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Archiv "Auch Hypophosphatämie erhöht Risiko" (09.07.2012)

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492 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 27–28

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9. Juli 2012

M E D I Z I N

DISKUSSION

Phosphate und Verhaltensauffälligkeiten

In ihrer Übersichtsarbeit beschreiben Ritz et al. die Fol- gen einer alimentär verursachten Hyperphosphatämie im Hinblick auf eine erhöhte nephrologische und kar- diovaskuläre Morbidität und Mortalität (1).

Ich möchte ergänzend darauf hinweisen, dass seit ge- raumer Zeit Phosphate im Verdacht stehen, auch mit Ver- haltensauffälligkeiten assoziiert zu sein. So beschrieb der Arzt und Kinderbuchautor Heinrich Hoffmann mit dem „Zappelphilipp“ nicht nur ein Kind, bei dem wir heute ein Aufmerksamkeitsdefizit und Hyperaktivitäts- syndrom (ADHS) diagnostizieren würden, sondern er fügt außerdem an, dass „ein normaler Mensch nur 1,5 Promille Phosphor im Gehirn“ habe, und ob dann nicht zu untersuchen wäre, ob „ein kreuzfideler Gesell nicht das Doppelte oder Dreifache im Kopfe trage“ (2).

Die Verknüpfung von Phosphaten und Verhaltens- auffälligkeiten wurde längere Zeit kontrovers disku - tiert und auch eine phosphatarme Diät bei ADHS empfohlen. Jedoch konnten erst in jüngster Zeit mehrere klinische Studien einen Zusammenhang von (Organo-)Phosphaten und ADHS nahe legen (3, 4).

Unter Berücksichtigung einer steigenden Inzidenz des ADHS und steigenden Verordnungen von Methyl- phenidat wäre es interessant, den Zusammenhang zwi- schen Ernährungskomponenten wie „Fast Food“ und prozessierten Nahrungsmitteln mit hohem Gehalt an Phosphaten und einem kausalen Zusammenhang mit dem Entstehen des ADHS zu untersuchen.

DOI: 10.3238/arztebl.2012.0492a

LITERATUR

1. Ritz E, Hahn K, Ketteler M, Kuhlmann MK, Mann J: Phosphate addi - tives in food—a health risk. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(4): 49–55.

2. Hoffmann H: Lebenserinnerungen. In: Herzog CH, Siefert H (eds.):

Gesammelte Werke. Frankfurt a. M.: Insel 1985.

3. Bouchard MF, Bellinger DC, Wright RO, Weisskopf MG: Attention-defi- cit/hyperactivity disorder and urinary metabolites of organophosphate pesticides. Pediatrics 2010; 125(6): e1270–7.

4. Marks AR, Harley K, Bradman A, et al.: Organophosphate pesticide exposure and attention in young Mexican-American children: the CHAMACOS study. Environ Health Perspect 2010; 118: 1768–74.

Prof. Dr. med. Martin H. Maurer Tübingen

martin.maurer@alumni.uni-heidelberg.de

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Auch Hypophosphatämie erhöht Risiko

Neben Hyperphosphatämie erhöht auch Hypo phos - phat ämie das kardiovaskuläre Risiko (1). Niedrige Se- rumphosphatspiegel reduzieren die eNOS-Aktivität und führen zu Insulinresistenz, ATP-Mangel und über vermindertes 2,3-Diphosphoglycerat zu endothelschä- digender chronischer Gewebehypoxie. Risikofaktoren wie Diabetes mellitus oder Adipositas sind häufig mit Hypophosphatämie assoziiert (1, 2).

Ursächlich für einen klinisch relevanten Phosphat- mangel sind nicht nur – wie im Abschnitt „Risiken durch Hypophosphatämie“ angeführt – Phosphatdiabe- tes, Mangelernährung und Sepsis, sondern neben schlecht eingestelltem Diabetes mellitus auch chroni- scher Alkoholabusus, große Operationen, Infektionen (zum Beispiel Legionellose, Malaria), COPD, Lang- zeithämodialyse und Therapie mit Antazida, Diuretika, Katecholaminen, Imatinib und anderen.

Da das Serumphosphat weniger als 1 % des Gesamt- phosphats im Körper ausmacht, kann trotz eines nor- malen oder sogar erhöhten Serumspiegels ein erhebli- cher intrazellulärer Phosphatmangel bestehen. Die Phosphathomöostase unterliegt einer sehr komplexen, erst ansatzweise aufgeklärten Regulierung, die nicht nur von FGF-23, Parathormon und Vitamin D, sondern zum Beispiel auch pH-Wert, Insulin, Wachstumshor- mon, Östrogenen, Stresshormonen, Kalzium und Mag- nesium beeinflusst wird. So ist das kardiovaskuläre Ri- siko vermutlich eher durch Störungen des Phosphatme- tabolismus bestimmt als von der sehr geringen Menge extrazellulären Phosphats allein. Kinder zum Beispiel haben wesentlich höhere Serumphosphatwerte als Er- wachsene und trotzdem kein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko, und in einer neueren Osteoporosestudie (3) konnte zwar Hyperkalzämie, nicht aber Hyperphos - phat ämie als kardiovaskulärer Risikofaktor bestätigt werden.

Die Serumspiegel Nierengesunder korrelieren nur minimal mit dem Phosphatgehalt der aufgenommenen Nahrung (2) und zeigen außerdem durch ihre zirkadia- ne Rhythmik auch intraindividuell im Tagesverlauf starke Schwankungen, so dass die meist nur 1-mal/Tag bestimmten Serumphosphatwerte für die durchschnitt- liche 24-h-Serumkonzentration nicht immer repräsen- tativ sind.

Möglicherweise hat für eine gesunde Ernährung der absolute Phosphatgehalt von Lebensmitteln aber weni- ger Bedeutung als zum Beispiel das Kalzium/Phosphat- Verhältnis im Zusammenspiel mit Magnesium und Vitamin D.

DOI: 10.3238/arztebl.2012.0492b

LITERATUR

1. Peng A, Wu T, Zeng C, Rakheja D, Zhu J, et al.: Adverse effects of si- mulated hyper- and hypo-phosphatemia on endothelial cell function and viability. PLoS ONE 2011; 6: e23268. doi:10.1371/journal.pone.

0023268 zu dem Beitrag

Gesundheitsrisiko durch Phosphatzusätze in Nahrungsmitteln

von Prof. Dr. med. Eberhard Ritz, Dr. med. Kai Hahn, Prof. Dr. med. Markus Ketteler, Prof. Dr. med. Martin K. Kuhlmann, Prof. Dr. med. Johannes Mann in Heft 4/2012

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Deutsches Ärzteblatt

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M E D I Z I N

Schlusswort

Prof. Maurer weist auf die Verknüpfung von Phosphat mit Verhaltensauffälligkeiten hin. Der Mechanismus von Organophosphaten, wie er für die Entstehung von ADHS diskutiert wird, ist auf direkte Wirkung dieser Organophosphate und nicht auf diätetische Phosphatbe- ladung zurückzuführen.

Frau Dr. Deixler weist mit Recht darauf hin, dass ne- ben Hyperphosphatämie auch Hypophosphatämie das kardiovaskuläre Risiko beeinflusst. Dies ist zweifelsoh- ne richtig und eine ausgeprägte Hypophosphatämie führt selbst bei Nierenpatienten zu deutlich erhöhtem Risiko. Inwieweit diese seltenen Fälle von Hypophos- phatämie Folge einer reduzierten Zufuhr von Nah- rungsmitteln darstellt ist gegenwärtig unklar. Die Fra- ge, inwiefern Probleme wie Sepsis, schlecht eingestell- ter Diabetes, Alkoholismus etc. auf negative Phosphat-

bilanz oder auf gestörte Verteilung zwischen extrazellu- lärem und intrazellulärem Phosphat zurückzuführen sind, kann gegenwärtig nicht beantwortet werden.

Frau Dr. Deixler weist mit Recht ebenfalls darauf hin, dass möglicherweise die Phosphatkonzentration im Extrazellularraum nicht direkt, sondern indirekt durch intrazelluläre Stoffwechselkaskaden patholo- gische Effekte bewirkt. Dies ist richtig; die intrazel- luläre Phosphatkonzentration ist selbst für das Pro- blem der Gefäßkalzifikation relevant. Desgleichen ist der Hinweis absolut korrekt, dass wegen der zir- kadianen Rhythmik ein Einzelwert der Serum - phosphatkonzentration unter nichtstandardisierten Bedingungen nicht absolut zuverlässig ist. Umso be- merkenswerter ist die Tatsache, dass selbst beim Nierengesunden eine hochsignifikante Beziehung zwischen kardiovaskulärem Risiko und Serum - phosphat besteht (das heißt unter nichtstandardisier- ten Abnahmebedingungen!) – ein Grund mehr, wes- halb trotz dieser potentiellen Fehlerquelle der Zu- sammenhang zwischen Serumphosphat und kardio- vaskulärem Risiko relevant ist.

DOI: 10.3238/arztebl.2012.0493

LITERATUR

1. Ritz E, Hahn K, Ketteler M, Kuhlmann MK, Mann J: Phosphate addi - tives in food—a health risk. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(4): 49–55

Prof. Dr. med. Eberhard Ritz

Klinikum der Universität Heidelberg, Sektion Nephrologie prof.e.ritz@t-online.de

Interessenkonflikt

Prof. Ritz bekam Honorare für Beratertätigkeiten von den Firmen Daiichi Sankyo , Abbott, Mitsubishi Tanabe, Rofar, Medice und Hexal.

2. de Boer IH, Rue TC, Kestenbaum B: Serum phosphorus concentra - tions in the third National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES III). Am J Kidney Dis 2009; 53: 399–407.

3. Slinin Y, Blackwell T, Ishani A, Cummings SR, Ensrud KE: Serum calci- um, phosphorus and cardiovascular events in post-menopausal wom en. Int J Cardiol 2011; 149: 335–340.

4. Ritz E, Hahn K, Ketteler M, Kuhlmann MK, Mann J: Phosphate addi - tives in food—a health risk. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(4): 49–55.

Dr. med. Elisabeth Deixler

Klinik für Rheumatologie und Klinische Immunologie, Städtisches Klinikum München-Bogenhausen e.deixler@gmx.de

Interessenkonflikt

Die Autorin erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Berichtigung

In Heft 25 des Deutschen Ärzteblattes vom 22. Juni 2012 ist in dem Diskussionsbeitrag „Kritische Anmer- kung“ von Küpper et al., der sich auf den Artikel „Basiswissen für die höhenmedizinische Beratungen“ be- zieht, der zweite Satz auf Seite 445 fehlerhaft. Dort steht: „Die Listung beruht auf aktuellen Empfehlungen internationaler Fachgesellschaften“

Richtig muss es heißen:

„Die Listung beruht nicht auf aktuellen Empfehlungen internationaler Fachgesellschaften.“ MWR

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