• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Schlusswort" (18.02.2011)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Schlusswort" (18.02.2011)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

114 Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 108

|

Heft 7

|

18. Februar 2011

M E D I Z I N

In einem anderen Abschnitt wird über die Verord- nung von Metformin bei einer sich zunehmend ver- schlechternden Nierenfunktion gewarnt und bei einer eGFR unter 60 mL/min eine Umstellung auf einen DPP-IV-Hemmer „Sitagliptin“ empfohlen. Die Dosis soll ab einer eGFR < 30 mL/min halbiert werden. Laut Fachinfo wird die Gabe von Sitagliptin bei einer eGFR < 50 mL/min nicht mehr empfohlen (zumindest in Deutschland).

Es sei der Vollständigkeit halber erwähnt, dass das

„Kalzium-Phosphatprodukt“ in den aktuellen KDIGO- Leitlinien zum CKD-MBD (Chronic kidney disease – mineral and bone disorder) keine Beachtung findet. Die Einzelwerte von Kalzium und Phosphat im Serum soll- ten beide gemeinsam interpretiert und zur klinischen Behandlungssteuerung genutzt werden. Das mathema- tische Konstrukt eines Kalziumphosphatproduktes wird explizit nicht mehr empfohlen.

Ob kalziumfreie Phosphatbinder, wie Sevelamer oder Lanthan erst bei Unverträglichkeit oder Unwirk- samkeit zum Einsatz kommen sollten, mag ich bezwei- feln. Ebenso, dass bei der Gabe von Phosphatbindern ein „Stufenschema“ existiert. Es gibt gute Untersu- chungen, die zeigen, dass die Wirksamkeit der Phos- phatbinder, ob kalziumhaltig oder kalziumfrei, ähnlich sind. Aluminiumfreie Phosphatbinder sollten leitlinien- gerecht tatsächlich nur zeitlich befristet verabreicht werden. Warum Lanthan zeitlich befristet verabreicht werden soll, ergibt sich aus den aktuellen wissenschaft- lichen Daten und den vorliegenden Leitlinien nicht.

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0113b LITERATUR

1. Hartmann B, Czock D, Keller F: Drug therapy in patients with chronic renal failure. Dtsch Arztebl Int 2010; 107(37): 647–56.

Dr. med. Fedai Özcan Klinikum Dortmund gGmbH Beurhausstraße 40 44137 Dortmund

E-Mail: Fedai.Oezcan@klinikumdo.de Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des In- ternational Committee of Medical Journal Editors besteht.

Problematik empirischer Formeln

Die häufige Verwendung der MDRD-Formel zur Schät- zung der GFR darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich um eine empirische Formel handelt. Man er- kennt das bereits am Versagen der Maßeinheitenrech- nung: Die Maßeinheiten der rechten Seite ergeben nicht die Maßeinheit der GFR (mL/min/1,73 m2).

Die MDRD-Formel (in all ihren Varianten) ist das Ergebnis einer Schätzung (Regressionsanalyse) der

125I-Iothalamat-Clearance mit Hilfe der Serum-Kreati- ninkonzentration und anderer Patientendaten (1). Setzt man die Daten eines Patienten ein, ergibt sich jedoch nicht seine individuelle GFR, sondern der GFR-Mittel- wert der untersuchten Kohorte an der Stelle, die den Pa- tientendaten entspricht. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Mittelwert mit der individuellen GFR überein-

stimmt, ist null. Nur innerhalb eines Konfidenzinter- valls wird die individuelle GFR mit bestimmter Wahr- scheinlichkeit erfasst. Insofern ist es nicht korrekt, ohne Konfidenzintervall mit einer empirischen Formel zu rechnen.

Zwar wird das Problem abgeschwächt, wenn die ge- schätzte GFR nicht an und für sich, sondern zur Be- stimmung eines CKD-Stadiums verwendet wird. An den Stadiengrenzen besteht es jedoch fort. Überdies ha- ben die Autoren in Tabelle 1 den CKD-Stadien GFR- Werte mit der Maßeinheit mL/min und nicht mL/

min/1,73 m2 zugeordnet, wodurch die Beziehung zur MDRD-Formel missverständlich wird (2).

Problematisch ist ferner die Umrechnung des mit der MDRD-Formel erhaltenen GFR-Wertes auf die indivi- duelle Körperoberfläche mit Hilfe der ebenfalls empiri- schen Mosteller-Formel (3). Ein Konfidenzintervall hat Mosteller nicht angegeben; vermutlich ist es erheblich.

Bei der Umrechnung pflanzen sich die Konfidenzinter- valle beider Formeln in das Endergebnis fort und erhö- hen die Unsicherheit. Zur Ermittlung der absoluten GFR scheint mir ein Clearance-Verfahren besser geeig- net zu sein.

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0114a LITERATUR

1. Levey AS, Bosch JP, Lewis JB, Green T, Rogers N, Roth D: A more accurate method to estimate glomerular filtration rate from serum creatinine: a new prediction equation. Ann Intern Med 1999; 130:

461–70.

2. Hartmann B, Czock D, Keller F: Drug therapy in patients with chronic renal failure. Dtsch Arztebl Int 2010; 107(37): 647–56.

3. Mosteller RD: Simplified calculation of body-surface area. N Engl J Med 1987; 317: 1098.

Dr. med. Helmut Nocke Institut für Physiologie Otto-von-Guericke-Universität Leipziger Straße 44 39120 Magdeburg

E-Mail: helmut.nocke@med.ovgu.de

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des In- ternational Committee of Medical Journal Editors besteht.

Schlusswort

Wir stimmen mit Helmut Nocke überein, dass zur Er- mittlung der individuellen glomerulären Filtrationsrate (GFR) ein Clearance-Verfahren wünschenswert ist. Die MDRD2-Formel brachte aber einen riesigen Fortschritt zur routinemäßigen Einschätzung der GFR und damit zur Etablierung einer einfachen klinischen Stadienein- teilung der Nierenfunktion.

Wie von Herrn Özcan bemerkt ist bei Patienten mit GFR < 30 mL/min, die noch nicht dialysepflichtig sind, im Einzelfall kritisch abzuwägen, ob nach Exposition mit Gadolinium eine Hämodialyse erfolgen muss. Ga- dolinium ist dialysierbar, der klinische Nutzen einer Dialyse ist aber nicht belegt. Bei Patienten die bisher nicht dialysiert werden, muss daher Aufwand und Risi- ko einer Dialysekatheteranlage berücksichtigt werden.

(2)

Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 108

|

Heft 7

|

18. Februar 2011 115

M E D I Z I N

ten. Berechnungen zeigen, dass bei Gabe der Dosis nur alle 24 Stunden therapeutische Lücken entstehen könn- ten (2). Wir sehen angesichts aktueller Daten keinen Widerspruch darin, von der Anwendung eines Arznei- mittels aus klinischer Sicht trotz formaler Zulassung abzuraten. In der auch von Reinhard Klingel zitierten prospektiven Registerstudie von Collet (2005) schien es sogar so, dass bei GFR < 60 und < 30 mL/min die Mortalität unter unfraktioniertem Heparin geringer war als unter Enoxaparin wenn zusätzlich Glykoprotein- IIb/-IIIa Inhibitoren gegeben wurden. Außerdem zeigen zwei Studien bei Niereninsuffizienz signifikant mehr Blutungen unter Enoxaparin als unter unfraktioniertem Heparin beziehungsweise Fondaparinux.

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0114b

LITERATUR

1. Chan JC, Scott R, Arjona Ferreira JC, et al.: Safety and efficacy of si- tagliptin in patients with type 2 diabetes and chronic renal insufficiency. Diabetes Obes Metab 2008; 10: 545–5.

2. Green B, Greenwood M, Saltissi D, et al.: Dosing strategy for enoxa- parin in patients with renal impairment presenting with acute coronary syndromes. Br J Clin Pharmacol 2005; 59(3): 281–90.

3. Schmid P, Fischer AG, Wuillemin WA: Low-molecular-weight heparin in patients with renal insufficiency. Swiss Med Wkly 2009; 139:

438–52.

4. Hartmann B, Czock D, Keller F: Drug therapy in patients with chronic renal failure. Dtsch Arztebl Int 2010; 107(37): 647–56.

Dr. med. Bertram Hartmann Dr. med. David Czock Prof. Dr. med. Frieder Keller

Sektion Nephrologie, Klinik für Innere Medizin I Zentrum für Innere Medizin

Universitätsklinikum Ulm Albert-Einstein-Allee 23 89081 Ulm Interessenkonflikt

Dr. Hartmann erhielt finanzielle Forschungsunterstützung der Firma Wyeth und Novartis sowie Reisekostenunterstützung für Kongressteilnahmen.

Prof. Keller wurde von den Firmen Novartis, Roche, Ratiopharm,TEVA und Ab- bott finanziell gefördert

Dr. Czock erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des In- ternational Committee of Medical Journal Editors besteht.

Die Praxis Calcium- und Phosphatwerte einzeln zu be- werten sollte nicht verlassen werden. Es macht aber Sinn zunächst mit den bewährten und inzwischen kos- tengünstigeren Präparaten zu beginnen bevor neuere stark umworbene Präparate ohne Not zur Anwendung kommen.

Zur Dosisanpassung halten wir Begriffe wie „kom- pensierte Niereninsuffizienz“ oder einen Bezug auf Kreatininwerte für wenig hilfreich. Statt dem von Günther Egidi angegebenen Kreatinin > 1,5 mg/dL wä- re zu raten, ab einer festgelegten GFR-Grenze Metfor- min nicht mehr einzusetzen. Dabei empfiehlt sich ein

„Sicherheitsbereich“ für den Fall einer Nierenfunkti- onsverschlechterung, da die Laktatazidose unter Met- formin eine hohe Letalität hat. In einer Studie bei nieren- insuffizienten Diabetikern (einschließlich solchen mit GFR < 30 mL/min) wurde Sitagliptin als ausreichend sicher befunden (1).

Enoxaparin hat nicht nur ein einziges Verteilungsvo- lumen, wie die Kollegen Paar, Kienitz und Rosin basie- rend auf den Zulassungsdaten schreiben, sondern ent- sprechend einer Zweikompartiment Kinetik auch ein peripheres Kompartiment (2). Das zentrale Verteilungs- volumen wird mit 6,78 und das periphere mit 6,19 Li- tern geschätzt. Die nicht-renale Clearance beträgt 0,229 L/h und die renale Clearance 0,744 L/h bei normaler Nierenfunktion. Das terminale Verteilungsvolumen kann man danach mit etwa 23 Litern berechnen.

Aus diesen Werten lässt sich für Nierengesunde die Halbwertszeit für die schnelle Eliminationsphase mit 3 Stunden (T1/2α) und für die langsame Eliminationsphase mit 16 Stunden schätzen (T1/2β). Bei wiederholter Do- sierung ist der Akkumulationsfaktor jedoch im zweiten Kompartiment (Rβ) viel höher als im ersten Komparti- ment (Rα) – ein Effekt, der sich bei Niereninsuffizienz noch verstärkt.

Damit übereinstimmend weist Enoxaparin im Ver- gleich zu Dalteparin, Nadroparin und Tinzaparin den höchsten Akkumulationsfaktor auf (3). Wie eine Dosis- anpassung von Enoxaparin erfolgen sollte, ist umstrit-

STATISTIK-QUIZ

Erwartungswert versus Mittelwert

In einem Fernverkehrszug werden zehn Personen gebeten, ihren Intelligenzquotienten messen zu lassen. Der IQ-Test ist so konzipiert, dass ein Wert von 100 bei der Bevölkerung erwartet werden kann. Für die Zugreisenden ergaben sich folgende Werte:

98, 110, 93, 105, 100, 107, 102, 95, 112, 103.

Folgende Berechnungen könnten zutreffen 1) Der Mittelwert beträgt 100

2) Der Erwartungswert beträgt 102,5 3) Der Erwartungswert beträgt 100 4) Der Mittelwert beträgt 102,5

Welche Kombination der Berechnungen ist zutreffend?

a) 1 + 2 b) 1 + 3 c) 2 + 4 d) 3 + 4

@

Die Lösungen sind online abrufbar:

www.aerzteblatt.de/11m0115 Die Quiz-Fragen wurden vom Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI), Mainz, entwickelt.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des In- ternational Committee of Medical Journal Editors

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des Inter- national Committee of Medical Journal Editors besteht..

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des In- ternational Committee of Medical Journal Editors besteht.. Clopidogrel soll Kardiologe verschreiben

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors

Die Autorin erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.. Argumentation