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2 Definition von Medienkompetenz in der Berufsausbildung

Als Grundlage für die Entwicklung der Definition wurde eine umfassende Analyse jüngerer Literatur vorgenommen, die sich mit dem Thema aus unterschiedlichen Fokussierungen befasste. Medienkompetenz wird seit mehr als 20 Jahren in For-schungsprojekten verschiedener Disziplinen untersucht, wobei vor allem der Um-gang mit Medien in Familie, Freizeit und allgemeinbildenden Schulen umfassend analysiert wurde. Projekte, die sich mit Berufsbildung befassten, waren bisher eher auf den Erwerb technologischer Kompetenzen beschränkt, z. B. bei der Implemen-tierung technischer Innovationen im Rahmen von betrieblicher oder schulischer Aus- und Weiterbildung. Über mehrere Jahre stand Medienkompetenz als generelle berufsübergreifende Querschnittskompetenz im Mittelpunkt des Interesses, wie bei der Einführung neuer Internettechnologien, die hauptsächlich auf Interaktion und Kollaboration im Sinne des „Web 2.0“ zielten (vgl. Zorn 2011). Der Einsatz z. B. von semantischen Verknüpfungen und künstlicher Intelligenz in den Unternehmen so-wie die zunehmende Bedeutung von Social Media und mobilen Endgeräten erfor-dert jedoch eine erweiterte Betrachtung. Als Basis dafür können die Ergebnisse der Expertenkommission des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und

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rer Studie „Kompetenzen in einer digital geprägten Kultur. Medienbildung für die Persönlichkeitsentwicklung, für die gesellschaftliche Teilhabe und für die Entwick-lung von Ausbildungs- und Erwerbsfähigkeit“ gelten (BMBF 2010).

Eine weitere Grundlage bilden unterschiedliche Medienkompetenz-Definitio-nen, die auf ihre sinntragenden Begriffe hin analysiert wurden, u. a. von Baacke 1996, Tulodziecki 1998, Groeben 2002, Hoffmann 2003 und der European Associa-tion for Viewers Interest (2009) (s. Abbildung 1).

Theoretisch gestützte Formulierung einer Medienkompetenzdefinition (Krämer, Jordanski &

Goertz 2017)

Für diese Untersuchung wurden aus diesen Theorien Begriffe aus ähnlichen The-menbereichen zu Kompetenzbündeln zusammengefasst. Hieraus wurden einzelne Dimensionen von Medienkompetenz abgeleitet, um sie auf ihre Relevanz für die Be-rufsausbildung hin zu untersuchen und inhaltlich zu strukturieren (s. Abbildung 2).

Abbildung 1:

106 Entwicklung von Medienkompetenz in Zeiten der Digitalisierung: Über welche Kompetenzen verfügen Jugendliche und welchen Anteil muss Berufsausbildung leisten?

Bildung von Kompetenzbündeln (hier: eingesetzte, sprachlich vereinfachte Karten bei der Be-fragung von Auszubildenden (Krämer, Jordanski & Goertz 2017)

Die auf diesem Weg ermittelten Aspekte wurden im Rahmen der Interviews mit Ex-pert:innen, Ausbildungs- und Personalverantwortlichen sowie Auszubildenden auf ihre Bedeutung für die Berufsausbildung hin bewertet und gebündelt. Im Ergebnis ist eine mehrdimensionale Definition von Medienkompetenz in der Berufsausbil-dung entstanden, die neben der Mediennutzung, wie z. B. dem Einsatz fachbezoge-ner betriebsspezifischer Hard- und Software, systematisch auch die Dimensionen der Zusammenarbeit, der Sprache, des Lernens sowie der rechtlichen, ethischen und ökonomischen Rahmenbedingungen bei der Arbeit mit Medien einbezieht:

Definition von Medienkompetenz in der Berufsausbildung

„Medienkompetenz in der Berufsausbildung ist ein mehrdimensionales Kon-strukt. Dieses umfasst die Entwicklung der Fähigkeit zur zielgerichteten Medien-nutzung (etwa der aufgabenbezogene Einsatz einer Software), die Fähigkeit zur verantwortungsvollen Zusammenarbeit (etwa den verantwortungsvollen Einsatz von Social Media in der Kommunikation), die zielgerichtete Nutzung von Sprache (etwa den situationsbezogenen sprachlichen Ausdruck) sowie die Kompetenz zum selbstständigen Lernen (auch unter Nutzung von Medien).

Abbildung 2:

Heike Krämer 107

Als weiterer Teilaspekt von Medienkompetenz ist im beruflichen Kontext die Fä-higkeit von Bedeutung, rechtliche, ethische und wirtschaftliche Rahmenbedin-gungen bei der Anwendung und Produktion von Medien zu berücksichtigen.

In einigen Berufen kann zur Medienkompetenz darüber hinaus auch die Fähig-keit gehören, Innovationen aufzugreifen und voranzutreiben.“

Diese zunächst abstrakte Definition galt es für die Berufsbildungspraxis plastischer und operationalisierbarer zu fassen. Deshalb erfolgte eine Ausdifferenzierung der Kompetenzaspekte, indem konkrete Handlungen im Arbeitsalltag beschrieben wur-den (s. Tabelle 2).

Dimensionen und Aspekte von Medienkompetenz in der Berufsausbildung (Krämer, Jordanski &

Goertz 2017) Tabelle 2:

Medienkompetenz in der Berufsausbildung Medien zielgerichtet

nutzen Die Auszubildenden sind in der Lage,

• aufgabenbezogen Medien auszuwählen,

• Hard und Software aufgabenbezogen zu nutzen,

• aufgabenbezogen zu recherchieren und geeignete Quellen auszuwählen,

• in verschiedenen Medien Inhalte zu gestalten und/oder zu dokumentieren,

• die in ihrem Beruf gängige fachbezogene Software zu beherrschen.

Verantwortungsvolle

Zusammenarbeit Die Auszubildenden sind in der Lage,

• Medien zum Austausch mit anderen und zur Zusammenarbeit zu nutzen (z. B. E-Mail, soziale Netzwerke, Foren),

• sich aktiv in den fachbezogenen Austausch einzubringen und diesen vo-ranzutreiben,

• beim Umgang mit Medien darauf zu achten, andere zu respektieren und niemandem zu schaden.

Sprache zielgerichtet

nutzen Die Auszubildenden sind in der Lage,

• sich mündlich und schriftlich situationsgerecht auszudrücken,

• sich an Regeln bei der mündlichen und schriftlichen Kommunikation zu halten,

• Informationen zu bewerten und zu beurteilen, ob diese für die Aufgaben-stellung wichtig sind.

Selbstständig lernen Die Auszubildenden sind in der Lage,

• ihren Wissensbedarf als Frage zu formulieren,

• selbstständig Probleme im Arbeitsablauf zu lösen.

Rechtliche Grundlagen Die Auszubildenden sind in der Lage, die rechtlichen Grundlagen der Medien-nutzung zu beachten, wie z. B. Datenschutz und Urheberrechte.

Ethische Grundlagen Die Auszubildenden sind in der Lage, die gesellschaftlichen Normen und Werte bei der Mediennutzung zu beachten.

Wirtschaftliche

Grund-lagen Die Auszubildenden sind in der Lage, bei der Mediennutzung auf wirtschaft-liche Aspekte zu achten, z. B. den verantwortungsvollen Umgang mit zeit-lichen und finanziellen Ressourcen.

108 Entwicklung von Medienkompetenz in Zeiten der Digitalisierung: Über welche Kompetenzen verfügen Jugendliche und welchen Anteil muss Berufsausbildung leisten?

(Fortsetzung Tabelle 2)

Medienkompetenz in der Berufsausbildung Innovationen aufgreifen

und vorantreiben Die Auszubildenden sind in der Lage,

• sich aktiv mit neuen Medienanwendungen auseinanderzusetzen (z. B.

neue Software),

• zu beurteilen, ob sich neue Medienanwendungen für die eigene Arbeit nut-zen lassen,

• neue Medienanwendungen zu entwickeln und zu gestalten.

Diese Operationalisierung kann dazu dienen, Kompetenzen z. B. in Ausbildungsord-nungen oder für andere Bildungsgänge handlungsorientiert zu beschreiben und diese in der betrieblichen und schulischen Praxis mit konkreten Aufgabenstellungen zu illustrieren.

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