A2352 Deutsches Ärzteblatt⏐Jg. 105⏐Heft 45⏐7. November 2008
A K T U E L L
Trotz des drei Milliarden schweren Hilfsprogramms der Bundesregie- rung blicken die meisten Kranken- hausträger sorgenvoll in die Zukunft.
Bereits 2007 schrieb jedes dritte Krankenhaus rote Zahlen. Nur gut die Hälfte der Kliniken verbuchte ei- nen Überschuss. Rund 17 Prozent wiesen ein ausgeglichenes Ergebnis auf. Für das Jahr 2009 erwarten zahl- reiche Krankenhäuser einen weiteren Rückgang ihrer Jahresergebnisse.
Demnach könnte der Anteil der Ein- richtungen mit einem Überschuss auf rund 32 Prozent sinken. Diese Zahlen gehen aus dem Krankenhaus- barometer 2008 der Deutschen Kran- kenhausgesellschaft (DKG) hervor.
„Seit Jahren haben die Kranken- häuser nicht mehr so pessimistisch in die Zukunft geschaut“, sagte DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum bei der Vorstellung der Um- frage. Der sorgenvolle Blick auf
2009 sei vor allem auf die schon bei der Abfrage bekannt gewesene Ta- rifkostenerhöhung zurückzuführen.
Nach rund drei Prozent im laufen- den Jahr müssten die meisten Klini- ken von Januar an noch einmal um fünf Prozent höhere Löhne zahlen.
Das inzwischen beschlossene Hilfsprogramm der Großen Koaliti- on bringt nach Meinung der DKG nur eine teilweise Entlastung. Mehr als 50 Prozent der Tarifkostensteige-
rungen und der überwiegende Teil der Sachkostensteigerungen müssten die Kliniken selbst aufbringen. Be- kanntlich seien die Wirtschaftlich- keitsreserven der Krankenhäuser ausgeschöpft. Ohne akzeptable Re- finanzierung der 6,7 Milliarden Eu- ro großen Kostenlücke werde die Zahl der Krankenhäuser mit Verlus- ten weiter zunehmen. Zahlreiche Arbeitsplätze seien gefährdet.
Der Ärztemangel hat sich dem Krankenhausbarometer zufolge noch verschärft. Hätten 2006 noch gut 28 Prozent der Kliniken Probleme bei der Besetzung offener Arztstellen gehabt, klagten darüber inzwischen 67 Prozent. Bundesweit geht es demnach um hochgerechnet 4 000 unbesetzte Stellen im ärztlichen Dienst – gut dreimal so viele wie noch vor zwei Jahren. Jedes dritte betroffene Krankenhaus berichtet in der Studie von einer dadurch beein- trächtigten Patientenversorgung, je- des sechste vom verstärkten Einsatz
von Wartelisten. SR
Zahl der Woche
413 696
Ärztinnen und Ärzte waren im Jahr 2007 bei den Landesärzte- kammern gemeldet. Das sind 1,7 Prozent mehr als im Vorjahr.
Die Beseitigung von Ungleichhei- ten bei der medizinischen Versor- gung der rund 480 Millionen EU- Bürger steht bei der Europäischen Kommission ganz oben auf der Agenda. Dies geht aus dem Arbeits- programm der Behörde für 2009 hervor. Die Kommission setzt unter anderem darauf, dass die Mitglieds- länder die für eine Verbesserung der medizinischen Infrastruktur zur Verfügung stehenden Mittel aus
dem EU-Haushalt stärker als bisher nutzen. Ferner will die Behörde den Erfahrungsaustausch über positive medizinische und gesundheitspoli- tische Strategien zwischen den Län- dern intensivieren. Fortgesetzt wer- den sollen die Anstrengungen gegen die Ausbreitung von Krebs, Alz- heimer sowie HIV-Infektionen und Aids. Noch bis zu den Europawah- len im Juni 2009 will EU-Gesund- heitskommissarin Androulla Vassi-
liou Legislativvorschläge für Min- deststandards zur Qualität und Si- cherheit von Organtransplantatio- nen sowie zur Patientensicherheit vorlegen. Ferner soll es Rechtsvor- schriften für eine EU-weite Anglei- chung von Impfmaßnahmen bei Kindern geben. Im Dezember 2008 soll ein Diskussionspapier zur grenz- überschreitenden Freizügigkeit von Angehörigen von Gesundheitsberu- fen veröffentlicht werden. ps ARBEITSPROGRAMM 2009
EU setzt Kampf gegen gesundheitliche Ungleichheiten fort
KRANKENHAUSBAROMETER 2008
Ärztemangel beeinträchtigt die Versorgung
Foto:dpa