• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Fehlende Compliance: Patienten, die dem Arzt etwas vorgaukeln" (11.03.2005)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Fehlende Compliance: Patienten, die dem Arzt etwas vorgaukeln" (11.03.2005)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A

A704 Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 1011. März 2005

S T A T U S

E

in Kranker tut alles, um wieder gesund werden. Er geht zum Arzt,lässt sich un- tersuchen, beraten und Medi- kamente verschreiben. Dann löst er sein Rezept ein, nimmt die Medikamente vorschrifts- mäßig und befolgt alle Emp- fehlungen seines Arztes. Was sich vernünftig anhört, ent- spricht nicht der Realität.

Tatsächlich gibt es kaum einen Patienten, der eine Arzneimit- teltherapie richtig durchführt.

Etwa ein Fünftel der Rezepte wird nicht eingelöst, und die Hälfte aller Medikamente wer- den gar nicht oder falsch ange- wandt. In einem Drittel der Fälle entstehen dadurch ernste Gesundheitsschäden.

Die häufigste Ursache für ungenügende Therapietreue

sind Ängste, Vorbehalte und Zweifel der Patienten. Sie miss- trauen den Medikamenten, fürchten mögliche Neben- und Wechselwirkungen und setzen Medikamente eigenmächtig ab, die zunächst ihren Zustand verschlechtern. Dazu kommt, dass viele Patienten in Zeiten der Wissensbeschaffung über das Internet oft eine andere Meinung zu Diagnose, Krank- heitsursachen und Therapie haben als der Arzt.

Manche Patienten wenden ihre Medikamente falsch an, weil sie nicht ausreichend in- formiert wurden. Sie wissen nicht genau, wann oder woge- gen sie die Medikamente ein- nehmen sollen, und verstehen die Packungsbeilage nicht. Be- sonders geistig oder körperlich beeinträchtigten Patienten fällt es schwer, sich an die Therapie- vorschriften zu halten. Die Be- reitschaft zur Mitarbeit sinkt außerdem, wenn die Therapie kompliziert ist und nur schlecht in den Alltag eingebunden werden kann.

Darüber hinaus lässt die Therapietreue in der Regel mit der Dauer einer Therapie nach, alte Verhaltensmuster schlei-

chen sich wieder ein. Ein weite- rer Grund für Non-Compli- ance ist der fehlende Leidens- druck, vor allem bei Krankhei- ten, die keine direkten Be- schwerden verursachen wie et- wa Bluthochdruck. Auch eine schlechte Beziehung zwischen Arzt und Patient kann eine Ur- sache von Non-Compliance sein. „Wenn der Patient kein Vertrauen zum Arzt hat, sich bevormundet und nicht ver- standen fühlt, hält er sich auch nicht an die Therapieregeln“, haben Dr. med. Hubert O.

Heuer aus Frankfurt/Main und Sabine Heuer, Apothekerin in Schwabenheim, beobachtet.

Ärzte erfahren längst nicht immer von absichtlichen Än- derungen des Therapieplans.

Denn Patienten können sehr erfindungsreich sein, wenn es darum geht, ihrem Arzt eine gute Compliance vorzugau- keln. Beispielsweise befolgen sie nur kurz vor einem Arztbe- such die Therapieanweisun- gen, unterlassen sie aber sonst.

Oder sie nehmen zwei Tage oder länger ein Arzneimittel nicht mehr ein. Über die Länge der „Arzneimittelferien“ ent- scheiden sie willkürlich. Solche

Strategien der Non-Compliance sind keine Bagatellen, sondern richten bei Patienten, im Ge- sundheitswesen und in der Volkswirtschaft großen Scha- den an.Auch für Ärzte wird die Behandlung mühselig, denn sie müssen regelrecht Detektivar- beit leisten, um den Patienten auf die Schliche zu kommen.

Wünschenswert wäre es, dass die Patienten freiwillig, ei- genverantwortlich, gewissen- haft und in enger Zusammen- arbeit mit dem Arzt ihre Thera- pien durchführen. Die wichtig- ste Voraussetzung dafür ist – neben einer ausführlichen In- formation des Patienten über Krankheit und Behandlung – eine Arzt-Patient-Beziehung, die von gegenseitigem Vertrau- en geprägt ist. Ärzte können das Vertrauen ihrer Patienten gewinnen, indem sie ihnen mit einer positiven und interessier- ten Grundhaltung begegnen und sich Zeit für Gespräche nehmen – auch wenn diese nicht ausreichend honoriert werden. Die meisten Patienten öffnen sich, wenn sie merken, dass sie ernst genommen wer- den, und sind dann auch zur Mitarbeit bereit. Die Entschei- dung zur Therapie müssen Arzt und Patient gemeinsam tra- gen, und beide sollten sie als Teamleistung verstehen. Auf- bau und Pflege von tragfähi- gen Arzt-Patient-Beziehungen können unter anderem in Ge- sprächsführungskursen erlernt werden. Marion Sonnenmoser

In den letzten Tagen erreichten uns mehrere Anfragen zur Teilnahme an der Inte- grierten Versorgung (IV) für die Implantation von Hüft- und Knieendoprothesen.

Als Vorteile werden den Patienten eine verkürzte Wartezeit, der Einsatz besonderer Implantate (McMinn-Prothesen), die Einbindung des Facharztes, die Vermeidung unnötiger Doppeluntersuchungen, eine Gewährleistung von zehn Jahren und eine verbesserte Nachsorge offeriert. Wir haben uns entschlossen, an einer solchen IV nicht teilzunehmen. Die IV erlaubt es, Verträge mit Krankenkassen abzuschließen.

Die dazu nötigen Finanzmittel werden zuerst zu je einem Prozent aus dem Honorartopf der niedergelassenen Ärzte und der Krankenhäuser, alles darüber Hinausgehende allein

aus dem Honorar der Niedergelassenen bezahlt. Der Patient hat einen Vorteil durch die verkürzte Wartezeit. Alle anderen „Vorteile“ sind inhaltsleere Worthül- sen. Auch vor der Einführung der IV gab es McMinn-Prothesen. Die Kommunikati- on des Facharztes mit dem regionalen Krankenhaus sowie der Rehabilitationsein- richtung und die Vermeidung von Doppeluntersuchungen sind Standard. Eine ver- besserte Nachsorge ist schwer zu erreichen, wenn es hier keine über die Begren- zung des Heilmittelkatalogs in der Nachbehandlung hinausgehenden Defizite gibt.

Die Gewährleistung von zehn Jahren macht dem Patienten eher ein Problem, denn oft will er bei Komplikationen nicht zum Erstimplanteur zurück. Zahlmeister der IV

ist der niedergelassene Arzt. Er erhält für seine Zuweisung das Recht, fünf Prothe- senkontrollen à 55 Euro (eins der Angebote) direkt mit der Klinik und damit zu- sätzlich zum KV-Honorar zu erwirtschaften. Dafür verschwinden aus dem Ho- norartopf 10 000 Euro zur Finanzierung der IV. Dies entspricht dem Verlust von ei- nem Euro für jeden der niedergelassenen Ärzte von Niedersachsen für jede inte- griert implantierte Endoprothese. Der Gewinner ist die Krankenkasse. Sie muss kein Geld für die IV aufwenden, denn sie entnimmt es dem sowieso zu zahlenden gedeckelten Honorartopf der Ärzte. Da die Ärzte sich mit zu- nehmendem Honorarverlust immer mehr um alternative Ein- nahmen bemühen müssen, steigt der Zwang der Ärzte zur Teil- nahme an der IV. Daraus ergibt sich ein Machtgewinn für die Krankenkasse, die oh- ne feststehende Kriterien und ohne die Pflicht, ihre Entscheidungen zu begründen, jeden Arzt beliebig an der IV beteiligen oder ausschließen kann. Eine derartige IV beschleunigt den Hamsterradeffekt und den Punktwertverlust, denn für jeden Euro, den der Niedergelassene über IV entnimmt, werden zum Beispiel bei den Endopro- thesen weitere 39 Euro für stationäre und Rehabilitationsleistungen entnommen.

Mit der IV Endoprothetik wurde ein legalisierter Diebstahl aus dem Honorartopf der Niedergelassenen geschaffen. Nur beklauen müssen wir uns selber – mit Zuwei- sungen zu den Maßnahmen. Orthopädische Gemeinschaftspraxis,Gifhorn

Nicht mit uns

S T A N D P U N K T

Foto:Eberhard Hahne

Fehlende Compliance

Patienten, die dem Arzt

etwas vorgaukeln

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Nachdem er sich selbst röntgendurchleuch- tete, was er mit Hilfe eines gro- ßen Spiegels zuwege brachte, und nach Durchforschen ein- schlägiger Literatur, kam er auf einen

„Sie werden einem Feld zuge- ordnet und sind somit auch ei- ne Orientierung von innen und außen.“ In der Loggia werden sechs Sitzblöcke so an- geordnet, dass sie in ihrer Far-

Viele der betroffenen Kollegen, die teilweise acht, zehn oder noch mehr Dienste schieben, wagen es nicht sich zu wehren („wenn es Ihnen nicht paßt, dann kön- nen Sie

Darüber hinaus werde die freie Arztwahl der Patienten untergraben, wenn ein priva- ter Arztsuchdienst nur an die Ärzte verweise, die sich gegen Entgelt in eine

Eine Therapie durch eingreifende, mit Ne- benwirkungen auf gesunde Zellsysteme verbun- dene Maßnahmen ist aber sicher nicht gerecht- fertigt, wenn zwar eine begrenzte Verlängerung

Auch, dass die ärztlichen Aktionen schon lange und bundes- weit andauern, dass Zehntausende mitmachen, besagt für sich genom- men nicht viel.. Fast jeden Tag erhebt irgendeine

Zunächst wird die Möglichkeit, daß Eltern ihr eigenes Kind miß- handeln oder mißbrauchen, nicht in seine Erwägungen einbezogen, weil das für ihn fast unverständ- lich ist,

Sie ist zugleich Ansprechpartner für viele, die im Gesundheitswesen tätig sind: für niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten, für Vertreter von Selbsthilfeorganisationen, für