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6. Rechtliche Grundlagen (Rath)

6.1 Die UN-Behindertenrechtskonvention (UNBRK) (Rath)

Das „Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung“, kurz CRPD (Convention on the Rights for Persons with Disabilities) oder UN-BRK

63 (UN-Behindertenrechtskonvention), ist ein rechtliches Schriftstück, in dem grundlegende Menschenrechte für Menschen mit Behinderung, sowie bestimmte auf die Lebenssituationen von Menschen mit Behinderung zugeschnittene Regelungen dargelegt werden (Schulze 2011). An den Verfahren zur Erstellung und Durchsetzung dieses Dokuments nahmen nicht nur Regierungsorganisationen, sondern auch Nichtregierungsorganisationen sowie betroffene Personen (Menschen mit Behinderung) teil (vgl. Hess-Klein 2016, S. 602). Die UN-BRK schafft keine besonderen Rechte für Menschen mit Behinderung, sondern sichert dass die allgemeinen Menschenrechte auch für diese spezielle Gruppe eingehalten werden (vgl. Hess-Klein 2016, S. 603). Die Ende 2006 beschlossene UN-Behindertenrechtskonvention und deren Fakultativprotokoll (eigener völkerrechtlicher Vertrag und Erweiterung der UN-BRK) wurden Anfang 2007 von Österreich als einem der ersten Staaten unterzeichnet. Ende 2008 wurde die Konvention ratifiziert und als verbindlich anerkannt, und dadurch der Umsetzung von Maßnahmen gegen eine Diskriminierung von Menschen mit Behinderung zugestimmt (vgl. bmask 2010). Bis heute wurde das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung von 155 Staaten und der EU ratifiziert (vgl.

Hess-Klein 2016, S.602). Im Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich, Jahrgang 2016 und ausgegeben am 15. Juni 2016, steht weiterhin unter Artikel 1 – Zweck, dass Menschen mit Behinderung dieselbe Würde und Anerkennung zuzuerkennen ist, wie Menschen ohne Behinderung und dass ihnen dieselben Grundrechte und Grundfreiheiten zustehen (vgl. RIS 2016). Behinderung wird hiermit nicht als Defizit mit einer damit einhergehenden defizitorientierten Behandlung gesehen, sondern als Teil einer breiten Vielfalt menschlicher Existenz.

Jeder Mensch sollte in seiner Individualität begriffen und wertgeschätzt werden.

Die gesamte Konvention baut auf Chancengleichheit, Nichtdiskriminierung, Barrierefreiheit, Inklusion, Partizipation und Selbstbestimmung auf (vgl. Schulze 2012, S. 47), die im Folgenden in aller Kürze beschrieben werden sollen.

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6.1.1 Chancengleichheit

In Artikel 7. Absatz 1 des österreichischen Bundes-Verfassungsgesetzes findet sich Folgendes:

„(1) Alle Staatsbürger sind vor dem Gesetz gleich. Vorrechte der Geburt, des Geschlechtes, des Standes, der Klasse und des Bekenntnisses sind ausgeschlossen. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich dazu, die Gleichbehandlung von behinderten und nichtbehinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten.“(Artikel 7. B-VG)

Die Chancengleichheit kann, wie auch die Selbstbestimmung, als Anhaltspunkt im Schulsystem gesehen werden. Wie unter 4.2 Bildungsweg Schule schon beschrieben wurde, war die schulische (Aus-)Bildung von Kindern mit Behinderung nicht immer selbstverständlich. Elterninitiativen mussten gegründet und aktiv werden, damit ihre Kinder das Recht zugesprochen bekamen, an einer schulischen Bildung teilzuhaben. Die Chancengleichheit zieht sich von der schulischen bis hin zur beruflichen Laufbahn und soll des Weiteren auch im privaten Bereich umgesetzt werden.

6.1.2 Nichtdiskriminierung

Wie auch bei der Chancengleichheit steht hier die negative Sichtweise auf behinderte Menschen im Fokus. Diskriminierung soll in jeglicher Hinsicht unterbunden werden. Diskriminierung darf weder im öffentlichen Bereich (staatliche Behörden) noch im privaten Bereich (Privatpersonen, private Unternehmen) erfolgen (vgl. Hess-Klein 2016, S. 602f). Vor allem wird nachstehend auf die spezielle rechtliche Lage am Arbeitsplatz eingegangen, da Menschen mit Behinderung bzw. der Betrieb in dem sie beschäftigt sind dem Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) unterliegen. Auf das Behinderteneinstellungsgesetz wird unter „Arbeitsrechtliche Grundlagen“ näher eingegangen.

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6.1.3 Barrierefreiheit

Wie bereits erwähnt bestehen nicht nur bauliche sondern auch psychische Barrieren. Die Überwindung baulicher Barrieren ist zwar meist mit einem gewissen Aufwand der Betroffenen verbunden, sie können jedoch im Vergleich zu den psychischen Barrieren von Menschen ohne Behinderung leichter verändert bzw.

gänzlich entfernt werden. Barrierefreiheit bedeutet nicht, dass mit dem Bau einer Rampe für einen Rollstuhlfahrer/eine Rollstuhlfahrerin Teilhabe erreicht wird. Es geht hierbei vielmehr darum, dass Menschen mit Behinderung als Bestandteil einer funktionierenden Gesellschaft gesehen und in den Alltag miteinbezogen werden.

Obwohl die Gesetzeslage vieles dazu beitragen kann die Barrierefreiheit zu fördern, so kommt es immer auf die gesellschaftliche soziale Umsetzung an, damit sie auch wirklich vollzogen wird.

6.1.4 Inklusion

Inklusion meint hier, wie auch schon unter Kapitel 3.3 (Inklusion) beschrieben, dass kein Individuum der Gesellschaft aus dieser ausgeschlossen werden darf. Schulze (2012) verweist wiederum auf das Schulsystem, das sich grundlegend zu ändern hat, wenn Inklusion wirklich gelingen soll. Die Forderung nach der Öffnung der Regelschulklassen für Kinder und Jugendliche mit Behinderung sieht sie als unumgängliches Muss für die gelebte und vor allem gelingende Inklusion (vgl.

Schulze 2012, S. 48). Die Staaten, welche die Konvention unterfertigt haben, verpflichten sich dazu, ihre Rechtsgrundlage in der Art anzupassen dass alle Menschen an einer gemeinsamen Gesellschaft teilhaben können (vgl. Hess-Klein 2016, S. 603).

6.1.5 Partizipation

Menschen mit Behinderung sollen nicht mehr als Leidensträger von Unmündigkeit und Personen angesehen werden, über deren Köpfe hin wegentschieden wird. Es geht darum, Menschen mit Behinderung als Experten in eigener Sache

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6.1.6 Selbstbestimmung

„In der fortgeschrittenen Moderne darf man nicht nur selbstbestimmt leben, man muss es sogar. (…) Schon längst geht es nicht mehr nur um Emanzipation, sondern auch darum, sich aus traditionalen Bindungen zu lösen, die eigen

Biografie selbst zu ,basteln‘ und Selbstmanagement an den Tag zu legen. Heutzutage verheißt Autonomie nicht mehr nur Befreiung, sondern ist auch zur

sozialen Verpflichtung geworden“ (Waldschmidt 2003, S. 18 zit.in:

Wansing 2005, S. 136)

Menschen mit Behinderung sollen sich selbst und ihre Ideen und Wünsche in den gesellschaftlichen Alltag einbringen können. Damit ist nicht nur die Verfügung über ihren eigenen Wirkungsbereich gemeint. Hier kann die gemeinsame Beschulung als Beispiel angeführt werden. Es soll für alle Menschen, egal ob mit oder ohne Behinderung, die Möglichkeit der selbstbestimmten Wahl der Schulform bestehen. Während der Schulzeit können soziale Barrieren abgebaut werden, da hier der Grundstein der Sensibilisierung für Menschen mit Behinderung gelegt werden kann (vgl. Schulze 2012, S. 47).