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Überprüfung der Einstellung gegenüber Menschen mit kognitiver, körperlicher und Sinnesbehinderung am österreichischen Arbeitsmarkt

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Academic year: 2022

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Überprüfung der Einstellung gegenüber Menschen mit kognitiver, körperlicher und Sinnesbehinderung am

österreichischen Arbeitsmarkt

Eine Erhebung mittels eines selbstentwickelten Fragebogens und dessen Einsatz im Feld zur Überprüfung des Inklusionskonzepts am

österreichischen Arbeitsmarkt

Masterarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades Master of Science

an der Karl-Franzens-Universität Graz

vorgelegt von

Marie-Christine RATH und

Nina Christin KULHANEK

am Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft

Begutachterin: Univ.-Prof. Dr.phil. Barbara Gasteiger-Klicpera

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1

Eidesstattliche Erklärung

Ich, Nina Christin Kulhanek, erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen inländischen oder ausländischen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht. Die vorliegende Fassung entspricht der eingereichten elektronischen Version.

Datum: Unterschrift:

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Eidesstattliche Erklärung

Ich, Marie-Christine Rath, erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen inländischen oder ausländischen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht. Die vorliegende Fassung entspricht der eingereichten elektronischen Version.

Datum: Unterschrift:

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Kurzbeschreibung

Die vorliegende Studie zum Thema „Menschen mit Behinderung am österreichischen Arbeitsmarkt“ war aufgrund der momentanen Arbeitsmarktsituation von großem Interesse. Da Menschen mit Behinderung noch immer eine Randgruppe der Gesellschaft darstellen und sich dies auch aus den aktuellen Arbeitslosenzahlen des Arbeitsmarktservice wiederspiegelt, wurde ein selbstentwickeltes quantitatives Messinstrument weiterentwickelt. Untersucht wird die Einstellung von Menschen ohne Behinderung zu beschäftigten Behinderten.

Anhand der Ergebnisse dieser Untersuchung zeigen sich deutliche Unterschiede in der Einstellung gegenüber beschäftigten Menschen mit körperlicher, Menschen mit geistiger/kognitiver und Menschen mit Sinnesbehinderung. Ziel ist es die, durch die Untersuchung messbar gemachte, positive bzw. negative Einstellung von Menschen ohne Behinderung gegenüber Menschen mit Behinderung mit den aktuellen Beschäftigungszahlen zu verknüpfen, um eine mögliche Ursache für die prozentual geringe Beschäftigungsquote für behinderte Menschen ausfindig zu machen. Anhand statistischer Auswertungsmethoden wurden sowohl Einstellungs- /Vorurteilsunterschiede zwischen den Geschlechtern, den unterschiedlichen Ausbildungsniveaus, als auch des Wohnorts sichtbar. Des Weiteren wird auch der Unterschied zwischen den einzelnen Behinderungsformen deutlich. So zeigt sich eine deutliche Hierarchie, bei der beschäftigte Menschen mit körperlicher Behinderung mit wenigen Vorurteilen am ersten Arbeitsmarkt konfrontiert sind.

Sinnesbehinderte Menschen schneiden im Einstellungsvergleich zu Menschen mit körperlicher Behinderung schlechter ab, wobei beschäftigte Menschen mit geistiger/kognitiver Behinderung im Vergleich zu beschäftigten Menschen mit körperlicher und Sinnesbehinderung mit den meisten Vorurteilen konfrontiert sind.

Somit ist sichtbar, dass die nichtbehinderte Bevölkerung gegenüber beschäftigten Menschen mit geistiger Behinderung am schlechtesten eingestellt ist und beschäftigten Menschen mit körperlicher Behinderung im Vergleich am positivsten gegenübersteht.

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Abstract

The study presented on the subject "people with special needs in the Austrian employment market" was of particular interest due to the current employment situation. Since people with special needs still represent a marginal group of society and this is also reflected in the current data of unemployment published by the Austrian Public Employment Service, a self-developed quantitative employment measuring device was further developed. Subject of the investigation is the attitude of people without special needs toward employees with special needs. On the basis of the results of this investigation, clear distinctions in the attitude towards employees with physical disabilities, employees with intellectual/cognitive disabilities and employees with sensory disabilities become apparent. Goal of the investigation is to connect the positive respectively negative attitude of people without special needs toward people with special needs with the current employment data to determine a potential cause for the low percentage rate of employment of people with special needs. On the basis of statistical methods of evaluation differences in attitudes and prejudices become obvious depending on gender, level of education and domicile. In addition it becomes apparent that there is a differentiation among the various kinds of disabilities. There is a clear hierarchy which subjects employees with physical disabilities to few prejudices in connection with finding a job in the general employment market. People with sensory disabilities are worse off than people with physical disabilities in a comparison of employment. People with intellectual/cognitive disabilities are confronted with the most prejudices in the employment market compared to people with physical or sensory disabilities. Thus it is evident that the population without special needs has the most prejudices against employees with intellectual disabilities and has the most positive attitude toward employees with physical disabilities.

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Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis ... 10

Tabellenverzeichnis ... 11

Vorwort ... 12

Einleitung (Rath) ... 13

1.Konzepte zur Eingliederung von Menschen mit Behinderung (Rath) ... 15

2.Definition Behinderung (Kulhanek) ... 15

3.Ein historischer Überblick über die gesellschaftliche Position von Menschen mit Behinderung. Von der Exklusion zur Inklusion. (Rath) ... 17

3.1 Exklusion (Rath) ... 17

3.1.1 Von Exklusion zu Separation (Rath) ... 19

3.1.2 Das Normalisierungsprinzip (Rath) ... 20

3.2 Integration (Rath) ... 21

3.2.1 Selbstbestimmung (Rath) ... 23

3.2.2 Empowerment (Rath) ... 24

3.3 Inklusion (Rath) ... 25

3.4 Integration vs. Inklusion (Rath) ... 26

4.Inklusion und Bildung (Rath) ... 30

4.1 Frühförderung (Rath) ... 31

4.2 Der sonderpädagogische Förderbedarf – SPF (Rath) ... 34

4.3.1 Kurzüberblick (Rath) ... 37

4.3.2 Sonderschule – der schulpolitische Dorn im Fleisch (Rath) ... 38

4.3.3 Inklusive Bildung (Rath) ... 40

4.4 Ausbildungsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung (Rath) ... 44

4.5 Von der Schule bis zur Lehre (Rath) ... 44

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6

4.5.1 Das Clearing (Rath) ... 45

4.5.2 Das Jugendcoaching (Rath) ... 47

4.5.3 Die Produktionsschule (Rath) ... 48

4.6 Integrative Berufsausbildung (Kulhanek) ... 49

4.7 Jobcoaching (Kulhanek) ... 51

4.8 Die berufliche Assistenz (Kulhanek) ... 54

4.9 Arbeitsassistenz (Kulhanek) ... 54

4.10 Persönliche Assistenz bzw. Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz (Kulhanek) ... 57

4.11 Die Erwachsenenbildung (Rath) ... 58

5. Menschen mit Behinderung am österreichischen Arbeitsmarkt (Kulhanek) ... 59

5.1 Definition Arbeitsmarkt (Kulhanek)... 60

5.2 Unterteilungen des Österreichischen Arbeitsmarkts (Kulhanek) ... 60

5.2.1 Erster Arbeitsmarkt (Kulhanek) ... 60

5.2.2 Zweiter Arbeitsmarkt (Kulhanek) ... 61

5.2.3 Dritter Arbeitsmarkt (Kulhanek) ... 62

6. Rechtliche Grundlagen (Rath) ... 62

6.1 Die UN-Behindertenrechtskonvention (UNBRK) (Rath) ... 62

6.1.1 Chancengleichheit (Rath) ... 64

6.1.2 Nichtdiskriminierung (Rath) ... 64

6.1.3 Barrierefreiheit (Rath) ... 65

6.1.4 Inklusion (Rath) ... 65

6.1.5 Partizipation (Rath) ... 65

6.1.6 Selbstbestimmung (Rath) ... 66

6.2 Arbeitsrechtliche Grundlagen der Inklusion (Kulhanek) ... 66

6.2.1 Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) (Kulhanek) ... 67

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7

6.3 LEVO- Leistungs- und Entgeltverordnung (Kulhanek) ... 76

6.3.1 Beschäftigung in Tageswerkstätten produktiv/kreativ (Kulhanek) ... 76

6.3.2 Berufliche Eingliederung Arbeitstraining (Kulhanek) ... 78

6.3.3 Berufliche Eingliederung in Werkstätten (Kulhanek) ... 80

6.3.4 Berufliche Eingliederung durch betriebliche Arbeit (Kulhanek) ... 81

6.4 Finanzielle Unterstützungsmaßnahmen (Kulhanek) ... 83

6.4.1 Eingliederungsbeihilfe (Kulhanek) ... 83

6.4.2 Entgeltbeihilfe (Kulhanek) ... 83

6.4.3 Arbeitsplatzsicherungsbeihilfe (Kulhanek) ... 84

6.4.4 Beihilfe für Schulungs- und Ausbildungskosten (Kulhanek) ... 84

6.4.5 Zuschuss zur behindertengerechten Adaptierung des Arbeitsplatzes (Kulhanek) ... 85

7. Der ethische Aspekt (Rath) ... 85

7.1 Behinderung im Schulsystem (Rath) ... 86

7.2 Wer ist behindert und wer wird behindert? (Rath) ... 88

7.3 Behinderung und Erwerbsarbeit (Rath) ... 91

7.4 Bedeutung der Erwerbsarbeit für Menschen (Kulhanek) ... 92

7.4.1 Arbeit und ihre Bedeutung für den Menschen (Kulhanek)) ... 93

7.4.2 Die Bedeutung der (Erwerbs-)Arbeit für Menschen mit Behinderung (Kulhanek) ... 98

7.5 Diversity Management (Kulhanek) ... 99

7.5.1 Rückblick auf die Anfänge des DM (Kulhanek) ... 100

7.5.2 Dimensionen von Diversität (Vielfalt) (Kulhanek) ... 100

7.5.3 Charta der Vielfalt (Kulhanek) ... 101

7.6 Zuschreibungen und ihre Wirkung (Rath) ... 103

Empirischer Teil – Methode und Stichprobe ... 104

(9)

8

8. Fragestellungen und Hypothesen (Kulhanek) ... 104

8.1 Forschungsvorhaben und Forschungsinteresse/-fragen (Kulhanek) ... 104

8.2 Forschungsdesign (Kulhanek) ... 104

8.3 Hypothesen (Kulhanek) ... 105

9 Methodik (Rath) ... 107

9.1 Datenerhebung (Kulhanek) ... 107

9.1.1 Datenverarbeitung (Kulhanek) ... 107

9.2 Messinstrument (Rath) ... 107

9.2.1 Der Vorläufer (Rath) ... 108

9.2.2 Der „Fragebogen zu Überprüfung der Einstellung gegenüber Menschen mit Behinderung am ersten Arbeitsmarkt“ (Rath) ... 117

9.3 Stichprobe (Kulhanek) ... 127

9.3.1 Auswahl der Stichprobe (Kulhanek) ... 127

9.3.2 Merkmale der Stichprobe (Kulhanek) ... 128

9.3.2.1 Stichprobenmerkmale der 269 Datensätze (Kulhanek/Rath) ... 128

9.4 Qualitätsüberprüfung des Fragebogens Kulhanek) ... 134

9.5 Skalen- und Itemwerte (Kulhanek) ... 135

9.5.1 Hör- bzw. Sehbeeinträchtigung (Kulhanek) ... 136

9.5.4 Körperliche Behinderung (Kulhanek) ... 141

9.6 Ergebnisse (Kulhanek) ... 143

9.6.1 Ergebnisse mit 269 Datensätzen (Kulhanek) ... 143

9.6.2 Ergebnisse mit 210 Datensätzen (Rath) ... 149

9.7 Rückmeldungen der Teilnehmer und Teilnehmerinnen zum Fragebogen (Rath) ... 150

9.7.1 Demographische Angaben – Seite 1 (Rath) ... 150

(10)

9 9.7.2 Sinnesbehinderungen – Personen mit einer Hör-/Sehbeeinträchtigung

(Rath) ... 152

9.7.3 Menschen mit kognitiver/geistiger Behinderung (Rath) ... 152

10. Ausblick und Zusammenfassung (Kulhanek/Rath)) ... 156

Literaturverzeichnis ... 160

(11)

10

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Modell "Wechselwirkung Gesundheitsproblem - Umwelt" ... 16

Abbildung 3: Die drei Phasen des Jobcoachings ... 53

Abbildung 4: Ablauf der Arbeitsassistenz ... 56

Abbildung 5: The Four Layers of Diversity, nach Lee Gardenswartz und Anita Rowe (1995) ... 102

Abbildung 6: Vorläufer Fragebogen ... 116

Abbildung 7: Fragebogen zur Überprüfung der Einstellung gegenüber Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt ... 127

Abbildung 8: Geschlechterverteilung bei 269 Datensätzen ... 129

Abbildung 9: Prozentuale Verteilung des Wohnorts ... 130

Abbildung 10: Prozentuale Verteilung der Bildungsabschlüsse ... 131

Abbildung 11: Prozentuale Verteilung des Geschlechts bei 210 Datensätzen ... 132

Abbildung 12: Prozentuale Verteilung des Wohnorts bei 210 Datensätzen ... 133

Abbildung 13: Prozentuale Verteilung der Bildungsabschlüsse bei 210 Datensätzen ... 133

Abbildung 14: Einstellung zu Menschen mit Behinderung - Vergleich Männer/Frauen ... 144

Abbildung 15: Einstellung zu Menschen mit Behinderung - Vergleich Stadt/Land ... 145

Abbildung 16: Einstellung zu Menschen mit Behinderung - Vergleich Hochschulabschluss/Lehrabschluss ... 148

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Tabellenverzeichnis

Tabelle 1:Cronbachs Alpha aller Items des Fragebogens ... 135

Tabelle 2; Kennwerte der einzelnen Subskalen ... 135

Tabelle 3: Deskriptive Statistik für Sinnesbehinderung ... 136

Tabelle 4: Deskriptive Statistik für die Kategorie kognitive Behinderung ... 138

Tabelle 5: Deskriptive Statistik für Kategorie Allgemeine Aussagen ... 140

Tabelle 6: Deskriptive Statistik für die Kategorie körperliche Behinderung ... 142

Tabelle 7: Cronbachs Alpha bei 269 Datensätzen, nach Reduzierung auf 98 Items ... 148

Tabelle 8: Cronbachs Alpha bei 210 Datensätzen, nach Reduzierung auf 100 Items ... 149

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Vorwort

Nachfolgend finden Sie die Masterarbeit von uns, Nina Christin Kulhanek und Marie-Christine Rath, zum Thema Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt.

Während unseres Studiums der Erziehungs- und Bildungswissenschaften an der Karl-Franzens Universität Graz, zeichnete sich bald ein Trend und eine Leidenschaft für die inklusive Pädagogik ab. Da beide Bachelorarbeiten bereits die Themen Integration und Inklusion behandelten, war der weiterführende Ausbildungsweg in Richtung Inklusionspädagogik geebnet. Innerhalb des Masterstudiums wurden wir immer mit interessanten und lehrreichen Inhalten konfrontiert, die uns schlussendlich zur Wahl dieses Masterarbeitsthemas bewogen haben. Die bestehende Ungerechtigkeit gegenüber benachteiligten Personengruppen in der österreichischen Gesellschaft und ein, in einem Seminar entwickelter Fragebogen, der (für uns) unglaubliche Werte in seiner Zuverlässigkeit erzielt hat, hat bis hierher geführt, wo wir nun unsere Abschlussarbeit verfassen.

Dank gilt vor allem und primär unseren Eltern, die während dieser aufregenden und nicht besonders stressarmen Zeit für uns dagewesen sind und uns tatkräftig unterstützt haben. Ein großes Dankeschön auch an die Freunde und Freundinnen, die immer mit offenen Ohren unserem Arbeitstreiben gelauscht haben und mit beruhigenden und motivierenden Ratschlägen immer für uns da waren. Nicht zu vergessen ist unsere außergewöhnliche Masterarbeitsbetreuerin, Frau Univ.-Prof.

Dr.phil. Barbara Gasteiger-Klicpera. Ihr ist es zu verdanken, dass sie durch ihren besonderen Charakter die Studierenden trotz Anhaltung zur fleißigen Arbeit immer mit Freundlichkeit und Herzlichkeit behandelt hat, bei Problemen jederzeit für ein Gespräch bereit war und Verständnis für alle Arten von Zwischenfällen hatte.

Frau Professor, danke für die vergangenen zwei Jahre! Mama und Papa, danke für den dicken Geduldsfaden, der bis zum Schluss gehalten hat! Liebe beste Freunde, danke für die vielen Stunden, ob mit oder ohne Wein!

Liebe Nina/liebe Marie, es ist vollbracht!

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Einleitung

Die momentane Lage am österreichischen Arbeitsmarkt hat sich, wird den neuesten Zahlen Glaube geschenkt, zwar um einen kleinen Prozentsatz gesenkt, stellt für Menschen über 50 Jahre und Langzeitarbeitslose noch immer ein immenses Erschwernis dar. Betrachtet man die Arbeitslosenzahlen genauer, so fällt auf, dass Menschen mit Behinderung hochgerechnet ebenfalls einen großen Prozentsatz der Arbeitslosen einnehmen. Menschen mit Behinderung werden nicht nur im Alltag benachteiligt behandelt, sondern auch in Bezug auf ein Beschäftigungsverhältnis am ersten Arbeitsmarkt. Der theoretische Teil der Masterarbeit beginnt mit der Definition von Behinderung und einem Rückblick auf historische Verhältnisse, wo mit dem Thema Behinderung auf unterschiedliche Weise umgegangen wird.

Ausgehend von diesen Strategien wird der Weg von der anfänglichen Exklusion bis hin zu dem Konzept Integration und der gewünschten Inklusion beschrieben. Die beiden letztgenannten Konzepte werden einander gegenübergestellt und Gemeinsamkeiten wie auch Unterschiede herausgearbeitet. Daraus ergibt sich die Beschreibung der integrativen/inklusiven Schul- und Ausbildungsmodelle, beginnend bei der Frühförderung und dem Sonderpädagogischen Förderbedarf – SPF. Aufbauend darauf wird auf die zwei Schulmodelle, die Sonderschule und die Beschulung in Regelschulklassen, eingegangen und die aktuelle Abschaffungsdebatte der Sonderschule aufgegriffen. Mittels Meinungen von Befürwortern und Gegner dieses Schulmodells werden bestehende Vor- und Nachteile der beiden Beschulungsformen herausgearbeitet. Die möglichen Schulwege genauer beschrieben, stehen danach die Aus- und Weiterbildungsangebot, sowie Unterstützungsmöglichkeiten für Jugendliche mit Behinderung die sich in der Berufsorientierungs- und Berufseinstiegsphase befinden. Anschließend werden Leistungen vorgestellt, die nach erfolgreicher Vermittlung in ein Beschäftigungsverhältnis individuell angepasst und von den betroffenen Personengruppen in Anspruch genommen werden können. Um die aktuell in Anspruch genommenen Leistungen am österreichischen Arbeitsmarkt sichtbar zu machen, wird nachfolgend auf die Situation von Menschen mit

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14 Behinderung am ersten Arbeitsmarkt, am zweiten Arbeitsmarkt, sowie in Werkstätten, dem Ersatzarbeitsmarkt, eingegangen.

Um die Umsetzung und Einhaltung von Integration bzw. Inklusion beruflich und privat rechtlich abzusichern, finden sich anschließend an die Beschreibungen der Formen des Arbeitsmarkts, die UN-Behindertenrechtskonvention, das Behinderteneinstellungsgesetz, die Leistungs- und Entgeltverordnung, sowie auch weitere finanzielle Unterstützungsmaßnahmen. Abschließend wird unter Bezugnahme auf den ethischen Aspekt die Relevanz von Erwerbsarbeit im Allgemeinen für die Bevölkerung und besonders für Menschen mit Behinderung verdeutlicht. Den Schluss des theoretischen Teils bildet ein Denkanstoß über das vorschnelle Urteilen über Menschen (mit Behinderung). Gestützt auf die Theorie wird mittels einer quantitativen Untersuchung die Einstellung der österreichischen Gesellschaft gegenüber Menschen mit Behinderung am ersten Arbeitsmarkt erhoben. Kategorisiert nach Geschlecht, Wohnort und höchstem Bildungsabschluss der Teilnehmer und Teilnehmerinnen, werden Unterschiede bezüglich Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt bestätigt. Des Weiteren werden auch Unterschiede hinsichtlich der einzelnen Behinderungsformen deutlich. Basierend auf diesen Ergebnissen werden die Hindernisse für behinderte Personen auf dem Weg in ein Arbeitsverhältnis am ersten Arbeitsmarkt sichtbar und es werden mögliche Präventivmaßnahmen zur erfolgreichen Inklusion von Menschen mit Behinderung von Seiten der Theorie und Empirie vorgestellt.

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1.Konzepte zur Eingliederung von Menschen mit Behinderung

Menschen mit Behinderung stellen trotz vieler gesellschaftlicher und rechtlicher Interventionen immer noch eine Randgruppe der Gesellschaft dar. Die Entwicklung hin zur Inklusion war für die Betroffenen und deren Angehörige ein langer und harter Weg, geprägt von emotionaler Härte, sozialer Ausgrenzung und mehrmaligen Rückschlägen. Dieses und die folgenden Unterkapitel beinhalten die verschiedenen Herangehensweisen und –arten bezüglich des Umgangs mit Menschen mit Behinderung. Beginnend mit dem Zustand der Exklusion im Mittelalter, in dem Kinder mit sichtbaren Behinderungen ausgesetzt und sich selbst überlassen wurden, was sie meist nicht überlebten, wird der Bogen weiter über das dunkelste Kapitel der Behindertenpädagogik gespannt, die NS-Zeit. Darauffolgend werden die Segregation und das Normalisierungsprinzip beschrieben. Des Weiteren werden das Konzept der Integration, vor allem durch den Bildungssektor bekannt, das „Werkzeug“ Empowerment und die Selbstbestimmung beschrieben. Nach der Beschreibung dieser Konzepte und Methoden, wird näher auf die Inklusion eingegangen. Das Ende dieses Kapitels bildet der Vergleich zwischen den beiden Konzepten der Integration und der Inklusion, wobei Vorteile wie Nachteile beider Konzepte herausgearbeitet und diskutiert werden sollen.

2.Definition Behinderung

Der Begriff Behinderung findet im alltäglichen Sprachgebrauch sehr häufig Anwendung, jedoch wird er in den meisten Fällen nicht gemäß seiner gesetzlichen Definition eingesetzt. §1, Absatz 2 des österreichischen Bundesbehindertengesetzes zufolge bedeutet Behinderung folgendes:

„Unter Behinderung (…) im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am

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16 Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur

vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten“ (JUSLINE, 2015b, o.S.).

Abbildung 1: Modell "Wechselwirkung Gesundheitsproblem - Umwelt"

Anders als diese an Defiziten orientierte Definition von Behinderung versucht die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit, kurz ICF, sich von dieser Defizitorientierung zu entfernen und den Gesundheitszustand eines Individuums in den Mittelpunkt zu stellen. Da dieses Klassifikationsmodell der Weltgesundheitsorganisation (WHO) das Hauptaugenmerk auf die Ressourcen einer Person legt, kann das Modell, unabhängig von einer vorliegenden Behinderung, bei allen Individuen angewendet werden (DIMDI, 2005). Wie die Abbildung 1 zeigt, ist das gesundheitliche Problem einer Person auf eine Reihe, sich gegenseitig beeinflussende Komponenten zurückzuführen. Diese Einflussgrößen werden auf zwei Ebenen kategorisiert.

Körperfunktionen bzw. -strukturen sowie Aktivität und Partizipation (Teilhabe) werden unter den Komponenten Funktionsfähigkeit und Behinderung zusammengefasst. Die zweite Ebene beinhaltet alle jene Faktoren, die die Person bzw. deren Umwelt betreffen. (DIMDI, 2005). Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (2015) fasst Behinderung im Sinne der ICF folgendermaßen zusammen: „Sowohl die Funktionsfähigkeit als auch die Behinderung eines Menschen sind gekennzeichnet als das Ergebnis oder die Folge einer komplexen

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17 Beziehung zwischen dem Menschen mit einem Gesundheitsproblem und seinen Umwelt- und personenbezogenen Faktoren (Kontextfaktoren)“ (BAR 2015, S.18).

3.Ein historischer Überblick über die gesellschaftliche Position von Menschen mit Behinderung. Von der Exklusion zur

Inklusion.

Menschen mit Behinderungen machen im heutigen Alltag immer wieder Erfahrung mit Ausgrenzung – ob von ihrer Umwelt gewollt oder unbeabsichtigt. In den folgenden Unterkapiteln wird das von Elterninitiativen in den 1970er und 1980er Jahren eingeleitete Konzept der „Integration“ beschrieben, sowie dessen Nachfolgemodell und Ablösekonzept der „Inklusion“. Gemeinsamkeiten wie auch gravierende Unterschiede dieser beiden Konzepte werden in einem direkten Vergleich miteinander verdeutlicht. des Weiteren werden Konzepte in der Arbeit mit Menschen mit Behinderung vorgestellt, welche sie in ihrem täglichen Leben unterstützen und fördern sollen sowie ihrer Selbst- und Mitbestimmung dienlich sein sollen.

3.1 Exklusion

Der Begriff „Exklusion“ kommt aus dem Lateinischen („exclusio“) und bedeutet

„Ausschluss“. Exklusion wurde in den verschiedenen Epochen unterschiedlich ausgestaltet und ausgelebt. So wurden in Zeiten der frühen Hochkulturen Kinder, die mit erkennbarer Behinderung geboren wurden, sich selbst überlassen oder gezielt getötet (Stöppler, 2014). Bis zum 15. Jahrhundert wurden Menschen mit Behinderung als übernatürliche böse Wesen angesehen, die nicht nur gemieden, sondern wie auch bei den Hochkulturen vernichtet werden mussten. Während der Epochen der Hochkulturen und des Mittelalters waren die Ermordung und Meidung von Menschen mit Behinderung gesellschaftlich anerkannte Umgangsweisen.

Exkludiert, ausgeschlossen, wurden in dieser Zeit auch Vagabunden. Sie wurden

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18 nicht nur gesellschaftlich ausgegrenzt, sondern erfuhren auch räumliche Verdrängung (Becker, 2015). Im Laufe der Jahrzehnte wandelten sich die Ansichten und anstelle der Ermordung von Menschen mit Behinderung wurden sie zu anderen Zwecken gebraucht: Belustigung. Menschen mit Behinderung wurden nicht selten in Wanderzirkussen als „Monster“ dargestellt, welche dem zahlenden Publikum einen Schauer über den Rücken laufen lassen sollten (Stöppler, 2014).

Bereits zu Zeiten Wilhelm von Humboldts (1763-1835) gab es für Kinder mit einer Sinnesbehinderung aus höheren Gesellschaftsschichten Unterrichtsmaßnahmen, die ein annähernd normales Lernen ermöglichen sollten. Die Klassengesellschaft damals bestand jedoch in extremen Formen und so war dieser Unterricht ausschließlich Kindern aus privilegiertem Hause vorbehalten, denen die (Aus- )Bildung zu Teil wurde (Ellger-Rüttgardt, 2016). Im Rahmen einer

„Verallgemeinerung“, Schulen für alle Kinder, das heißt ebenso für Kinder mit Sinnesbehinderung zu öffnen, scheiterte diese Öffnung jedoch kläglich, sodass aus dieser Erfahrung heraus die Idee der besonderen Schule geboren wurde. Diese sollte es in ihrer Ausgestaltung und Organisation ermöglichen, Kinder mit Sinnesbehinderung zu unterrichten (Ellger-Rüttgardt, 2016). Kindern mit Geistesbehinderung wurde jedoch weiterhin jeglicher Anspruch auf Bildbarkeit abgesprochen. Durch die medizinische Sichtweise auf die „Krankheit“ wurden diese Kinder ausschließlich in Sonderanstalten, abgeschieden von ihrer Umwelt und der Gesellschaft, betreut. Eine Weiterentwicklung, aus damaliger Sicht, waren die sogenannten Hilfsschulen, in denen Kinder mit geistiger Behinderung unterrichtet werden sollten (ebd., 2016). Während der Zeit des NS belief sich die Vorgehensweise der Exklusion nicht in der milden Schulverweigerung für Kinder mit Behinderung. Tatsächlich existierten zu Beginn dieser Zeitspanne Sonderschulen für Kinder mit Behinderung. Mit den fortschreitenden Auswüchsen dieser Zeit stagnierte das gesamte Sonderschulwesen. Zwei Gründe sind hierfür verantwortlich: die Euthanasie und die Sterilisation. Menschen mit Behinderung, Juden, sowie „Arbeitsfaule“ wurden systematisch ermordet. Die Befürworter des NS-Regimes stützten sich auf Erkenntnisse der Erbbiologie und versuchten durch die Vernichtung „schlechten Erbmaterials“ die Volksgesundheit zu erhalten. Die sogenannte Euthanasie behinderter Menschen, der „Gnadentod“, wurde meist in

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19 speziellen „Heimen“ durchgeführt (ebd., 2016). Als Rechtfertigungsgrund wurde angegeben, Menschen mit Behinderung einen „Gnadentod“ zu ermöglichen um eine Ausbreitung von schwachem Erbmaterial in der deutschen Bevölkerung zu verhindern Durch weitere Maßnahmen wie Zwangssterilisation sollte die Verbreitung der „unreinen“ Gene verhindert werden. (Stöppler, 2014).

3.1.1 Von Exklusion zu Separation

Nach dem zweiten Weltkrieg galt es auf die menschenverachtende Form der

„Exklusion“ der Nationalsozialisten zu reagieren. Die im NS-Regime errichteten Anstalten wurden zwar fortgeführt, jedoch ohne zu intendieren die dort lebenden Menschen zu ermorden. Daher wurden Menschen mit Behinderung in Anstalten für Menschen mit abweichendem menschlichen Verhalten untergebracht, eine gezielte Förderung dieser Personen blieb vorerst aus (Schwalb & Theunissen, 2012). Mit Hilfe eines sich langsam entwickelnden Verständnisses, dass Menschen mit Behinderungen „bildbare“ Wesen wären, wie alle anderen Menschen auch, und obwohl Menschen mit Behinderung weiterhin als „abnormale“ Personen gesehen wurden, wurden sie im Sinne der Segregation in Anstalten untergebracht, mit dem Ziel sie „gesellschaftstauglich“ zu machen. Mit der Zeit wurde jedoch deutlich, dass es Formen von Behinderung gab, die sich auch mit Förderung nicht „verbessern“

ließen bzw. geheilt werden konnten. Demnach wurden Menschen mit Behinderung in zwei Kategorien eingeteilt: jene, die von der Förderung profitieren konnten und jene, die nicht davon profitieren konnten. Daraus resultierten zwei unterschiedliche Unterbringungsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung: Heimunterbringung oder Pflegeunterbringung (ebd., 2012). Nach dem Lautwerden kritischer Stimmen von Angehörigen und selbst von Behinderung betroffenen Personen, dass diese Form der Betreuung wiederum nur eine Ausgrenzung von Personengruppen war, setzte sich ein neuer Ansatz im Umgang mit Menschen mit Behinderung durch.

Gefordert wurde ein Umgang, der dem der übrigen Bevölkerung untereinander gleichen sollte. Menschen mit Behinderung sollten somit nicht mehr als Sondergruppe in der Gesellschaft in Heimen verwahrt werden, mit oder ohne Aussicht auf Besserung ihres geistigen und/oder körperlichen Zustands. Der

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20 behinderte Mensch als Lebewesen rückte stärker in den Fokus und es wurde begonnen das Gesamtbild des/der Einzelnen zu sehen. Der Grundstein für das Normalisierungsprinzip wurde gelegt.

3.1.2 Das Normalisierungsprinzip

Das Normalisierungsprinzip besagt, dass es jedem Individuum, ungeachtet der ethnischen Zugehörigkeit oder der geistigen Konstitution, ermöglicht werden soll das eigene Leben „so normal wie möglich“ zu führen (Franz & Beck, 2016). Dieses Prinzip markierte mit seiner Entwicklung und seiner Aufnahme in die Gesetzeslage ein absolutes Umdenken sowohl im Umgang mit Menschen mit Behinderung, als auch im Umgang mit anderen sozialen Minderheiten (Franz & Beck, 2016).

Menschen mit Behinderungen kam somit nicht nur eine Rechtsgleichheit mit der übrigen Bevölkerung zu, sondern es sollte ihnen auch dieselbe Akzeptanz und gesellschaftliche Anerkennung entgegengebracht werden und sie sollten annähernd dieselben Chancen auf Ausbildung wie die „Normalbevölkerung“ erhalten (Pitsch, 2006). Somit umfasste das Normalisierungsprinzip nicht nur den Bildungssektor, sondern auch die Bereiche von Freizeit und Wohnbedingungen (ebd., 2006). Dieses Prinzip von Bank-Mikkelsen aufgreifend, erläuterte Bengt Nirje es genauer und kristallisierte acht Bereiche heraus, worauf sich das Normalisierungsprinzip beziehen sollte. Der erste Bereich umfasste den normalen Tagesrhythmus, wonach geregelte Tag-Nacht-Phasen und geregelte Essenszeiten zwar eingehalten werden sollen, diese von den Betroffenen jedoch individuell gestaltet werden können.

Demnach sollen Menschen mit Behinderung dann essen können, wann sie wollen und dann zu Bett gehen, wenn sie müde sind, ohne sich hierbei an vorgegebene Schlafenszeiten halten zu müssen. Der zweite Bereich forderte eine Trennung der unterschiedlichen Lebensbereiche Arbeit-Wohnen-Freizeit in emotionaler wie auch räumlicher Hinsicht, da Menschen ohne Behinderung ebenso emotionale und räumliche Abwechslung in ihrem Leben haben. Der dritte Bereich forderte einen dem Jahr angepassten Lebensrhythmus und der vierte Bereich konzentrierte sich auf die dem Alter angepasste Ausgestaltung der jeweiligen Umwelt, wonach Kinder

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21 andere Umgebungsbedingungen bräuchten als Erwachsene. Der fünfte Bereich bezog die persönliche Meinung von Menschen mit Behinderungen in Entscheidungen ihre Person betreffend mit ein. Der Kontakt zu Altersgenossen wie auch zwischen Männern und Frauen mit Behinderung, sowie deren Lebenssituation bildete der sechste und der siebente Bereich ab. Der letzte und somit achte Bereich bezog sich auf die Unterkünfte von Menschen mit Behinderungen. Ausgestaltung, Einrichtung und Größe dieser Wohneinrichtungen sollten von Menschen mit und ohne Behinderung als angenehm empfunden werden (Pitsch, 2006). Da das Normalisierungsprinzip auch in der Ausgestaltung des Bildungssektors Einfluss hatte, (siehe oben: zweiter Bereich des Normalisierungsprinzips), wurden Sonderkindergärten und Sonderschulen für Kinder mit Behinderung errichtet, in denen sie gefördert werden sollten. Kindern mit Behinderung wurde zwar jetzt ermöglicht die Schule zu besuchen, jedoch fand diese Art der Beschulung wiederum nur in einer bestimmten Konstellation statt. Kinder mit Behinderung waren wieder nur unter sich. Daraus erwuchs der Gedanke an eine Schule für alle, eines gemeinsamen Unterrichts für Kinder mit und ohne Behinderung in einem Klassenzimmer (Pitsch, 2006). Durch den Einfluss des Normalisierungsprinzips, vor allem die Wohnsituation betreffend, wurde es möglich dass Menschen mit Behinderung nicht mehr in Großanstalten, sondern in kleinen Wohneinheiten untergebracht werden konnten. Durch die Auflösung der Großanstalten wurde es möglich kleinere Wohneinheiten zu konzipieren, was dem alltäglichen Zusammenleben von Menschen glich (ebd., 2006).Das Normalisierungsprinzip bezog sich eher auf die Entwicklung und Verbesserung der Lebensqualität und Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderung, was blieb war nach wie vor die Form der Separation. Dem Gedanken der Förderung eines „Miteinander“ folgte rasch die Vorstellung und Umsetzung des Leitprinzips der Integration.

3.2 Integration

„Integration“ bedeutet „sich einfügen“ und sieht vor, dass sich Außenstehende der Gesellschaft in dieselbe einfügen und dass die Gesellschaft diese Eingliederung zulässt. Somit impliziert dieser Zugang bereits bestehende Unterschiede, denn ansonsten würde das Prinzip „Integration“ nicht funktionieren (Heimlich, 2016;

(23)

22 Schwalb & Theunissen, 2012). Die Integration setzt vorrangig am Bildungssystem an und wird auch primär damit in Verbindung gebracht. Nachdem Kinder mit Behinderung die Möglichkeit auf Kindergartenbesuche, Schulbesuche und Beschäftigung in Werkstätten hatten, diese Formen der Betreuung jedoch wieder gesondert stattfanden und somit die Gruppenhomogenität und nicht die Gruppenheterogenität vorantrieben wurde, wurde der Ruf nach einer gemeinsamen Form der Betreuung, von Kindern mit und ohne Behinderung laut. Nach positiven Effekten bei der gemeinsamen Unterrichtung von Kindern mit und ohne Behinderung in Kindergärten stand mit der Zeit auch die gemeinsame Beschulung dieser beiden Gruppen im Raum (Hinz, 2006). Integration kann sich sowohl im Sinne einer gemeinsamen Beschulung von Kindern ohne und mit Behinderung innerhalb einer Klasse darstellen, als auch als separate Klasse für Kinder mit Behinderung innerhalb einer Schule für Kinder ohne und mit Behinderung. Kinder mit Behinderung separat zu unterrichten, bzw. Schulen zu errichten, welche nur Kinder mit Behinderung aufnehmen und diese mit geeigneten Lehrmethoden zu fördern, eröffnete diesen Kindern vorerst die Möglichkeit, sich nach Besuch einer dieser Schulen in die Gesellschaft zu integrieren. Diese Methode wurde als

„Schonraumkonzept“ bezeichnet (Heimlich, 2016). Dabei wurde jedoch außer Acht gelassen, dass durch diese Sonderform, Kinder mit Behinderung zwar zu unterrichten, dies jedoch ausschließlich unter „ihresgleichen“ zu tun, ihnen der soziale Kontakt zu gleichaltrigen Kindern ohne Behinderungen erschwert wurde.

Aus dieser Problematik resultierend wurde versucht Modelle zu erarbeiten, die es erlaubten, Kinder mit Behinderung und ohne Behinderung in derselben Klasse und zur selben Zeit gemeinsam zu unterrichten: die Integrationsklasse (ebd., 2016). Die Resultate von integrativen Grundschulen im Raum Deutschland bewiesen, dass die Beschulung in einer Integrationsklasse im Vergleich zu einer Beschulung in einer Sonderschule von Vorteil für Kinder mit Behinderungen war (ebd., 2016). Daraus ergibt sich eine weitere Form der Integration, das „Erfahrungsraumkonzept“

(Heimlich, 2016). Dieses besagt, dass Integration nicht dadurch erreicht wird, dass Kinder so lange wie möglich separat in Schulen unterrichtet werden, bis sie

„wettbewerbsfähig“ sind und sich dadurch in die Gesellschaft integrieren können, sondern sieht vor, dass Kindern mit Behinderung von Beginn an die Möglichkeit

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23 eröffnet werden soll, mit Kindern ohne Behinderung gleichermaßen am Unterricht und somit auch am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Somit beschränkte und beschränkt sich der Begriff der Integration nicht nur auf den Bildungssektor, sondern bezieht sich auf sämtliche Lebensbereiche (Wohnen, Freizeit etc.) (Stöppler, 2014; Schwalb & Theunissen, 2012). Es muss Menschen mit Behinderung ermöglicht werden am gesellschaftlichen Leben zu partizipieren.

3.2.1 Selbstbestimmung

Für Menschen ohne Beeinträchtigung ist das Konzept der Selbstbestimmung selbstverständlich und nichts Außergewöhnliches. Ungeachtet anderer Personen wird selbständig und meist nach den eigenen Bedürfnissen und Vorlieben.

entschieden. Menschen mit Behinderung sehen sich jedoch mit dem Problem der Fremdbestimmung konfrontiert. Jeder Mensch ist ein freiheitsorientiertes und - liebendes Lebewesen und hat individuelle Bedürfnisse und Vorlieben. Das Konzept der Selbstbestimmung rückt die Menschen mit Behinderung selbst in den Fokus und orientiert sich an deren Persönlichkeitsstruktur (Schuppener, 2016). Menschen mit Behinderungen werden somit zu Regisseuren ihres eigenen Lebens und sind nicht mehr bloße Statisten (Stöppler, 2014; Kulig & Theunissen, 2006).

Ausgangspunkt war die sogenannte „Independent Living-Bewegung“, eine Bewegung von Menschen mit einer körperlichen Behinderung, die sich in den 1960er Jahren dafür einsetzten, selbst über ihre Angelegenheiten entscheiden zu können. Seitens dieser Interessensvertretung von Menschen mit körperlicher Behinderung wurde folglich auch ein selbstbestimmtes Leben für Menschen mit geistiger Behinderung gefordert. Diese Eigenverantwortung spiegelt sich auch in der praktischen Arbeit mit Menschen mit Behinderung wieder. Menschen mit Behinderung werden von ihrem Betreuungspersonal primär nicht mehr als hilfsbedürftig und unmündig angesehen, sondern als Experten/Expertinnen in eigener Sache, welchem die „Betreuer/Betreuerinnen“ als Fachkraft unterstehen.

Das Fachpersonal entscheidet nicht mehr über das Wohlbefinden ihrer

„Patienten/Patientinnen“ bzw. darüber was dazu nötig ist, um den Menschen mit Behinderung Wohlbefinden zu verschaffen, sondern die betroffenen Personen mit

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24 Behinderung können selbst entscheiden, was sie zu ihrem Wohlbefinden benötigen.

Sie sind in der Lage einiges davon selbst zu tun und dürfen des Weiteren auch ihr Fachpersonal dahingehend anweisen (Stöppler, 2014). Das Konzept der Selbstbestimmung muss jedoch auch immer kritisch reflektiert werden, da es auch die Gefahr der Überforderung bei der Selbstüberlassung von Menschen mit Behinderung in sich birgt (Kulig & Theunissen, 2006; Schuppener, 2016). Daher muss das Konzept der Selbstbestimmung von Person zu Person immer individuell betrachtet werden und auch der Rahmen, in dem es der Person mit Behinderung möglich ist, für sich selbst zu entscheiden. So bedarf das bestehende Machtgefälle zwischen Person mit Behinderung (Experte/Expertin) und Betreuungsperson ohne Behinderung (Fachkraft) ständiger Reflexion (Schuppener, 2016). Hier sind vor allem Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung gemeint.

3.2.2 Empowerment

Empowerment steht für die Bewusstmachung und Aktivierung der Kräfte des Selbst. Der Empowerment-Ansatz geht von den Fähigkeiten der betroffenen Personen aus und nicht von ihren Defiziten. Deutlicher kann der Ansatz der Kräfte des Selbst mit Hilfe der Begriffe Salutogenese und Pathogenese beschrieben werden. Pathogenese orientiert sich an der Krankheit bzw. dem Krankheitsbild, währenddessen sich die Salutogenese an den Selbstheilungskräften, den persönlichen Ressourcen orientiert. Als Ausgangspunkt dienen die physischen und psychischen Möglichkeiten über die eine Person (mit oder ohne Behinderung) verfügt. Beispielhaft für Empowerment ist das „black empowerment“, welches die Bewegung von afroamerikanischen Personen im Amerika der 1950er Jahre gegen die vorherrschenden schlechten Bedingungen gegenüber der weißen Bevölkerung beschreibt. Sie kämpften für die gesellschaftliche Gleichberechtigung. Durch Eigeninitiative schaffte es die afroamerikanische Bevölkerung sich die gleichen Rechte zu erkämpfen, die bis dahin der weißen Bevölkerungsschicht vorbehalten waren (Kulig &Theunissen, 2016). Empowerment steht für die Verleihung einer Stimme an Menschen, die alleine als Einzelperson und auf sich gestellt nichts ausrichten können, jedoch in der Gemeinschaft und im Zusammenschluss in einer

(26)

25 Gruppe sehr wohl eine Veränderung bewirken können. Somit stellt Empowerment keinen eigenen Ansatz dar, sondern eher ein Mittel zum Zweck, ein Werkzeug zur Vertretung der eigenen Interessen. Mit Hilfe dieser Vorgehensweise, sich zusammen zu schließen um dadurch eine Verbesserung der Lebensumstände zu erreichen, wurde z.B. in den fünfziger Jahren mittels Protestmärschen auf die widrigen Umstände aufmerksam gemacht. Mittels Empowerment-Konzept gelang es Menschen mit körperlicher und intellektueller Beeinträchtigung ihre Interessen näher ins Zentrum der nicht-behinderten Gesellschaft zu rücken (Schwalb &

Theunissen, 2012).

3.3 Inklusion

Dieser Begriff scheint den der Integration zu ersetzen, bzw. ihn regelrecht zu überrollen. Stehen die beiden Begrifflichkeiten „Integration“ und „Inklusion“ in Konkurrenz, oder bezeichnen sie ein und dasselbe? Zwischen der Auslegung von Integration und Inklusion besteht auf den ersten Blick kein Unterschied, doch bei genauerer Betrachtung werden grundlegende Unterschiede deutlich. Jeder Mensch ist ungeachtet seiner Herkunft, seines Alters, seiner körperlichen und/oder geistigen Konstitution oder seiner Hautfarbe ein Teil der Menschheit. Die Einteilung nach diesen oberflächlichen, sichtbaren Kriterien mit gleichzeitiger Einteilung in gut und schlecht, mit darauffolgender Einbindung oder Ausgrenzung, machten es in der Vergangenheit unumgänglich ein Konzept zu entwerfen, das es allen ermöglichte in die Gesellschaft eingebunden zu werden: Integration. Angestrebt wurde und wird die Vorstellung und Umsetzung von einer Gesellschaft für alle, in der jedem Menschen die Möglichkeit des Mitmachens offensteht. Kinder mit Behinderung wurden in Integrationsklassen zusammen mit Kindern ohne Behinderung beschult um allen Kindern ein gemeinsames Lernen zu ermöglichen. Da Experten darin weiterhin eine Gruppenbildung in der Großgruppe in „normal“ und „anders“ sahen, entwickelte sich das Konzept der Integration zum Konzept der Inklusion. Das Inklusionskonzept soll die Schwächen und Probleme des Integrationskonzepts beheben, bzw. sie zumindest deutlichmachen, um sie bearbeiten und im besten Fall aus dem Weg räumen zu können (Schwalb & Theunissen, 2012). Im Rahmen des

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26 Inklusionsgedankens wird der Mensch in all seiner Individualität betrachtet.

Inklusion bedeutet, alle Individuen einer Gesellschaft als das anzuerkennen, was sie sind, die Diversität als Möglichkeit und Bereicherung anzunehmen und nicht als primäres Unterscheidungsmerkmal zu verwenden. Anders als im Fall der Integration sind Randgruppen nicht dazu gezwungen sich in eine vermeintlich normale Gesellschaft einzufügen, denn es sollten im Rahmen der Inklusion keine Randgruppen mehr existieren und die Heterogenität sollte genossen und gelebt werden. Es sollte jeder vom anderen profitieren können (Biewer & Schütz, 2016).

Jedes Individuum einer Gesellschaft soll als vollwertiges Mitglied gesehen und auch so behandelt werden (ebd., 2012). Das Konzept der Inklusion bezieht sich jedoch nicht nur auf Menschen mit Behinderungen alleine, sondern umfasst alle in der Gesellschaft außenstehenden Randgruppen (alte Menschen, Personen mit Migrationshintergrund etc.) Um an den gesellschaftlichen Angeboten partizipieren zu können, müssen jedoch gewisse Grundvoraussetzungen gegeben sein.

Angesprochen wird hier vor allem die Barrierefreiheit, die außer den baulichen Barrieren auch die oftmals unbewussten Meinungsbarrieren derer meint, die sich gegen eine Gesellschaft für alle, eine vielfältige Gesellschaft aussprechen.

3.4 Integration vs. Inklusion

Inklusion und Integration versuchen dasselbe Ziel zu erreichen, aber auf unterschiedlichen Wegen. Allen Menschen soll(t)en dieselben Rechte und Freiheiten zustehen. Zu beachten beleibt jedoch, dass sich Integration auf das Miteinbeziehen von Randgruppen in eine Gesellschaft bezieht und Inklusion bereits den Zustand bezeichnet, in dem es keine Randgruppen mehr gibt, sondern alle Menschen eine Gemeinschaft und Gesellschaft ohne Randgruppenerscheinungen bilden (Becker, 2015). Ungeachtet der Herkunft, des Alters, des gesellschaftlichen Status oder der körperlichen bzw. geistigen Gesundheit sollen alle Individuen einer Gesellschaft zusammen leben und zusammenleben können. Bei der Integration ist das „von der Norm abweichende“ Individuum dazu angehalten, sich in die nicht von der Norm abweichende Gesellschaft, also die „normale“ Gesellschaft,

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27 einzufinden. Menschen mit Behinderung haben sich demnach in eine soziale und gesellschaftliche Gemeinschaft einzufügen, wobei die Anpassungsbereitschaft vom außenstehenden Individuum kommen muss und es durch Eigeninitiative ein Teil seiner Umwelt werden muss. Wie Doubt und McColl (2003) bereits vor dreizehn Jahren beschrieben, haben entwickeln Kinder mit Behinderung (hier vorrangig Kinder mit körperlicher Behinderung) eigene Strategien um in einer Gruppe aufgenommen zu werden. Dabei sind die Nischenfindung, das sich über die eigene Behinderung lustig zu machen oder das die eigene Behinderung zu verstecken die primären Strategien der Kinder mit Behinderung (Lelgemann & Walter-Klose, 2012). Integration postuliert eine gewisse Bringschuld bei den Randgruppen. Wer dieser Bringschuld nicht nachkommt, wird von der Gemeinschaft weder auf- noch wahrgenommen (Schwalb & Theunissen, 2012). In weiterer Folge führt diese Demonstration von Können und Nichtkönnen dazu, dass sich die Kinder im weiteren Verlauf ihres Zusammenlebens mit anderen selbst ausschließen. Die Gründe hierfür sind das Anderssein im Gegensatz zu den anderen Kindern in der Gruppe und das fehlende Selbstvertrauen gewisse Dinge (nicht) tun zu können.

Bevor sich die Kinder als Bestandteil der Gruppe begreifen und dies auch ausleben – in ihrer speziellen Art – versuchen sie sich eher zurückzuziehen und nicht aufzufallen (Lelgemann & Walter Klose, 2012). Durch die Form der Integration wurde es vorerst möglich, Kinder mit Behinderung zusammen mit Kindern ohne Behinderung zu beschulen. Ein erster Schritt in die richtige Richtung, doch es war zu wenig um von einer Gleichberechtigung aller zu sprechen. Integration setzt voraus, dass es Unterschiede geben muss die es zu beheben gilt (Heimlich, 2016).

Somit kann Integration auch nur daraus resultieren, dass gewisse Randgruppen existieren. Auch die Inklusion wäre von Belanglosigkeit, gäbe es keine gelebte Ausgrenzung, die es zu beheben gilt. Im Vergleich zur Integration jedoch postuliert Inklusion eine Vielfältigkeit menschlichen Daseins. Jedwede Form menschlicher Existenz wird als vollwertiger Teil der Gesellschaft anerkannt und ist auch wünschenswert und willkommen. Durch das inklusive Lebensmodell wird versucht jedem Individuum dieselbe Anerkennung, dieselbe (Aus-)Bildung und Mitgestaltung an Gesellschafts- und Umweltprozessen zu ermöglichen. Inklusion sieht die Differenz zwischen den unterschiedlichen Ausgestaltungen der

(29)

28 menschlichen Kultur als Chance und nicht als unüberwindbare Probleme. Objektiv betrachtet versteht sich das Integrationskonzept als Orientierung an dem „kranken Teil“ der Gesellschaft, der in den „gesunden Teil“ eingefügt werden muss und das Konzept der Inklusion als Form der Begrüßung von Unterschieden und als Möglichkeit die Lebenssituationen für jedes Individuum so auszugestalten, dass es sich in der umgebenden Gemeinschaft und Gesellschaft wohlfühlt. Im Gegensatz zur Integration gibt es bei dem Konzept der Inklusion keine „Bringschuld“ der Randgruppen. Auch wird in der Inklusion das Selbst- und Mitbestimmungsrecht der betroffenen Personen in den Fokus gerückt, das während der Vorherrschaft der Integration von Fremdbestimmung gekennzeichnet war (Schwalb & Theunissen, 2012). Nichtsdestotrotz gäbe es das Inklusionskonzept nicht, wenn es das Integrationskonzept nicht gegeben hätte. Aus heutiger Sicht mögen die Konzepte von früher rückschrittlich erscheinen und es fallen eventuell Umstände auf, die besser gemacht hätten werden können. Aber es soll nicht außer Acht gelassen werden, dass jedes einzelne Konzept für die Zeit in der es entstanden ist, fortschrittlich und besser als die Vorgängerkonzepte war. Problematisch wird es dann, wenn Inklusion als „Allheilmittel“ angesehen wird, wenn versucht wird Menschen mit Behinderung in Schemata zu pressen, denen sie nicht gerecht werden können oder wollen. Menschen ohne Behinderung stoßen ebenso an ihre sozialen, handwerklichen und gesellschaftlichen Grenzen und so sollte es auch Menschen mit Behinderung offenstehen gewisse Dinge, Fähigkeiten und Fertigkeiten nicht zu können. Die Akzeptanz und Toleranz der Gesellschaft sollte so weit gehen, dass sie anerkennt, dass Menschen, die nicht in der Lage sind Arbeiten zu verrichten, ebenso wertvolle Mitglieder der Gesellschaft sind und dass ich-kann-nicht genauso akzeptiert wird, wie ein ich-möchte (Becker, 2015). Außer Frage steht jedoch, dass jedem Menschen dieselben Rechte sein Leben betreffend zustehen müssen, ungeachtet der Herkunft, der Körper- und Geistesverfassung und/oder des sozialen Status. Die Inklusion versucht mit ihrem Wirken die vielen in Kleingruppen unterteilten Gesellschaften zu vereinen und jeden in diesem System befindlichen Menschen so zu akzeptieren und zu respektieren, wie er ist. Eventuell wird hier die Tatsache außer Acht gelassen, dass es Individuen gibt, die nicht Teil einer bestimmten Gesellschaft sein wollen. Grundvoraussetzung ist auch, dass die

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29 Gesellschaft, die die Eingliederung von anderen Personen verlangt, diesen mit entsprechendem Wohlwollen gegenüberstehen muss (Becker 2015). Der Grund warum Menschen mit Behinderung aus gewissen Gesellschaftskreisen ausgeschlossen sind, besteht nicht darin, dass sich Menschen mit Behinderung nicht integrieren oder teilhaben wollen. Das Umfeld, die Gesellschaft bzw. bestimmte Gesellschaftskreise müssen auch von Wollen und Wohlwollen geprägt sein.

Unfreundliche Rahmenbedingungen lassen Integration bzw. Inklusion scheitern.

Ein Grund könnte sein, dass die Rahmenbedingungen, die diese Gesellschaft vorgibt, nicht mit einer geistigen und/oder körperlichen Beeinträchtigung vereinbar sind. So könnte vermutet werden, dass es nicht an der Gesellschaft selbst liegt, sondern an den sie umgebenden Rahmenbedingungen, denen sie selbst ebenfalls unterworfen ist. Manche dieser Rahmenbedingungen sind veränderbar.

Bezuggenommen wird hierbei auf bauliche Barrieren, die bei Nichtbestehen eines gesetzlichen Denkmalschutzes sehr wohl verändert werden können.

In weiterer Folge werden zur Vereinfachung die Arten der Barrieren, mit denen Menschen mit Behinderung, bzw. alle Randgruppen der Gesellschaft konfrontiert sind, in feste und gedankliche Barrieren eingeteilt. Mit festen Barrieren sind Formen gemeint, welche die Mobilität der Person mit Behinderung einschränken (Straßenbahnen ohne Rampe für Rollstuhlfahrer/Rollstuhlfahrerinnen, fehlende Bodenindikatoren für sehbehinderte Menschen). Diese sind jedoch, obwohl sie mit hohen Kosten verbunden sein können, einfacher zu verändern und abzuschaffen als die gedanklichen Barrieren. Mit gedanklichen Barrieren sind vor allem die Einstellungen und die Gesinnung der Individuen ohne Behinderung einer Gesellschaft gemeint. Veränderungen der Infrastruktur sind kein Garant dafür, dass sich auch die Einstellung der übrigen Menschen bezüglich Menschen mit Behinderung ändert. Die Änderung der Einstellung ist, wie die Entwicklung in der Geschichte gezeigt hat, durchaus möglich. Der Sprung von wahrhaftiger Exklusion, der Existenz eines Individuums ohne jeglichen gesellschaftlichen Anschluss, hin zum Versuch alle Personen in eine allumfassende Gesellschaft zusammenzufassen dauerte Jahrhunderte, Jahrtausende lang (Antor & Bleidick, 2000). Momentan befindet sich die Gesellschaft in einem Umbruch vom Modell Integration zum Modell Inklusion. Wie bereits erwähnt erscheint die Integration als eine zwingende

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30 Maßnahme, Außenstehende der Gesellschaft aufzunehmen bzw. sehen sich die der Gesellschaft Außenstehenden gezwungen sich in dieselbe einzufügen (Heimlich, 2016; Schwalb & Theunissen, 2012). Bei der Inklusion stellt sich die Frage nach Eingliederung in eine bestimmte Gesellschaft nicht mehr, da nur mehr von einer großen Gesellschaft gesprochen wird, die alle Menschen vereint, bzw. vereinen soll (Biewer & Schütz, 2016). Die Inklusion sollte jeden Bereich des menschlichen Lebens umfassen, tut dies aber leider nicht. Den Blick auf die Arbeitssituation gerichtet fällt auf, dass nur ein sehr geringer Anteil von Menschen mit Behinderung einen Arbeitsplatz am ersten Arbeitsmarkt innehat.

4.Inklusion und Bildung

Wer die Bildungsdebatte verfolgt wird sehen, dass die Schere zwischen Sonderschul-Gegnern und Sonderschul-Befürwortern immer weiter auseinandergeht. Der Druck den der internationale Bildungswettbewerb auf die Bevölkerung ausübt ist enorm. Es gilt den Schulabschluss zu machen, der in weiterer Folge den besten wirtschaftlichen Stand gewährleistet sich weiterbilden zu können, und sich am Arbeitsmarkt zu beweisen. Doch was passiert, wenn Eltern ihre Kinder (ungeachtet ob mit Behinderung oder ohne) durch das Schulsystem bzw. durch das momentane Bildungsangebot nicht ausreichend abgesichert sehen und daher befürchten, dass ihre Kinder in späterer Zeit nicht ausreichend versorgt sind? Das ist der Punkt, wo die Debatte um die Schulbildung beginnt. Um ein Teil des Arbeitsmarkts zu werden muss zuvor grundsätzlich geklärt werden, mit Hilfe welcher Schul- und Ausbildungsform die gewünschte Arbeitsart erreicht werden kann. In den folgenden Kapiteln werden die allgemeinen Bildungswege in Österreich und die Ausbildung innerhalb einer Sonderschule beschrieben. Danach wird auf die Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, sowie die tatsächlichen Jobchancen für Menschen mit Behinderung näher eingegangen. Begonnen wird allerdings viel früher, nämlich bei der Frühförderung. Bei Inanspruchnahme einer

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31 Frühförderung werden bereits erste Weichen für die späteren und weiterführenden Bildungsmöglichkeiten gestellt.

4.1 Frühförderung

Die Frühförderung soll hier jedenfalls Beachtung finden, da, wie bereits oben erwähnt, im Zuge dieser der weitere Bildungsweg der Kinder bestimmt wird. Ziel der Frühförderung ist es, Kindern mit Problemen in ihrer kognitiven oder sensomotorischen Entwicklung Hilfestellungen anzubieten, wie zum Beispiel verschiedene unterstützende Therapiemethoden, sowie die Unterstützung der Familie des betroffenen Kindes (Barlova & Gebhardt, 2013). Speck (1996) definiert Frühförderung folgendermaßen:

„Unter Frühförderung verstehen wir einen Komplex medizinischer, pädagogischer, psychologischer und sozialrehabilitativer Hilfen, die darauf gerichtet sind, die Entwicklung eines Kindes und sein Leben- Lernen in seiner Lebenswelt in den ersten Lebensjahren unterstützend zu begleiten, wenn diesbezügliche Auffälligkeiten und Gefährdungen vorliegen. Diese Hilfen sind als Hilfen zur Selbsthilfe für Kinder und Eltern gedacht, nicht als direkte Eingriffe durch externe Programme“ (Speck, 1996, S.15 zit.in: van Nek, 2006).

Eine ähnliche, jedoch ausführlichere Definition findet sich bei Sohn (2000):

„Unter der Frühförderung verstehen wir spezielle Hilfeangebote für Kinder, vorwiegend im Vorschulalter, mit körperlichen, geistigen oder seelischen Auffälligkeiten und für ihre Bezugspersonen mit dem Ziel, eine kindliche Entwicklungsgefährdung möglichst früh zu erkennen, und mittels fachlicher und menschlicher Hilfen dazu beizutragen, dem Kind die bestmöglichen Bedingungen zum Aufbau seiner Persönlichkeit und zur Entwicklung seiner Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Alltagsbewältigung zu schaffen. Die Hilfeangebote dienen der

(33)

32 Kompetenzsteigerung des Kindes, werden jedoch nicht vom

Leistungsstand des einzelnen Kindes oder dessen vermuteten Perspektiven abhängig gemacht. Die Eckpfeiler früher Hilfen, Prävention, Förderung und Kooperation mit den Bezugspersonen können in vielfältiger Art und durch verschiedene Berufsgruppen in der Praxis begründet und entwickelt werden; sie sind dabei stets den Grundsätzen der Interdisziplinarität, Ganzheitlichkeit, Familienorientierung, Hilfe zur Selbsthilfe und sozialer Integration verpflichtet und beziehen das soziale Umfeld mit ein.“ (Sohn, 2000, 17 zit.in: Barlova & Gebhardt, 2012)

Beide Definitionen heben hervor, dass der Einbezug des sozialen Umfelds und im Zuge dessen die Elternarbeit, zentrale Aspekte in der Frühförderung darstellen. In den Anfängen waren die Eltern allerdings kein zwingend notwendiger Bestandteil der Fördermaßnahmen. So wurde vorerst die Verantwortung bezüglich der Therapieprogramme und Therapieerfolge den Therapeuten/Therapeutinnen sowie den Experten/Expertinnen überlassen. Dieses Modell, als Laienmodell (Speck &

Warnke, 1989) bekannt, teilte das Umfeld des Kindes in ein aktives, tätiges Expertenfeld/Expertinnenfeld und ein passives, untätiges Elternfeld (Barlova &

Gebhardt, 2012). Wie die zu Anfang gestellten Definitionen jedoch beinhalten, ist die Rolle der Eltern ein unumgängliches Muss bei der Förderung der Kinder.

Daraus entwickelte sich ein neues Modell, welches den Eltern erlauben sollte sich in die Therapie ihrer Kinder einzubringen, bzw. die Eltern dazu aufforderte aktiv am Therapiegeschehen teil zu nehmen. Die Rede ist vom sogenannten Co- Therapeutenmodell, das außer dem positiven Einbringen der Eltern auch negative Aspekte aufwies. Die Kehrseite dieses Modells war, dass die Eltern durch ihre aktive Rolle im Therapiegeschehen keinen Unterschied mehr zwischen reiner Elternzeit und Co-Therapeutenzeit machten (ebd., 2012). Die Folgen waren die Überforderung der Kinder und die beidseitige Frustration. Da die Einbindung der Eltern in die Therapiesettings der Kinder notwendig war (und auch heute noch ist), wurden die Eltern weiterhin bei der Arbeit mit den Kindern eingebunden, jedoch in abgewandelter Form. Heutzutage wird von dem Kooperationsmodell zwischen

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33 Experten gesprochen. Therapeuten und Therapeutinnen sind die Experten außer Haus und den Eltern wird die Expertenrolle für den familiären Alltag zugesprochen.

Eine Änderung besteht jedoch darin, dass der Wirkungsbereich sowie die zu vollziehenden Maßnahmen in Zusammenarbeit festgelegt werden. In Zusammenarbeit zwischen den beiden Expertenseiten ist es nun möglich, das Kind innerhalb und außerhalb des familiären Umfelds bestmöglich zu unterstützen (Barlova & Gebhardt, 2013). Der momentane Trend in der Frühförderung geht in Richtung der familienzentrierten Frühförderung. Das bedeutet, dass die Unterstützung vorrangig den Fähigkeiten der Familie und deren Umfeld zukommt, damit sich innerhalb der Familie und in ihrem Umfeld ein unterstützender Kreis rund um das Kind bilden kann (Stöppler, 2014). Somit können drei Kernbereiche identifiziert werden, die für eine gelingende Frühförderung ineinandergreifen müssen: die auf das Kind bezogenen Maßnahmen, die Maßnahmen für Eltern und Erziehungsberechtigte und jene Maßnahmen, die die gesellschaftliche Teilhabe und Integration sicherstellen sollen. Die Frühförderung bezieht sich auf das gesamte Lebensumfeld und den Wirkungsbereich des förderbedürftigen Kindes. Im Mittelpunkt steht das Kind mit seinem momentanen Entwicklungsstand, ungeachtet seines Alters. An dieser Stelle ist anzumerken, dass sich im Laufe der Entwicklung der Fördermodelle die defizitäre Sichtweise zu einer ressourcenorientierten Sichtweise gewandelt hat. Die Sichtweise rückt das Kind mit seinen Fähigkeiten, die es beherrscht und an denen sich die einzelnen Therapien orientieren können, in den Mittelpunkt und distanziert sich von bestehenden Defiziten und Schwächen (ebd., 2013). Es wird auf den physischen, kognitiven und sensomotorischen Entwicklungsstand geachtet und eruiert wo sich nach allgemeinem medizinischem und pädagogischem Verständnis Schwierigkeiten ergeben. Des Weiteren wird auch den Eltern Unterstützung angeboten, da die Ressource Eltern essenziell für die Therapien und deren Erfolg bei den Kindern ist (ebd., 2013). Nachdem das Kind in seinen und durch seine Fähigkeiten gefördert wurde, werden nun die Entscheidungen bezüglich der weiteren Beschulungsform und des Kindergartens getroffen. Anzumerken ist, dass keine Nachreifung der Fähigkeiten bezweckt wird, sondern eine den Fähigkeiten des Kindes entsprechende Entwicklung, in Zusammenhang mit seinem Wohlbefinden erreicht werden soll (van Nek, 2006).

(35)

34 Das Kind kann unter Umständen einen sonderpädagogischen Förderbedarf (SPF) erhalten, sollten in der Schule Auffälligkeiten im Verhalten oder in der Entwicklung bestehen.

4.2 Der sonderpädagogische Förderbedarf – SPF

Ein SPF (sonderpädagogischer Förderbedarf) wird Kindern zugeschrieben, die aufgrund einer diagnostizierten physischen oder psychischen Behinderung/Beeinträchtigung nicht in der Lage sind, dem allgemeinen Unterricht in einer Grund-/Volksschule, Hauptschule oder einer polytechnischen Schule zu folgen. Das bedeutet, dass Kindern in ihrem Schulverlauf eine besondere Aufmerksamkeit zu Teil werden muss und sie mittels individuell angepasster Lernmittel gefördert und unterstützt werden müssen, um eine schulische und spätere berufliche und gesellschaftliche Teilhabe gewährleisten zu können. Wie vorhin erwähnt muss eine Behinderung/Beeinträchtigung im psychischen oder physischen Bereich vorliegen, um einen sonderpädagogischen Förderbedarf zu erhalten. Es ist darauf hinzuweisen, dass schlechte Schulleistungen ohne das Vorliegen einer Behinderung keinen Grund für einen SPF darstellen! Um auf die momentanen Entwicklungen in Österreich in Bezug auf Migranten und Migrantinnen zu verweisen, wird hier vermerkt, dass das Nichtbeherrschen der Unterrichtssprache (hierzulande Deutsch) keinen Anlass dazu gibt, einen SPF zu erwirken, auch wenn das Kind dem Unterricht nicht ausreichend folgen kann. Hier findet eine außer- und innerschulische Ressourcenaktivierung statt und es wird versucht mit diversen Hilfsmitteln (z.B. Sprachkurse, Dolmetscher/Dolmetscherinnen) zu arbeiten (bmukk, 2010). Auch ist anzumerken, dass die schlechten Schulleistungen auf eine vorliegende diagnostizierte Behinderung zurückzuführen sein müssen, somit ein Kausalzusammenhang zwischen Behinderung und Schulleistungen bestehen muss, denn nicht jedes Kind mit Behinderung benötigt zwingend einen sonderpädagogischen Förderbedarf (bmukk, 2010). Üblicherweise befinden sich Kinder bei ihrem Schuleintritt auf unterschiedlichen Entwicklungsstufen, sodass nur von einem groben Durchschnitt

(36)

35 der vorhandenen Fähig- und Fertigkeiten gesprochen werden kann. Innerhalb der ersten zwei Jahre sollen die Kinder mittels Lernangeboten auf denselben Entwicklungsstand gebracht werden, das bedeutet dass sich Volksschulkinder/Grundschulkinder am Ende der zweiten Klasse Grund- /Volksschule auf einem gemeinsamen Niveau bezüglich ihrer Fähig- und Fertigkeiten befinden sollen, um eine weiterführende Bildung in den folgenden Klassen gewährleisten zu können. Auf Anraten des Lehrpersonals können innerhalb dieser zwei Jahre (wird die Vorschule mitgezählt drei Jahre) sonderpädagogische Zentren aufgesucht werden, um zu klären ob Entwicklungsschwierigkeiten, Lernbehinderungen oder Lernschwächen vorliegen und welche Interventionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (bmukk, 2010). Hierbei fungieren Sonderpädagogen und Sonderpädagoginnen als Gutachter über den momentanen psychischen und physischen Entwicklungstand des Kindes unter Einbeziehung seiner Umwelt und die damit zusammenhängende Prognose über mögliche Auswirkungen in den Folgejahren. Aufgrund des Gutachtens des Sonderpädagogen/der Sonderpädagogin entscheidet der Bezirksschulrat/ die Bezirksschulrätin ob ein SPF benötigt wird bzw. ob ein SPF wieder aufgehoben werden soll. Des Weiteren können auch Gutachten aus ärztlichen und psychologischen Bereichen herangezogen werden (ebd, 2010). Nach der Abklärung, ob ein sonderpädagogischer Förderbedarf vorgeschrieben wird, muss entschieden werden, nach welchem Lehrplan auf welcher Schulstufe unterrichtet werden soll. Es können zwei mögliche Wege eingeschlagen werden:

- Beschulung innerhalb einer Regelschulklasse (jedoch nach individuellem Lehrplan)

- Beschulung in einer Sonderschule

Die Erziehungsberechtigten können hierbei wählen, in welcher Schulform der sonderpädagogische Förderbedarf in Anspruch genommen werden soll. Hier gilt es die Durchführbarkeit im Vorfeld abzuklären, bei einer erfolgten Umsetzung regelmäßig zu evaluieren und im Bedarfsfall zu adaptieren, sprich anzugleichen bzw. aufzuheben (ebd, 2010). Die Auswirkungen eines SPF sind unterschiedlich.

Obwohl das Fach, bzw. die Fächer in denen/in dem das Kind einen SPF hatte/hat im Zeugnis vermerkt werden/wird, kann nach neuerlicher Überprüfung der Bedarf

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36 an sonderpädagogischen Maßnahmen aufgehoben werden. Das Kind, ausgehend davon, dass es sich am Ende der letzten Grundschul-/Volksschulstufe befindet, kann somit eine weiterführende Schule besuchen, eine Berufsausbildung anstreben, etc.. Im Falle des Weiterbestehens des SPF am Ende der gesetzlichen Schulpflicht, kann eine integrative Berufsausbildung in Anspruch genommen werden. Bevor es jedoch zu einer Berufsausbildung kommen kann, müssen die individuellen Ziele und Wünsche, aber auch die Möglichkeiten die der betroffenen Person offenstehen abgeklärt werden. Um dies in professioneller Form durchführen zu können, bestand seit 2001 die Option eines Clearing-Verfahrens, welches nach ca. zehn Jahren (im Jahr 2011) durch das Jugendcoaching abgelöst wurde. Auf den folgenden Seiten wird die Situation von Kindern und/oder Jugendlichen mit Behinderung beschrieben, die den Weg in die Arbeitswelt beschreiten möchten und auch die ihnen dafür in Österreich zur Verfügung stehenden Möglichkeiten. Zuerst werden jedoch die zwei gängigen Schulformen, die Sonderschule und die Beschulung in der Regelschulklasse, vorgestellt, sowie ein Einblick in die Debatte über die Schließung der Sonderschule gegeben.

4.3 Bildungsweg Schule

Jeder Mensch hat das Recht auf Bildung. Gesetzlich verortet sich dieses Recht in der allgemeinen Menschenrechtserklärung, was bedeutet, dass es alle Menschen miteinschließt, somit auf alle Menschen weltweit Anwendung findet. Menschen mit Behinderung haben aber oftmals aus unterschiedlichen Gründen keinen Zugang zur Bildung und dies stellt eine Verletzung der allgemeinen Menschenrechte dar. In der UN-BRK gibt es daher einen gesonderten Paragraphen, der das Recht auf Bildung für Menschen mit Behinderung explizit hervorhebt:

„(1)Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung. Um dieses Recht ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen, gewährleisten die Vertragsstaaten ein inklusives Bildungssystem auf allen Ebenen und lebenslanges Lernen mit dem Ziel,

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