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Archiv "Schmerztherapie bei Kindern und Jugendlichen: Von Metamizol abraten" (23.01.2009)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 4⏐⏐23. Januar 2009 55

M E D I Z I N

Aktuelle Datenlage

Die Aussage, dass „Schmerzen, die das Kind aus dem Schlaf aufwecken, Warnsignal für das Vorliegen einer organischen Erkrankung sind“, lässt sich aufgrund der aktuellen Datenlage zumindest nicht beweisen. So schreibt die American Acadamy of Pediatrics in ihrer aktuellen Stellungnahme: „Die vorliegenden Studien zeigen, dass Häufigkeit, Intensität, Lokalisation oder Zeitpunkt abdomineller Schmerzen (zum Beispiel post- prandial oder nächtliches Erwachen) nicht hilfreich bei der Unterscheidung zwischen organischen und funktio- nellen Beschwerden sind“ (1). Die Aussage, dass Kin- der mit chronischen Bauchschmerzen gehäuft weitere Schmerzen wie zum Beispiel Kopfschmerzen angeben, ist richtig. Hieraus kann aber nicht gefolgert werden, dass das gleichzeitige Auftreten von Kopfschmerzen ein

„charakteristisches Merkmal“ funktioneller Bauch- schmerzen ist. Dieses Item ist nicht geeignet zur Unter- scheidung zwischen funktionellen und organischen Bauchschmerzen: „Kinder mit rezidivierenden abdomi- nellen Schmerzen zeigen häufiger … Gewichtsverlust, Übelkeit, Erbrechen, Verstopfung, Durchfall, Kopf- schmerzen, Gelenk- oder Augenprobleme. Dennoch ist keines dieser assoziierten Symptome hilfreich bei der Unterscheidung zwischen organischen und funktionel- len Bauchschmerzen“(1). DOI: 10.3238/arztebl.2009.0055a

LITERATUR

1. American Academy of Pediatrics / North American Society for Pedia- tric Gastroenterology, Hepatology and Nutrition: Chronic Abdominal Pain in Children. Pediatrics 2005; 115: 812–5 und e370–82.

2. Zernikow B, Hechler T: Schmerztherapie bei Kindern und Jugendli- chen. Dtsch Arztebl 2008; 105(28–29): 511–22.

Dr. med. Stefan Razeghi Schlierseerstraße 1, 83714 Miesbach E-Mail: stefanrazeghi@yahoo.de

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des In- ternational Committee of Medical Journal Editors besteht.

Augenarzt erwähnen

Die simplifizierte und reduzierte Aufzählung von Ze- phalgie-Ursachen bei Kindern ist für eine oberflächliche Fortbildung sicher wünschenswert, führt aber zu einer falschen Darstellung.

In meinem Praxisbereich werden von den umliegen- den Kinderärzten fast alle Zephalgie-Kinder routi- nemäßig auch dem Augenarzt vorgestellt. Dabei er- scheint mir die Anzahl der echten Migräne-Kinder deut-

lich niedriger zu sein als die der Kinder mit versteckten Phorien oder Hyperopien. Auch „Knirscher“ sind deut- lich häufiger. Es sei denn diese Kinder werden alle unter

„Spannungskopfschmerz“ subsummiert. Vielleicht liegt die Auswahl auch an dem selektierten Patientenkollek- tiv der Autoren. Dann sollte bei den diagnostischen Maßnahmen jedoch zumindest auch die Vorstellung beim Augenarzt erwähnt werden.

DOI: 10.3238/arztebl.2009.0055b

LITERATUR

1. Zernikow B, Hechler T: Schmerztherapie bei Kindern und Jugendli- chen. Dtsch Arztebl 2008; 105(28–29): 511–22.

Dr. med. Frank Schmidtborn Bahnhofstraße 33, 71332 Waiblingen E-Mail: schmidtborn@t-online.de

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des In- ternational Committee of Medical Journal Editors besteht.

Von Metamizol abraten

Die Autoren führen aus, Metamizol sei wegen seiner spasmolytischen Eigenschaften besonders bei viszera- len Schmerzen und Schmerzen mit kolikartigem Cha- rakter indiziert.

Metamizol ist in einigen Ländern Europas, Lateina- merikas, Afrikas und Asiens zugelassen. In Ländern mit guten Systemen der Pharmakovigilanz, wie zum Bei- spiel Schweden, ist es nach einer kurzen Episode der Zulassung 1999 wieder vom Markt genommen worden.

Metamizol war in Großbritannien und den USA nie zu- gelassen.

In einer Studie, die von der Firma Hoechst gespon- sert wurde, betrug das Agranulozytose-Risiko unter Me- tamizol 1,1 zu 1 Million Anwender pro Woche (1).

Neuere Daten aus Schweden widersprechen diesen Da- ten (2). So waren zwischen 1969 und 1974, dem Jahr der ersten Rücknahme vom Markt, 50 Patienten mit ernst- zunehmenden unerwünschten Wirkungen von Metami- zol auf das Blutbild in Schweden registriert worden. In den darauffolgenden 15 Jahren ohne Zulassung wurden zwei Patienten mit Agranulozytose gesehen. Beide hat- ten Metamizol im Ausland gekauft.

Von 1995, dem ersten Jahr der Wiederzulassung von Metamizol, bis 1999 wurden 14 Fälle von Agranulozy- tose dokumentiert, die Letalität lag bei insgesamt 23 %.

Aus diesen Zahlen berechnete man, dass es eine Häufig- keit von 1 zu 1439 von bedrohlichen Blutbildverände- rungen unter Metamizol gibt.

Aus klinisch-pharmakologischer Sicht ist deshalb vom Einsatz von Metamizol dringend abzuraten.

DOI: 10.3238/arztebl.2009.0055c

LITERATUR

1. The International Agranulocytosis and Aplastic Anemia Study. JAMA 1986, 256: 1749.

zu dem Beitrag

Schmerztherapie bei Kindern und Jugendlichen

von PD Dr. med. Boris Zernikow, Dipl. Psych. Dr. rer. nat. Tanja Hechler in Heft 28–29/2008

DISKUSSION

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56 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 4⏐⏐23. Januar 2009

M E D I Z I N

2. Hedenmalm K, Spigset O: Agranulocytosis and other blood dyscradias associated with dipyrone (metamizole) Eur J Clin Pharmacol 2002;

58: 265.

3. Zernikow B, Hechler T: Schmerztherapie bei Kindern und Jugendli- chen. Dtsch Arztebl 2008; 105(28–29): 511–22.

Prof. Dr. med. Joachim Neumann Martin-Luther-Universität, Halle-Wittenberg Institut für Pharmakologie und Toxikologie

06097 Halle (Saale), E-Mail: sekr.pharmatox@medizin.uni-halle.de

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des Inter- national Committee of Medical Journal Editors besteht.

Schlusswort

Das Risiko einer Agranulozytose im Kindesalter auf- grund einer Metamizoltherapie scheint extrem gering zu sein – bis dato wurde weltweit nur ein dementspre- chender Fall berichtet. Wir möchten kurz aus dem aktuellen Review von Andersohn et al. (1) die wich- tigsten Daten zur Nicht-Chemotherapie-assoziierten Agranulozytose bei Erwachsenen nennen:

c in einem Zeitraum von 40 Jahren (1966 bis 2006) konnten nur 980 Fälle identifiziert werden c 56 Fälle waren sicher, 436 wahrscheinlich mit der

Gabe eines der 125 identifizierten Medikamente assoziiert

c für elf Medikamente gab es mehr als zehn Fallbe- richte – darunter Penicillin G und Metamizol mit je elf als sicher oder wahrscheinlich mit einer Agranulozytose assoziiert klassifizierten Fällen c die Mortalität der Agranulozytose betrug mit ak-

tuellen Therapieoptionen unter 5 %.

Für das Erwachsenenalter ist die Aussage von Herrn Neumann „vom Einsatz von Metamizol dringend ab- zuraten“ wissenschaftlich nicht haltbar und sogar po- tenziell schädlich, bedenkt man die gastrointestinalen Nebenwirkungen einer Therapie mit NSAR/NSAID:

c die jährliche Todesrate hierdurch beträgt 0,08 % c die Chance hieran zu sterben beträgt 1 zu 1 200

nach einer nur zweimonatigen NSAR-Therapie- dauer (2)

c in den USA werden aus diesem Grund jedes Jahr 41 000 Patienten hospitalisiert und 3 300 ster- ben (3).

Die Migräne lässt sich von Kopfschmerzen im Rah- men einer Fehlsichtigkeit phänomenologisch eindeu- tig abgrenzen. Trotzdem kann eine Fehlsichtigkeit ein zusätzlicher Stressfaktor für das Kind sein und Ein- fluss auf die Kopfschmerzhäufigkeit nehmen. Es ist al- so sicher vernünftig bei Kindern mit Kopfschmerzen, aktiv nach einer Fehlsichtigkeit zu fahnden. Die Aus- sagen von Herrn Razeghi sind richtig, wir sehen kei- nen Widerspruch zu unseren Ausführungen.

Hinweisen der Kollegen Roland Hack und Thomas Mader nachgehend, möchten wir die Gelegenheit nut- zen, um unsere Dosisempfehlungen zu intravenösem Paracetamol zu spezifizieren.

Der Hersteller empfiehlt für reife Neugeborene, Säuglinge, Kleinkinder und Kinder < 10 kg eine Dosis von bis zu 4 × 7,5 mg/kg i.v. pro Tag. Allegaert emp- fiehlt für Frühgeborene (FG) und Neugeborene (NG) eine Ladungsdosis von 20 mg/kg. Folgedosen betragen für FG < 31 SSW 20 mg bis zu alle 12 Stunden, für FG mit 31 bis 36 SSW 10 mg/kg bis zu alle 8 Stunden so- wie für ältere FG und NG 10 mg/kg bis zu alle 6 Stun- den (Maximaldosis < 36 SSW: 40 mg/kg/d i.v., > 36 SSW 50 mg/kg/d i.v.) (4) DOI: 10.3238/arztebl.2009.0056

LITERATUR

1. Andersohn F, Konzen C, Garbe E: Systematic review: agranulocytosis induced by nonchemotherapy drugs. Ann Intern Med 2007; 146:

657–65.

2. Moore RA: The hidden costs of arthritis treatment and the cost of new therapy – the burden of non-steroidal anti-inflammatory drug gastro- pathy. Rheumatology (Oxford) 2002; 41(Suppl 1): 7–15.

3. Griffin MR: Epidemiology of nonsteroidal anti-inflammatory drug-as- sociated gastrointestinal injury. Am J Med 1998; 104: 23–9.

4. Allegaert K, Murat I: Not all intravenous paracetamol formulations are created equal. Paediatr Anaesth 2007; 17: 818.

5. Zernikow B, Hechler T: Schmerztherapie bei Kindern und Jugendli- chen. Dtsch Arztebl 2008; 105(28–29): 511–22.

PD Dr. med. Boris Zernikow Dr. rer. nat. Dipl. Psych. Tanja Hechler Dr.-Friedrich-Steiner-Straße 5, 45711 Datteln E-Mail: B.Zernikow@Kinderklinik-Datteln.de

Interessenkonflikt

Boris Zernikow gibt Verbindungen mit Astra Zeneca, Aventis, Boots Healthcare, Bristol Meyer-Squibb, Cephalen, Grünenthal, Janssen-Cilag, Mundipharma, Pfi- zer und Reckitt-Benckiser an.

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