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B5.1 Determinanten der Übergangsentscheidungen zur Promotion

Promotion ein Signal für die weitere berufliche Laufbahn

B5 Entscheidungen und Übergänge zur Promotion

Die Promotion – und die damit verbundene mehrjährige wissenschaftliche Tätigkeit – ist ein Signal für die berufliche Laufbahn und fungiert sowohl als Voraussetzung für die weitere akademische Karriere als auch „als Motor für die Beförderung von Karrieren in Wirtschaft und öffentlichem Dienst (außerhalb der Wissenschaft)“176 . In diesem Kapitel wird zunächst auf Basis einer Literaturanalyse untersucht, welche Faktoren den Übergang zur Promotion maßgeblich beeinflussen (Kapitel B5.1) .

176 Krempkow, R./Huber, N./Winkelhage, J. (2014): Warum verlassen Promovierte die Wissenschaft oder bleiben? In: Qualität in der Wissenschaft, 8, 4, S. 96–106, S. 96

Anschließend werden Daten dreier Kohorten des DZHW- Absolventenpanels (Jahr­

gänge 2001, 2005 und 2009) ausgewertet, die zentrale Faktoren aus der Literaturstudie aufgreifen . Diese Analyse soll die in der Literatur vorgefundenen Faktoren und deren Ein­

flussstärke auf den Promotionsübergang ergänzen (s. Kapitel B5.2) . Wenn dort die Begriffe beeinflussen oder erklären verwendet werden, so beziehen sich diese im statistischen Sinne auf die Wiedergabe von Ergebnissen multivariater Analysen . Die direkte Ableitung der Kausalität ist damit streng genommen nicht möglich . Das Kapitel schließt mit einer Zusammenfassung in Kapitel B5.3.

Die folgenden Ausführungen beruhen in weiten Teilen auf der Begleitstudie zum BuWiN 2017 „Entscheidungen und Übergänge zur Promotion (Begleitstudie B2)“ .

Leitfragen

• Welche Faktoren beeinflussen den Übergang vom Hochschulstudium zur Promotion?

• Welchen Einfluss haben insbesondere soziodemografische und bildungsbiografische Merkmale sowie disziplinspezifische Unterschiede und die Leistung im Studium?

• Welche Faktoren beeinflussen die Übergangsentscheidung nach dem Studium am stärksten?

B5.1 Determinanten der Übergangsentscheidungen zur Promotion

In der einschlägigen Literatur werden folgende Einflussfaktoren auf die Entscheidung zu promovieren behandelt:

• das Studienfach,

• soziodemografische Merkmale (Alter, Geschlecht, soziale Herkunft, Familienstand),

• bildungs- und berufsbiografische Merkmale (Leistung im Studium, persönliche Kontakte im Studium, Abiturnote, Ausbildung vor dem Studium),

• psychosoziale Merkmale und persönliche Präferenzen . Studienfach

In Kapitel B1 wurde bereits gezeigt, dass es bei der Verteilung der Promovierenden auf die Fächergruppen deutliche Unterschiede gibt . Die Gründe hierfür können einerseits in den unterschiedlichen fachspezifischen Arbeitsmärkten liegen177 sowie andererseits in der Anzahl und Ausstattung von Promotionsstellen und - möglichkeiten.Die Unterschiede in der Wahrscheinlichkeit der Promotionsaufnahme und des Promotionsabschlusses wurden in Kapitel B1 anhand der Promotionsquoten verdeutlicht . Die Promotionsquote bestimmt

177 Zum Beispiel Heineck, G./Matthes, B. (2012): Zahlt sich der Doktortitel aus? Eine Analyse zu monetären und nicht-monetären Renditen der Promotion. In: Huber, N. u. a. (Hg.): Der Doktortitel zwischen Status und Qualifikation. Berlin: iFQ-Working Paper No. 12, S. 85–99; Falk, S./Küpper, H. (2013): Verbessert der Doktortitel die Karrierechancen von Hochschulabsolventen?

In: Beiträge zur Hochschulforschung, 35 (1), S. 58–77

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den Anteil von Promovierten an den Hochschulabsolventinnen und - absolventen, die einen promotionsberechtigenden Abschluss erworben haben .178 In Tab. B33 sind die Schät­

zungen der Promotionsquoten entlang der Fächergruppen erneut dargestellt . Die Quoten schwanken von 4% in Kunst, Kunstwissenschaft beziehungsweise 7% im Fach Sport bis zu 63% im Fach Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften.

178 Die Promotionsquote als Anteil der Promotionen an den Hochschulabschlüssen ist nicht eindeutig definiert und wird mitun­

ter auch als Promotionsintensität bezeichnet (s. Janson, K./Schomburg, H./Teichler, U. [2007]: Wege zur Professur, Münster u. a., S. 69). Hier wird die Promotionsquote geschätzt über das Verhältnis von Promotionen zu promotionsberechtigenden Hochschulabschlüssen, wobei eine zeitliche Spanne von vier Jahren zwischen promotionsberechtigendem Abschluss und Promotion angesetzt wird (vgl. Kapitel B1).

Tab. B33: Promotionsquoten 2014 nach Fächergruppen und Geschlecht (in %)

Fächergruppe Promotionsquote insge

samt (männlich/weiblich) Promotionsquote (weiblich)

Sprach- und Kulturwissenschaften 13 10

Sport 7 7

Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften 9 7

Mathematik, Naturwissenschaften 40 39

Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften 63 61

Veterinärmedizin 52 50

Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften 22 18

Ingenieurwissenschaften 19 13

Kunst, Kunstwissenschaft 4 4

Insgesamt 22 19

Quelle: Statistisches Bundesamt (2015): Prüfungen an Hochschulen 2014 – Fachserie 11, Reihe 4.2, Wiesbaden; eigene Darstellung

Promotionsquote variiert nach Fächern

Soziodemografische Merkmale

Frauen promovieren in fast allen Fächern etwas seltener als Männer

Studien zu Übergängen vom Studium in die Promotion betrachten häufig den Zusam­

menhang zwischen der Aufnahme einer Promotion und soziodemografischen Merkmalen wie Geschlecht, Alter und Bildungsherkunft

.

Der Vergleich der Studien- mit Promotions­

abschlüssen (s . Kapitel B1) belegt, dass im Jahr 2014 nahezu gleiche Anteile von Absol­

ventinnen (48%) und Absolventen (52%) ein Hochschulstudium abschließen, während es bei Promovierenden einen leicht höheren Männeranteil (56%) gibt . Dieses Ergebnis findet sich auch in den Promotionsquoten (s . Tab. B33): Frauen promovieren in fast allen Fächergruppen etwas seltener als Männer, die Promotionsquote über alle Fächer hinweg ist bei weiblichen Hochschulabsolventinnen insgesamt um 3 Prozentpunkte geringer

.

Trotz

des in den vergangenen Jahren verzeichneten zahlenmäßigen Anstiegs der von Frauen abgeschlossenen Promotionen liegen diese immer noch hinter den Männern zurück, auch wenn der Frauenanteil an abgeschlossenen Promotionen im Zeitverlauf von 2000 bis 2014 sukzessive gestiegen ist (vgl auch Kapitel B1) .

Mit zunehmendem Alter bei Abschluss des Studiums sinkt die Wahrscheinlichkeit für einen Übergang in die Promotion leicht, wie beispielsweise Jaksztat feststellt . Dieses Ergebnis bleibt auch unter Kontrolle von Leistungsunterschieden im Studium stabil .179

Einzelne Studien und Analysen deuten zudem darauf hin, dass Hochschulabsolventin­

nen und - absolventen mit akademisch gebildeten Eltern mit höherer Wahrscheinlichkeit eine Promotion aufnehmen .180

179 Jaksztat, S. (2014): Bildungsherkunft und Promotionen. In: Zeitschrift für Soziologie, 43, 4, S. 286–301

180 Schindler, S./Lörz, M. (2015): Social Inequality in Higher Education from a Life Course Perspective: Transitions and Social Selectivity between Enrolment and first Post-Doc position, unveröffentlichter Vortrag auf der Konferenz „(Persistent) Inequalities Revisited“, Juli 2015 in Ascona (Schweiz); https://www.ish.uni-hannover.de/10350.html (24.02.2015)

Dieser Zusammenhang bleibt auch dann bestehen, wenn

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Leistungsunterschiede – die in der Regel mit der Bildungsherkunft einhergehen – in die Analyse einbezogen werden .181

181 Jaksztat, S. (2014): Bildungsherkunft und Promotionen. In: Zeitschrift für Soziologie, 43, 4, S. 286–301

Persönlicher Kontakt zu Doktormutter beziehungsweise -vater im Studium und Studienleistung

Ein zentrales Ergebnis der gesichteten Untersuchungen ist, dass sich der bereits im Stu­

dium aufgebaute persönliche Kontakt zur späteren Doktormutter beziehungsweise zum Doktorvater positiv auf die Wahrscheinlichkeit der Promotionsaufnahme auswirkt .182 Lenger belegt in einer Befragung von über 1 .800 Promovierenden, dass rund 57% ihre Stelle durch den persönlichen Kontakt zu Doktormutter oder - vater erhalten haben, bei­

spielsweise über Tätigkeiten als wissenschaftliche Hilfskraft, Tutorin oder Tutor und über Abschlussarbeiten des Studiums .183 Verschiedene Akteure hinterfragen, ob mit dieser Art der Rekrutierung tatsächlich die besten Promovierenden gewonnen werden . Der Wissen­

schaftsrat184 und die Salzburg- Empfehlungen185 beispielsweise fordern ein systematisches Verfahren der Stellenbesetzung mit externen Gutachten, sodass die Entscheidung der Stellenbesetzung nicht ausschließlich – oder primär – bei einer Professorin beziehungs­

weise einem Professor liegt .

182 Ebd.

183 Lenger, A. (2009): Die Promotion, Konstanz

184 Wissenschaftsrat (WR) (2011): Anforderungen an die Qualitätssicherung der Promotion, Köln

185 European University Association (2010): Salzburg II Recommendations. European Universities Achievements since 2005 in implementing the Salzburg Principles; http://www.eua.be/Libraries/publications-homepage-list/Salzburg_II_

Recommendations (14.07.2015)

Die Promotionsabsicht wird ferner von der Studienleistung beeinflusst .186 Zudem be­

steht ein Zusammenhang zwischen positiver Studienleistung und persönlichem Kontakt beziehungsweise Hilfskrafttätigkeiten der Studierenden, da leistungsstarke Studierende mit diesen Aufgaben eher betraut werden und dies wiederum ihre Motivation zur Auf­

nahme einer Promotion tendenziell fördert .187

186 Zum Beispiel Bargel, T./Röhl, T. (2006): Wissenschaftlicher Nachwuchs unter den Studierenden, Bonn/Berlin 187 Ebd.

Psychosoziale Merkmale und persönliche Präferenzen

Psychosoziale Merkmale und persönliche Präferenzen haben ebenfalls einen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit der Aufnahme einer Promotion . Die soziale Unterstützung sowie die Selbstwirksamkeitserwartung188 werden als wichtige Einflussfaktoren hinsichtlich der Entscheidung für eine Fortsetzung der wissenschaftlichen Tätigkeit, auch in Form der Promotion, gesehen .189 Der positive Effekt der Selbstwirksamkeitserwartung auf die wis­

senschaftlichen Laufbahnintentionen lässt sich auch bei promovierten Nachwuchswissen­

schaftlerinnen und - wissenschaftlern finden.190

188 Selbstwirksamkeitserwartung ist definiert als die persönliche Einschätzung, spezifische Anforderungen erfolgreich bewälti­

gen zu können.

189 Findeisen, I. (2011): Hürdenlauf zur Exzellenz, Wiesbaden

190 Briedis, K./Jaksztat, S./Preßler, N./Schürmann, R./Schwarzer, A. (2014): Berufswunsch Wissenschaft? HIS: Forum Hochschule, Hannover

Nach einer Studie des DZHW geben die Promovierenden etwa je zur Hälfte als ur­

sprüngliche Promotionsmotive „Voraussetzung für eine wissenschaftliche Karriere schaf­

fen“ (51%) beziehungsweise „meine Berufschance außerhalb der Wissenschaft verbessern“

(54%) an . Unter den Promovierenden, die als zukünftiges berufliches Ziel Forschung und Lehre angeben, war das wissenschaftliche Motiv sogar in 85% der Fälle sehr stark . Hingegen war für 68% der Promovierenden, die ihr berufliches Ziel außerhalb der Forschung und Lehre sehen, die Entscheidung zur Promotion bereits mit dem Motiv der Verbesserung der Berufschancen außerhalb der Wissenschaft verbunden .191

191 Ebd.