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Nach Abschluss der Verhandlung wird die Entscheidung mündlich den Parteien zu Protokoll verkündet oder in schriftlicher Form zugefertigt.48

Ist keine mündliche Schlussverhandlung durchgeführt worden, so ist den Parteien eine schriftliche Ausfertigung der Entscheidung nachträg­

lich zuzustellen.49 Im Regelfall werden Entscheidungen der schriftlichen

das Normenkontrollverfahren als kontradiktorisches Verfahren konstruiert. So Karl Korinek, Verfassungsgerichtsbarkeit im Gefüge der Staatsfunktionen, S 36; er macht auf die strenge verfahrensrechtliche Bindung des österreichischen Verfassungsgerichtshofes aufmerksam, der im Unterschied zum deutschen Bundesverfassungsgericht nicht "Herr des Verfahrens", sondern an das Verfassungsgerichtshofgesetz und subsidiär an die Zivil­

prozessordnung gebunden sei. Er unterliege also einer umfassenden, prinzipiell als erschöpfend gedachten Verfahrensregelung. Darin weicht auch im wesentlichen die liech­

tensteinische Rechtslage von der österreichischen ab. In: Betrachtungen zur österreichi­

schen Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 264, führt Karl Korinek aus, dass in Österreich auch das Gesetzesprüfungsverfahren als streitiges Parteienverfahren geregelt sei. In dieser Kon-, struktion unterscheide sich der österreichische Verfassungsgerichtshof von anderen Ver­

fassungsgerichten, deren Normenkontrollverfahren nach dem Inquisitionsprinzip ausge­

staltet seien. Vgl. auch Heinz Mayer, Das österreichische Bundes-Verfassungsrecht, S. 619 zu § 35 VfGG und S. 636 f. zu § 58 VfGG. Erwin Melichar, Die Anwendung der Zivil­

prozessordnung im Verfahren vor dem Staatsgerichtshof, S. 288, spricht von "Elementen des Offizialprinzips". Er räumt ein, dass in Verfahren, in denen mehr oder weniger aus­

geprägte Elemente des Offizialprinzips enthalten seien, wie etwa bei den von Amts wegen eingeleiteten Normprüfungsverfahren, eine Antwort schwieriger zu finden sei.

47 Otto Ludwig Marxer, Die Organisation der obersten Staatsorgane in Liechtenstein, S. 83.

48 So Art. 80 Abs. 1 LVG i. V. m. Art. 37 Abs. 1 S tGHG.

49 Die Entscheidung wird in nichtöffentlicher Sitzung unter Beizug der Vorakten gefällt.

Vgl. etwa StGH 1996/15, Urteil vom 27. Juni 1996, LES 2/1997, S. 89 (92).

Ausfertigung vorbehalten50 beziehungsweise durch Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung erlassen. Die Entscheidung des Staatsge­

richtshofes wird nach Art. 42 Abs. 1 StGHG mit Ablauf von vierzehn Tagen51 seit ihrer "Zustellung" rechtskräftig und vollstreckbar.

Das noch nicht sanktionierte Staatsgerichtshof-Gesetz schreibt in Art. 49 Abs. 4 vor, dass am Schluss der Verhandlung der Vorsitzende be­

kannt gebe, ob und zu welchem Termin die Entscheidung verkündet oder ob sie auf schriftlichem Weg durch Zustellung einer Ausfertigung erfolge. Nach Art. 51 Abs. 3 ergehen Erkenntnisse und Urteile schrift­

lich. Sie können nach Schluss der Verhandlung und Beratung oder zu einem bekanntgegebenen Termin mit den wesentlichen Entscheidungs­

gründen mündlich verkündet werden. Die Verkündung ist von der An­

wesenheit der Parteien nicht abhängig. Mündlich verkündete Erkennt­

nisse sind schriftlich auszufertigen und haben ebenfalls Sachverhaltsdar­

stellungen und Entscheidungsgründe zu enthalten.52

Die "Erledigungen" im Normenkontrollverfahren ergehen nach Art. 38 StGHG53 und 82 LVG als "Entscheidungen". Nach Art. 82 Abs. 1 Bst. a LVG, der gemäss Art. 37 Abs. 1 StGHG "entsprechend" Anwen­

dung findet, hat die schriftliche Ausfertigung die Aufschrift "Entschei­

dung" zu enthalten.54 Art. 51 Abs. 1 des noch nicht sanktionierten Staats­

50 Vgl. etwa StGH 1995/30, Urteil vom 30. August 1996, LES 3/1997, S.159 (160).

51 Dieser Frist ist allerdings kaum mehr ein Sinn abzugewinnen, nachdem Art. 41 Abs. 2 StGHG, i.d.F. LGB1 1979 Nr. 34, durch Kundmachung der Entscheidung des Staatsge­

richtshofes vom 10. November 1987 (StGH 1985/11/V), LGB1 1987 Nr. 73, aufgehoben worden ist. Diese Bestimmung lautete nämlich wie folgt: "Gegen Entscheidungen und Verfügungen des Staatsgerichtshofes als erste und einzige Instanz kann binnen 14 Tagen ab Zustellung die Vorstellung gemäss den Vorschriften über das einfache Verwaltungs­

verfahren erhoben werden. Die vom Staatsgerichtshof aufgrund einer Vorstellung ge­

troffene Entscheidung oder Verfügung ist endgültig". Es wurde unterlassen, Art. 42 Abs. 1 S tGHG entsprechend zu ändern. Dies geschieht nun neu mit Art. 51 Abs. 2 des noch nicht sanktionierten Staatsgerichtshof-Gesetzes, wonach Entscheidungen des Staatsgerichtshofes endgültig und mit Zustellung oder Verkündung vollstreckbar sind, sofern nicht Besonderes bestimmt ist.

52 Vgl. § 26 öst. VfGG und dazu Walter/Mayer, Grundriss des österreichischen Bundes­

verfassungsrechts, S. 398/Rdnr. 1072.

53 Der Staatsgerichtshof wie auch das Staatsgerichtshofgesetz verwenden vereinzelt auch den Begriff "Entscheid". Vgl. etwa Art. 1 Abs. 3, 39 Abs. 1 u nd 42 Abs. 2 und 3 und Art. 43 Abs. 2 StGHG. Zur Judikatur des Staatsgerichtshofes siehe hinten S. 305 f.

54 An erster Stelle ist nach Art. 37 Abs. 1 i. V. m. Art. 17 StGHG das LVG zu berücksich­

tigen. Der ZPO kommt nur ergänzende Bedeutung zu. Das gilt auch im Rahmen von Art. 88 Abs.l LVG, der allein in diesem Zusammenhang auf die sinngemässe ergänzende Anwendung der ZPO verweist. Vgl. auch vorne S. 125/Anm. 29.

Verfahrensgang

gerichtshof-Gesetzes folgt dem österreichischen Beispiel,55 wonach Ent­

scheidungen des Staatsgerichtshofes in der Sache als "Erkenntnisse," ver­

fahrensleitende Entscheidungen des Staatsgerichtshofes als "Beschlüsse"

und solche des Vorsitzenden als "Verfügungen" ergehen. Demzufolge sprechen die Art. 18, 20 und 22 des noch nicht sanktionierten Staatsge­

richtshof-Gesetzes in Anlehnung an die Art. 139,140 und 140a öst. B-VG davon, dass der Staatsgerichtshof bei Entscheidungen über die Verfas-sungs- und Gesetzmässigkeit sowie über die Staatsvertragsmässigkeit von Rechtsnormen (Gesetzen und Verordnungen) beziehungsweise über Rechtsvorschriften in Staatsverträgen "erkennt".56

Der Staatsgerichtshof ist seit 1980 ohne nähere Begründung dazu übergegangen, seine Entscheidungen als "Urteile" zu benennen.57 Es scheint, dass er sich dabei an der ZPO orientiert58, wie dies für Entschei­

dungen in Verwaltungsstreitsachen ausdrücklich in Art. 39 Abs. 3 StGHG vorgeschrieben ist.59 Nach § 390 Abs. 1 ZPO hat nämlich das Gericht, wenn der Rechtsstreit nach den Ergebnissen der durchgeführten Verhandlung und der stattgefundenen Beweisaufnahmen zur End­

entscheidung reif ist, diese Entscheidung durch Urteil zu fällen. Gemäss

§ 425 Abs. 1 ZPO erfolgen die Entscheidungen, Anordnungen und Ver­

fügungen durch Beschluss, sofern nach den Bestimmungen dieses Geset­

55 Vgl. §§19 und 20 VfGG und dazu Walter/Mayer, Grundriss des österreichischen Bun­

desverfassungsrechts, S. 412/Rdnr. 1124 und S. 424/Rdnr. 1164. Nach § 25 Abs. 2 des deutschen BVerfGG ergehen Entscheidungen als Urteile, wenn eine mündliche Ver­

handlung stattgefunden hat, andernfalls als Beschlüsse. Vgl. dazu Benda/Kiein, Lehr­

buch des Verfassungsprozessrechts, S. 110/Rdnr. 252.

54 So im übrigen schon bisher der Wortlaut in Art. 24 Abs. 3 und 25 Abs. 1 S tGHG.

57 Soweit die veröffentlichten Entscheidungen des Staatsgerichtshofes Aufschluss geben, ist bis zu StGH 1980/10, Entscheidung vom 10. Dezember 1980, LES 1982, S. 10, von

"Entscheidung" die Rede gewesen und steht von StGH 1981/4, Urteil vom 14. April 1981, LES 1982, S. 55, an "Urteil" in Verwendung. Eine Durchsicht der nicht veröffent­

lichten Entscheidungen hat ergeben, dass der Staatsgerichtshof erstmals als Verwal­

tungsgerichtshof eine Entscheidung als "Urteil" in StGH 1980/11, Urteil vom 14. April 1981, und als Verfassungsgerichtshof in StGH 1981/1, Urteil vom 10. Februar 1982, be­

zeichnet. Eine auch noch in Frage kommende Entscheidung StGH 1980/20 konnte nicht konsultiert werden, da sie im Landesarchiv nicht vorhanden ist.

58 Es ist kaum anzunehmen, dass sich der Staatsgerichtshof dabei auf Artikel 104 Abs. 2 der Verfassung bezieht, da sich aus der Formulierung "in diesen Angelegenheiten urteilt er kassatorisch" nicht zwingend ergibt, dass die Aufschrift der Entscheidung mit

"Urteil" zu benennen ist. Auch Art. 10 Abs. 1 StGHG kann ausser Betracht bleiben.

Der Terminus "urteilt" wird hier nicht in einem rechtsspezifischen, sondern in einem weiten Sinn verstanden, da er allgemein auch für den Staatsgerichtshof als "gutachtende Instanz" verwendet wird.

59 Dort heisst es: "Die Entscheidung in Verwaltungsstreitsachen hat entsprechend wie bei Urteilen in Zivilsachen zu lauten."

zes nicht ein Urteil zu fällen ist. "Beschlüsse" hat der Staatsgerichtshof schon bisher immer wieder gefasst. Es sind dies vor allem Fälle der Unzu­

lässigkeit eines Begehrens.60 Es bleibt allerdings anzumerken, dass sich dieses Vorgehen nicht nur auf Erledigungen bloss verfahrensleiterider Natur beschränkt. Es werden vereinzelt auch Normenkontrollentschei-dungen in Beschlussform ausgefertigt.61 Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der Staatsgerichtshof in nichtöffentlicher Sitzung, ohne mündlich verhandelt zu haben,62 entscheidet beziehungsweise beschliesst.

2. Klaglosstellung

Den Fall der Klaglosstellung, die auch zur Beendigung des Verfahrens vor dem Staatsgerichtshof führt, regelt Art. 37 Abs. 3 StGHG.63 Diese Bestimmung beinhaltet, dass der Staatsgerichtshof das Verfahren durch Beschluss einzustellen hat, wenn in irgend einem Zeitpunkt des Verfah­

rens vor dem Staatsgerichtshof die belangte Verwaltungsbehörde nach­

weist, dass der Beschwerdeführer mittlerweile klaglos gestellt worden ist.64 Danach kann eine Normenkontrolle, die beispielsweise mit einer Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung oder Verfügung einer Verwaltungsbehörde gemäss Art. 23 Abs. 1 StGHG initiiert worden ist,65

60 Art. 36 Abs. 2 StGHG i. V. m. Art. 96 Abs. 2 LVG.

61 So StGH 1981/18, Beschluss vom 10. Februar 1982, LES 2/1983, S. 39, mit dem der Staatsgerichtshof beispielsweise Art. 2 und 4 des Einführungsgesetzes zum Zollvertrag, LGB1 1924 Nr. 11, aufhebt. Es existiert unter der gleichen Aktennummer StGH 1981/18 vom 10. Februar 1982 auch ein Beschluss des Staatsgerichtshofes, in dem der Antrag des Landgerichts vom 21. Oktober 1981 auf Prüfung der Verfassungsmässigkeit des Bun­

desgesetzes über die Betäubungsmittel vom 3. Oktober 1951 als unzulässig zurückge­

wiesen wird. Dieser Beschluss ist nicht veröffentlicht worden.

62 Vgl. dazu Art. 44 des noch nicht sanktionierten Staatsgerichtshof-Gesetzes. Nach § 19 öst. VfGG ist es allerdings möglich, dass auch Sachentscheidungen, die als Erkenntnisse ergehen, im Regelfall in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden können. Vgl.

Heinz Mayer, Das österreichische Bundes-Verfassungsrecht, S. 753, mit Bezugnahme auf VfSlg. 9911.

63 Vgl. auch Art. 89 Abs. 4 LVG.

64 Vgl. § 86a VerfGG 1953, zitiert in Herbert H. Haller, Die Bundes-Verfassungsgesetz-novelle über die Erweiterung der Zuständigkeit des Verwaltungs- und Verfassungsge­

richtshofs, S. 70/Anm. 209 (3. Teil/Schluss), i. V. m. Art. 144 B-VG.

65 Die abstrakte Normenkontrolle gemäss Art. 24 StGHG fällt aufgrund des Wortlauts von Art. 37 Abs. 3 StGHG ausser Betracht. Neben der Verfassungsbeschwerde kann das (kon­

krete) Normenkontrollverfahren auch durch eine Gemeindebehörde nach Art. 25 Abs. 2 StGHG und die Verwaltungsbeschwerdeinstanz nach Art. 28 Abs. 2 StGHG wie auch über die selbständige Verordnungsanfechtung nach Art. 26 StGHG eingeleitet werden.

Verfahrensgang

von einer Verwaltungsbehörde ausgeschaltet werden. Ausgeklammert bleiben Verfassungsbeschwerden gegen Entscheidungen oder Verfügun­

gen der Zivilgerichte. Sie werden neuerdings im Vorschlag des Art. 43 des noch nicht sanktionierten Staatsgerichtshof-Gesetzes einbezogen. Er un­

terscheidet nämlich nicht mehr zwischen Verwaltungs- und Zivilverfah­

ren. Ein solcher Rechtszustand macht es möglich, dass die belangte Ver­

waltungs- wie auch Gerichtsbehörde ein vom Staatsgerichtshof bereits eingeleitetes Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmässigkeit von Ge­

setzen beziehungsweise Gesetzmässigkeit von Verordnungen vereiteln kann. Durch die Ausweitung auf Verfahren der Zivilgerichte wird die Gefahr eines solchen Missbrauchs noch erhöht. In der Praxis ist bisher al­

lerdings noch kein Missbrauchsfall aufgetreten. Es existiert zur Normen­

kontrolle unter dem Aspekt der Klaglosstellung des Beschwerdeführers (Partei) auch keine Spruchpraxis des Staatsgerichtshofes.

Ein vergleichbarer Rechtszustand war in Osterreich bis zur Bundes-Verfassungsgesetznovelle von 1975 anzutreffen.66 Er ist in Judikatur und Lehre auf einhellige Kritik gestossen, die ihn unter prozessualen Ge­

sichtspunkten als unökonomisch und vom Standpunkt einer effektiven Rechtsstaatlichkeit aus als unbefriedigend gehalten hat.67 Dieser Vor­

wurf bewirkte in der Folge eine Änderung der Rechtslage in dem Sinn, dass auch bei Klaglosstellung der Partei ein bereits eingeleitetes Geset­

zes- und Verordnungsprüfungsverfahren fortzuführen ist.

66 Vgl. BGBl 302/1975. Art. 139 Abs. 2 und 140 Abs. 2 B-VG ordnen an: "Wird in einer beim Verfassungsgerichtshof anhängigen Rechtssache, in der der Verfassungsgerichtshof eine Verordnung (ein Gesetz) anzuwenden hat, die Partei klaglos gestellt, so ist ein be­

reits eingeleitetes Verfahren zur Prüfung der Gesetzmässigkeit der Verordnung (Verfas­

sungsmässigkeit des Gesetzes) dennoch fortzusetzen." Vgl. zum Werdegang dieser Bestimmung Herbert H. Haller, Die Bundes-Verfassungsgesetznovelle über die Erwei­

terung der Zuständigkeit des Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshofs, S. 70 f. (3. Teil/

Schluss); im weiteren Werner Schreiber, Die Reform der Verfassungsgerichtsbarkeit in Österreich, S. 30.

67 So Werner Schreiber, Die Reform der Verfassungsgerichtsbarkeit in Osterreich, S. 30 mit weiteren Literaturhinweisen.

§ 8 Verfassungsgerichtsbarkeit und Verwaltungsgerichtsbarkeit68

I. Normenkontrolle als eine ausschliesslich