Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 111|
Heft 38|
19. September 2014 A 1539V
or 42 Jahren übernahmen die Bundesländer die Verantwortung dafür, die Investitionen der Kran- kenhäuser zu sichern. Seither ist das Verhältnis der öf- fentlichen Fördermittel zu den GKV-Krankenhausaus- gaben von rund 25 Prozent auf unter vier Prozent ge- sunken. Das hat verheerende Folgen für die Gebäude und die Ausstattung der Kliniken, aber auch direkt für die Patientenversorgung. Denn viele Krankenhäuser sehen sich gezwungen, Investitionen aus den Fallpau- schalen zu tätigen – also aus Geldern, die für die Pa- tientenversorgung da sind. Mit dem Rückzug aus der Investitionsförderung nehmen die Länder zudem ihre Gestaltungsspielräume bei der Strukturentwicklung der Krankenhausversorgung immer weniger wahr. Vor die- sem Hintergrund scheint eine Beteiligung sowohl der Krankenkassen als auch des Bundes an der Investiti- onsfinanzierung der Kliniken sinnvoll.Das meinen auch der Verband der Krankenhaus - direktoren Deutschlands (VKD) und der Verband der Leitenden Krankenhausärzte Deutschlands (VLK). In einem Positionspapier fordern sie, dass sich die Kran- kenkassen an der Finanzierung von Regelinvestitionen in den Krankenhäusern beteiligen. Dazu sollen sie ei- nen Zuschlag in Höhe von fünf Prozent auf alle Kran- kenhausrechnungen bezahlen. Auf diese Weise könnten jährlich rund 3,6 Milliarden Euro zusammenkommen.
Nimmt man die 2,7 Milliarden Euro hinzu, die aktuell pro Jahr von den Ländern gezahlt werden, kommt man auf eine Summe von 6,3 Milliarden Euro (und somit auf einen Investitionsbedarf in einer Größenordnung, wie ihn auch die Bundesärztekammer und die Deutsche Krankenhausgesellschaft sehen).
Doch damit nicht genug: Um eine „bedarfsgerechte Strukturentwicklung“ der Krankenhausversorgung zu erreichen, sollen zusätzlich 2,7 Milliarden Euro jähr- lich aus Mitteln des Bundeshaushaltes in die Kranken- häuser investiert werden, fordern VKD und VLK. Von dem Geld profitieren sollten vor allem Krankenhäuser in regionalen Verbünden, die eine Anpassung auf der Ebene ihrer Fachabteilungen und Standorte oder eine Umwidmung anstreben. Das erinnert an den Investiti-
onsfonds in Höhe von 500 Millionen Euro, den Union und SPD während der Koalitionsverhandlungen ein- richten wollten, um Träger zu motivieren, ihre Kliniken in lokale Versorgungseinrichtungen wie medizinische Versorgungszentren oder Pflegeheime umzuwandeln.
Der leitende Gedanke war dabei, dass politische Ent- scheidungsträger wiedergewählt werden wollen und deshalb die Schließung „ihres“ Krankenhauses unbe- dingt vermeiden wollen. Letztlich wurde der Vorschlag doch nicht Teil der Koalitionsvereinbarung.
Angesichts ihrer weiterhin guten Finanzlage ist eine vorübergehende Beteiligung der Kassen an den Kran- kenhausinvestitionen zumutbar. Im Gegenzug dürften diese freilich auf ein Mitspracherecht bei den Investiti- onsentscheidungen pochen, was ebenfalls für eine zeit- liche Begrenzung dieser Maßnahme spricht.
Auch die Haushaltslage des Bundes ist derzeit gut und würde eine befristete Beteiligung an den Investitio- nen erlauben. Wenn die Länder ihren Verpflichtungen zur Daseinsvorsorge nicht ausreichend nachkommen, ist es nur folgerichtig, dass der Bund einspringt. Hier ist aber unbedingt darauf zu achten, dass das Geld aus dem angedachten Fonds gezielt verwendet wird, um die sta- tionäre Versorgung in einer Region sinnvoll strukturell anzupassen. Dient das Geld hingegen nur als „Ab- wrackprämie“, so besteht die Gefahr, dass auch versor- gungsnotwendige Krankenhäuser „vom Netz gehen“.
KRANKENHÄUSER
Die Versorgung sichern
Jens Flintrop
Jens Flintrop Stellvertretender Leiter der politischen Redaktion