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Archiv "Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung im Erwachsenenalter – Diagnostik, Ätiologie und Therapie: ADHS – auch kausal behandelbar" (31.10.2008)

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764 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 44⏐⏐31. Oktober 2008

M E D I Z I N

Ausschlussdiagnose

Dem Phänomen der zu wenig diagnostizierten ADHS im Erwachsenenalter steht die Zahl häufig (fehl) dia- gnostizierter ADHS-Fälle im Kindes- und Jugendalter gegenüber. ADHS sollte immer eine Ausschlussdiagno- se sein, das heißt, sämtliche alternativen somatischen oder psychiatrischen Differenzialdiagnosen und psycho- dynamischen Erklärungsansätze sollten ausgeschlossen werden. Daher gehört die Diagnostik und Behandlung der ADHS meines Erachtens auch in die Hände von Kinder- und Jugendpsychiatern und Psychiatern. Ergän- zend zum Artikel möchte ich neben der Anwendung von Symptomevaluationsbögen, zum Beispiel nach ICD-10 und deren Adaption an das Erwachsenenalter auch zu

„Doppelblindversuchen“ mit Metyhlphenidat nach Einverständnis des Patienten zu Diagnostikzwecken er- mutigen (Placebo versus Methylphenidat), um bei deut- lich positiver Medikamentenwirkung, die aufgrund der raschen Wirkung zeitnah festgestellt werden kann, ei- nen zusätzlichen Hinweis auf die Diagnose zu erhalten.

Auch Schriftproben unter Metyhlphenidat können bei deutlich gebessertem Schriftbild hinweisend auf die Diagnose sein sowie Konzentrationsverlaufstestungen mit und ohne Metyhlphenidat. Eine fundierte Testdia- gnostik (Depression, Intelligenz, Persönlichkeit, Kon- zentration) ist bei der ADHS-Diagnostik im Kindes- und Jugendalter Standard und sollte zumindest partiell auch im Erwachsenenalter meines Erachtens erwogen werden (zum Beispiel mittels BDI [Becks Depressions Inventar], HAWIE [Hamburg Wechsler Intelligenztest für Erwachsene], Persönlichkeitsfragebögen, KVT [Konzentrationsverlaufs-Test]). Das Problem des „off label use“ ist uns Kinder- und Jugendpsychiatern bei den meisten psychopharmakologischen Optionen leider bestens bekannt, zum Beispiel im Bereich der Atypika.

Hier sind die Pharmaindustrie und die Gesundheitspoli- tik gefragt, unnötige Hürden zu beseitigen. Ich hoffe, die Erkennung und Behandlung von ADHS über das Ju- gendalter hinaus kann sich etablieren.

DOI: 10.3238/arztebl.2008.0764a

Giulio Calia LWL-Klinik Hamm Heithofer Allee 64 59071 Hamm

E-Mail: g.calia@wkp-lwl.org

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des Internatio- nal Committee of Medical Journal Editors besteht.

ADHS – auch kausal behandelbar

Zur Durchschnittshäufigkeit von 2 % von ADHS bei Erwachsenen sei eine Frauengruppe genannt, die die klinischen Leitsymptome häufiger als zu erwarten zeigt: reduzierte Aufmerksamkeit, innere Unruhe, ge- störte Affektregulation, depressive Verstimmungen und teils daraus resultierende Desorganisiertheit. Das sind jene Frauen mit sehr starken klimakterischen Be- schwerden im Alter um 50 Jahre, die ohne „off label use“ medikamentös behandelt werden können. Extre- me Symptome auf abrupten Östrogenmangel (auch nach Kastration im fertilen Alter) werden zu selten mit der klinischen Diagnose ADHS in Bezug gebracht.

Dieses somatische Korrelat bedarf mehr interdiszi- plinären Austausches.

Aus der Aromataseforschung (über 40 Jahre mit dem Enzym Letrozol) sind durch Östrogenmangel in- duzierte Aufmerksamkeits-, Gedächtnis- und Kogniti- onsdefizite bekannt. In der Onkologie zeigt sich das unter adjuvanter Aromatasehemmer-Therapie. Bereits nach einem Jahr besteht nur noch bei einem Drittel der Patienten Compliance bei geplanter Therapie für fünf Jahre. Das überrascht nicht, da das mit Östrogenre- zeptoren sehr gut ausgestattete Gehirn zu viele Leis- tungen nicht mehr zufriedenstellend erbringen kann.

Bevor dies das Ausmaß von ADHS mit beeinträchtig- ter Lebensgestaltung erreicht, entscheiden sich die Frauen für Noncompliance.

Die Autoren schlagen die Ausschlussdiagnostik in- ternistischer und neurologischer Art vor. Bei Frauen sollte die Ovarialfunktion mit berücksichtigt werden.

Es wird auf deutlich erhöhte ADHS-Prävalenzraten bei Strafgefangenen von circa 25 % hingewiesen. Bei Frauen tritt in dieser Stresssituation oft eine Amenorr- hoe auf, also sistiert die Ovarialfunktion und damit entsteht ein Östrogenmangel für das Gehirn.

Bei Männern geschieht dies analog zum Beispiel in Kriegsgefangenschaft – weniger Testosteron wird zu Östrogen umgewandelt. Die Autoren verweisen auf das gestörte dopaminerge System und damit gestörte Synapsenfunktionen.

Beim Therapieversuch mit Östrogensubstitution ist über das erhöhte Brustkrebsrisiko im ein Promille- bereich aufzuklären. Im WHI-Kollektiv wurden Brustkrebs-Neuerkrankungen je 10 000 Frauen pro Jahr bei 38 Frauen unter Östrogen-Gestagentherapie und bei 30 Frauen unter Placebo entdeckt (3). Diese Differenz von 8 pro 10 000 Frauen/Jahr beziehungs- weise 0,8 Promille wird durch eine vorausgehende große Studie bestätigt (1). Im WHI-Kollektiv mit Östrogen-Monotherapie wurden pro 10 000 Frauen 7 Brustkrebserkrankungen weniger entdeckt im Place- bovergleich, also rechnerisch auch unter dem ein Pro- millebereich (2). Diese Daten werden die Entschei- dung zur Östrogensubstitution bei ADHS erleichtern.

DOI: 10.3238/arztebl.2008.0764b zu dem Beitrag

Aufmerksamkeitsdefizit- und

Hyperaktivitätsstörung im Erwachsenenalter Diagnostik, Ätiologie und Therapie

von Dr. med. Alexandra Philipsen, PD Dr. med. Bernd Heßlinger, Prof. Dr. med. Ludger Tebartz van Elst in Heft 17/2008

DISKUSSION

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 44⏐⏐31. Oktober 2008 765

M E D I Z I N

LITERATUR

1. Beral V: Breast cancer and hormone replacement therapy: colla- borative reanalysis of data from 51 epidemiological studies of 52.705 women with breast cancer and 108.411 women without breast cancer. Lancet 1997; 350:1047–59.

2. WHI Investigators: Risks and benefits of estrogen plus progestin in healthy postmenopausal women. Principal results from the WHI randomized controlled trial JAMA 2002; 288: 321–33.

3. WHI Investigators: Effects of conjugated equine estrogen in post- menopausal women with hysterectomy. JAMA 2004; 291:

1701–12.

Prof. Dr. J. M. Wenderlein

Universität Ulm, Eythstraße 14, 89075 Ulm wenderlein@gmx.de

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des Inter- national Committee of Medical Journal Editors besteht.

Primäres und sekundäres ADHS

Vielen Dank für die gute und übersichtliche Darstel- lung des Krankheitsbildes im Erwachsenenalter. Ein- ziger Kritikpunkt ist für mich die Einteilung in

„primäres ADHS“ und „sekundäres ADHS“. Ich finde den Begriff „sekundäres ADHS“ äußerst unglücklich und verwirrend, da es sich hier meist um hirnorgani- sche Psychosyndrome im weiteren Sinne handelt, die natürlich von der Symptomatik einem vorwiegend ge- netisch bedingten ADHS ähnlich sehen können. So würde man bei einem Patienten mit Frontalhirnsyn- drom doch auch nicht von „sekundärem ADHS“

sprechen, auch wenn dieser die Kriterien bezüglich Unaufmerksamkeit, Konzentrationsstörung und Im- pulsivität ( beziehungsweise Affektlabilität ) erfüllen würde. Deswegen halte ich den Begriff „sekundäres ADHS“ bei der ohnehin schon schwierigen differen- zialdiagnostischen Abklärung und den oft vorhan- denen Komorbiditäten sowohl aus diagnostischen, als auch aus therapeutischen und prognostischen Ge- sichtspunkten eher für hinderlich.

DOI: 10.3238/arztebl.2008.0765a

Dr. med. Andreas Vogel Lavendelweg 1, 66424 Homburg/Saar E-Mail: andreasvogel1101@web.de

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des Inter- national Committee of Medical Journal Editors besteht.

ADHS und Konsum von THC

Bei meiner alltäglichen gutachterlichen Tätigkeit ha- be ich auch relativ häufig mit jungen Erwachsenen zu tun, die an ADHS leiden und zusätzlich THC (Te- trahydrocannabinol) konsumieren. Deshalb mache ich fast routinemäßig bei ADHS den Drogentest bezie- hungsweise Cannabistest.

Für mich gilt als sicher, dass bei regelmäßigem Konsum von THC die ADHS nicht verbessert werden kann, hier wären entsprechende Befragungen oder Testungen von Patienten sinnvoll. Manchmal gibt es auch junge Erwachsene, die Methylphenidat verord- net bekommen haben und zusätzlich noch THC kon-

sumieren. Deshalb würde ich mich freuen, wenn Sie noch intensiver auf Ihre benannte Kontraindikation der Verordnung von Methylphenidat bei Drogensucht hinweisen würden, das heißt, die verordnenden Ärzte sollten vor Verordnung und während der Behandlung mit Methylphenidat regelmäßige Drogenscreenings durchführen. DOI: 10.3238/arztebl.2008.0765b

LITERATUR

1. Rösler M, Retz W: Sozialmedizinische Aspekte der ADHS – Über die Ursachen und Folgen komorbider Störungen. PsychoNeuro 2007, 33: 390–4.

Gisela Uhlig

Sudetenring 127, 63303 Dreieich

Interessenkonflikt

Die Autorin erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des Inter- national Committee of Medical Journal Editors besteht.

Schlusswort

Verlaufsbeurteilung unter Methylphenidat

Analog zum Kindesalter zeigen sich im klinischen Alltag auch bei Erwachsenen häufig Verbesserungen des Schriftbildes. Auch Einfach- oder (in der Praxis schwerer durchzuführende) Doppelblindversuche könnten angewendet werden, um die Notwendigkeit der Fortführung der medikamentösen Behandlung zu überprüfen. Die diagnostische Aussagekraft der Wirk- samkeit von Methylphenidat zum Beispiel in Einfach- oder Doppelblindversuchen wird jedoch aufgrund der Responserate von circa 75 % eingeschränkt (1). Auch Patienten, die nicht respondieren, können von ADHS betroffen sein. Fragebögen und neuropsychologische Tests können die Diagnostik und Verlaufsbeurteilung sinnvoll ergänzen.

Sucht (THC) und ADHS

Wie im Artikel beschrieben, stellen Suchterkrankun- gen eine sehr häufige Komorbidität und Differenzial- diagnose bei ADHS im Erwachsenenalter dar. Daher ist eine engmaschige Überwachung des Drogen- konsums indiziert. Bei komorbider Sucht sollte eine Stimulanzienbehandlung nur unter kontrollierten Be- dingungen (Drogenscreenings) erfolgen.

Primäres und sekundäres ADHS

Herr Vogel hat natürlich völlig Recht, wenn er darauf hinweist, dass die Einteilung in eine primäre und se- kundäre ADHS bislang noch nicht allgemein etabliert und Konsens ist. Dennoch halten wir sie für sinnvoll.

Die Patientenuntergruppe, auf die wir mit dieser Ein- teilung hinweisen möchten, ist aber nicht die mit klar erkennbaren organischen Psychosyndromen im Sinne der klassischen Frontalhirnsyndrome (auf die Herr Vogel abzielt und bei denen das ADH-Syndrom nur ei- nen Teilbereich einer viel breiteren Psychopathologie darstellt). Vielmehr soll darauf aufmerksam gemacht werden, dass es Untergruppen von Patienten gibt, bei denen das psychopathologische Bild identisch mit dem der primären, vorwiegend genetisch bedingten ADHS ist. Zustatzbefunde wie etwa EEG-Auffällig-

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