Zur Fortbildung Aktuelle Medizin NOTFALL IM BEREITSCHAFTSDIENST
Croup-Syndrom beim Kind
Das Croup-Syndrom ist durch eine akute Einengung der oberen Luftwege definiert. Sauerstoffmangel und Erstickungsgefahr sind die Folge.
~ Weitaus am häufigsten ist die stenosierende Laryngotracheobronchitis, der sogenannte Grippe- Croup, früher als Pseudo-Croup bezeichnet. Unterschiedliche Viren sowie bakterielle Superinfektionen bedingen eine entzündliche Schleimhautschwellung mit subglottiseher Obstruktion. Bei der seltenen Diphtherie kommen fibrinöse Pseudomembranen hinzu.- Betroffen sind vor allem ältere Säuglinge und Kleinkinder, Jungen häufiger als Mädchen. Es besteht eine Neigung zu Rezidiven.
~ Seltener, jedoch weit gefährlicher ist die Epiglottitis acuta, die durch Haemophilus influenzae hervorgerufen wird. Die erheblich angeschwollene Epiglottis mit Beteiligung der aryepiglottischen Falten verursacht rasch eine bedrohliche Einengung des Kehlkopfeinganges. Drei- bis sechsjährige Kinder sind bevorzugt befallen.
~ Die traumatische Schwellung der Kehlkopfschleimhaut nach Intubation, durch Verätzung und Verbrühung der Mund- und Rachenschleimhaut sowie Wespenstiche in der Mundhöhle mit Epiglottis- ödem können zu den gleichen Symptomen führen.- Nur ausnahmsweise bleiben größere Fremdkörper bereits im Hypopharynx- oder Glottisbereich stecken. Gelegentlich wird das Croup-Syndrom durch Fremdkörper im oberen Ösophagus hervorgerufen, die von außen auf die Luftwege drücken.
~ Angeborene Anomalien wie Gefäßringe mit Einengung von Trachea und Ösophagus können sich bei zusätzlicher katarrhalischer Schleimhautschwellung als Croup-Syndrom manifestieren.
Symptomatik
Leitsymptome sind inspirato- rische Dyspnoe mit stridorö- ser Atmung und Einziehungen am Thorax:
~ Die stenosierende Laryn- gotracheobronchitis du reh- läuft nach initialen Infektzei- chen oder auch ohne Vorbo- ten zunehmende Schwere- grade:
1. Phase:
Bellender Husten und Heiser- keit
2. Phase:
Inspiratorischer Stridor, der bei Erregung zunimmt, inspi- ratorische Einziehungen über Jugulum und Epigastrium mit beschleunigter Atmung. 3. Phase:
Zunehmende ausgeprägten
Atemnot mit Einziehungen
Diagnose
Der akute fieberhafte Infekt mit bellendem Husten, Heiser- keit, inspiratorischem Stridor und Einziehungen am Thorax, Verschlechterung oft in den späten Abend- und Nacht- stunden erlauben die Ver- dachtsdiagnose der akuten stenosierenden Laryngotra- cheobronchitis.
Bei raschem Verlauf mit schwerer Atemnot ist jedoch stets die Epiglottitis zu beden- ken. Verwaschene, mehr klo- Bige Sprache und Schluckstö- rungen können darauf hinwei- sen. Bei der Racheninspek- tion ist die angeschwollene Epiglottis oft zu erkennen.
Für den diphtherischen Croup sind Epidemiologie und die Frage nach vorausgegange- ner Diphtherieimpfung wich- tig; klinisch Aphonie typisch.
Die Fremdkörperaspiration beginnt mit heftigen Husten-
Therapie
Frühzeitiger Beginn für Pro- gnose wesentlich.
~ Wichtigste Maßnahme ist die sofortige Gabe von Korti- koiden, Urbason solubile®
oder Soludecorten H® 30-60 mg i. m. oder i. v., gegebenen- falls nach 20-30 Minuten wiederholen.
~ Günstige Wirkung durch Freiluft. Leichtes Sedieren in den ersten beiden Phasen mit Chloralhydrat® als Rectiolen oder Valium (1-2 Teelöffel).
Herumtragen auf Arm in auf- rechter Körperhaltung wirkt beruhigend und erleichtert die Atmung.
~ Behandlung zu Hause nur bei Beginn der zweiten Phase.
Klinikeinweisung bei er- schwerter Atmung angezeigt, bei stärkerer Atemnot unter ärztlicher Begleitung, bei Er- stickungsgefahr Notarztwa- gen einschalten.
DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 47 vom 24. November 1977 2797
Zur Fortbildung Aktuelle Medizin
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Symptomatik
auch am seitlichen Thorax und Unruhe. Ängstlicher Ge- sichtsausdruck, zunehmende Tachykardie mit perioraler Blässe sind Ausdruck einer bedrohlichen Hypoxie.
4. Phase:
Akute Erstickungsgefahr des blaß-zyanotischen, nach Luft ringenden Kindes. Durch Er- schöpfung kann Besserung mit Nachlassen von Stridor und Atemnot vorgetäuscht werden. Bewußtseinstr~bung.
..,. Die Epiglottitis ist durch den foudroyanten Verlauf mit schwerster Atemnot in weni- gen Stunden charakterisiert.
Mögliche Unterscheidungs- merkmale zur stenosierenden Laryngitis sind fehlende Hei- serheit, mehr kloßige Stimme, Schluckbeschwerden mit Speichelfluß sowie in- und ex- spiratorisches Rasseln. Ge- schwollene Epiglottis bei Ra- cheninspektion oft sichtbar.
Kinder stets schwerkrank.
..,. Bei traumatisch bedingter Stenosierung fehlen Fieber und katarrhalische Sympto- me. Stenosierung durch Fremdkörper im Ösophagus meist ohne Heiserkeit.
Anschrift des Verfassers:
Professor
Dr. med. Hans Truckenbrodt
Universitäts-Kinderklinik
Erlangen
Loschgestraße 15 8520 Erlangen
Diagnose
attacken. Verbrühungen und Verätzungen sind in der Regel durch die Läsionen im Be- reich der Mundhöhle zu erkennen.
Fremdkörper im oberen Öso- phagus werden leicht ver- kannt, zumal die zu erwarten- den Ernährungsschwierigkei- ten durch die flüssig-breiige Kost bei Säuglingen oft ver- mißt werden. Meist kein Fie- ber, keine Heiserkeit.
Die Röntgenaufnahme der Thoraxorgane mit Einschluß der Halspartie, die in der Kli- nik gemacht wird, deckt schattengebende, die Öso- phaguspassage die übrigen Fremdkörper auf. Sie bringt beim rezidivierenden Croup- Syndrom mit oder ohne Schluckstörungen die ersten Hinweise auf Gefäßringe. Die Klärung erfolgt dann durch die Angiokardiographie. Bei anhaltendem Croup-Syndrom nach Intubation oder unkla- rer Genese ist die Laryngo- tracheoskopie angezeigt.
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DEUTSCHES ARZTEBLATT
Therapie
..,. Indikation zur Intubation stets in Phase 4 oder Ver- schlechterung trotz therapeu- tischer Bemühungen in Phase 3 mit anhaltender Tachykardie über 160/Min. Geeignet halb- starre, gewebefreundliche Plastiktuben · wie Rüschelit®
oder Portex® ohne Mansc.het- te zur nasatrachealen Intuba- tion. Größe 1-2 Stufen unter Altersdurchschnitt Verbesse- rung der Gleitfähigkeit durch Siliconspray. intubation bei akuter Gefahr ohne Vorberei- tung, sonst Atropin vorsprit- zen (0,01 mg/kg langsam i. v.), dazu Valium. Anschließend sorgfältige Bronchialtoilette, regelmäßiges Spülen mit phy- siologischer Kochsalzlösung und Absaugen unter asepti- schen Kautelen.
Auch Überdruckbeatmung mit Gesichtsmaske möglich.
..,. Bei Verdacht auf Epiglotti- tis unverzüglich Transport in Klinik unter ärztlicher Beglei- tung. Medikamentös neben Kortikoiden frühzeitig Ampi- cillin zur Bekämpfung von Haemophilus influenzae. Intu- bation meist erforderlich. Im Beginn Versuch mit lokaler Applikation von Urbason solu- bile zusammen mit Nasivin- tropfen über Handzerstäuber (40 mg Urbason solubile, 1ml Nasivin 0,05% Aqua dest ad 10 ml).
Auch bei Verätzungen und Wespenstichen Kortikoide verabfolgen.