Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 3⏐⏐19. Januar 2007 A131
M E D I Z I N
Gehirn auch betroffen
Mit Interesse habe ich den Beitrag über Verletzungen beim Fußball gelesen. Ergänzend soll auf die in den letzten Jahren beschriebenen Einflüsse auf die Ge- hirnfunktion hingewiesen werden.
Die beschriebene hohe Verletzungsrate beim Fuß- ball betrifft auch das Gehirn. Gehirnerschütterungen umfassen 11 Prozent aller Verletzungen bei Frauen im Vergleich zu 9 Prozent bei Männern.
Vor diesem Hintergrund untersuchten zwei For- schergruppen die Auswirkungen von Kopfball spie- len auf zwei biochemische Marker von Gehirnschä- digungen:
– Neuronenspezifische Enolase (NSE)
– S-100 B (eine Isoform des Ca2+-bindenden Proteins) Beide Marker sind bekannt als sensitive Indikato- ren von akuten Hirnschädigungen.
Vor und nach einem Frauen-Fußballwettkampf wurde Blut entnommen und die beiden Marker be- stimmt. Beide Marker waren nach dem Fußballspiel erhöht. Die S-100-B-Konzentrationserhöhung korre- lierte mit der Zahl der Kopfbälle und mit der Zahl an- derer Traumen, die während des Spiels auftraten (2).
Ähnliche Ergebnisse wurden in einer Parallelstudie bei Männern gefunden (1).
Einige Studien berichten über kognitive und neu- rologische Störungen in diesem Zusammenhang.
LITERATUR
1. Mussack T et al.: Serum S-100B protein levels in young amateur soccer players after controlled heading and normal exercise, Eur J Med Res 2003; 8: 457–64.
2. Stålnacke B-M et al.: Serum concentrations of two biochemical markers of brain tissue damage S-100B and neurone specific enolase are increased in elite female soccer players after a competitive game. Br J Sports Med 2006; 40: 313–6.
Prof. Dr. med. Lothar Röcker Labor 28
Gemeinschaftspraxis für Laboratoriumsmedizin Mecklenburgische Straße 28
14197 Berlin
Interessenkonflikt
Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.
Schlusswort
Die Ergänzung ist durchaus berechtigt. Auch Fälle bezüglich möglicher Schädel-Hirn-Traumata in Ver- bindung mit erfolgten Kopfbällen beim Fußball sind bekannt und man misst diesen die entsprechende Bedeutung, gerade im Langzeitverlauf zu.
Leider war es den Autoren aufgrund des vorge- gebenen begrenzten Umfanges des Artikels nicht möglich, auf alle möglichen Verletzungen im Fußball einzugehen, ohne dabei der einzelnen Erscheinungs- form entsprechend Rechnung zu tragen. Somit haben sich die Autoren auf die am häufigsten vorkommen- den Verletzungsarten und ihrer Therapie und Progno- se konzentriert. Insbesondere deshalb, weil sie als operativ tätige Sportorthopäden und -unfallchirurgen für die genannten Verletzungen die größte Erfahrung aufweisen können. So sind zum Beispiel akute und chronische Verletzungen an der Wirbelsäule zwar beim Fußball bekannt, aber selten (1). Ebenso ist die Verletzungshäufigkeit an den oberen Extremitäten (Schulter, Ellenbogen und Handgelenk) wesentlich geringer als an der unteren Extremität und daher nicht unbedingt typisch für die Fußballverletzungen und wurden daher von uns in diesem Artikel nicht erwähnt
Schwere Kopfverletzungen mit bleibenden Schä- den werden beim Fußball insbesondere durch einma- lige Anpralltraumata beschrieben. Auch diese sind im Vergleich zu anderen Verletzungen im Fußball selten.
Inwieweit Kopfbälle in Verbindung mit dem Anstieg der von Prof. Röcker beschriebenen biochemischen Marker zu einer klinisch relevanten Schädigung des Gehirns führen, bleibt abzuwarten, insbesondere da jüngste Studien keinen Zusammenhang zwischen Kopfballhäufigkeit und neuropsychologischen Stö- rungen finden konnten (2, 3).
LITERATUR
1. Kartal A et al.: Soccer causes degenerative changes in the cervical spine. Eur Spine J 2004; 13(1): 76–82.
2. Rutherford A et al.: Neuropsychological impairment as a consequen- ce of football (soccer) play and football heading: preliminary analyses and report on university footballers. J Clin Exp Neuropsychol 2005;
27(3): 299–319.
3. Straume-Naesheim TM et al.: Effects of heading exposure and previous concussions on neuropsychological performance among Norwegian elite footballers. Br J Sports Med 2005; 39 (Suppl. 1):
i70–7.
Prof. Dr. med. Andreas B. Imhoff Dr. med. habil. Tim Rose
Abteilung und Poliklinik für Sportorthopädie Technische Universität München Connollystraße 32, 80809 München
Interessenkonflikt
Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.
zu dem Beitrag
Verletzungen beim Fußball
von Dr. med. habil. Tim Rose, Prof. Dr. med. Andreas B. Imhoff in Heft 23/2006