein, LPS 12, Vaduz 1987, S. 217 ff.

133 Hierfür dürften vornehmlich politische Motive massgebend gewesen sein. Zu Zeiten einer Alleinregierung (vgl. dazu Herbert Wille, Landtag und Wahlrecht im Spannungs­

feld der politischen Kräfte in der Zeit von 1918 bis 1939, S. 96 f.) hätte die Regierung mit einem Gesetzesprüfungsantrag die gesetzgeberische Arbeit eines Landtages kriti­

siert, dessen Mehrheit der gleichen, das heisst der Regierungspartei angehört hätte, so dass aus diesem Grund eine solche Möglichkeit kaum in Betracht gekommen ist. Seit 1938 haben sich die damals bestehenden zwei Parteien (Fortschrittliche Bürgerpartei und Vaterländische Union) in einer Regierungskoalition auf Proporzbasis zusammen­

getan. Dieser Umstand erklärt unter anderem, dass es praktisch nie zu einem Gesetzes­

prüfungsverfahren der Regierung gekommen ist.

134 In diesem Sinn Ernst Friesenhahn, Die Verfassungsgerichtsbarkeit in der Bundesrepu­

blik Deutschland, S. 51.

Die nahezu zur Bedeutungslosigkeit reduzierte abstrakte Normen­

kontrolle hat den Gesetzgeber veranlasst, im Rahmen der Totalrevision des Staatsgerichtshofgesetzes den Kreis der Antragsberechtigten bei der Gesetzesprüfung zu erweitern.135 Neu soll nach Art. 17 Abs. 1 Bst. a des noch nicht sanktionierten Staatsgerichtshof-Gesetzes ein Viertel der ge­

setzlichen Zahl der Abgeordneten des Landtags befugt sein, die Prüfung der Verfassungsmässigkeit von Gesetzen beim Staatsgerichtshof zu be­

antragen. Davon verspricht sich der Gesetzgeber eine Verbesserung des heutigen Zustandes. Er ist der Meinung, dass eine oppositionelle Land­

tagsminderheit136 wohl am ehesten Veranlassung haben könnte, ein Nor­

menkontrollverfahren bei Gesetzen in Gang zu bringen.137

Wenn man über die geringe Effizienz der abstrakten Normenkon­

trolle debattiert, muss auch der Aspekt der direkt-demokratischen Insti­

tutionen (Initiative/Referendum) am Gesetzgebungsverfahren mit in die Überlegungen einbezogen werden. Die beiden Bereiche scheinen zwar auf den ersten Blick nur wenig miteinander zu tun zu haben, da sie je auf ihre Art "Korrekturinstrumente" von Gesetzesentscheidungen

darstel-135 Für Österreich vgl. etwa Martin Hiesel, Verfassungsgesetzgeber und Verfassungsge­

richtshof, S. 82 f., der allerdings die mit BGBl 1975/302 erweiterte Antragslegitimation auf einen Drittel der Mitglieder des Nationalrats aufgrund der in Österreich bestehen­

den Situation als "eher bescheiden" einschätzt; vgl. für Österreich im weitern Helfried Pfeifer, Ausbau der Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 514. Für Deutschland spricht Horst Säcker, Gesetzgebung durch das BVerfG - das BVerfG und die Legislative, in: Tutzin­

ger Schriften zur Politik, Bd. 3, S. 189 (220), sogar von der Abschaffung des Antrags­

rechtes eines Drittels der Bundestagsabgeordneten. Er meint, dass aus dem Blickwinkel des Individualrechtsschutzes es kein Weniger an Verfassungsrechtsschutz bedeuten würde, weil ein den Bürger betreffendes verfassungswidriges Gesetz sowohl auf dessen Antrag hin als auch im Wege der Richtervorlage dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung gestellt werden könnte.

136 In Zeiten von Regierungskoalitionen der beiden grossen Parteien (Fortschrittliche Bür­

gerpartei und Vaterländische Union) dürfte allerdings von dieser Möglichkeit kaum Gebrauch gemacht werden. Beim heutigen Stand der Abgeordnetenzahl ist die Freie Liste als Oppositionspartei nicht in der Lage, ein Gesetzesprüfungsverfahren zu ini­

tiieren. Zur Rechtslage und zu den Verhältnissen in Deutschland siehe Klaus Stüwe, Die Opposition im Bundestag und das Bundesverfassungsgericht (Studien und Mate­

rialien zur Verfassungsgerichtsbarkeit, Bd. 70), Baden-Baden 1997, S. 159 ff.

137 Vgl. auch Hartmut Söhn, Die abstrakte Normenkontrolle, S. 298. Walter Haller, Die Ver­

fassungsgerichtsbarkeit im Gefüge der Staatsfunktionen, S. 470, bringt die Ineffizienz der abstrakten Normenkontrolle mit dem Referendum in Verbindung und meint, dass die Einführung der abstrakten Normenkontrolle von Bundesgesetzen in der Schweiz zu ei­

ner Gewichtsverlagerung auf das Bundesgericht führen würde, die es zum Nachteil sei­

ner übrigen Rechtsprechung vermehrtem politischem Druck aussetzen könnte (S. 471).

Diese Ansicht teilt Hans Huber (Nachweis in Walter Haller, S. 471/Fussn. 46) nicht. Für ihn gibt es gewichtige Argumente, dass auch in der Schweiz die abstrakte Normenkon­

trolle von Bundesgesetzen eingeführt werden sollte.

Abstrakte Normenkontrolle

len. Wenn man jedoch die plebiszitären Elemente des Gesetzgebungs­

rechts mitreflektiert, so wird man eine gewisse Ausstrahlung dieser di­

rekt-demokratischen Einrichtungen auf das abstrakte Normenkontroll­

verfahren nicht ausschliessen können. Das fakultative Referendum ver­

leiht einem Gesetz grosse Akzeptanz beim Stimmvolk und damit den nötigen Bestand. Diese Folgewirkungen der Referendumsdemokratie bleiben nicht ohne Einfluss auf die abstrakte Normenkontrolle.

d) Exkurs: Anmerkung zu den Grenzen verfassungsgerichtlicher Tätigkeit

Der Staatsgerichtshof wird diese Tatsache in seiner Rechtsprechung ge­

bührend zu berücksichtigen haben. Man attestiert ihm denn auch ein bis vor kurzem in der Tendenz eher "zurückhaltendes" Rollenverständnis, das von einem "Vertrauen in den Gesetzgeber"138 zeugt, was angesichts der Referendumsdemokratie nicht überrascht. Bezeichnend ist denn auch in diesem Zusammenhang eine Äusserung des Staatsgerichtshofes, wonach von ihm zu beachten sei, dass er sich gegenüber dem Gesetzge­

ber stärker als bei der Uberprüfung von Einzelakten Zurückhaltung auf­

erlegen müsse. Dem Landtag komme aufgrund der "direkten Volks­

wahl" seiner Mitglieder "höchste demokratische Legitimation" zu. Er dürfe daher nicht "ohne Not" in die Gesetzgebungsbefugnis des Land­

tages eingreifen.139 Das würde bedeuten, dass der Staatsgerichtshof in dieser Beziehung gegenüber dem Gesetzgeber zurückzustehen hat.140 Er plädiert für den "Vorrang der Legislative" bei der Rechtssetzung.141

138 Walter Haller, Die Verfassungsgerichtsbarkeit im Gefüge der Staatsfunktionen, S. 470.

139 StGH 1993/3, Urteil vom 23. November 1993 als Verwaltungsgerichtshof, LES 2/1994, S. 37 (38).

M0 Der Landtag ist im übrigen nach Art. 105 der Verfassung das Wahlorgan der Mitglieder des Staatsgerichtshofes, wobei die Wahl des Präsidenten der landesfürstlichen Bestäti­

gung unterliegt. Dies gilt gemäss Art. 4 Abs. 4 StGHG auch für seinen Stellvertreter.

141 StGH 1982/65/V, Urteil vom 15. September 1983, LES 1/1984, S. 3 (4). Zur Bedeutung des Referendums siehe StGH 1996/29, Urteil vom 24. April 1996, LES 1/1998, S. 13 (17). Dort fordert der Staatsgerichtshof, dass die wesentlichen Auswirkungen einer Re­

gelung auch für Laien aus dem Gesetzestext ersichtlich sein müssten. Andernfalls werde eine echte Meinungsbildung über die Opportunität der Ergreifung des Referen­

dums nicht möglich. Er kommt zum Schluss, dass eine Bestimmung, welche in ihrer grundrechtseinschränkenden Konsequenz für das "Volk als Teilhaber an der gesetzge­

benden Gewalt" nicht nachvollziehbar ist, in einem demokratischen Rechtsstaat nicht haltbar sei und Verstösse somit gegen Art. 31 der Verfassung. Vgl. dazu auch vorne S. 63 ff.

e) Ausblick

Mit einer Erweiterung des Kreises der Antragsberechtigten ist nicht schon zum vornherein gesichert, dass es in vermehrtem Mass zu abstrak­

ten Normenkontrollverfahren kommen wird. Es wird sich zuerst noch zeigen müssen, ob die Bereitschaft möglicher Initianten im Landtag gross genug sein wird, ein Normenkontrollverfahren beim Staatsgerichtshof anzustrengen, ist doch zu bedenken, dass es eher selten der Fall sein dürfte, dass eigentliche Verfassungsfragen aktuelle Relevanz erhalten.

Immerhin können solche in Verbindung mit anderen politikrelevanten Themen Anlass zu Differenzen unter den verschiedenen politischen Kräften geben. Doch ist eine "Entscheidung" in der Auseinandersetzung, in der es vornehmlich um die Richtigkeit der Politik beziehungsweise um ein Kräftemessen unter den politischen Kräften geht, über den Weg einer Volksabstimmung allemal noch naheliegender und erfolgversprechender als über den eines abstrakten Normenkontrollverfahrens. So gesehen steht die "korrigierende Reaktion des (Stimm)volkes"142 in Konkurrenz zur möglichen Korrektur im Rahmen einer Normenkontrolle durch den Staatsgerichtshof, auch wenn die Folgewirkungen nicht die gleichen sind, da bei negativem Ausgang eines Volksentscheides ein Gesetz nicht in Kraft tritt und bei Erfolg des abstrakten Normenkontrollverfahrens der Staatsgerichtshof ein in Kraft stehendes Gesetz aufhebt. Insgesamt ist jedenfalls nicht zu erwarten, dass das noch nicht sanktionierte Staatsge-richtshof-Gesetz am gegenwärtigen Zustand etwas zu ändern vermag.

Die praktische Bedeutung der Normenkontrolle wird gering bleiben. Es ist vielmehr anzunehmen, dass nach wie vor die Initiativ- oder Referen­

dumsmöglichkeit (Volksabstimmung) das Ventil sein wird, über das wie immer geartete parlamentarische Kontroversen ausgetragen werden. Es ist auch nicht damit zu rechnen, dass das neue Antragsrecht eines Viertels der gesetzlichen Zahl der Abgeordneten des Landtages die Gefahr einer möglichen "Politisierung der Justiz" heraufbeschwören könnte.143 Dies war auch kein Thema der Reformdiskussion.

142 Dieser Ausdruck ist Franz-Joseph Peine, Volksbeschlossene Gesetze und ihre Ände­

rung durch den parlamentarischen Gesetzgeber, S. 395, entlehnt.

143 Eine erhebliche Politisierung der Justiz befürchtet Walter Haller, Ausbau der schwei­

zerischen Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 184. Dagegen kommen Benda/Klein, Lehr­

buch des Verfassungsprozessrechts, S. 297, zu einer anderen Einschätzung, indem sie festhalten, dass sich die abstrakte Normenkontrolle für den (deutschen) Verfassungs­

staat positiv ausgewirkt habe.

Abstrakte Normenkontrolle

3. Bei Verordnungen