A322 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 6⏐⏐9. Februar 2007
M E D I Z I N R E P O R T
B
lut und Blutpräparate hätten für die meisten Bürger einen„negativen Beigeschmack“, weil sie mit Infektionen in Verbindung ge- bracht würden, sagte Prof. Dr. med.
Erhard Seifried (Frankfurt/Main) bei der 39. Jahrestagung der Deut- schen Gesellschaft für Transfusi- onsmedizin und Immunhämatologie e.V. (DGTI) in Frankfurt/Main. In Bezug auf die moderne Transfusi- onsmedizin sei dies eine gravierende Fehleinschätzung, die ein Grund für die geringe Bereitschaft der Deut- schen zur Blutspende sein könnte.
Der Anteil der Blutspender be- trägt nur rund drei Prozent. Das reicht zur Deckung des Bedarfs kaum aus. Ziel ist es, den Anteil der Spendewilligen zu verdoppeln, denn der Blutbedarf in der Transfusions- medizin wird weiter steigen. So wur- de das Höchstalter für Blutspender kürzlich bereits von 65 auf 68 Jahre angehoben. Dennoch kommt es im- mer wieder zu Engpässen.
„Viele Bürger realisieren nicht, wie wichtig Blut für die moderne Hochleistungsmedizin ist“, sagte Seifried, Ärztlicher Direktor des DRK-Blutspendedienstes Baden- Württemberg-Hessen. Nach seiner Einschätzung wären ohne Blut- präparate mindestens 30 Prozent aller Behandlungen nicht durch- führbar. Unverzichtbar sind Blut- präparate für onkologische Patien- ten, bei Organ-, Stammzell- und
Knochenmarktransplantationen, in der Intensivmedizin und bei der Ver- sorgung von Polytrauma-Patienten.
Das Risiko, sich bei einer Blut- transfusion mit einem gefährlichen Erreger zu infizieren, ist in Deutsch- land sehr gering. „Die Sicherheit von Blutpräparaten ist 2006 so hoch wie noch nie“, betonte Seifried. Mit der Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR), mit der in Deutschland alle Blutspen- den geprüft werden müssen, würden
Erbgutspuren bekannter Viren zuver- lässig nachgewiesen. Die „Fenster- phase“, in der der Nachweis einer Vi- rusinfektion noch möglich ist, betrü- ge bei HIV- oder Hepatitis-C-Infekti- on nur noch wenige Tage.
Die Wahrscheinlichkeit, sich durch eine Bluttransfusion mit HIV zu infizieren, liegt in Deutschland unter eins zu vier Millionen. Ähnlich unwahrscheinlich ist die Übertra- gung von Hepatitis. Die Wahrschein- lichkeit einer Hepatitis-B-Infektion durch eine Blutkonserve beträgt etwa eins zu 260 000, die einer Hepati- tis-C-Infektion ist kleiner als
eins zu vier Millionen.
Besonders deutlich wird das geringe Infektionsrisi- ko durch eine Untersuchung des DRK, die bereits 1997 be- gann und bei der bis heute 30 Millio- nen Blutspenden ausgewertet wur- den: Nur ein Empfänger wurde in dieser Studie mit HIV infiziert, kei- ner mit Hepatitis-Viren. „Das Infek- tionsrisiko ist bei klassischen Erre- gern fast zu vernachlässigen“, sagte Seifried. Ein Restrisiko gebe es bei Bluttransfusionen für eine Infektion mit neuen oder seltenen Viren wie dem SARS-like-Virus oder dem
Westnil-Virus. I
Roland Fath
EIN- UND AUSSCHLUSSKRITERIEN
>Grundsätzlich kann jeder gesun- de Mensch zwischen 18 und 68 Jah- ren mit einem Mindestkörpergewicht von 50 Kilogramm Blut spenden:
Frauen viermal und Männer sogar sechsmal innerhalb von zwölf Mona- ten. Für Erstspender liegt die Alters- grenze bei 60 Jahren. Zwischen zwei Blutspenden muss ein Abstand von mindestens acht Wochen liegen. Über die Zulassung zur Blutspende ent- scheidet der bei dem Blutspendeter- min anwesende Arzt.
>Spendewillige müssen gesund sein. Regelmäßige beziehungsweise gelegentliche Medikamenteneinnah- me kann zu einer Nichtzulassung zur Blutspende führen. Bei einigen chroni- schen Erkrankungen kann trotz Medi- kamenteneinnahme Blut gespendet werden (gut eingestellter Hypertonus,
Therapie mit oralen Antidiabetika). In jedem Einzelfall wird die Spendefähig- keit durch den Arzt abgeklärt.
>Reisen in außereuropäische Länder oder die Geburt/das Aufwach- sen in solchen Ländern können zu einem generellen Ausschluss/einem zeitlich befristeten Ausschluss von der Blutspende führen.
>Nach Schutzimpfungen sind unterschiedliche Zeitabstände bis zur nächsten Blutspende einzuhalten, die von der Art der Impfung oder des ver- wendeten Impfstoffes abhängen. Es ist außerdem zu berücksichtigen, ob es zu Impfreaktionen gekommen ist.
>Die Anbringung von neuem Körperschmuck, zum Beispiel Täto- wierungen, Piercings, Brandings et cetera führt zu einem zeitlich befriste- ten Ausschluss von der Blutspende.
TRANSFUSIONSMEDIZIN
Nur drei Prozent der
Deutschen spenden Blut
Transfusionsmediziner mahnen, dass es immer wieder zu Engpässen in der Versorgung mit Blutkonserven kommt.
Quelle:DRK
Foto:Amgen