• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Arbeitsmarkt Norwegen: Krankenhäuser suchen dringend Spezialisten" (26.09.1997)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Arbeitsmarkt Norwegen: Krankenhäuser suchen dringend Spezialisten" (26.09.1997)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

D

ie Region Hordaland liegt im von Fjorden durchzogenen, bergigen Südwesten Norwe- gens. Hier haben vier kleinere lokale Krankenhäuser selbst die In- itiative ergriffen, um den Mangel an Fachärzten in ihren Häusern zu behe- ben. Zweieinhalb Jahre dauerte der Weg durch die Instanzen des staatli- chen Gesundheitssy-

stems, bis die Zu- stimmung der Regi- on vorlag und Gel- der bereitgestellt wurden, um aktiv die Rekrutierung von Ärzten aus dem Aus- land zu betreiben. In Zusammenarbeit mit der Unternehmens- beratung Mercuri Urval, die eine Nie- derlassung in Ber- gen, der größten Stadt der Region, unterhält, sollen vor allem deutsche Ärz- tinnen und Ärzte für

die vier Krankenhäuser in Bergen, Voss, Odda und Leirvik auf der Insel Stord angeworben werden.

„Wir müssen viele Patienten zur Behandlung in andere Regionen schicken, weil wir nicht genug Fachärz- te haben. Das führt natürlich ständig zu Beschwerden“, schildert Per An- ders Hunderi, Chefarzt der Anästhesie am Haraldsplass Krankenhaus in Ber- gen, die Situation. Behandlungseng- pässe haben die Wartelisten der Pati- enten anwachsen lassen. Für das Ha- raldsplass Krankenhaus stellen vor al- lem die gesetzlich festgelegten „Warte- listen-Garantien“ ein Problem dar.

Diese sichern jedem Patienten je nach

Schwere seiner Erkrankung eine so- fortige Behandlung beziehungsweise eine Behandlung innerhalb von drei oder sechs Monaten zu. Das Akut- krankenhaus mit 157 Betten versorgt gemeinsam mit der Universitätsklinik in Bergen ein Einzugsgebiet mit rund 300 000 Einwohnern. Etwa 10 000 Pa- tienten werden jährlich in der dem

Krankenhaus angeschlossenen Polikli- nik behandelt. Die spezialärztliche Versorgung ist in Norwegen vorwie- gend am Krankenhaus angesiedelt.

Privat niedergelassene Fachärzte sind landesweit die Ausnahme.

Budgetsituation hat sich entspannt Für die fachärztliche Versorgung und die Sicherstellung der Kranken- hausversorgung sind die 19 sogenann- ten Fylke-Kommunen zuständig, von denen Hordaland eine ist. Diese Ver- waltungsbezirke sind zwischen der

staatlichen und der kommunalen Ebene angesiedelt, die die primär- ärztliche Versorgung sicherstellt.

Nachdem in den letzten Jahren auch die norwegischen Krankenhäu- ser vom Bettenabbau betroffen wa- ren, hat sich die Situation mittlerweile entspannt. Wie Olav Dahlberg, Lei- tender Chefarzt des 75-Betten-Kran- kenhauses in Voss, erklärt, werden die Budgets der Hos- pitäler zwar von der Fylke-Kommune streng kontrolliert:

„Es wird jedoch nicht mit der Axt gekürzt.“ Zudem ist jeder Chefarzt für das Budget seiner Abteilung verant- wortlich: „Wir ver- bringen viel Zeit mit Managementaufga- ben“, sagt Dahlberg.

„Um das Budget nicht zu überschrei- ten, ist es häufig nicht möglich, an Geräten das Neuste vom Neuen zu kaufen.“ Trotzdem sind die Krankenhäuser gut ausgestat- tet. Das Voss Fylkessjukehus eröffnet Anfang nächsten Jahres einen neuen OP-Trakt sowie einen Trakt für die ambulante spezialärztliche Versor- gung. Diese findet auch hier haupt- sächlich im Krankenhaus statt, da es in Voss und Umgebung lediglich zwei niedergelassene Fachärzte gibt. Am dringendsten benötigt das Kranken- haus laut Dahlberg einen Kardiologen und einen Gastroenterologen.

Um den Mangel an Fachärzten auszugleichen, müssen die Kranken- häuser häufig offene Stellen mit kurz- A-2470 (26) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 39, 26. September 1997

P O L I T I K REPORTAGE

Arbeitsmarkt Norwegen

Krankenhäuser suchen dringend Spezialisten

Norwegen gehört derzeit zu den wirtschaftlich erfolgreichsten Staaten in Europa. Dennoch fehlen nach Schätzungen des nor- wegischen Arbeitsdirektorates im staatlichen Gesundheitswesen des Landes in den kommenden Jahren rund 1 000 Ärzte, vor al-

lem Spezialisten. Viele Krankenhäuser sähen es gerne, wenn diese freien Stellen mit deutschen Fachärzten besetzt würden.

Dazu sind jetzt – teilweise auf Initiative einzelner Kliniken – auf Landes- und Regionalebene verschiedene Projekte angelaufen.

Bergen ist die größte Stadt in der Fylke-Kommune Hordaland und nach Oslo die zweitgrößte des Landes.

(2)

zeitigen Vertretungen besetzen. Die- se Vertretungsärzte stammen wie im Stord Fylkessjukehus in Leirvik häu- fig aus Dänemark oder Schweden und arbeiten während ihres Urlaubs an den norwegischen Krankenhäusern.

Kjell Mellesdal, Personalchef des Storder Krankenhauses, klagt: „Wir zahlen oft horrende Gehälter, um die- sen Vertretungen einen Anreiz zu lie- fern, während ihres Urlaubs hier zu arbeiten. Das ist langfristig teurer als eine volle Stelle neu zu besetzen.“

Daher ist man auch in Stord daran in- teressiert, qualifizierte Fachärzte un- befristet einzustellen.

Mehr Studienplätze für Medizin geplant Die Ursachen für den Mangel an Spezialisten liegen zum einen darin, daß der Zugang zum Medizinstudium streng reglementiert und die Zahl der Medizinstudenten gering gehalten wurden. Mittlerweile, so Dahlberg, hat die Regierung angekündigt, 120 weite- re Studienplätze für Medizin einzu- richten: „Aber es dauert natürlich Jah- re, bis diese Studenten zu Spezialisten aus- und weitergebildet worden sind.“

Zudem ist, wie Hens Olav Fadnes, Chefarzt der Inne-

ren Medizin am Krankenhaus Stord, erklärt, in der Ver- gangenheit vor al- lem das Primärarzt- wesen gefördert worden. Allge- meinärzte würden gut bezahlt und genössen ein hohes Ansehen. „Unter diesen Umständen war es schwierig, Ärzte dazu zu bewe- gen, sich zu speziali- sieren.“

Trotz des Per- sonalmangels sind

die Ärzte mit ihrer Arbeit offenbar sehr zufrieden. Es herrscht eine ruhi- ge, gelassene Atmosphäre in den ein- zelnen Häusern. Zwei deutsche Ärzte – Bodo Günther ist Assistenzarzt in Stord, Jürgen Geisler Assistenzarzt an der Universitätsklinik in Bergen – bestätigen diesen Eindruck. „Die Ar-

beitszeiten sind in Norwegen wesent- lich geregelter als in Deutschland. Ein normaler Arbeitstag beginnt morgens um acht Uhr und endet nachmittags um vier Uhr“, sagt Günther. Er arbei- tet seit längerer Zeit in Stord und ist mittlerweile mit einer Norwegerin verheiratet. „Davon abgesehen, daß die Überstunden

bezahlt werden, ist die Arbeit im Kran- kenhaus sehr fa- milienorientiert. Es ist einfach leichter, Arbeit und Familie unter einen Hut zu bringen. Darüber hinaus hat man das Gefühl, gebraucht zu werden. Das ist sehr motivierend.“

Geisler betont das gute Arbeitsklima:

„Hierarchische Strukturen kom- men an norwegi- schen Krankenhäu- sern kaum vor. Die

Zusammenarbeit verläuft sehr kolle- gial und informell.“ Deutsche Ärzte würden in der Regel sowohl von Kol- legen als auch von Patienten schnell und gut aufgenommen. Hilfreich sei hier das Bild, das die Norweger von deutschen Ärzten haben. Sie gelten als fleißig, korrekt und gut ausgebil- det. Die wenig ausgeprägte An- spruchshaltung der Patienten trägt nach Ansicht von Geisler ebenfalls zum guten Klima an den Kranken- häusern bei. Auch Dahlberg ist mit seiner Arbeit am Voss Fylkessjuke- hus zufrieden. Er sieht durchaus Vorteile darin, in ei- nem kleinen Krankenhaus zu arbei- ten, und schätzt die persönliche Bin- dung an die Patienten, die kollegiale Zusammenarbeit des Krankenhaus- personals und die kurzen Wege, die erheblich zur guten Kommunikati- onsstruktur an der Klinik beitragen.

Nicht zuletzt stünden den Kranken- hausärzten alle fünf Jahre vier Mona- te bezahlter Fortbildungsurlaub zu.

Mittlerweile hat das norwegische Arbeitsdirektorat in Zusammenar- beit mit der Zentralstelle für Arbeits- vermittlung in Frankfurt ebenfalls ein Projekt zur Rekrutierung deutscher Ärzte aufgelegt, in das auch die Bun- desärztekammer eingebunden ist.

Dieses Projekt ar- beitet landesweit.

Am meisten vom Ärztemangel be- troffen sind die nördlichen, westli- chen und südwest- lichen Gebiete Norwegens. Das Arbeitsdirektorat plant, rund 800 un- befristete Stellen in ganz Norwegen zu besetzen. Bewer- ben können sich Fachärzte, in Aus- nahmefällen auch Ärzte, die kurz vor dem Abschluß ihrer Weiterbildung stehen. Ihnen wird empfohlen, die restliche Weiterbildungszeit in Nor- wegen abzuleisten und die Facharzt- prüfung in Deutschland abzulegen, da das norwegische Weiterbildungssy- stem sich vom deutschen in einigen Punkten unterscheidet.

Das Regierungsprogramm bietet zudem an, Ehepartnern der Bewerber bei der Stellensuche behilflich zu sein.

Alle Krankenhäuser unterstützen ih- re ausländischen Ärzte bei der Woh- nungssuche. Manche wie in Stord oder Bergen vermieten krankenhaus- eigene Wohnungen. Voraussetzung für die ärztliche Tätigkeit in Norwe- gen ist in beiden Programmen neben dem Abschluß eines Intensiv-Sprach- kurses eine offizielle Autorisierung zur Berufsausübung. Heike Korzilius

A-2471

P O L I T I K REPORTAGE

Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 39, 26. September 1997 (27) Alf M. Bygnes ist Verwaltungsdirektor am Voss

Fylkessjukehus: „Wir brauchen vor allem Kar- diologen und Gastroenterologen.“

Olav Dahlberg, Medizinischer Direktor des Voss Fylkessjukehus, würde es begrüßen, vakante Stellen mit deutschen Fachärzten zu besetzen:

„Wir sind immer offen für neue Ideen.“

Fotos (3): Heike Korzilius

l Informationen zum Projekt und zu den Bewerbungsmodalitäten erteilen Mercuri Urval, Otto-von- Goericke-Ring 15, 65205 Wiesbaden sowie die Zentralstelle für Arbeits- vermittlung, Vermittlungsstelle 22.12, Feuerbachstraße 42-46, 60325 Frank- furt am Main.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Für das Fachgebiet Orthopädie und Unfallchirurgie kann eine sol- che Relation leider nicht exakt er- mittelt werden, da immer noch viele Orthopäd(inn)en oder Unfall -

Der Ärztetag hat sich dafür ausgesprochen, eine institutionelle Öffnung von Krankenhäusern für die ambulante Versorgung nur noch in Ausnahmefällen zuzulassen.. Vorrang

„Wir müssen über neue Wege nachdenken – über eine Stär- kung des kooperativen Belegarztwesens, über eine Konsiliartätigkeit der nieder- gelassenen Fachärzte im Krankenhaus

Wenn auch das wachsende öf- fentliche Mißtrauen gegen die Ärzte und in Sonderheit gegen Chefärzte ein wesentlicher Grund für den Ver- lust an Macht im Krankenhaus war und den

Für Köhler steht außer Fra- ge, dass MVZ oder große Gemein- schaftspraxen, Ärztehäuser und Koope- rationen zwischen niedergelassenen Ärz- ten und Krankenhäusern künftig in

Die Ankündigung des NRW-Gesundheitsministers Karl Lau- mann, für mindestens zwei Jahre keine Investitionen in Krankenhäusern mehr zu bewilligen und zu finanzieren, ist ein Tritt in

Die unbesetzten Stellen veränder- ten sich gegenüber 1980 nur ge- ringfügig; sie betragen bei den Pflegekräften 8 Prozent (1980: 7,4 Prozent) und bei den Ärzten 13,5 Prozent

> Das Krankenhaus wird über das bisherige gesetzlich zulässige Maß für die ambulante fachärztliche Versor- gung geöffnet (klinikambulatorisches Operieren) und kann im größeren