• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Frauen und Kinder als Opfer häuslicher Gewalt: Kinder sind in erster Linie Opfer" (09.03.2007)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Frauen und Kinder als Opfer häuslicher Gewalt: Kinder sind in erster Linie Opfer" (09.03.2007)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 10⏐⏐9. März 2007 A659

M E D I Z I N

hen ebenfalls davon aus, dass beide Geschlechter etwa gleich oft häusliche Gewalt ausüben. Zwar führt die häusliche Gewalt von Männern wesentlich häufiger zu schweren körperlichen Verletzungen, dennoch sind schwere Verletzungen von Männern durch häusliche Gewalt durchaus keine Seltenheit.

Seifert tut recht daran, uns auf das weit verbreitete Problem der häuslichen Gewalt gegen Frauen auf- merksam zu machen. Das Bewusstsein für die Mög- lichkeit häuslicher Gewalt beim verletzten Mann darf jedoch hierbei nicht aus dem Blick geraten, zumal Männer oft Schwierigkeiten haben, sich als deren Op- fer zu bekennen.

LITERATUR

1. Jungnitz L, Lenz H-J, Puchert R: Gewalt gegen Männer:

Personale Gewaltwiderfahrnisse von Männern in Deutschland – Ergebnisse einer Pilotstudie 2004. Leverkusen: Budrich Verlag 2007.

2. Krahé B, Berger A: Sex differences in relationship aggression among young adults in Germany. Sex Roles: A Journal of Research 2005; 52: 829–38.

3. Österreichische Bundesregierung. Gewalt in der Familie. 2001;

300–1. Online verfügbar:

http://bmsgk.cms.apa.at/cms/site/attachments/9/6/0/CH0098/

CMS1056453530966/gewaltbericht_neu.pdf.

Prof. Dr. med. Paul Cullen Kanalstr. 33

48147 Münster E-Mail: cullen@web.de

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Kinder sind in erster Linie Opfer

Gut, dass Hilfe für Gewaltopfer als ärztliche Aufga- be gilt. Leider erwähnen die Autoren des Artikels die am schwersten betroffenen Opfer nur als Anhängsel der Mütter. Während nach dem Frauengesundheitsbe- richt der Bundesregierung 4 % (Ost) beziehungsweise 6 % (West) der Frauen im Lebensverlauf schwere häus- liche Gewalt erleiden, ermittelte das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen, dass jährlich eines von 6 Kindern unter 12 Jahren Misshandlungen oder schwere Züchtigungen durch Eltern erlebt (1).

Immer noch wird gegen diese Missstände zuwenig getan. Kinderschutz und Jugendhilfe wollen „Hilfe statt Strafe“, was die Kette der Gewalt oft nicht bricht.

Frauenpolitikerinnen meiden das Thema, weil Krimi- nalstatistik und Forschung belegen, dass vor allem Mütter die häusliche Züchtigungspraxis bestimmen, die ebenso häufig oder noch häufiger als Väter zu- schlagen, wobei die Mehrheit der Väter auf Initiative oder in Abstimmung mit den Müttern schlägt. Dies geht auch aus der von der Bundesregierung finanzier- ten Begleitforschung zum neu geschaffenen Kinder- recht auf gewaltfreie Erziehung nach § 1631 Bundes- gesetzbuch (2) hervor. Knaben sind häufiger Opfer von leichten bis zu tödlichen Züchtigungsformen als Mädchen.

Und die Ärzte? Jüngst befürchtete der Kinderärzte- verband, die Einführung von Pflichtvorsorgeuntersu- chungen könnte bei misshandelten Kindern die Ärzte in juristische Zwickmühlen zwischen Schweigegebot und Kindeswohl bringen. Das Thema sollte am besten Hebammen und Sozialpädagogen überlassen werden.

Nur 3 500 Misshandlungsfälle jährlich werden ange- zeigt, viel mehr sehen auch die Jugendämter nicht.

Selbst in Berlin als einzigem Bundesland mit einem Kriminalkommissariat für Misshandlungen an Schutz- befohlenen erfahren die Behörden nur von 10 % der Fälle. Die meisten kindlichen Opfer häuslicher Gewalt bleiben ohne Schutz und Hilfe.

LITERATUR

1. Pfeiffer C, Wetzels P, Enzmann D: Innerfamiliäre Gewalt gegen Kinder und Jugendliche und ihre Auswirkungen. Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen, Forschungsbericht Nr. 80, Seite 10 www.kfn.de/fb80.pdf

2. Evaluation des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung.

Forschungsreports 2001-2005 an der Universität Halle: http://buss- mann.jura.uni-halle.de/forschung/familiengewalt/index.de.php 3. Zahlen zu Kindesmisshandlung in Berlin: www.welt.de/

data/2006/02/16/846723.html.

Prof. Dr. phil. Dr. med. Ulrich Mueller

Institut für Medizinische Soziologie und Sozialmedizin Philipps-Universität Marburg

Busenstraße 2 35033 Marburg

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Schlusswort

Gewalt gegen Männer gibt es zweifelsohne, wir stim- men den Leserbriefschreibern zu, dass Männer selte- ner bereit sind, sich als Opfer häuslicher Gewalt er- kennen zu geben als Frauen. In der vom Bundesfami- lienministerium durchgeführten Studie mit dem Titel

„Gewalt gegen Männer“ wird ausgeführt: „Kein einzi- ger der Männer, die angeben, häusliche Gewalt durch die Partnerin erfahren zu haben, hat die Polizei geru- fen, obwohl einige der Meinung waren, dass die Part- nerin dafür bestraft werden sollte.“

Zurzeit gibt es keine verlässlichen Daten aus Deutschland; die Autoren der genannten Pilotstudie führen in der Einleitung zu ihrem Bericht auf, dass die Ergebnisse ihrer Pilotstudie wegen der geringen Fall- zahl keine tragfähige Verallgemeinerung auf die Grundgesamtheit aller Männer in Deutschland zulas- sen. Tjaden und Thoennes haben in ihrem im Jahr 2000 veröffentlichten Bericht ausgeführt, dass sie 8 000 Frauen und 8 000 Männer in den Vereinigten Staaten zu ihrer Gewalterfahrung befragt haben. Davon gaben 20,3 % der Frauen und 7,7 % der Männer an, Gewalt in heterosexueller Partnerschaft erlebt zu haben. Hinge- gen gaben 15 % der homosexuellen Männer an, durch ihren Partner Gewalt erlebt zu haben. Daraus schließen die Autoren, dass Gewalt in Partnerschaften häufiger von Männern ausgeübt wird als von Frauen. Max Hal-

(2)

A660 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 10⏐⏐9. März 2007

M E D I Z I N

ler und Autoren führen in ihrem 1998 veröffentlichten Buch „Gewalt in der Familie“ aus, dass in 18 % der Po- lizeianzeigen in Österreich Frauen als Täterinnen ge- nannt werden. Von insgesamt 30 weiblichen Täterinnen sind 70 % gegenüber ihrem Ehepartner oder Lebensge- fährten tätlich geworden, die restlichen 30 % waren in Generationskonflikte involviert. Bei den Männern konzentrierte sich das Gewalthandeln auf die Ehefrau, männliche Täter wurden in 88 % der Fälle gegen ihre Partnerin tätig. Des Weiteren führen die Autoren an, dass sich die Gewalttätigkeit in ihrer Qualität zwi- schen den Frauen und Männern wesentlich unterschei- det. Die regelmäßige physische Gewalttätigkeit des Ehemannes findet bei den prügelnden Ehefrauen we- der in der Heftigkeit noch in der Häufigkeit oder gar in der Verursachung von dauernden physischen Schäden eine Entsprechung.

Wir danken Professor Müller für seinen Hinweis, dass Kinder ebenfalls Opfer häuslicher Gewalt sind.

In dem gerade veröffentlichten Leitfaden „Häusliche Gewalt“ der Ärztekammer Hamburg, an dessen Her- stellung auch die Autoren dieses Artikels mitgewirkt haben, werden mehrere Kapitel Kindern als Opfer häuslicher Gewalt gewidmet, insbesondere wird ein Augenmerk auch auf Kinder als Zeugen häuslicher Gewalt gerichtet. Der Leitfaden enthält unter anderem

einen Fragebogen mit dem Titel „Hamburger Psychot- rauma-Fragebogen häusliche Gewalt“, der Ärzten hel- fen soll, von Gewalt betroffene Kinder leichter zu er- kennen und diese Kinder an die entsprechenden Stel- len weiter zu überweisen. Bei Interesse kann der Leit- faden bei den Autoren dieses Artikels angefordert werden.

LITERATUR

1. Haller M, Höllinger F, Pinter A, Reiner B: Gewalt in der Familie.

Ergebnisse einer soziologischen Studie in Zusammenarbeit mit So- zialeinrichtungen, Polizei und Gericht. Leykam Verlag 1998; 54.

2. Tjaden P, Thoennes W: Extent, nature and concequence of intimate partner violence. Findings from the national violence against women survey. Washington: National Institute of Justice 2000.

3. Jungnitz L, Lenz H-J, Puchert R, Puhe H: Gewalt gegen Männer:

Personale Gewaltwiderfahrnisse von Männern in Deutschland – Ergebnisse der Pilotstudie 2004. Leverkusen: Budrich Verlag 2007.

Dr. med. Axel Heinemann Institut für Rechtsmedizin

Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Butenfeld 34, 22529 Hamburg

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

zu dem Beitrag

Differenzialdiagnose von Kopfschmerzen

von Prof. Dr. med. Dr. phil. Stefan Evers, Dr. med. Achim Frese, Dr. med. Martin Marziniak, in Heft 45/2006

DISKUSSION

Dissektion durch Chirotherapie unbewiesen

In dem Artikel schreiben Sie unter dem Titel Dissekti- on der hirnversorgenden Arterien: „Traumatische Dis- sektion, die oft durch eine Chirotherapie ausgelöst werden, oder spontane Dissektionen der hirnversor- genden Arterien, führen zu plötzlich halbseitigen Kopf- und Nackenschmerzen“. Sie geben in Ihrer Li- teraturliste keine einzige Literaturstelle an, die be- weist, dass eine traumatische Dissektion häufig durch Chirotherapie ausgelöst wird. Dieses wird insgesamt sehr kontrovers diskutiert, und es gibt keine veröffent- lichte Studie, die dieses eindeutig nachweist. Die Symptomatik einer spontanen Dissektion geht häufig mit Nackenverspannungen einher, sodass Patienten mit einer spontan Dissektion sich häufig zunächst in eine chirotherapeutisch ausgerichteten Praxis behan- deln zu lassen. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen kann hier auch eine spontane Dissektion übersehen werden.

Die in Deutschen Fachgesellschaften für Chirothe- rapie ausgebildeten Ärzte erlernen in der Regel wei- che Techniken, die eine Dissektion nahezu unmöglich machen. Ich finde es sehr verwerflich, dass hier eine unbewiesene Meinung – sogar in einen Artikel zum Erlernen von Differenzialdiagnosen von Kopfschmer- zen – derartig unkritisch veröffentlicht wird.

Dr. med. Frank Stalling Am Markt 3 25436 Uetersen

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des In- ternational Committee of Medical Journal Editors besteht.

Vorsicht bei Probebiopsie

Im Artikel empfehlen die Autoren bei Verdacht auf ei- ne Riesenzellarteriitis eine „großzügige Indikation zur Temporalarterienbiopsie“. Dazu ist anzumerken, dass im Vorfeld einer geplanten Probeexzision (PE) eine Dopplersonographie der Karotiden obligat ist, weil bei einer Strömungsumkehr der A. carotis exter- na die okuläre Perfusion nämlich über dieses Gefäß- system stattfinden kann.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors

In ihrer Arbeit zur Gewalt gegen Frauen berichten Seifert und Kollegen, dass „obwohl [...] auch Männer Opfer häuslicher Gewalt werden können

Die Autorin erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht..

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.. Argumentation

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors

Bei körperlicher Verletzung ist eine gewaltbezogene Anamnese (Kasten 2) und exakte Dokumentation als Grund- lage für straf- oder familienrechtliche Ansprüche bedeutsam, auch wenn