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Archiv "Schlusswort" (11.02.2011)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 6

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11. Februar 2011 97

M E D I Z I N

Ellenlange Medikamentenlisten

Da wir Kinderärzte vor einigen Jahren in den allgemein- ärztlichen Bereitschaftsdienst integriert wurden, fällt nun leider auch diese Thematik der ärztlichen Leichenschau in unser Aufgabengebiet. Die Vorkenntnisse dafür sind aber in unserer Fachrichtung, wie sicher auch in anderen Fach- richtungen wie zum Beispiel Augenheilkunde, HNO- Heilkunde und Orthopädie eher mangelhaft. Zum ersten kennen wir die Verstorbenen eben nicht in ihrer Krank- heitsvorgeschichte, oft ist man auch mit den ellenlangen Medikamentenlisten überfordert, das rechtsmedizinische Verständnis ist auch nicht vorhanden und bei drei bis fünf Leichenschauen pro Jahr entsteht auch nicht wirklich ein Übungseffekt. Hinzu kommt, dass im häuslichen Umfeld einfach die Bedingungen für eine Leichenschau nicht op- timal sind; angefangen bei unzureichender Beleuchtung über zum Teil nicht vorhandene körperliche Vorausset- zungen bei der Bewältigung der Leichenentkleidung und dem Lagewechsel. Somit ist mir sehr einleuchtend, dass viele Fehlerquellen bei der Todesursachenstatistik resul- tieren und übersehene nichtnatürliche Todesfälle vorkom- men. Hier könnte eine prinzipielle zweite amtsärztliche/

rechtsmedizinische Leichenschau zum Beispiel im Be- stattungsinstitut schon gute Dienste leisten.

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0097a

LITERATUR

1. Madea B, Rothschild M: The post mortem examination—determi - nation of the cause and manner of death. Dtsch Arztebl Int 2010;

107(33): 575–88.

Petra Lehmann Goethestraße 17 08294 Lößnitz

E-Mail: jpmlehmann@freenet.de

Interessenkonflikt

Die Autorin erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Schlusslicht in Europa

Den Beitrag halte ich für sehr wichtig, interdisziplinär aufschlussreich und instruktiv. Mich beschäftigt noch eine Feststellung im letzten Abschnitt „Problemfelder“:

„Die Obduktionsquote liegt jedoch heute in Deutsch- land bei unter 5 Prozent aller Toten, …“ Wie valide ist diese Prozentzahl? Wie sehen die tatsächlichen Zahlen aktuell aus beziehungsweise liegen sie noch über 1 Pro- zent? Im Epidemiologischen Bulletin des Robert Koch- Instituts vom 4. Februar 2000 wurde bereits vor 10 Jah- ren eine Obduktionsrate von 1,2 Prozent für Deutsch- land konstatiert, Tendenz weiter rückläufig und lapidar resümiert: „Deutschland bildet hinsichtlich seiner Ob- duktionsraten offenbar das Schlusslicht in Europa.“

Darunter leidet die Qualitätssicherung ärztlicher und pflegerischer Arbeit. Und darunter leiden auch die Rechtssicherheit sowie die Güte der häufig zitierten amtlichen Todesursachenstatistik hierzulande. Was kann, was muss getan werden, damit sich an dieser Mi- sere Entscheidendes bessert?

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0097b

LITERATUR

1. Madea B, Rothschild M: The post mortem examination—determi - nation of the cause and manner of death. Dtsch Arztebl Int 2010;

107(33): 575–88.

Dr. med. Theodor Gonser Schillerstraße 30 89077 Ulm

E-Mail: Theodor.Gonser@alb-donau-kreis.de

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Schlusswort

Zu unserem Fortbildungsbeitrag zur Ärztlichen Lei- chenschau (5) haben uns zahlreiche Anfragen von Kollegen aus Klinik und Praxis erreicht, die nicht nur das fortdauernde Interesse an der Thematik, sondern auch die systemimmanenten Probleme unseres Lei- chenschau- und Todesursachenermittlungssystems widerspiegeln. Im Vordergrund stehen Fragen zur Qualifikation der Todesart, zur richtigen Angabe einer Todesursachenkaskade und zum Zeitpunkt der Lei- chenschau.

Ein Entwurf der Bundesärztekammer zu einer Ge- setzgebung zur Ärztlichen Leichenschau und Todes- bescheinigung aus dem Jahre 2002 präzisiert zur Klassifikation der Todesart: „Ist dem Arzt die Klärung der Todesart nicht möglich, so ist in der Todesart „un- geklärt“ anzugeben. Eine ungeklärte Todesart liegt insbesondere auch vor, wenn die Todesursache „unbe- kannt“ oder „unklar“ ist. Ein natürlicher Tod kann nur angegeben werden, wenn der Tod auf eine diagnosti- zierte und dokumentierte natürliche Erkrankung zu- rückzuführen ist. Hierbei muss hochgradige Plausibi- lität für eine solche Todesursache bestehen. Die bloße Möglichkeit oder die überwiegende Wahrscheinlich-

PD Dr. med. Thomas Behrens, MPH Carola Lehmann

Dr. med. Sabine Luttmann

Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin Achterstraße 30

28359 Bremen

E-Mail: behrens@bips.uni-bremen.de

Interessenkonflikt

Frau Dr. Luttmann ist Mitglied der Arbeitsgruppe „Mortalitätsregister“

(Co-Vorsitz).

Die anderen beiden Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

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M E D I Z I N

keit sind keineswegs ausreichend. Weitergehende, zum Beispiel auf das Verschulden dritter Personen ge- richtete Ermittlungen gehören nicht zu den Aufgaben des Arztes bei der Leichenschau. Seine Entscheidung zur Klassifikation der Todesart hat der Arzt frei von behördlichem Einfluss und vom Einfluss Dritter zu treffen.“

Zu Todesfällen im Zusammenhang mit ärztlichen Maßnahmen gibt der Musterentwurf der Bundesärz- tekammer eine eigene Kategorie „unerwarteter Tod im Rahmen medizinischer Maßnahmen“ vor. Ein sol- cher liegt vor, wenn diagnostische Maßnahmen oder eine Therapie durchgeführt worden sind, die prinzi- piell (gegebenenfalls auch ohne Vorliegen eines Be- handlungsfehlers) Schäden setzen können und der Tod nicht oder nicht zu dieser Zeit aufgrund der be- handelten Erkrankung oder Verletzung zu erwarten war (4). Leider ist eine solche Kategorie zur Todesart landesgesetzlich nicht umgesetzt worden, sie würde eine „verdachtsfreie“ Aufarbeitung derartiger Todes- fälle erlauben.

Als Ärzte können wir uns ausschließlich an einer naturwissenschaftlichen Definition des nicht natürli- chen Todes ausrichten, der folgendermaßen definiert ist: Tod ausgelöst, beeinflusst, herbeigeführt durch ei- ne nicht natürliche Ursache. Es geht um eine reine Kausalitätsverknüpfung, kein Werturteil. Unnatürlich ist alles, was durch ein äußeres Ereignis zustande kommt.

Der Frankfurter Strafrechtler Geerds hat versucht, Anhaltspunkte für einen nicht natürlichen Tod über den Ausschluss eines natürlichen Todes zu definieren (3).

Wenn sichere Anhaltspunkte für einen natürlichen Tod fehlen, handelt es sich nach seiner Auffassung um eine Leichensache im Sinne des § 159 StPO und die Staats- anwaltschaft muss ermitteln. Danach ist es sehr wohl Aufgabe der Staatsanwaltschaft, bei unbekannter To- desursache über eine Obduktion die Todesursache und damit auch die Todesart eindeutig zu klären. Die Ob- duktion ist in derartigen Fällen geradezu der effizien- teste Ermittlungsansatz. Die Beobachtung von Herrn Sartorti, dass auf leichenschauende Ärzte Druck bei Qualifikation der Todesart ausgeübt wird, ist empirisch belegt (7).

Die Bedeutung valider Angaben zu Grundleiden und Todesursache nicht nur für die Todesursachensta- tistik, sondern auch im Hinblick auf die Einrichtung eines nationalen Mortalitätsregisters mit Intensivie- rung der epidemiologischen Forschung steht außer Frage. Qualifizierte Eintragungen zu Grundleiden und Todesursache, richtige Verschlüsselung des Grundlei- dens nach ICD und vor dem Hintergrund multikausa- ler Sterbeprozesse auch eine multikausale Kodierung der Todesursache sind für die Qualität eines nationa- len Mortalitätsregisters unverzichtbar (6). In diesem Zusammenhang sind auch die in den Todesbescheini- gungen verschiedener Bundesländer vorgesehenen Epikrisen sowie weitere Angaben zur Klassifikation von Todesursachen von Bedeutung (Unfallkategorie, Totgeburten und Todesfälle Neugeborener sowie ins-

besondere auch Angaben zu Todesfällen bei Frauen als wichtige Datengrundlage zur Erfassung der Müt- tersterblichkeit).

Frau Lehmann beklagt die mangelnde Fortbildung in der Durchführung der Ärztlichen Leichenschau. Eine Entkopplung von Todesfeststellung, zu der jeder Arzt verpflichtet ist, von der eigentlichen Leichenschau hat sich für Stadtstaaten wie Bremen und Hamburg be- währt, funktioniert allerdings nicht in Flächenstaaten.

Gegebenenfalls wäre mit Unterstützung der Ärztekam- mern zu prüfen, ob flexible Lösungsmöglichkeiten auf lokaler Ebene zu realisieren sind, wenn Kollegen sich bei der Leichenschau überfordert fühlen. Andererseits ist jeder Arzt verpflichtet, sich entsprechend fortzubil- den.

Die Obduktionsquote liegt in Deutschland unter 5 Prozent der Verstorbenen, wobei insbesondere die Zahl der klinischen Obduktionen stark rückläufig ist, die derzeit bei unter 3 Prozent der Verstorbenen liegen dürfte (1). Die Zahl der gerichtlichen Obduktionen nach § 87 StPO ist mit etwa 2 Prozent relativ konstant.

Besonders dramatisch ist der Rückgang der Obduktio- nen in den neuen Bundesländern (2). Das bewährte In- strument der Verwaltungssektion existiert leider nicht mehr.

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0098

LITERATUR

1. Brinkmann B, Du Chesne A, Vennemann B: Aktuelle Daten zur Obduktionsfrequenz in Deutschland, DMW 2002; 127: 791–5.

2. Doberentz E, Madea B, Böhm U, Lessig R: Zur Reliabilität von Lei- chenschaudiagnosen bei nicht natürlichen Todesfällen vor und nach der Wiedervereinigung Deutschlands. Archiv Kriminologie 2010;

225 (1/2): 1–17.

3. Geerds F: Leichensachen und Leichenschau aus juristischer Sicht.

Medizinrecht1984; 2: 172–7.

4. Madea B: Die Ärztliche Leichenschau – Rechtsgrundlagen, prakti- sche Durchführung, Problemlösungen. Berlin, Heidelberg, New York (2nd ed.) Springer 2006.

5. Madea B, Rothschild M: The post mortem examination—determi - nation of the cause and manner of death. Dtsch Arztebl Int 2010;

107(33): 575–88.

6. Schelhase T, Weber S: Die Todesursachenstatistik in Deutschland.

Probleme und Perspektiven. Bundesgesundheitsblatt Gesundheits - forschung Gesundheitsschutz 2007; 50969–76.

7. Vennemann B, Du Chesne A, Brinkmann B: Die Praxis der Ärztlichen Leichenschau. DMW 2001; 126: 712–6.

Prof. Dr. med. Burkhard Madea

Institut für Rechtsmedizin, Universitätsklinikum Bonn Stiftsplatz 12

53111 Bonn

E-Mail: b.madea@uni-bonn.de

Prof. Dr. med. Markus Rothschild Institut für Rechtsmedizin Universitätsklinikum Köln Melatengürtel 60–62 50823 Köln

Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

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