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Die Frühförderung soll hier jedenfalls Beachtung finden, da, wie bereits oben erwähnt, im Zuge dieser der weitere Bildungsweg der Kinder bestimmt wird. Ziel der Frühförderung ist es, Kindern mit Problemen in ihrer kognitiven oder sensomotorischen Entwicklung Hilfestellungen anzubieten, wie zum Beispiel verschiedene unterstützende Therapiemethoden, sowie die Unterstützung der Familie des betroffenen Kindes (Barlova & Gebhardt, 2013). Speck (1996) definiert Frühförderung folgendermaßen:

„Unter Frühförderung verstehen wir einen Komplex medizinischer, pädagogischer, psychologischer und sozialrehabilitativer Hilfen, die darauf gerichtet sind, die Entwicklung eines Kindes und sein Leben-Lernen in seiner Lebenswelt in den ersten Lebensjahren unterstützend zu begleiten, wenn diesbezügliche Auffälligkeiten und Gefährdungen vorliegen. Diese Hilfen sind als Hilfen zur Selbsthilfe für Kinder und Eltern gedacht, nicht als direkte Eingriffe durch externe Programme“ (Speck, 1996, S.15 zit.in: van Nek, 2006).

Eine ähnliche, jedoch ausführlichere Definition findet sich bei Sohn (2000):

„Unter der Frühförderung verstehen wir spezielle Hilfeangebote für Kinder, vorwiegend im Vorschulalter, mit körperlichen, geistigen oder seelischen Auffälligkeiten und für ihre Bezugspersonen mit dem Ziel, eine kindliche Entwicklungsgefährdung möglichst früh zu erkennen, und mittels fachlicher und menschlicher Hilfen dazu beizutragen, dem Kind die bestmöglichen Bedingungen zum Aufbau seiner Persönlichkeit und zur Entwicklung seiner Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Alltagsbewältigung zu schaffen. Die Hilfeangebote dienen der

32 Kompetenzsteigerung des Kindes, werden jedoch nicht vom

Leistungsstand des einzelnen Kindes oder dessen vermuteten Perspektiven abhängig gemacht. Die Eckpfeiler früher Hilfen, Prävention, Förderung und Kooperation mit den Bezugspersonen können in vielfältiger Art und durch verschiedene Berufsgruppen in der Praxis begründet und entwickelt werden; sie sind dabei stets den Grundsätzen der Interdisziplinarität, Ganzheitlichkeit, Familienorientierung, Hilfe zur Selbsthilfe und sozialer Integration verpflichtet und beziehen das soziale Umfeld mit ein.“ (Sohn, 2000, 17 zit.in: Barlova & Gebhardt, 2012)

Beide Definitionen heben hervor, dass der Einbezug des sozialen Umfelds und im Zuge dessen die Elternarbeit, zentrale Aspekte in der Frühförderung darstellen. In den Anfängen waren die Eltern allerdings kein zwingend notwendiger Bestandteil der Fördermaßnahmen. So wurde vorerst die Verantwortung bezüglich der Therapieprogramme und Therapieerfolge den Therapeuten/Therapeutinnen sowie den Experten/Expertinnen überlassen. Dieses Modell, als Laienmodell (Speck &

Warnke, 1989) bekannt, teilte das Umfeld des Kindes in ein aktives, tätiges Expertenfeld/Expertinnenfeld und ein passives, untätiges Elternfeld (Barlova &

Gebhardt, 2012). Wie die zu Anfang gestellten Definitionen jedoch beinhalten, ist die Rolle der Eltern ein unumgängliches Muss bei der Förderung der Kinder.

Daraus entwickelte sich ein neues Modell, welches den Eltern erlauben sollte sich in die Therapie ihrer Kinder einzubringen, bzw. die Eltern dazu aufforderte aktiv am Therapiegeschehen teil zu nehmen. Die Rede ist vom sogenannten Co-Therapeutenmodell, das außer dem positiven Einbringen der Eltern auch negative Aspekte aufwies. Die Kehrseite dieses Modells war, dass die Eltern durch ihre aktive Rolle im Therapiegeschehen keinen Unterschied mehr zwischen reiner Elternzeit und Co-Therapeutenzeit machten (ebd., 2012). Die Folgen waren die Überforderung der Kinder und die beidseitige Frustration. Da die Einbindung der Eltern in die Therapiesettings der Kinder notwendig war (und auch heute noch ist), wurden die Eltern weiterhin bei der Arbeit mit den Kindern eingebunden, jedoch in abgewandelter Form. Heutzutage wird von dem Kooperationsmodell zwischen

33 Experten gesprochen. Therapeuten und Therapeutinnen sind die Experten außer Haus und den Eltern wird die Expertenrolle für den familiären Alltag zugesprochen.

Eine Änderung besteht jedoch darin, dass der Wirkungsbereich sowie die zu vollziehenden Maßnahmen in Zusammenarbeit festgelegt werden. In Zusammenarbeit zwischen den beiden Expertenseiten ist es nun möglich, das Kind innerhalb und außerhalb des familiären Umfelds bestmöglich zu unterstützen (Barlova & Gebhardt, 2013). Der momentane Trend in der Frühförderung geht in Richtung der familienzentrierten Frühförderung. Das bedeutet, dass die Unterstützung vorrangig den Fähigkeiten der Familie und deren Umfeld zukommt, damit sich innerhalb der Familie und in ihrem Umfeld ein unterstützender Kreis rund um das Kind bilden kann (Stöppler, 2014). Somit können drei Kernbereiche identifiziert werden, die für eine gelingende Frühförderung ineinandergreifen müssen: die auf das Kind bezogenen Maßnahmen, die Maßnahmen für Eltern und Erziehungsberechtigte und jene Maßnahmen, die die gesellschaftliche Teilhabe und Integration sicherstellen sollen. Die Frühförderung bezieht sich auf das gesamte Lebensumfeld und den Wirkungsbereich des förderbedürftigen Kindes. Im Mittelpunkt steht das Kind mit seinem momentanen Entwicklungsstand, ungeachtet seines Alters. An dieser Stelle ist anzumerken, dass sich im Laufe der Entwicklung der Fördermodelle die defizitäre Sichtweise zu einer ressourcenorientierten Sichtweise gewandelt hat. Die Sichtweise rückt das Kind mit seinen Fähigkeiten, die es beherrscht und an denen sich die einzelnen Therapien orientieren können, in den Mittelpunkt und distanziert sich von bestehenden Defiziten und Schwächen (ebd., 2013). Es wird auf den physischen, kognitiven und sensomotorischen Entwicklungsstand geachtet und eruiert wo sich nach allgemeinem medizinischem und pädagogischem Verständnis Schwierigkeiten ergeben. Des Weiteren wird auch den Eltern Unterstützung angeboten, da die Ressource Eltern essenziell für die Therapien und deren Erfolg bei den Kindern ist (ebd., 2013). Nachdem das Kind in seinen und durch seine Fähigkeiten gefördert wurde, werden nun die Entscheidungen bezüglich der weiteren Beschulungsform und des Kindergartens getroffen. Anzumerken ist, dass keine Nachreifung der Fähigkeiten bezweckt wird, sondern eine den Fähigkeiten des Kindes entsprechende Entwicklung, in Zusammenhang mit seinem Wohlbefinden erreicht werden soll (van Nek, 2006).

34 Das Kind kann unter Umständen einen sonderpädagogischen Förderbedarf (SPF) erhalten, sollten in der Schule Auffälligkeiten im Verhalten oder in der Entwicklung bestehen.