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Archiv "Krankenhäuser: Auf dem Weg in die ambulante Versorgung" (07.07.2006)

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in noch härterer Wettbewerb als bis- her steht den Krankenhäusern in Deutschland bevor – zumindest wenn man dem Szenario der Wirtschaftsprü- fungsgesellschaft Ernst & Young zur Ge- sundheitsversorgung im Jahr 2020 glaubt.

Demnach stehen rund 25 Prozent der Krankenhäuser vor dem Aus. Die Zahl der Betten wird um mehr als 50 Prozent sinken, die durchschnittliche Liegezeit auf 6,2 Tage schrumpfen. Chancen räu- men die Autoren der Studie nur „360- Grad-Anbietern“ ein, also solchen, die alles unter einem Dach offerieren – von der stationären über die ambulante Ver- sorgung bis hin zu Prävention und Well- ness. Ob die Vorhersagen von Ernst &

Young wirklich eintreten, ist offen. Klar ist jedoch, dass die Krankenhäuser unter Druck stehen und immer mehr stationä- re Einrichtungen den ambulanten Be- reich für sich entdecken. So sieht sich auch das Klinikum Leverkusen auf dem Weg zu einem „360-Grad-Anbieter“. Für die künftigen Herausforderungen fühlt man sich gut gerüstet. „Unser Motto ist:

den Patienten zur richtigen Zeit am rich- tigen Ort von der richtigen Person be- handeln zu lassen“, sagt Andreas Weiß, Leiter des Geschäftsbereichs Finanzen und Controlling des Klinikums. Die We- ge zwischen dem niedergelassenen und stationären Sektor sollen schneller und flexibler werden.

Unter der Dachmarke „Gesund- heitspark Leverkusen“ existiert direkt neben dem Klinikum seit gut einem hal- ben Jahr das Ärztehaus MEDILev. Be- treiber ist die Klinikum Leverkusen Service GmbH, eine hundertprozentige Tochter des Klinikums. Zwölf Arztpra- xen sind hier untergebracht, mit allen niedergelassenen Ärzten bestehen Ko- operationsverträge. „Die Zielsetzung war von vornherein, in dem Ärztehaus

Niedergelassene unterzubringen, die das Spektrum des Klinikums sinnvoll ergänzen, aber auch die Kapazität er- weitern“, erläutert Weiß. Dabei gehe es jedoch nicht um eine Dominanz des Krankenhauses, sondern um ein „sinn- volles Verbinden“, betont der Diplom- Verwaltungswirt.

Kurze Wege und Wellness

Im MEDILev sind neben den Arztpra- xen auf einer Fläche von etwa 10 000 Quadratmetern noch weitere Leistungs- erbringer untergebracht: eine Apotheke, ein Sanitätshaus, jeweils eine Praxis für Ergotherapie und Logopädie, eine Not- fallpraxis der Kassenärztlichen Vereini- gung Nordrhein und eine Niederlassung der BKK Bayer. Ein Beratungszentrum ist für das Überleitungsmanagement von Patienten zuständig. Der hier ansässige

Sozialdienst des Klinikums arbeitet eng mit einem ambulanten Pflegedienst zu- sammen, der ebenfalls im MEDILev sitzt. Und die Planungen gehen weiter:

Neben dem Ärztehaus soll das MEDI- Spa entstehen, ein Zentrum für Physio- therapie, ambulante Rehabilitation und Wellness. Der „Gesundheitspark Lever- kusen“ entwickelt sich zu einem Rund- umversorger.

Ein weiterer Baustein im Gesund- heitspark ist das seit Anfang des Jahres im MEDILev untergebrachte Medizini- sche Versorgungszentrum (MVZ). Trä- gerin ist die MVZ gGmbH, ebenfalls ei- ne Tochter des Klinikums. Kay Wer- thenbach, einer der vier angestellten Ärzte im Versorgungszentrum, ist von dem Konzept überzeugt. Vorteile sieht er besonders in der engen Anbindung an Klinikum und Ärztehaus. „Die Wege sind kurz“, sagt der Pädiater. Für die Pa- tienten sei es positiv, wenn die verschie- denen Leistungen nahe beieinander an- geboten würden. Neben Werthenbach P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 27⏐⏐7. Juli 2006 AA1873

Krankenhäuser

Auf dem Weg in die

ambulante Versorgung

Krankenhäuser stehen vor einer Neuorientierung. Ihr Blick richtet sich auf den ambulanten Sektor. Gesetzliche Regelungen werden die Strukturen verändern.

Das Ärztehaus MEDILev neben dem Klinikum ist Teil des „Gesundheitsparks Leverkusen“.

Foto:Klinikum Leverkusen gGmbH,Andrea Borowsky

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arbeiten noch zwei Allgemeinmedizi- ner und ein Anästhesist im MVZ.

Das Klinikum Leverkusen gehört zu den wenigen Krankenhäusern in der Region Nordrhein, an die ein MVZ an- gegliedert ist. Bundesweit ergibt sich ein ähnliches Bild: Die große Mehrheit der 420 Versorgungszentren ist von Nie- dergelassenen gegründet worden, nur etwa ein Viertel ist in Trägerschaft eines

Krankenhauses. Die Erwartungen der Politik an die MVZ haben sich bislang offenbar nicht erfüllt, viele Kranken- häuser sind noch zurückhaltend. Die Tendenz zu einem stärkeren Engage- ment der Krankenhäuser im ambulan- ten Bereich ist aber vielerorts spürbar.

„Wir müssen als Krankenhäuser in den ambulanten Bereich hinein. Es gibt kei- ne Alternative“, sagte Priv.-Doz. Dr.

med. Lutz Fritsche, stellvertretender Ärztlicher Direktor der Charité, auf der MCC-Veranstaltung „Krankenhäu- ser auf dem Weg in die ambulante Versorgung“ Ende Mai in Köln.

Diese Entwicklung ist dem Ärzte- bund MEDI Deutschland ein Dorn im Auge. MEDI hat deshalb bei der Eu- ropäischen Gemeinschaft in Brüssel, Generaldirektion Wettbewerb, Be- schwerde eingelegt. Mit öffentlichen Subventionen würden in den Kranken- häusern Betriebsdefizite ausgeglichen und MVZ-Strukturen geschaffen, die in einen unfairen Wettbewerb mit den niedergelassenen Vertragsärzten ein- träten. In der Beschwerde vom 8. Fe- bruar wird darauf hingewiesen, dass

nach einer Umfrage aus dem Jahr 2005 mehr als 40 Prozent der Krankenhäuser und mehr als zwei Drittel der Kranken- häuser ab 300 Betten die Gründung ei- nes MVZ planen. Für MEDI bilden die MVZ das Einfallstor für krankenhaus- zentrierte Angestelltenstrukturen.

In den Krankenhäusern würden über die MVZ ambulante Leistungen er- bracht, die auch von den niedergelasse-

nen Haus- und Fachärzten in der Umge- bung angeboten würden. Der Ärzte- bund MEDI klagt, dass die niedergelas- senen Ärzte unter diesen verfälschten Wettbewerbsbedingungen Schwierig- keiten hätten, in der ambulanten Ver- sorgung gegenüber den Krankenhäu- sern zu bestehen. Nicht zuletzt deshalb seien Ärzte, die sich niederlassen wol- len, wegen der restriktiveren Kredit- vergabe der Banken gegenüber den Krankenhäusern im Nachteil. Kranken- häuser würden zunehmend die Praxen niedergelassener Haus- und Fachärzte und damit auch deren Zulassungen auf- kaufen. „Auf Dauer führt dies zu einer Konzentration der medizinischen Ver- sorgung bei Krankenhäusern und zu einer Verdrängung der niedergelasse- nen Haus- und Fachärzte“, kritisiert MEDI in der Beschwerde an die EU- Wettbewerbskommission.

Allerdings sind es nicht allein Kran- kenhäuser in öffentlicher Trägerschaft, sondern auch die privaten Klinikketten, die sich um die Errichtung von Medizi- nischen Versorgungszentren an ihren Standorten bemühen. Hier kann der

Vorwurf der öffentlichen Subvention von Betriebsdefiziten nicht greifen.

Nach Einschätzung von Dr. med. Jörg Bader, Geschäftsführer der Helios Ver- sorgungszentren GmbH, ist derzeit der Veränderungsdruck in der ambulanten Medizin sehr hoch; alle Beteiligten suchten nach neuen Strukturen. Politi- ker würden sich Kostensenkungen durch mehr ambulante und integrierte Versorgung versprechen, Krankenhäu- ser hätten Überkapazitäten und nieder- gelassene Ärzte sähen sich als Einzel- kämpfer mehr und mehr einem unkal- kulierbaren finanziellen Risiko ausge- setzt. Dementsprechend würden sich die Strukturen der medizinischen Ver- sorgung in den nächsten Jahren tiefgrei- fend verändern; die Vernetzung zwi- schen stationärer und ambulanter Me- dizin werde stark zunehmen.

Dies schätzt man auch bei der Charité so ein. „Wir sollten den ambulanten Sek- tor nicht als Biotop betrachten, den es zu schützen gilt“, sagte Fritsche. Die Univer- sitätsklinik sieht sich in einer zentralen Rolle in der Berliner Versorgungsland- schaft. An allen drei Standorten gibt es bereits ein MVZ. Sieben Verträge zur In- tegrierten Versorgung (IV) hat die Cha- rité abgeschlossen.Aber die Hoffnungen an die IV hätten sich nicht erfüllt, meint Fritsche. Die Verträge seien schwerfällig und aufwendig, böten aber nur ver- gleichsweise geringe ökonomische Vor- teile für die Krankenhäuser. Angesichts fehlender Koordination der Kranken- kassen blieben sie immer kleinteilig.

DKG: Barrieren abbauen

Auch die Charité geht daher eigene We- ge und setzt auf Kooperationsverträge mit niedergelassenen Ärzten. Mittler- weile gibt es 50 „Charité Partner Pra- xen“. Der Vertrag regelt unter anderem die Nutzung von Geräten und Einrich- tungen. Im Fokus steht jedoch die prä- und poststationäre Versorgung. Für Fritsche liegen hier ganz erhebliche Ef- fizienzreserven. Bisher sei die Vorberei- tung von Patienten, etwa vor einer Ope- ration, dadurch erschwert gewesen, dass sie unkoordiniert ablaufe: Laborwerte oder Untersuchungsbefunde fehlten oder seien unzureichend, die Termin- planung nicht optimal. Die post- P O L I T I K

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Ambulante Rehabilitation, Physiotherapie, Wellness: Das Leistungsspektrum der Krankenhäuser wird sich in Zukunft verändern.

Foto:Klaus Rose

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operative Nachsorge sei ebenfalls bes- ser in der Klinik oder bei kooperieren- den Partnern aufgehoben, nicht zuletzt um den Behandlungserfolg zu sichern und zu dokumentieren.

Seine Einschätzung dürfte sich mit der Meinung der Deutschen Kranken- hausgesellschaft (DKG) decken. „Die Überwindung der Sektorengrenzen ist der Schlüssel für mehr Effizienz, Qua- lität und Patientenzufriedenheit“, sagte DKG-Sprecher Holger Mages gegen- über dem Deutschen Ärzteblatt. Beste- hende Barrieren müssten nun endlich von der Politik mutig angegangen wer- den. In einem Positionspapier zur anste- henden Gesundheitsreform fordert die DKG, die ambulante Öffnung der Kran- kenhäuser so zu gestalten, dass sekto- renübergreifend ein echter Wettbewerb um die Versorgung entstehen könne.

„Wir sperren uns nicht gegen den Wettbewerb“, hält der Vorstandsvorsit- zende der Kassenärztlichen Bundesver- einigung (KBV), Dr. med. Andreas Köhler, dagegen, aber dieser müsse dann auch ein Wettbewerb mit gleich langen Spießen sein. Für Köhler steht außer Fra- ge, dass MVZ oder große Gemein- schaftspraxen, Ärztehäuser und Koope- rationen zwischen niedergelassenen Ärz- ten und Krankenhäusern künftig in der ambulanten Versorgung eine immer größere Rolle spielen werden. „Viele Kollegen werden sich künftig sehr genau überlegen, ob sie als freiberufliche Ver- tragsärzte tätig werden oder ob sie die Anstellung zum Beispiel in einem MVZ vorziehen“, führte Köhler im Mai vor der KBV-Vertreterversammlung in Magde- burg aus. Sowohl für angestellte als auch freiberuflich tätige Ärzte biete die Arbeit in einem MVZ sehr viele Anreize. Die kassenärztliche Selbstverwaltung müsse sich darauf einstellen, dass der Begriff der Freiberuflichkeit in der ambulanten ärztlichen Versorgung einem Wandel un- terworfen sei: „Denn der Einzelkämpfer in seiner Praxis wird nur noch einen Teil unserer Klientel darstellen.“

Für Dr. med. Andreas Tecklenburg, Vizepräsident Krankenversorgung der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), ist der Weg in die Zukunft der medizinischen Versorgung klar vorge- zeichnet. „Sie können einen Bus in Tim- buktu in jedem Reisebüro buchen, aber der Hausarzt kann Ihnen heute keinen

Termin für eine ambulante OP im Kran- kenhaus besorgen.“ Auf dem „1. Hanno- verschen Strategietag – Kooperationen und Allianzen im Gesundheitswesen“

Ende Mai plädierte Tecklenburg für die Aufhebung der Sektorengrenzen zwi- schen ambulanter und stationärer Ver- sorgung sowie Rehabilitation. „Die dop- pelte Schiene ambulant/stationär muss aufgebrochen werden.“ Das Kranken- haus müsse sich zu einem die Patienten- karriere steuernden Gesundheitszen- trum entwickeln, das die Behandlungs- abläufe innerhalb eines Sektors, trans- sektoral und interdisziplinär organisiert.

Die derzeit dafür zur Verfügung stehen- den gesetzlichen Möglichkeiten seien zu dünn; bei den bisher in die Praxis umge- setzten Projekten stehe mehr die Erlös- optimierung als der dauerhafte Nutzen für den Patienten im Mittelpunkt.

Krankenhaus à la TUI

Allerdings bedeutet für Tecklenburg bereits die Integrierte Versorgung ei- nen Paradigmenwechsel im deutschen Gesundheitswesen. Nicht nur würden bestimmte Leistungen oder Produkte vom Kostenträger eingekauft; revolu- tionär sei außerdem, dass diese vom Pa- tienten angenommen werden müssten.

Tecklenburgs Zukunftsvision: Wie TUI auf dem Reisemarkt will er mit der MHH Pauschalleistungsanbieter im Gesundheitswesen werden und kombi-

nierte Leistungsangebote für die Pati- enten zur Verfügung stellen. Die Ent- wicklung eines solchen Produkts müsse sich konsequent an den wechselhaften Patientenkarrieren orientieren, wobei das Krankenhaus die umfassende Be- treuung der Patienten übernehmen würde. Ausgehend von einem lebens- langen Behandlungszyklus soll sich das Krankenhaus um die Steuerung der vernetzten Behandlungsabläufe und die sich daraus für den Patienten erge- benden Lebenssituationen kümmern.

Die Forderung nach einer Überwin- dung der Grenzen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung ist nicht neu. Die bisherigen Gesetzesänderun- gen haben hier zu keinem wirklichen Durchbruch geführt. Nun aber könnte das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄG) eine Umwälzung der Strukturen nach sich ziehen. Krankenhäusern wer- den mit dem VÄG voraussichtlich ganz neue Möglichkeiten für die Anstellung von Ärzten eröffnet: Vertragsärzte sol- len künftig parallel in einem Kranken- haus oder einem MVZ arbeiten können.

Das ermöglicht neue Kooperationsmög- lichkeiten zwischen stationären Einrich- tungen und Niedergelassenen und könnte nicht zuletzt auch der MVZ- Idee neuen Auftrieb verleihen. Darüber hinaus werden sich wohl die Vorausset- zungen zur Gründung von MVZ ändern.

Die Definition „fachübergreifend“ nach

§ 95 Abs. 1 SGB V könnte präzisiert werden. Denkbar sei es, dass nicht mehr nur Ärzte mit verschiedenen Fach- richtungen ein solches Zentrum grün- den könnten, sondern unterschiedliche Schwerpunktbezeichnungen ausreichend seien, sagte Dr. jur. Udo Degener- Hencke, Leiter des Referats Grundsatz- fragen der Krankenhausfinanzierung im Bundesgesundheitsministerium (BMG), Ende Mai auf der MCC-Tagung.

Neben Flexibilisierung und Liberali- sierung des Vertragsarztrechts könnten auch im Rahmen der anstehenden Ge- sundheitsreform Gesetzesänderungen folgen, die auf eine weitergehende Öff- nung der Krankenhäuser für ambulante Leistungen abzielen. Im Eckpunktepa- pier zur Gesundheitsreform wird je- doch klargestellt: „Eine generelle Öff- nung der Krankenhäuser zur ambulan- ten Tätigkeit ist nicht vorgesehen.“

Vielmehr sollen bestehende Möglich- A

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KBV-Chef Andreas Köhler: Wir sperren uns nicht gegen einen fairen Wettbewerb.

Foto:Bernhard Eifrig

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keiten konsequenter genutzt werden, etwa beim ambulanten Operieren. Zur Förderung ambulant erbrachter, hoch- spezialisierter Leistungen an Kliniken soll eine eigene Anschubfinanzierung bereitgestellt werden – je 0,5 Prozent von Krankenhäusern und Krankenkas- sen. Die IV-Verträge sollen weiterent- wickelt werden und künftig auf „bevöl- kerungsbezogene Flächendeckung aus- gerichtet sein“, heißt es in dem Eck- punktepapier darüber hinaus. Die An- schubfinanzierung für die IV wird nochmals verlängert.

Ungewöhnliche Partnerschaft

Gemeinsam zu mehr Qualität und Ef- fienz in der Patientenversorgung wol- len die KBV, die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und die Sana Kliniken GmbH kommen. Die unge- wöhnliche Partnerschaft der ärztli- chen Körperschaften mit einem der führenden privaten Krankenhausbe- treiber in Deutschland kam Anfang Dezember 2005 zustande. In einem so genannten Memorandum of Under- standig erklärten die Vertragspartner ihren Willen zu einer strategischen

Kooperation, die einen „Meilenstein bei der Überwindung der Sektoren- grenzen“ darstellen soll.

Die Mitgift in dieser jungen Ehe ist beachtlich. Sana betreibt bundesweit 33 eigene Krankenhäuser. 25 weitere Häuser, die über Managementverträge mit Sana verbunden sind, zählen zum Klinikverbund. 19 Pflegeheime und di- verse Dienstleistungsgesellschaften run- den das Sana-Spektrum ab. Demgegen- über stehen die KBV und bisher zehn der insgesamt 17 KVen als Spitzenorga- nisationen der niedergelassenen Ärzte.

Die Kooperation ist langfristig ange- legt. Zunächst, so KBV-Chef Dr. med.

Andreas Köhler und Sana-Geschäftsfüh- rer Dr. Michael Philippi, sollen an ausge- wählten Standorten einzelne Projekte modellhaft erprobt werden. Konkret geht es um den Aufbau von Notfallpra- xen an Sana-Standorten, die Etablierung von Gesundheitszentren, die gemeinsa- me Sicherstellung einer flächendecken- den Versorgung und um das Über- leitungsmanagement an der Schnittstelle zwischen stationärer und ambulanter Versorgung. Hierzu zählen die Harmoni- sierung der Arzneimittelverordnungen, die Koordination des vor- und nachsta- tionären Krankenhausaufenthalts, die

Erarbeitung gemeinsamer Behandlungs- standards sowie ein abgestimmter Infor- mationstransfer. KBV, KVen und Sana sehen zudem übergreifende Kooperati- onsmöglichkeiten – insbesondere mithil- fe der Informationstechnologie. Die Überlegungen zielen derzeit auf elektro- nische Krankenhauseinweisungen und ebensolche Entlassbriefe.

Dass bei der Zusammenarbeit mit Sa- na die vorrangigen Interessen der nie- dergelassenen Ärzte zu kurz kommen könnten, glaubt Andreas Köhler nicht.

„Wir haben uns mit den Sana Kliniken darauf verständigt“, sagt der KBV-Vor- sitzende gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt, „dass der Grundsatz ,ambu- lant vor stationär‘ gilt.“ Beide Partner stimmten darin überein, dass niederge- lassene Haus- und Fachärzte in der am- bulanten Versorgung unverzichtbar sei- en. Sana-Geschäftsführer Michael Phi- lippi glaubt, dass die Kooperation erfolg- reich sein wird, wenngleich an der Basis noch einiges an Vertrauensbildung gelei- stet werden müsse. Philippi: „Die Ärzte haben die angestrebte Zusammenarbeit überwiegend konstruktiv angenommen, aber die langjährige Trennung der Sek- toren wirkt schon noch nach.“

Dr. med. Birgit Hibbeler, Josef Maus, Thomas Gerst P O L I T I K

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igentlich war es anders geplant, erzählt Dr.

med. Rolf Bauer*. Ein paar Fachärzte in der Kleinstadt wollten ein Ärztehaus bauen und sich dort niederlassen. Das örtliche Krankenhaus er- weiterte jedoch und bot ihnen an, sich in dem Neubau anzusiedeln. Tür an Tür sollten sich am- bulante und stationäre Versorgung besser ver- zahnen lassen – soweit die Idee. Und heute?

Bauers Bilanz ist zwiespältig. „Wir wollten mehr stationär arbeiten, aber das ist nicht so einfach für Niedergelassene“, sagt der Inter- nist. Betten anmieten auf einer Station und dort Patienten behandeln, so etwas geht nicht ohne weiteres. Umgekehrt tun sich die Kolle- gen im Krankenhaus seiner Erfahrung nach schwer, Geräte bei einem niedergelassenen Arzt zu nutzen. Ein gewisser Dünkel spiele da- bei auch eine Rolle, aber: „Diese Strukturen gehören aufgeweicht. Dann könnte die Versor- gung vielleicht sogar billiger werden.“

Manches läuft allerdings schon recht gut. Die belegärztlich tätigen Kollegen Bauers sind zu- frieden mit der Nähe zum Krankenhaus, ebenso die Chirurgen, die dort ambulant operieren. Der niedergelassene Gastroenterologe hat bis auf ein kleines Sprechzimmer seine Räume in der Klinik

und nutzt den dortigen hohen Standard, um selbst qualitätsgesichert zu arbeiten. Für manche Vertreter der Inneren Medizin wie Bauer ist die Zusammenarbeit mit dem Krankenhaus aller- dings schwieriger. „Wir liegen schon ein bisschen

im Clinch“, sagt er. Ihnen mauert der Chefarzt zu stark. Umgekehrt fänden sie zwar eine stärkere Öffnung der Klinik zur ambulanten Versorgung hin besser, aber nur, wenn es nicht zu ihrem Nachteil ist. So bleiben Potenziale ungenutzt.

Ursprünglich war beispielsweise angedacht, die Röntgengeräte der Klinik zu nutzen, statt selbst noch einmal zu investieren. Doch Bauer und seine Kollegen misstrauten dem Tempo der Klinikärzte aus eigener Erfahrung. „Früher im Krankenhaus habe ich nach einer Stunde mal gefragt, wo mein Patient bleibt, wenn er nicht vom Röntgen wiederkam. In der Praxis muss das

heute gehen wie Brezelbacken“, erläutert er. Ein anderes Beispiel: Bauer und sein Praxispartner setzen Belastungsuntersuchungen ein, für die es zwei Arten von Geräten gibt. Eines steht in der Praxis, das zweite hätten sie der Klinik gern ab- gekauft. Es stand dort weitgehend ungenutzt herum, hatten ihnen die Kollegen erzählt. Doch als sie dies dem Chefarzt vorschlugen und anbo- ten, für die Klinik bei Bedarf die Untersuchung zu übernehmen, stießen sie auf Abwehr: Das Gerät sei regelmäßig im Einsatz, hieß es auf einmal.

Unter dem Strich ist der Facharzt aber nicht unzufrieden. „Es sind schon alle Weichen auf Kooperation gestellt“, findet er. „Ich bin der festen Überzeugung, dass das noch wächst.“

Es müssten eben alle ein wenig über ihren Schatten springen. Dann bliebe ihm und seinen Kollegen häufiger der durchgängige Kontakt zu den eigenen Patienten erhalten – etwas, was er als Niedergelassener zuweilen vermisst. Dafür gefällt Bauer, dass er regelmäßig die Kollegen aus der Klinik trifft und sich mit ihnen aus- tauscht.Wie er das schafft? „Ich kann die Kran- kenhauskantine mitbenutzen.“ Rie

* Name von der Redaktion geändert

Ärztehaus an der Klinik

Es ginge noch

viel mehr

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