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Archiv "Die Mär vom politischen Arzt" (17.06.1976)

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Die Information:

Bericht und Meinung

Strafrecht zum Schwangerschaftsabbruch

Arzt über die durchgeführte Bera- tung zu vergewissern, auch wenn dies im Gesetz nicht ausdrücklich vorgeschrieben ist, da andernfalls in einem evtl. Strafprozeß für ihn Beweisschwierigkeiten entstehen könnten.

VI. Ärztliche Beratung der Schwangeren

Die Aufklärung des Patienten über die bei einer ärztlichen Behand- lung bedeutsamen Gesichtspunkte durch den Arzt ist selbstverständli- che Voraussetzung für jeden Heil- eingriff und wäre auch, ohne daß dies im Gesetz ausdrücklich er- wähnt worden wäre, Voraussetzung für einen legalen Schwanger- schaftsabbruch. § 218 b Absatz 1 Nr. 2 stellt die Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs ohne vorherige Beratung über die ärzt-

lich bedeutsamen Gesichtspunkte eines solchen Eingriffs ausdrück- lich unter Strafe. Dabei kann diese ärztliche Beratung der Schwange- ren, anders als die Beratung über soziale Hilfen, auch von dem Arzt durchgeführt werden, der den Schwangerschaftsabbruch später selbst durchführt. Für den Fall, daß ein anderer Arzt die Beratung über die ärztlich bedeutsamen Gesichts- punkte bereits durchgeführt hat, sollte sich der Arzt, der den Schwangerschaftsabbruch vor- nimmt, auch hierüber eine schriftli- che Bestätigung vorlegen lassen, um nicht später in Beweisschwie- rigkeiten zu kommen.

VII. Ärztliche Feststellung der Indikationen zum Schwangerschaftsabbruch

Von seiten der Bundesärztekam- mer wurde im Rahmen des Gesetz- gebungsverfahrens mehrfach die Forderung auf Beibehaltung der ärztlichen Gutachterstellen als al- lein zuständige Stellen für die Fest- stellung einer Indikation zum Schwangerschaftsabbruch erho- ben, da nach ihrer Auffassung al- lein eine solche gutachterliche

Feststellung eines neutralen Gut- achtergremiums den Arzt, der den Eingriff vornehmen soll, in seiner Verantwortung wirksam entlastet.

Der Gesetzgeber ist dieser Forde- rung nicht gefolgt. Zwar ist in § 219 als Voraussetzung für einen straf- freien Abbruch der Schwanger- schaft die schriftliche Feststellung eines anderen Arztes über das Vor- liegen einer Indikation vorgeschrie- ben.

Nach dem Willen des Gesetzge- bers soll diese Feststellung jedoch

ZITAT

Die Mär vom politischen Arzt

„Wenn es nach den Wunsch- vorstellungen bestimmter bürgerlicher Ideologen gin- ge, spräche jetzt zu Euch ein von Berufs wegen unpoliti- scher Mensch. Aber gerade diese gefährliche Mär vom zum Beispiel ach so unpoliti- schen Nierenstein oder von der klassenlosen Gallenkolik war im Verlauf der Mensch- heitsgeschichte für die Medi- zin mit bittersten Erfahrun- gen verbunden. Wir wissen:

Unser Platz ist unverrückbar an der Seite der Arbeiter- klasse."

Professor Dr. Horst Klink- mann, Direktor der Klinik für innere Medizin der Wilhelm- Pieck-Universität Rostock, auf dem IX. Parteitag der SED.

den Arzt, der den Schwanger- schaftsabbruch durchführt, in sei- ner Eptscheidung nicht binden. Der Arzt könnte daher auch bei einer negativen Feststellung eines ande- ren Arztes den Schwangerschafts- abbruch durchführen, wenn er selbst das Vorliegen einer Indika- tion bejaht. Er muß dann allerdings damit rechnen, daß im Falle einer strafprozessualen Auseinanderset- zung ihn die Darlegung dafür trifft, daß entgegen der schriftlichen

Feststellung des anderen Arztes eine Indikation zum Schwanger- schaftsabbruch vorgelegen hat.

Aus dem Wortlaut des Gesetzes könnte gefolgert werden, daß jeder Arzt in der Lage ist, eine solche schriftliche Feststellung über das Vorliegen oder Nichtvorliegen ei- ner Indikation zum Schwanger- schaftsabbruch zu treffen. Aus dem Bericht des federführenden Son- derausschusses für die Strafrechts- reform geht jedoch hervor, daß auch insoweit das allgemeine Stan- desrecht zu beachten ist und somit nur derjenige Arzt kompetent ist, in dessen Fachgebiet die für die Fest- stellung der Indikation erforderli- chen Untersuchungen fallen.

Im übrigen hat der Gesetzgeber durch Einfügung eines § 219 a StGB die durch einen Arzt wider besseres Wissen getroffene unrich- tige Feststellung über das Vorlie- gen einer Indikation ausdrücklich unter Strafe gestellt und als Folge einer solchen Bestrafung die Ent- ziehung des Rechts auf Feststel- lung von Indikationen zum Schwangerschaftsabbruch durch die nach Landesrecht zuständigen Stellen vorgesehen.

VIII. Strafmaß

Das Strafmaß bei einem Verstoß des Arztes gegen die Bestimmun- gen der §§218 ff ist unterschied- lich, je nachdem ob der Schwan- gerschaftsabbruch ohne Vorliegen einer Indikation vorgenommen wird oder lediglich ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Beratung oder zur Feststellung der Indika- tion durch einen anderen Arzt vor- liegt. Bei Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs ohne Vorliegen einer Indikation im Sinne des § 218 a kann der Arzt nach

§ 218 mit Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren, in besonders schwe- ren Fällen mit Freiheitsstrafen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft werden, bei einem Verstoß gegen § 218 b und § 219 mit Frei- heitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden.

Dr. jur. Rainer Hess

1654 Heft 25 vom 17.Juni 1976 DEUTSCHES ÄRZTE BLATT

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