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Einleitung: »Es ist immer das gleiche« 1

Im Dokument Von Bremen in die Anderswelt (Seite 119-124)

3 Heteronome Identitäten

3.1 Einleitung: »Es ist immer das gleiche« 1

Wolpertinger oder Das Blau(1993) ist ein hochkomplexes und vielschichtiges Buch.

Allein der Umfang von 1009 Seiten (in der Taschenbuchausgabe)2macht es für den Le-ser schwierig, den Überblick zu behalten und die unterschiedlichen Handlungsstränge zu verfolgen. Verschiedene Zeit- und Handlungsebenen, eine Vielzahl an kleinen Motiven, intertextuellen Verweisen und mythologischen Anspielungen bestimmen die Struktur. Mehr noch als die Länge des Textes sind es der komplexe Aufbau, die beabsichtigt verwirrende Schreibweise und die, wie sich zeigen wird, nicht zu ent-wirrende Konstruktion, die das Verständnis erschweren. Durch eine leichte, eine oberflächliche Lektüre ist dieses nicht zu erlangen, die intensive Mitarbeit des Lesers ist dazu erforderlich. Im Folgenden soll der Roman anhand der bereits eingeführ-ten Kategorien Identität und Realität analysiert und gleichzeitig ein Überblick über zentrale Motive und Themen geschaffen werden.

Bereits inVGwurde die Identitätsthematik explizit aufgebracht. InWBist dies noch verstärkt der Fall. Durch zahlreiche Diskussionen ist der Roman sehr theoriehaltig.

Zwar rücken nun andere Aspekte von Identität in den Vordergrund, doch ist die Identität wieder ein zentrales Thema, wenn nicht das wichtigste des Buches. Eingeführt wird sie gleich mit dem ersten Absatz des Hauptteils:

– Mein guter Freund, sagte ich – so gewiß ich ich bin und Sie Sie sind – Und wer sind Sie?, fragte er. — Bringen Sie mich nicht durcheinander, sagte ich. (WB, 37) Zunächst wirkt die Passage durch ihre Kontextlosigkeit eher irritierend, was allerdings auch beabsichtigt zu sein scheint, da gleich durch den Ich-Erzähler angemerkt wird, dass er durcheinander gerät. Die Kontextlosigkeit ist jedoch nur scheinbar, denn es handelt sich um ein Zitat, worauf Renate Giacomuzzi hinweist.3Es stammt wörtlich aus Laurence SternesTristram Shandy4und ist damit erst einmal gar kein Gedanke von Deters, dem Protagonisten der Handlungsebene, sondern eine Passage, die er

1 Wolpertinger, 909.

2 Alban Nikolai Herbst:Wolpertinger oder Das Blau[1993]. Roman, Taschenbuchausgabe, München 2000. Im Folgenden wird aus dieser zitiert; bis auf einige Ausnahmen im Umbruch ist sie fast seitenidentisch mit der Originalausgabe und unterscheidet sich meines Wissens nur in einer Fußnote, auf die unten in Bezug aufThetiskurz eingegangen wird. Die Erstausgabe erschien 1993 im Axel Dielmann-Verlag: Alban Nikolai Herbst:Wolpertinger oder Das Blau. Roman, Originalausgabe, Frankfurt am Main 1993.

3 Vgl. Giacomuzzi: »Die ›Dschungel.Anderswelt‹ und A. N. Herbsts ›Poetologie des literarischen Bloggens‹«, 139f.

4 Vgl. Laurence Sterne:The Life and Opinions of Tristram Shandy, Gentleman[1759–1767], hg. v.

Melvyn New / Joan New, London [u.a.] 1997, Buch VII, Kap. XXXIII, 434.

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gerade liest. Angedeutet ist dies schon durch den Gedankenstrich am Anfang, der im Original die wörtliche Rede bezeichnet, und dadurch, dass Deters das Buch schließt, das aber dann nicht weiter erwähnt wird. Andererseits offenbart sich das Zitat dann doch wieder als ein Teil der literarischen Imaginationen von Deters, da es sich auch um einen Vorgriff auf eine spätere Stelle handelt. Auch dort (sieheWB, 116) bleibt sie weitgehend zusammenhanglos, was auf ihre Funktion als Einstimmung in Thematik und kryptische Schreibweise hindeutet. Sowohl der Aspekt der Identität mit sich selbst als auch die Umkehrung der klassischen Identitätsfrage (›Wer bin ich?‹) als Bezug auf ein Gegenüber verweisen auf eine Auseinandersetzung mit Fragen der Identität. Die Umkehrung erfolgt auch in der späteren Stelle, nicht der Protagonist wird gefragt, sondern er fragt das Gegenüber, wie inTristram Shandyein Commissarius.

Wie im Folgenden genauer nachgewiesen, wird direkt an die Behandlung des The-mas inVG angeschlossen. Verschiedene Motive dieses Zusammenhangs werden übernommen. Wieder steht der (neue) Pass für die gesamte Identität, Deters wechselt seine, indem er sich einen neuen Pass beschafft, in eine andere Stadt aufbricht und beginnt, sich eine neue Vergangenheit auszudenken. Die Belastung der späteren Ge-nerationen durch die Nazivergangenheit der nahen Verwandtschaft taucht bei der Nebenfigur Klaus von Hüon wieder auf, dessen Vater als Arzt in die medizinischen Experimente in nationalsozialistischen Konzentrationslagern verstrickt ist. Der As-pekt der psycho-sozialen Entwicklung einer eigenen Identität und ihrer poetischen Darstellung, der inVGim Mittelpunkt stand, spielt inWBkaum noch eine Rolle. In den Vordergrund tritt die zunächst auf die Ebene der Darstellung bezogene Frage, wer eigentlich wer (oder was) ist, also die Identifizierung der Figuren. Dies ist dadurch begründet, dass die Figuren selbst mit diesen Fragen beschäftigt sind und eine Figu-renentwicklung angesichts der intertextuellen Determination sowie der Fokussierung auf theoretische Reflexionen kaum vorhanden ist. Am deutlichsten drückt sich dies in der wieder auf ein Gegenüber bezogenen Identitätsfrage aus: Deters fragt mehrfach andere Figuren, wer sie eigentlich seien (vgl.WB, 463, 645f.). Da es verschiedene Ebenen und mehrere darauf angesiedelte Parallelfiguren gibt, also Figuren, die sich stark ähneln und zwischen denen es eine Verbindung zu geben scheint, wird zudem die Frage zentral, ob es sich hier tatsächlich um Identität handelt, ob die Figuren die-selben sind oder aber ob ein anderer Zusammenhang besteht. Dabei geht es also um die Frage der numerischen Identität. Prägnanten Ausdruck findet dieses in einer For-mulierung, die sich auf Figuren verschiedener Ebenen bezieht: »Das ist identisch […]

– Prinzipien in wechselnder Gestalt.« (WB, 659) Die Formulierung hat demnach auch dem Abschnitt dieser Arbeit die Überschrift gegeben, der diese Prinzipienhaftigkeit untersucht. Ein Großteil der folgenden Analysen geht dann auch diesen Fragen nach und versucht, durch genaue Textarbeit die Zusammenhänge zwischen den Figuren sowie die Identität der wichtigsten Figuren zu erfassen.

Die zentrale Beobachtung, die sich in Bezug auf die Identität der Gestalten ergeben hat, ist ihre Heteronomie. Sie sind in keiner Hinsicht autonom oder gar ein ›autonomes Subjekt‹, ein Begriff, der auch mehrfach genannt wird. Vielmehr kann nachgewiesen werden, dass sie immer von jemandem oder etwas abhängig sind, von jemandem fremdbestimmt und durch vorhandene Muster determiniert. Im Anschluss anVGist der Bezug auf die genetische und soziale Prägung durch die Familie zu nennen. An

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erster Stelle steht inWBjedoch die Abhängigkeit vom Autor. Gemeint ist zunächst gar nicht der reale Autor Herbst, sondern die textinternen fiktiven Autoren. Die Ebenen sind in ein komplexes Netz literarischer Autorschaften verflochten, eine Ebene wird von einer Figur der anderen Ebene erdacht, die wiederum von jemandem anderen erdacht ist. Somit sind die Figuren von den Vorgaben ihrer Autoren determiniert; ein Umstand, der für jede literarische Welt gilt, hier jedoch von besonderer Bedeutung ist, da er thematisiert wird und sich die Figuren teils ihrer Abhängigkeit bewusst sind.

Das Zitat, das im Titel dieses Abschnitts enthalten ist, stammt aus einem der vielen metanarrativen Gespräche, das im Kontext kaum weniger verwirrend ist, als es so alleinstehend schon zu sein scheint.

Alda nickt. ›Marduk‹, sagt sie.

›Bitte?‹

›Der Bezwinger und Teiler Tiamats.‹

›Tiawas?‹

›Es ist immer das gleiche. […] Auch Wotan fischte aus dem Urmeer eine feindli-che Schlange.‹ (WB, 909)

Die Rede ist eigentlich von der Nebenfigur Baumwolle und die hier genannte Alda interpretiert Deters’ Erzählung in einer Weise, die ihm nicht bewusst ist, die er noch nicht einmal versteht, wie durch seine verwirrten Nachfragen deutlich wird. Wesent-lich ist ihr Erkennen von Zusammenhängen, ÄhnWesent-lichkeiten und Strukturen in der Erzählung. Sie zieht die Verbindung von der scheinbar autonom erfundenen Figur Baumwolle zur mythischen Gestalt Marduk (aus der babylonischen Mythologie, dazu später mehr), und von dieser wiederum zu Wotan aus der germanischen Mythologie.

Die Handlungen der mythischen Gestalten und damit auch diese selbst sieht sie als

»immer das gleiche« an und bringt damit eine zentrale Prämisse für die Figurenge-staltung und die Erzählkonstruktion vonWBauf den Punkt, die sich in diesem Zitat zwar nur auf die Mythologie bezieht, jedoch auch auf andere Bereiche ausgedehnt werden kann: keine Figur ist autonom und steht ausschließlich für sich als individuell ausgestalteter Charakter. Sie sind durch mehrfach kodierte mythologische Bezüge in ihrer Figurenindividualität eingegrenzt, stehen für Prinzipien und allegorische Muster, oder sind durch Intertexte vorgeprägt. Andererseits sind mindestens die Hauptfiguren originell gestaltete Charaktere, die sich wiederum von ihren Vorbildern abheben und damit doch eine individuelle Identität ausbilden. Die Ambivalenz zwischen Vorprä-gung und Originalität soll in den folgenden vier Abschnitten genauer nachzeichnet und über verschiedene Bereiche hinweg beschrieben werden.

Um jedoch zumindest in Grundzügen erst einmal zu klären, wer wer ist, wo er oder sie hingehört und mit wem er oder sie in Verbindung steht, soll ein kurzer Exkurs einen Überblick über die verschiedenen Ebenen und die wichtigsten Figuren verschaffen und damit das Verständnis für die dann folgenden Ausführungen erleichtern.

Handlungs- und Figureneinführung

Wie schon inVGerschließt sich der Aufbau vonWBerst nach und nach durch Hinwei-se und metanarrative Erläuterungen. Schließlich können drei Ebenen identifiziert

wer-den, die sich vor allem durch Zeitangaben sowie durch weitgehend unterschiedliche Figuren unterscheiden lassen. Dabei ist jedoch anzumerken, dass diese Einordnung nicht vollständig durchzuhalten ist. Vor allem gegen Schluss kommt es zu verschiede-nen Überschneidungen zwischen den Ebeverschiede-nen. Wie später genauer ausgeführt wird, ist auch nicht eindeutig zu ›klären‹, welche Handlungsebene von wem erzählt wird;

zudem sind selbst die Handlungsebenen eigentlich schon vervielfältigt, da nicht klar ist, was tatsächlich passiert und was imaginiert ist. Dennoch hilft eine provisorische Einteilung als heuristisches Mittel zur Orientierung des Lesers und ermöglicht eine einfachere Verständigung.

Die erste Erzählebene ist im Jahr 1981 angesiedelt. Die Figur Hans Deters wird als Protagonist einer heterodiegetischen-Erzählung eingeführt, wobei schnell deutlich wird, dass die Zugfahrt, die er unternimmt, an das Ende vonVGanschließt (dazu später mehr). Deters hat vor, von Bremen nach Frankfurt am Main zu fahren; ihm fällt bereits am Bremer Bahnhof eine Frau auf, die er während der Zugfahrt beobachtet und deretwegen er in Göttingen umsteigt und ihr in den Zug nach Hannoversch Münden folgt. Im Zug lernt er Dr. Elberich Lipom kennen, der ebenfalls in Münden aussteigt, wo Deters dann in Kontakt mit der Frau kommt. Nachdem er sie bereits in Gedanken Anna genannt hat, stellt sie sich als Anna Häusler vor. Sie wird begleitet von dem Schriftsteller Axel Bertrecht. Lipom, Anna und Bertrecht sowie ein kleines

›Männchen‹ namens Professor Murnau erweisen sich als Mitglieder der ATG, der Akademischen Tischgesellschaft, die sich wie jedes Jahr im Hotel Wolpertinger5 in Münden zu einem mehrtägigen Treffen zusammenfinden. Erst später wird klar, dass es sich bei Lipom, Murnau und Anna um Geisterwesen oder Elben handelt, also um Gestalten verschiedener keltischer und nordischer Mythologien. Mit vielen weiteren Geistern halten sie ein Thing ab, eine Gerichtsversammlung. Auf dieser Ebene angesiedelt sind noch die Psychologin Dr. Weigan, die ebenfalls an dem Treffen teilnimmt, später stoßen hinzu Freiherr Klaus von Hüon und der frühreife Junge Ortnit, Lipoms Sohn. Schließlich gibt es Hotelpersonal, eine Gruppe von Lehrern, die sich im Wolpertinger trifft, später dann eine Gruppe von Verkäufern, die zu einer Schulung zusammengekommen ist, eine Gruppe von Terroristen, die sich als Bekannte von Bertrecht herausstellen, sowie einige andere Personen des Städtchens.

Aus dem Figurenensemble der Zugfahrt ist vor allem der Agent Jeremias Baumwolle zu nennen, der Deters anspricht, ihm eine Art Spionageauftrag erteilt und später noch eine Rolle spielt.

Zwei Wendungen gibt es schon auf dieser Ebene selbst, die solcherart dargestellte Realitäten infrage stellen. In einer schon in sich mehrdeutigen Lesart denkt sich Deters die Ereignisse selbst aus und formt sie als literarischen Text oder aber halluziniert sie.

In einer anderen Möglichkeit spielt eine weitere Figur eine Rolle, der Börsenbroker Dietrich Daniello. Er ist zwar der Besitzer des Wolpertinger und finanziert die Treffen der ATG, hält sich bei diesen aber am Rande. Es stellt sich schließlich heraus, dass er im Keller des Hotels einen Biocomputer betreibt, der sowohl die Geister als auch die Ereignisse elektronisch generiert und zudem Auswirkungen auf die anwesenden

5 Ist im Folgenden das Hotel gemeint, wird das Wort ›Wolpertinger‹ ausgeschrieben und recte gesetzt, ist das Buch gemeint, wird es kursiviert oder alsWBabgekürzt.

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Menschen (u. a. Deters, Weigan und Bertrecht) hat. Doch sei angemerkt, dass auch diese Lesart nicht als absolut zu sehen ist und wiederum selbst infrage gestellt wird.

Die zweite Erzählebene spielt 1985 und ist zunächst sehr schwer von der ersten zu unterscheiden. Der Protagonist und Ich-Erzähler kann zunächst für identisch mit dem Deters der ersten Erzählebene gehalten werden, da er sich ebenfalls auf einer Zugfahrt von Bremen nach Frankfurt befindet. Später wird jedoch deutlich, dass es sich um eine Zugfahrt handelt, die vier Jahre später stattfindet. Der Protagonist trifft im Zug eine Frau, die er nach einer gemeinsamen spielerischen Übereinkunft ebenfalls Anna nennt, die sich aber später als Aldona bzw. Alda von Hüon herausstellt. Er kommt mit ihr ins Gespräch, sie verbringen eine Nacht weitgehend erzählend in Göttingen und fahren am nächsten Tag weiter nach Münden, wo sie sich im Hotel Andree’s Berg einquartieren, das sich am selben Ort wie das Wolpertinger auf der ersten Ebene befindet, wodurch eine räumliche Identität nahegelegt wird. Dort treffen sie auf den Börsenbroker Otto Mallebron, ein Kunde von Alda, der den Erzählungen oft zuhört.

Später kommen hinzu Alfred Rascher, ein Neonazi, sowie der Junge Ramon-Roger, eine Ortnit-Parallele. Außerdem ist eine Schauspielertruppe im Hotel einquartiert, die eine Vorführung eines TheaterstücksDie Windevorbereitet. Da sich herausstellt, dass der Protagonist sich die erste Erzählebene zunächst ausdenkt, sie dann Alda erzählt und sie schließlich mit dieser gemeinsam weiterentwickelt, wird er größtenteils ›der Autor‹ genannt. Er nennt sich jedoch auch, in Anlehnung an die erste Ebene, Hans Deters, was, gemeinsam mit der anfänglichen Benennung von Alda als Anna ein Auseinanderhalten der beiden Ebenen behindert. Generell wird dieser Protagonist im Folgenden als Deters II bezeichnet.6

Die dritte Erzählebene ist wiederum vier Jahr später, also 1989, angesiedelt. Sie wird erst sehr spät in einem längeren metanarrativen Kommentar in dem Kapitel

»Eine Dritte Ankunft, nämlich die Mitte« (WB, 560) explizit eingeführt, wobei es sich sowohl in Bezug auf die Seitenzahl als auch auf die Kapitelaufteilung tatsächlich in etwa um die Mitte des Buches handelt. Der Erzähler führt sich als »Ich, der ich weder Deters noch eigentlich sein Autor bin« (WB, 560) ein und die dritte Ankunft besteht darin, dass auch er nach Hannoversch Münden fährt und sich dort in das Jagdhaus Heede einquartiert. Dieses ist jedoch nicht identisch mit den Hotels Wolpertinger oder Andree’s Berg; an deren Stelle steht nur noch eine Ruine. Er schildert, dass er mit Deters II Namen und Pass getauscht sowie dessen Aufzeichnungen erhalten hat, die er als »sozusagen Korrektor« (WB, 724) oder »Überautor« (WB, 907) bearbeitet und umgeschrieben habe. Da die Ebenen in komplexer Weise in mehreren Schleifen zusammenhängen und erzählt werden, wobei vor allem von der zweiten Erzählebene quasi als ›Hauptebene‹ aus zeitlich nach hinten und nach vorn erzählt wird (was später noch genauer zu analysieren ist), findet sich für den Protagonisten der drit-ten Erzählebene die auf der zweidrit-ten Erzählebene verwendedrit-ten Bezeichnungen »der Dritte« oder eben »Überautor«. Er steht jedoch in Zusammenhang mit Deters und Deters II, die alle mehr oder weniger die gleiche Person in verschiedenen Zeit- und

6 Dies geschieht zur leichteren Identifizierung. Ich folge dabei der Anregung von Ursula Reber in Formenverschleifung, die dadurch im Vergleich zur früheren Sekundärliteratur erstmals größere Klarheit bei der Figurendifferenzierung geschaffen hat. Ist im Folgenden von Deters die Rede, so ist also der Deters der ersten Ebene gemeint.

Wesenszuständen sind. Auf der dritten Ebene ist zudem noch eine weitere Instanz dieses Personengeflechts angesiedelt, die sich Eckhard Cordes nennt.

Es kommt schließlich zu einer Verbindung der verschiedenen Ebenen durch ein Fest der Geister, das auf allen drei Ebenen gleichzeitig stattfindet. Verschiedene Motive und Handlungsstränge werden hier zusammengeführt, was in einem veritablen (und brutalen) ›Showdown‹ kulminiert. In einem dreiteiligen Epilog werden verschiedene Ausgangsmöglichkeiten präsentiert: Deters ist vermutlich bei dem Fest getötet worden, der ›Dritte‹ hat die virtuellen Geister (ihrem Plan folgend) auf einer Diskette aus dem Wolpertinger gerettet und Deters II hat sich in ein Tier, entweder einen Luchs oder vielleicht aber in das titelgebende Fabelwesen Wolpertinger verwandelt.

Schließlich sei noch der Prolog als Ausgangssituation erwähnt. Ein Ich-Erzähler, der später als der ›Dritte‹ identifiziert werden kann, sitzt an seinem Küchentisch und beginnt zu schreiben. Durch das Formulieren wird er aus seiner Wirklichkeit herausgezogen und erlebt phantastische Szenen, die bereits auf spätere Motive und Teile der Handlungen verweisen.

Im Dokument Von Bremen in die Anderswelt (Seite 119-124)