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Digitalisierung der Arbeit, Datenschutz und Informationssicherheit“

Die Arbeitsgemeinschaft der Thüringer Industrie- und Handelskammern eröffnet mit dem Modul E 1700 den Auszubildenden, die ihre Ausbildung vor der Inkraftset-zung der novellierten Ausbildungsrahmenpläne begonnen haben, die Möglichkeit, diese Kernqualifikationen zu erwerben. Unternehmen mit bis zu 250 Beschäftigten können zur Finanzierung der Lehrgangskosten eine Förderung nach der Ausbil-dungsrichtlinie des Europäischen Sozialfonds für den Freistaat Thüringen1 erhalten.

Organisiert werden die Ergänzungslehrgänge durch die Firmenausbildungsver-bünde, die die Durchführung bei anerkannten Ausbildungsstätten wie dem Aus-und Weiterbildungszentrum Gotha der VHS-Bildungswerk GmbH beauftragen.

Die Inhalte des Ergänzungslehrgangs „Digitalisierung der Arbeit, Datenschutz und Informationssicherheit“ entsprechen denen der BBP 5 (vgl. Tabelle 3). Es

wider-1 Vgl. dazu ausführlich unter https://www.esf-thueringen.de/bibliothek/richtlinien/ausbildungsrichtlinie/ (06.05.2020).

124 Die neue Berufsbildposition 5 in den industriellen Metall- und Elektroberufen – ein Umsetzungsansatz aus der Ausbildungspraxis

spricht jedoch dem Ansatz der integrativen Vermittlung während der gesamten Aus-bildungsdauer von 36 bzw. 42 Monaten, da für die Durchführung des Ergänzungs-lehrgangs ein zeitlicher Rahmen von nur fünf Arbeitstagen bzw. 40 Unterrichtsstun-den zur Verfügung stand.

Der Lehrgang wurde erstmalig durchgeführt. Weder die durchführende ÜBS noch der beauftragende Firmenausbildungsverbund konnten auf Vorerfahrungen zurückgreifen. Deshalb wurde dafür das Lehrgangskonzept von Grund auf neu ent-wickelt. Es war bekannt, dass neun Auszubildende des 3. und 4. Ausbildungsjahres aus unterschiedlichen Metall- und Elektroberufen und sechs verschiedenen Unter-nehmen teilUnter-nehmen würden.

Ausgehend vom grundsätzlichen Bildungsanspruch der beruflichen Bildung, Menschen die Kompetenzen zu vermitteln, die sie benötigen, um sich unter Bedin-gungen einer digitalisierten Welt in beruflichen, gesellschaftlichen und privaten Si-tuationen sachgerecht durchdacht sowie individuell und sozial verantwortlich zu ver-halten (Sloane et al. 2018, S. 29), wurden handlungsorientierte Methoden – ein Unternehmensplanspiel, Gruppenarbeit, Rechercheaufträge – ausgewählt. Die di-daktische Gestaltungsgrundlage des Lehrgangs bildete das Modell der vollständigen Handlung.

Das Modell der vollständigen Handlung

So wurden die didaktischen Grundsätze der Handlungsorientierung, der Geschäfts-prozessorientierung, der Produktorientierung und des selbstständigen Lernens um-gesetzt. Das Unternehmensplanspiel wurde so formuliert, dass es einen Bezug zum Arbeitsumfeld der Teilnehmenden herstellte. Mit dieser Herangehensweise wurde beabsichtigt, einerseits das eingangs erwähnte, im Kontext der Wirtschaft 4.0 erwar-tete Prozessverständnis zu fördern und andererseits für die Auszubildenden aus den unterschiedlichen Unternehmen ein gemeinsames Lernszenario zu schaffen. Für die Beschreibung des Szenarios wurde ein deduktiver Ansatz gewählt, um daraus einzelne Arbeitsaufträge abzuleiten, die vom Ausbilder gemeinsam mit den

Auszu-Abbildung 1:

Volker Alsdorf, Lucas Böhnhardt, Uwe Jäger 125

bildenden in begleitenden Auswertungsgesprächen in den Gesamtzusammenhang der Geschäftsprozesse gestellt werden konnten.

„Angenommen wird, dass ein solcher Ansatz aus Sicht der Auszubildenden als wertschätzender und motivierender erlebt wird als bisherige induktive ‚grundlagen-orientierte‘ Vorgehensweisen.“ (Zinke 2019, S. 43).

Die Lernumgebung bilden Seminarräume, Computerarbeitsplätze und produk-tionsnah ausgestattete Werkstatträume mit Werkbänken, Schaltanlagen, konventio-nellen und CNC-gesteuerten Werkzeugmaschinen, additiven Fertigungsmaschinen und Robotik. Für die digitalisierte Kommunikation zwischen den Auszubildenden und dem Ausbilder wurde in der Cloud des VHS-Bildungswerks ein virtueller Raum eingerichtet, zu dem die Teilnehmenden vom Ausbilder für die Dauer des Lehrgangs einen passwortgeschützten Zugang erhielten.

Zusätzlich zu den bereits genannten Lern- und Arbeitsmitteln wurde der „A 4.0 – Demonstrator“ des VHS-Bildungswerks eingesetzt. Mit Unterstützung des Mittel-stand 4.0 – Kompetenzzentrums der Technischen Universität Ilmenau hat das Pro-jektteam des JOBSTARTERplus-Projekts den „Demonstrator“ als Simulationslösung entwickelt, um die digitalisierte und vernetzte Produktion, hier anhand eines Schraubendrehers, demonstrieren zu können. Diese Simulation besteht u. a. aus spezifisch konfigurierter PC-Technik, Touchscreens, optoelektronischen Komponen-ten, einem RFID-Lese-Schreib-Gerät, einem Pick-by-Light-System und einer Produk-tionssteuerungssoftware, mit der ein mehrstufiger, vernetzter Produktionsprozess abgebildet werden kann (Abbildung 2).

Das Produkt „Schraubendreher“ wurde gewählt, da es sich um einen bekannten Alltagsgegenstand handelt, der bezogen auf die Form oder Farbe des Griffstücks so-wie die Abmessungen und die Form des Werkzeugs – Kreuz oder Schlitz, Inbus oder Torx – dennoch eine hohe Variabilität und einen authentischen Bezug zum Thema „Losgröße 1“ abbilden kann.

Der Demonstrator stellt zunächst, im ersten Schritt, den Produktionsprozess des Schraubendrehers vereinfacht und exemplarisch dar. Der Produktionsprozess besteht aus insgesamt fünf Schritten:

• Auftragserstellung,

• Produktionsplanung,

• Wareneingang,

• Montage und

• Qualitätssicherung.

Diese werden in vier (Lern-)Stationen virtuell abgebildet. Aufgrund seiner Größe wurde der Arbeitsschritt vier, „Montage“, nicht als eine eigene Station dargestellt. An den verschiedenen Stationen werden Applikationsmöglichkeiten von technisch machbaren Digitalisierungslösungen in ihrem Zusammenwirken vorgestellt. Das System erlaubt die Konfiguration eines handelsüblichen Schraubendrehers in über 100.000 Varianten. Hierfür stehen Parameter wie Länge, Breite und Farbe des Griffs sowie Größe und Art der Klinge zur Auswahl. Zusätzlich zeigt die Station, wie unbe-kannte Schraubenkopfformen unter Zuhilfenahme von Bildverarbeitungstools er-126 Die neue Berufsbildposition 5 in den industriellen Metall- und Elektroberufen – ein Umsetzungsansatz aus der Ausbildungspraxis

kannt werden können. An diesem Modell können bspw. allgemeine thematische Einführungen zu Industrie 4.0 umgesetzt, Lernsequenzen konfiguriert und ausge-führt, aber auch Problemlösungsstrategien im Team erarbeitet werden.

Der „A 4.0-Demonstrator“ (Bild VHS BW)

Das Planspiel bezieht sich auf Tätigkeiten, die den Inhalten der Ausbildungsberufe der Lehrgangsteilnehmenden entsprechen. Betriebliche und technische Kommuni-kation, Planen und Organisieren der Arbeit, das Montieren von Baugruppen und Kundenorientierung sind Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten, die sowohl in den Metall- als auch in den Elektroberufen vermittelt werden. Dieser Herangehens-weise liegt die Absicht zugrunde, die neu zu vermittelnden Inhalte der BBP 5 in den Kontext bereits vorhandenen Wissens und Könnens zu stellen, um damit die lernför-derliche, kognitive Anschlussfähigkeit herzustellen.

Als didaktischer Ausgangspunkt wurde eine Lernsituation formuliert, in der ein imaginäres Unternehmen beschrieben wird, das einen Kundenauftrag zur Herstel-lung und Lieferung eines Prototyps für ein Werkzeug erhält. Auf Basis dieses Auf-trags erhielten die Teilnehmenden unterschiedliche Arbeitsaufträge, die sie nach deren Erledigung in der Lerngruppe vorstellten. Diese Vielfalt von Aufgaben ermög-lichte eine Vielzahl von Ergebnissen, die im Plenum vorgestellt und geteilt wurden.

Im Wechsel aus fachlichem Input in Verbindung mit den Aufgabenstellungen und begleiteten Arbeitsphasen wurden kontinuierliche Bezüge zu den Inhalten der BBP 5 hergestellt. Die Auszubildenden übernahmen die Rolle der Mitarbeitenden, der Aus-bilder agierte in der Rolle des Vorgesetzten.

Abbildung 2:

Volker Alsdorf, Lucas Böhnhardt, Uwe Jäger 127

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