A384 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 7⏐⏐16. Februar 2007 ARZNEIMITTEL
AOK schließt bundesweit Rabattverträge
Die 16 Allgemeinen Ortskranken- kassen (AOK) haben erstmals bun- desweit Rabattverträge mit Phar- maherstellern geschlossen. Die Verträge mit elf pharmazeutischen Unternehmen beinhalten Preisnach- lässe für insgesamt 43 Wirkstoffe und Wirkstoffkombinationen. Die ausgehandelten Preise liegen nach Angaben des AOK-Bundesverban- des bis zu 37 Prozent unter dem Verkaufspreis in der Apotheke.
„Bundesweit rechnen wir jähr- lich mit Einsparungen im zweistel-
MEDI Deutschland, die Freie Ärz- teschaft und der Bundesverband der Ärztegenossenschaften haben ange- sichts der bevorstehenden Gesund-
heitsreform erneut zum Systemaus- stieg aufgerufen. „Die Protestaktio- nen und Praxisschließungen von letztem Jahr waren zwar ein Erleb- nis. Jetzt brauchen wir aber einen
Maßnahmenkatalog, der aufzeigt, wie ein Systemausstieg funktionie- ren kann“, betonte Dr. med. Wer- ner Baumgärtner, Vorsitzender von MEDI Deutschland, auf einer Infor- mationsveranstaltung in Berlin.
Die Ärzteorganisationen planen, Interessierte deutschlandweit bis Mitte 2007 über Chancen und Ri- siken eines Ausstiegs aus dem kol- lektivvertraglichen System zu in- formieren. Anschließend soll die sogenannte Korbphase beginnen.
Hierbei geben Ärzte einer Region eine Absichtserklärung ab, ihre Kassenzulassung unter bestimmten Voraussetzungen zurückgeben zu wollen. Diese Erklärungen sammelt ein Notar in einem „Korb“. Über- steige die kritische Menge der Aus- steigewilligen 70 Prozent, könne der Systemausstieg erfolgreich um- gesetzt werden, sagte Baumgärtner.
Systemaussteiger bräuchten sich nicht um ausbleibendes Honorar zu sorgen. Schließlich, erklärte der MEDI-Vorsitzende, bestehe gemäß
§ 95 b Abs. 3 SGB V ein Rechtsan- spruch gegenüber der Krankenkasse.
Der Vergütungsanspruch ist auf das 1,0-Fache der GOÄ beschränkt.
Auch das Verbot einer erneuten Zu- lassung innerhalb der ersten sechs Jahre nach Rückgabe der Vertrags- arztzulassung bedeutet nach Ansicht von Baumgärtner keinen Verzicht (§ 95 Abs. 2 SGB V). Die Frage sei vielmehr: „Halten wir das jetzige System noch weitere sechs Jahre aus?“ Der Vizepräsident der Frei- en Ärzteschaft, Hans-Peter Meu- ser, bezeichnete die Rechtsform der Kassenärztlichen Vereinigun- gen (KVen) als überholt. „Die KVen sollten eine Abschaffung als Chance begreifen und, ohne ihren öffent- lich-rechtlichen Status zu wahren, Interessenvertretungen der Ärzte werden“, so Meuser. MM
Zahl der Woche
105 000
Krankenhausbetten wurden nach Angaben der Bundesregierung zwischen 1993 und 2005 abgebaut. Im internationalen Vergleich habe Deutschland aber immer noch Überkapazitäten, teilte das Bundesgesundheitsministerium mit.
ligen Millionenbereich“, sag- te der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Hans Jürgen Ahrens. Der Branchenverband „Pro Gene- rika“ bezeichnete die Kon- trakte der AOK als „Knebel- verträge“. Wenn Vertragswett- bewerb funktionieren soll, dür- fe es keine Nachfragekartelle geben, hieß es in einer ersten Reaktion des Verbandes. Auch das Bundeskartellamt nannte die Vereinbarungen „wettbe- werbsrechtlich bedenklich.“
Gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt warnte das Amt:
„Kurzfristig werden die Ver-
träge Kosten einsparen, mittelfristig führen sie aber zu einer Marktbe- reinigung.“ Langfristig werde diese Wettbewerbsverengung die Preise nach oben treiben.
Allerdings sieht die Behörde noch keine Handhabe, gegen die Verträge vorzugehen: § 69 SGB V lege fest, dass das sogenannte Ge- setz gegen Wettbewerbsbeschrän- kungen hier nicht gelte. „Auch eu- ropäisches Recht ist in diesem Fall nicht anwendbar, weil Krankenkas- sen nicht als Unternehmen gelten“, so das Amt. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung weist darauf hin, dass die Krankenkassen Ärzte und Patienten informieren müssten, für welche Medikamente bei welchen In- dikationen Rabatte bestünden. Soll- ten weitere Krankenkassen Rabatt- verträge abschließen, werde es für den Arzt schwierig, die Übersicht zu
behalten. hil, SR
A K T U E L L
PARALLELORGANISATIONEN
Vorbereitungen für den Systemausstieg
Werner Baumgärtner erklärt den System- ausstieg.
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