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Archiv "Philippinen: „Ich habe Zeit für meine Patienten“" (27.03.2009)

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T H E M E N D E R Z E I T

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r. med. Peter Kaliski muss schmunzeln, als er erzählt, dass er in jungen Jahren kein Blut sehen konnte. Dennoch hat er den Beruf, von dem er immer träumte.

Der Facharzt für Innere Medizin sitzt in seiner Praxis im Makati Me- dical Center, einem Hochhaus in Ma- nila, und erinnert sich: „Zu meiner Schulzeit in Esslingen konnte ich auch keine Unfallbilder betrachten.

Bei einem Erste-Hilfe-Kurs musste ich sogar mal aus dem Raum.“ Das ist lange her. Heute arbeitet der 51- Jährige auf den Philippinen auch als Unfallarzt und versorgt Opfer bei Krankenflügen zurück nach Europa.

Aus dem lächelnden wird nun ein ernstes Gesicht. „Viele Vorurteile in Deutschland gegenüber dem medi- zinischen Standard auf den Philippi- nen ärgern mich.“ Zum Beispiel rief einmal ein Mitarbeiter einer Versi- cherung den Arzt an und fragte, ob dieser einen Herzkatheter legen könne. Kaliski: „Ich blieb ganz freundlich und antwortete, natürlich können wir das.“

Auch einige Botschaften in Ma- nila nutzen die Arbeit des Schwa- ben. Durch seinen Einsatz bei Not- fällen und Rettungen mit dem Hub- schrauber kommt der Deutsche im Reich der 7 000 Inseln viel herum.

Er arbeitet bei Rückführungen von Schwerverletzten und -erkrankten auch mit dem ADAC und der Europ Assistance zusammen. Für die Schweizerische Rettungsflugwacht Rega begleitet er Patienten nach Eu- ropa. Kaliski freut sich über das „in den letzten Jahren gewachsene Ver- trauen dieser Gesellschaften in un- sere Arbeit“. Es sei oft besser, den Zustand des Patienten „bei uns zu stabilisieren, als ihn überstürzt mit höheren Risiken auszufliegen“.

Weil der Deutsche oft unterwegs ist, arbeitet eine Kollegin mit ihm in der Praxis in Manilas Banken- und Hotelviertel Makati zusammen. Die

Internistin Cecile Fabro betont:

„Kein Ausländer muss Angst haben, in unserem Land nicht gut versorgt zu werden.“ Natürlich sei die Ver- sorgung in Manila schneller und besser möglich als auf dem Land.

„Wir orientieren uns bei Stu- dium, Ausbildung und der Arbeit in Praxen und Kli- niken an westlichen Stan- dards“, sagt die 42-jährige Philippinin.

Das Inselreich mit seinen knapp 90 Millionen Ein- wohnern setzt nun verstärkt auf den Medizintourismus.

Der soll auch helfen, den Exodus von Ärzten und Krankenschwestern in Länder mit höheren Gehältern zu stoppen. Das Flaggschiff, das Asian Hospital and Medical Center in Ma- nila, versorgt jährlich 16 000 Pati- enten, es verfügt über 250 Betten und eine Präsidentensuite mit Zim- mer für ein Hausmädchen. Das Topmanagement kommt aus Austra- lien und der Schweiz, die Ärzte sind von den Philippinen. Um hier prak- tizieren zu können, müssen auch

Ausländer die Ausbildung und Prü- fung in dem südostasiatischen Land absolvieren, brauchen eine Aufent- halts- und Arbeitserlaubnis. „Und das ist schwierig“, weiß Kaliski aus eigener Erfahrung.

Seine Sprechstunde be- ginnt erst in einer halben Stunde, Zeit, um über frühere Zeiten zu plaudern. Repro- duktionen alter Stiche von Esslingen am Neckar hängen an der Wand des schlicht eingerichteten Behandlungs- raums. „Ich mag meine Hei- mat, hatte mich in Stuttgart und Ulm ums Medizinstudium beworben.“ Der Numerus clausus machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Kaliski schaut aus dem Fenster auf andere Hochhäuser. Die nächsten Slums und Müllhalden, in denen Kinder nach Verwertbarem wühlen, sind nur 20 Taximinuten entfernt.

„Ich fühlte mich schon in jungen Jahren zum Arzt berufen“, erzählt der Mediziner. „Menschen medizi- nisch helfen zu können, ist etwas Wunderbares.“ Bei der Bundeswehr PHILIPPINEN

„Ich habe Zeit für meine Patienten“

Der deutsche Arzt Peter Kaliski hat sein Glück in Manila gefunden.

Im Notfall führen ihn seine Einsätze auch in Dörfer und auf Inseln.

Viele Vorurteile gegenüber dem

medizinischen Standard auf den Philippinen ärgern mich.

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und beim Deutschen Roten Kreuz in Esslingen arbeitete der Schwabe ei- nige Zeit als Rettungssanitäter.

Dann kam die Wende. Kaliski machte im Januar 1982 auf den Phi- lippinen Urlaub. „Fünf Monate spä- ter begann ich mit dem Studium, in Englisch, an der St.-Louis-Univer- sität in Baguio“, einer Großstadt 200 Kilometer nördlich von Manila.

In den Semesterferien jobbte er nachts in der Gießerei von Daimler- Benz in Stuttgart, um sein Studium mitzufinanzieren.

„Studium und Leben auf den Philippinen sind für Ausländer sehr angenehm“, erzählt Kaliski. Die Einheimischen seien freundlich und hilfsbereit. „Das Vorstudium Biolo- gie schloss ich in Baguio mit cum laude ab. Dann konnte ich sofort mit meinem ersehnten Medizinstudium beginnen.“ Das zentralisierte Staats- examen machte der Deutsche in Manila. „Mit 32 Jahren war ich Arzt.“ In Baguio lernte Kaliski seine einheimische Frau Zaida kennen, mit der er drei Kinder hat.

80 Praxen gibt es in dem Medical Center. Kaliski will später noch in eines der drei Gemeinschaftslabore im Hause gehen. Und nach der Sprechstunde muss er als offizieller Schweizer Botschaftsarzt noch ei- nen Krankheitsfall evaluieren und Abrechnungen aus der Provinz überprüfen. Ähnliches macht er

auch für die Botschaften von Deutschland und Österreich.

Kaliski lehnt sich zurück und schmunzelt wieder: „Ich kann mir die nötige Zeit nehmen bei der Be- handlung. Mir klopft keine Kran- kenkasse auf die Finger wie in Deutschland.“ Seine ausländischen Patienten sind meist ausreichend versichert. Es gibt auch ein staat- liches Versicherungssystem, das recht billig ist, aber vergleichsweise wenig Kosten übernimmt.

„Im staatlichen Krankenhaus tun die Ärzte, was sie können“, versi- chert der Deutsche. Aber die Res- sourcen seien sehr knapp. Ein Assis- tenzarzt verdient hier umgerechnet bis zu 300 Euro, eine Kranken- schwester etwa die Hälfte. Ein gutes Einkommen haben nur Ärzte mit ei- gener Praxis.

„In der staatlichen Klinik kann ein Patient sterben wegen 200 Peso (etwa drei Euro), weil seine Familie die nötige Medizin nicht kaufen kann“, sagt Kaliski. Bis zu 60 Pa- tienten liegen im Großraum. Die Wartezeiten in der Notaufnahme sind lang. Aber das gibt es selbst in den USA und anderswo für nicht privat versicherte Patienten.

Doch Kaliski und andere Ärzte helfen auch Bedürftigen. „Ich im- provisiere viel, mache Charity und in der Pharmaindustrie etliche Gratismedikamente locker“, so der Esslinger. Manchmal fährt er mit Kollegen in seine alte Universität nach Baguio. Dort behandeln die Ärzte arme Bergbauernfamilien, die dafür in die Stadt kommen. Es gibt einige solcher deutsch-philippini- scher Initiativen. Das Bergbauern- projekt unterstützen die deutschen Schwestern des St. Scholastica’s Convent in Baguio. Und der Ger- man Club in Manila hilft nach den Worten seines Präsidenten Jürgen Warnke Sehschwachen und Blinden der „Heinz Woelke Foundation“.

Kaliski hat auch viel Erfahrung mit Hepatitis, die häufig bei unge- schütztem Sex übertragen wird. „Es gibt zur Behandlung Medikamente.

Aber die kann ein normaler Bürger nicht bezahlen“, erklärt der Deut- sche. Kondome sind wenig verbrei- tet. Viele Männer haben ein Macho- Image. Erst langsam wächst in dem vorwiegend katholischen Land das Bewusstsein, wie wichtig Schutz beim Geschlechtsverkehr ist.

Anja Gomm von der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusam- menarbeit (GTZ) in Manila sieht ge- nerell einige Fortschritte im Gesund- heitsbereich. Die GTZ fördert vor allem die soziale Krankenversiche- rung und die Verbesserung sozialer Dienste. „Die arme Bevölkerung nutzt vermehrt die ländlichen Ge- sundheitszentren“, registriert Gomm.

Und die Nutzer seien mit der Quali- tät der Dienste in solchen Zentren zunehmend zufriedener. Die Kran- kenversicherungen verzeichneten steigende Mitgliederzahlen, beson- ders in der ärmeren Bevölkerung.

Kontakt: kaliskimedic@yahoo.com, doc_cecile@hotmail.com. I Bernd Kubisch

„Es ist schön, so zu arbeiten.“

Peter Kaliski praktiziert im Makati Medical Center in einem der Hoch- häuser Manilas.

Stadt der Gegensätze:Unweit der Slums ragt die moderne Skyline Manilas in den Himmel. Ähnliche Gegensätze prägen die medizinische Versorgung.

Foto:dpaFoto:Bernd Kubisch

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