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"Ich hab´s nicht in dem Bewusstsein vermittelt bekommen"

Frau W., Jahrgang 1963, wächst in der damaligen DDR auf und lernt ihren Mann in den 90er Jahren in West-Berlin kennen. Zu diesem Zeitpunkt hat sie bereits zwei Töchter aus früheren Beziehungen (Jahrgang 1984 und 1988).

1999 wird der gemeinsame Sohn geboren, der zum Zeitpunkt des Interviews einen katholischen Kindergarten besucht. Frau W. ist nach eigenen Angaben Atheistin, bedingt durch die fehlende religiöse Sozialisation und dem daher fehlenden Bezug zum Glauben.

"also ich komm, aus der ehemaligen DDR und ähm (2) da hat religiöse Erzie-hung im näheren Umfeld keine Rolle gespielt, aber meine Mutter ist ähm, getauft gewesen, protestantisch, also sie kommt aus einer protestantischen Familie, da hat ihr Glaube als gelebter Glaube auch keine Rolle gespielt im Weiteren, aber ähm, meine Mutter konnte mir so, (3) kulturellen Hintergrund also so- wenn man eine Kirche besichtigt hat, ähm, die Bilder halt erklären"

(1/18-23) Diese Eingangssequenz verdeutlicht, welche Verknüpfungen gleich zu Beginn aufgestellt werden, um das Folgende zu rahmen. Die Herkunft positioniert demnach in einem areligiösen Raum, womit es als logische Konsequenz für die Sprecherin nichts weiter zu sagen gibt.

Vor dem Hintergrund der Gesprächsdynamik fällt auf, dass diese Themenabwehr trotz eigener Bereitschaft zu beginnen erfolgt. Hier, wie auch an anderen Stellen der Narration, scheint die Anwesenheit des Partners als Störfaktor oder zumindest er-heblicher Einfluss rekonstruierbar. Die Analyse dieses Textteils legt die Interpretation nahe, die eigenen Kindheitserinnerungen seien andere, als die ‘offi-zielle Version’ der Herkunftsfamilie es zulässt. Es bleibt allerdings offen, warum hier Glaube als "gelebter Glaube" betont wird und soll daher auch nicht spekulativ inter-pretiert werden.

Ein Aspekt kann aber hier erwähnt werden, da sich das Muster der manifesten Abwehr religiöser Bezüge bei gleichzeitig latenter Zuwendung zum Thema durch die gesamte Narration zieht: Frau W. versucht zu verdeutlichen, dass die Konfessi-onslosigkeit nichts mit dem System der DDR zu tun hat. Im gesamten Interview ist rekonstruierbar, dass die Sprecherin immer wieder betont, sie habe keinerlei religi-öse Bezüge. Die Dynamik des Gesprächs lässt nach der Analyse vermuten, dass die

Selbstpräsentation stark mit der Anwesenheit des Partners zusammenhängt. Leider kann ich im Rahmen der hier fokussierten Präsentation nicht weiter auf diese außer-ordentlich spannende Konstellation eingehen. Sie ist aber, soviel zum Schluss, ein textuelles Beispiel für die Beeinflussung von Argumentationsfiguren durch ein säku-lares oder so interpretiertes Umfeld.

In der Semantik fällt auf, religiöse Erziehung habe "im näheren Umfeld" keine Rolle gespielt und auch der Glaube sei in der Familie der Mutter nicht als "gelebter Glau-be" relevant gewesen. Diese Formulierungen vermeiden die Thematisierung dessen, was eine Rolle spielte und wo dies anzusiedeln ist. Die Sprecherin verwendet eine Reihe von Wort- und Begriffshülsen, die zwar nicht inhaltlich gefüllt werden aber hochgradig mit Sinn beladen sind. Es scheint einen Zusammenhang zwischen der DDR und den Großeltern mütterlicherseits in Form eines Gegensatzpaares zu ge-ben. Hier kann als eine mögliche Interpretation in den Raum gestellt werden, dass die Familie durch das soziale Umfeld den eigenen Glauben bagatellisieren musste;

eine These, die sich allerdings im weiteren Verlauf der Narration nicht überprüfen lässt, da es keine weiteren Aussagen zur Herkunftsfamilie gibt. Nebenbei bemerkt wird die Familie väterlicherseits völlig in der Narration ausgespart. Ich erwähne diese Annahme aber dennoch, da eine, vom Umfeld beeinflusste, Haltung gegen-über Religion und Glaube im gesamten Gespräch latent rekonstruierbar ist.

Bereits in der Eingangssequenz wird Religion auf Nichttranszendentes reduziert und vom Glauben getrennt. Obwohl Frau W. das kulturhistorische Argument auch bei der Begründung der Kindergartenwahl anbringt, unterscheidet sich die Argu-mentationsfigur eklatant von der ihres Mannes oder der von Herrn F. Frau W. geht es nicht um Selektion in irgendeiner Form wie Herrn F. und sie hat auch nicht die Absicht, dem Sohn eine mögliche Lebensperspektive anzubieten, wie dies bei Herrn W. rekonstruierbar ist. Frau W. geht es in erster Linie darum, dass ihr Sohn erkennt, warum es auf der Welt kulturelle Unterschiede gibt, wie verschiedene Denk- und Handlungsweisen verstehbar und begründbar werden. Diese Unterschiede sieht sie im Jahrhunderte langen religiösen Einfluss begründet:

"ähm, (4) weshalb ich das fördere ist eigentlich nicht so sehr der religiöse Hintergrund sondern äh, sondern dass dass ich glaube dass sozusagen die gesamte abendländische Kultur darauf beruht, und ähm, wenn man das nicht kennt sozusagen ein sozusagen der Zusammenhang dann halt auch mal verloren geht und, weshalb sich eben halt sozusagen das Abendland vom Morgenland unterscheidet, oder das heißt weshalb ähm, wir zum Fran-zosen äh, einen ganz anderen Zugang haben als so, ja, ganz unbewusst der

ist halt einfach da als jetzt äh, zu, zu einem Indio aus dem brasilianischen Urwald, oder so, dass wir halt glauben ja, dass ein Franzose so, der ist uns=steht uns näher, auch vom Verständnis, als eben, die Indios, und, dass sozusagen diese Basis, ja, des gegenseitigen Verständnisses beruht meines Erachtens eben ganz wesentlich darauf, dass sich eben das Christentum insgesamt, Europa so entwickelt hat wie es sich entwickelt hat, und ähm, mit, sozusagen dem Verschwinden der allgemein so als als was man so als humanistische Bildung bezeichnet hat, also Latein, und das alles und das sozusagen die die Wurzeln dann doch erschließt, ja, geht das verloren"

(13/32-14/12) Hierbei spielt für sie der konfessionelle Kindergarten eine entscheidende Rolle:

"ich glaube eigentlich dass, dass Kinder, unseres auch, religiös denken, und dass das mit zunehmendem Alter sich verflüchtigt, es sei denn, sie haben halt irgendein Forum, ähm, wo sie dann eine bestimmte Form, wie auch immer, dann eben halt ähm, wie auch immer sich auftreten kann ja, egal ob das nun halt monotheistisch ist, oder wie auch immer"

(13/11-15) dass sie sich selbst eine solche Position im Rahmen der Erziehung nicht zuschreibt.

Nicht nur, dass sie davon ausgeht, keine adäquate Partnerin in Glaubensfragen sein zu können, was ja nicht weiter verwunderlich wäre; nein, sie bestreitet auch, dem Kind vermitteln zu können, warum sich Menschen auf der Welt in ihren Einstellun-gen, Wertungen und Handlungsweisen voneinander unterscheiden. Sie glaubt nicht, kulturelle Unterschiede stimmig thematisieren zu können. Dies hat ihrer Mei-nung nach einen ganz einfachen Grund:

"also es ist uns schon wichtig, dass er, (3) ne Umgebung halt wo ihm die Grundlagen des Glaubens, einfach das was man wissen muss, ähm, ne-benbei vermittelt wird, aber,

I: was ist das was man wissen muss, was=was muss man so wissen ((fragend))

P: na ja, also alles das was ich nicht weiß, über Glauben, also, kann ich jetzt nicht so sagen aber eben also die- diese ganzen alten

Hier gibt es eine Verzahnung vom Kulturargument mit der Vermittlung der Bibel als Geisteshaltung. Frau W. geht davon aus, der katholische Kindergarten sei in der Lage, mit Hilfe der Bibel eine explizite Mentalität zu tradieren, die sich ausschließ-lich dort rekonstruieren lässt. Hier wird eine Differenz zu nicht konfessionellen Einrichtungen thematisiert, die für Frau W. entscheidend für das Allgemeinwissen ihres Kindes ist. Der Sohn soll nach Auffassung von Frau W. begreifen, dass in der Bibel seine menschlichen Wurzeln zu finden sind – eine nicht gerade säkulare Vor-stellung.

Der Hinweis auf das per se religiöse Kind und den erkennbaren eigenen Ursprung mit Hilfe der Bibel deuten es bereits an: Trotz der Argumentationsfiguren hinsicht-lich der Kindergartenwahl sind keine säkularen Zusammenhänge rekonstruierbar.

Vielmehr spiegelt sich hier die Ansicht Luckmanns wider, das „menschliche Leben [sei], im Unterschiede zu den Lebensformen anderer Gattungen, durch diese ele-mentare Religiosität gekennzeichnet“ (Luckmann 1996, 18). Darüber hinaus kann auch hier erneut eine vom Umfeld beeinflusste Orientierungshaltung rekonstruiert werden, die in sich allerdings nicht stringent ist. Darüber hinaus sollte man nicht aus den Augen verlieren, dass es um eine Aufgabenzuschreibung für Kindergärtne-rinnen geht. Dem Kindergarten wird zur Aufgabe gemacht, alles zu vermitteln, was

"ich selbst nicht weiß".

Insgesamt liegt hier aber der Fokus eindeutig im zugeschriebenen Expertentum von Kirche und ihren Organisationen. Die christliche Kultur, der Ursprung der menschli-chen Differenz kann nur mit Spezialwissen, bereits tradierten Haltungen und von

‘Experten’ vermittelt werden, zu denen die eigene Person nicht gezählt wird. Religi-öse Erziehung wird hier ähnlich eines körperlichen Leidens thematisiert. Bei einer Krankheit, gehe ich zu medizinisch geschulten Spezialisten; bei Glaubensfragen gehe ich zu konfessionell geschulten Experten.

4.6. (Christliche) Religion im Kindsalter vermitteln (Frau U.)

„tja: ich denke mal, unser Leben würde sich total anders gestalten“

Frau U., 1974 in der ehemaligen DDR geboren, lebt noch heute mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern in der Gegend ihrer Kindheit. Die beiden Kinder besuchen einen katholischen Kindergarten, der zur Gemeinde gehört, in der auch Frau U. groß wur-de.

Schon in der Kindheit und Jugend sind die Themen Religion und Glaube für sie auf-grund ihrer Eltern und des Staates in dem sie lebt, ständig präsent und prägen ebenfalls die Schulzeit:

„also, ich bin ja zu DDR-Zeiten groß geworden ne, und das war für mich also wirklich eine richtige Nische, und ich war eigentlich froh darüber, dass ich diesen ganzen Quatsch da mit diesem, ähm, Sozialismus nicht unbedingt mitmachen musste, sondern nur die Pflichtsache, die man da halt so aufge-drückt hatte, so von der Schule nicht, aber das war mal ne richtige Oase, da habe ich mich super wohlgefühlt immer, ne,

I: gab es dadurch denn auch

Probleme so, Bereiche, wo es hieß, äh, die rennt immer in die Kirche

P: ich hatte einmal ein Erlebnis, gehabt da, da sollten wir uns am Anfang des Schuljahres eintragen für ne Demonstration, es gab ja Maidemonstrati-onen, Karl und rosa Lux- Karl und Rosa, also Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, und dann äh, und dann gab es noch irgendeine, dreie Demonst-rationen und da sollten wir uns wohl eintragen dass m an da wohl teilnimmt, //mhm// und ich hatte auch mit meinem Vater gesprochen, also in solcher Hinsicht hatte er uns immer sehr unterstützt und uns auch mal, so ne Linie- man ist ja als Kind doch ziemlich durcheinander wenn man von vielen Seiten, so, und also da hat er uns, also gerade mein Vater, immer ganz gut unterstützt, wie wie ist denn der richtige Weg und mach ruhig deinen Weg und trau dich und er hat dann gesagt du schreibst einfach hin dass du einfach daran nicht teilnimmst, ganz einfach, und dann hatte ich in der Geschichts-stunde wir haben wirklich die ganze Geschichtsstunde da-für- damit verbracht zu diskutieren warum ich denn nun nicht anderer Demonstration teilnehme, war ja eben auch die einzige Katholikin da und hatte noch ne Freundin die war evangelisch und die hat noch zu mir gehal-ten, und das war alles, ne“

(3/7-30) Frau U. präsentiert hier Glaube nicht unbedingt als etwas Inneres, sondern als As-pekt, der anwesend ist und für Konsequenzen sorgt. In der Retrospektive wird ihre Konfessionalität als Nische thematisiert – ein Aspekt, der bei den bisherigen Narra-tionen keine Rolle spielte. Religion wird als Möglichkeit präsentiert, sich bewusst abzugrenzen und auch zu verweigern; mit der väterlichen Beteuerung, dies sei „der richtige Weg“. Ich möchte hier nicht so weit gehen zu behaupten, es handle sich um

eine sekundäre Anpassung, bei der Religion lediglich die Rolle zukommt, sich vom Sozialismus zu distanzieren. Vielmehr scheint dies ein willkommener Nebeneffekt hinsichtlich des praktizierten Glaubens in der Familie zu sein. Der Aspekt, dass der Vater den Weg für die Kinder weist, ist auch zentral für Frau U., wenn es um die eigenen Kinder geht. Hier wird im Hinblick auf rituelle Handlungen am Beispiel der Taufe folgendes berichtet:

also man macht sich ja so Gedanken warum, warum es für einen selber wichtig ist, dass die Kinder getauft sind, und warum man das für die Kinder möchte, dass sie an solchen Ritualen teilhaben, also eine Sache ist, ähm, al-so ich hab, ich erklär das mal al-so, eine befreundetes Paar, die haben- alal-so er ist katholisch, sie hätte nix dagegen gehabt dass das Kind getauft wird aber er- die haben ihr Kind auch in den katholischen Kindergarten und meinte nee das Kind kann sich doch später selber entscheiden, //mhm// und meine Theorie ist aber, das ist sehr schwer sich als Erwachsener dafür zu ent-scheiden, weil ja, von, wenn man das nicht also wirklich heranführt an den Glauben //mhm// ne, aktiv heranführt, dann ist das sehr schwer für eine Erwachsenen selbst dahin zu finden, nicht, und das ist eben, also der der erste Aspekt dass es da auf jeden Fall, mein Kind muss als Kind getauft werden, ne, //mhm// und dann wenn, also ich kann ja nichts machen, ich meine wenn sich – wenn sich die beiden halt dagegen entscheiden würden, dann ist es wirklich immer noch ihre Entscheidung, und dann bin ich doch der Meinung, das ist doch besser so rum, also anders rum, weil das ist wirk-lich sehr sehr schwer ist, als, da muss man schon jemanden haben, der der in, da einen mit begleitet, um dann dahin zu finden, ne, und jetzt ist eben mal so- das ist ein ganz wichtiger Aspekt für mich, und, also ich finde auch, da ist auch schon, für mich hat das auch ein besonderen Wert, dass eben Gott sagt äh, die Kinder Gottes sind was ganz besonderes, oder lasset die Kinder zu mir kommen und äh, Gott hat alle Kinder lieb, also, und dann ist das schon was Schönes, wenn die Kinder getauft sind, und, dass wir als Familie eine Einheit bilden, ne, und das ist eben auch ne ganz wichtige Sa-che, //mhm// ne, und, ich denke mal das was wir, wir sind beide getauft, was wir denen vorleben sollten sie natürlich auch bekommen,

(11/24-12/14) Zunächst fällt auf, dass eine bekannte Familie als Gegenpol installiert werden muss, um die eigenen Handlungen erklärbar zu machen. Der für Frau U. zentrale Aspekt wird über Dritte eingeführt, was auf eine gewisse Sprachlosigkeit bzw. Un-sicherheit in der Vertretung der eigenen Ansicht hinweist. Frau U. hat eine Theorie, die zwar nicht belegbar aber für sie einleuchtend scheint. Doch diese kann offenbar nur in Abgrenzung zu anderen deutlich gemacht werden.

Folgen wir den etwas umständlich formulierten Überlegungen der Interviewpartne-rin, sollen Kinder mit Hilfe ritueller Handlungen an den christlichen Glauben bzw.

den Glauben ihrer Eltern herangeführt werden. Dies verstärkt zunächst die Annah-me, Kindern solle im Sinne einer Passagereligiosität mit Hilfe etablierter Riten

konventionelle Religiosität nahe gebracht werden, ohne bereits den subjektiven Glauben zu formen. Aber, im Gegensatz zu meinen theoriegeleiteten Überlegungen wird ein weiterer entscheidender Aspekt thematisiert: Das Alter bzw. die Tatsache, dass es sich um Kinder handelt.

Stand zuvor das Alter der Kinder bzw. die Dauer der Kindergartenzeit latent eher als Garant dafür im Raum, dass die nachhaltig religiöse Prägung durch den konfessio-nellen Kindergarten weniger zu nichtintendierten Folgen aus Sicht der Eltern führen könne, wird hier das Alter der Kinder als Option präsentiert, sich leichter ‘auf den Weg des Glaubens’ machen zu können. Diese Vorstellung folgt in hohem Maße der Argumentation der Kirchen, die aufgrund dessen eine frühkindliche religiöse Sozia-lisation befürworten. Die spätere Entscheidung der eigenen Kinder wird hier als

‘richtig’ oder ‘falsch’ thematisiert, wobei die Rolle der Eltern vor allem in einer Be-gleitung und Unterstützung zu sehen ist (wie auch schon in der eigenen Kindheit erlebt). Die betonte Entscheidungsfreiheit auf Seiten der Kinder liegt aber aus Sicht der Interviewpartnerin nicht in der Entscheidung für oder gegen einen Lebensweg, sondern in der späteren Annahme oder Ablehnung des Vorgelebten. Hier spielt meines Erachtens auch der Gedanke mit, Entscheidungen seien nur nach Kenntnis-nahme beider Seiten möglich.

Für Frau U. ist die Kindheit zentral für die Frage nach dem Glauben. Es gibt ihrer Ansicht nach gerade in dieser Lebenszeit Aspekte, die im Hinblick auf Glaubens-fragen für einen Erwachsenen nicht nach- oder aufholbar sind, auch wenn hier nicht ins Detail gegangen wird. Von einer Hinwendung zu religiösen Riten, um familiale Ereignisse oder lebenszeitliche Abschnitte ‘feierlicher’ zu machen, kann hier nicht gesprochen werden. Vielmehr ist die Taufe ein Beispiel für die kindliche Einführung in elterliche Lebenseinstellung und darüber hinaus das symbolische Zeichen der Zusammengehörigkeit auf zwei Ebenen (Familie und Gott), womit wiederum die traditionelle christliche Einstellung übernommen wird, wenn auch nicht explizit vom Ritual zur Einführung in die ‘christliche Familie’ gesprochen wird.

Die traditionelle christliche Argumentation zeigt sich auch in der Erklärung, welche Vorstellung von Gott und Teufel bestünden:

„dadurch dass Gott als Mensch zur Welt gekommen ist, stellt man sich Gott immer als Mensch vor, ne, aber ob es nun wirklich so ist, und, wie gesagt, das wird sicher- das ist genau so ein Geheimnis äh wie mit der Sache was wird aus uns, wie wie werden wir, ähm“

(24/22-25)

„an den Teufel ((fragend)) das fällt mit sehr schwer daran zu glauben muss ich sagen, ich, in gewisser Weise habe ich schon, man hat schon son bissel na ja Ängste gestalten sich schon bei mir, wenn man so ehrlich ist, aber, das fällt mir schwer jetzt (3) wirklich daran zu glauben ja“

(25/3-6) Es gibt hier keine Distanzierung, keine Konversion. Stattdessen wird die ‘katholi-sche Lösung’ präsentiert, zumindest was die Frage nach der Gottesvorstellung betrifft. Es ist eben „ein Geheimnis“, wobei das „es“ nicht explizit aufgelöst wird, und so wird das Geheimnis immer tiefer, je widersprüchlicher es sich offenbart. Se-mantisch lässt sich neben mystischen Aspekten der Bezug zum Katechismus rekonstruieren, der nicht individualisiert wird.

Etwas anders gestaltet sich das Statement zur Teufelsvorstellung. Auch seine Rea-lität wird nicht in Frage gestellt, doch seine Erscheinung ‘bürgerlich weichgespült’

und auf die Ebene eines Kobolds degradiert (im Unterschied zur Tatsachenbehaup-tung, Gott sei „als Mensch“ zur Welt gekommen).

Es kann meines Erachtens zusammenfassend rekonstruiert werden, dass sich Frau U. in weiten Teilen am katechetischen Sprachgebrauch orientiert und diesen über-nimmt.

Auch im Hinblick auf den Kindergarten werden einige Aspekte sehr deutlich. Der Glaube ist für Frau U. zwar etwas Alltägliches aber nicht banal. Bedeutet religiöse Sozialisation der eigenen Kinder, sie ‘auf den rechten Weg’ zu bringen, ist die An-bindung an konfessionelle Organisationen im klassischen Sinne die Hinwendung zur ‘Gemeinschaft der Gläubigen’:

„ja, also, ja doch das ist schon für uns klar gewesen, deswegen deswegen auf jeden Fall bleiben wir ja auch hier wohnen, nicht nur der Familie wegen, sondern eben auch wegen der, wegen der Kir- wegen des Kindergartens und unsere, unsere Schule quatsch unsere Gemeinde hat auch eine katholi-sche Grundschule und das ist uns natürlich besonders viel wert dass wir die dahin schicken können, müssen wir zwar auch schon Geld bezahlen, ist

„ja, also, ja doch das ist schon für uns klar gewesen, deswegen deswegen auf jeden Fall bleiben wir ja auch hier wohnen, nicht nur der Familie wegen, sondern eben auch wegen der, wegen der Kir- wegen des Kindergartens und unsere, unsere Schule quatsch unsere Gemeinde hat auch eine katholi-sche Grundschule und das ist uns natürlich besonders viel wert dass wir die dahin schicken können, müssen wir zwar auch schon Geld bezahlen, ist