Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 109|
Heft 27–28|
9. Juli 2012 A 1433 Für TnT-Werte zwischen 0,03 bis0,29 ng/ml betrug die HR 5,00 (3,72–6,76) oder ein Todesfall auf 11 Patienten. Bei TnT-Werten von 0,30 ng/ml oder höher steigt das Sterberisiko (HR) um den Faktor 10,48 (6,25–16,62) mit einem Todesfall auf 6 Patienten.
Fazit: Der Troponin-T-Wert ist der mit Abstand wichtigste Risikofak- tor für die postoperative Mortalität.
Zwischen dem Anstieg des Werts und dem Tod liegen bei den meisten Patienten 6 Tage oder mehr, was Zeit für eine mögliche Intervention schafft. Aus Beobachtungsstudien gibt es Hinweise darauf, dass eine Therapie mit Statinen oder ASS das Sterberisiko senken können.
Beide Medikamente sind in der Sekundärprophylaxe nach einem
„echten“ Herzinfarkt heute Stan- dard. Ihre Wirkung ist dort durch randomisierte klinische Studien be- legt. Eine Konsequenz aus der VISION -Studie könnte nach Mei- nung der Autoren sein, ähnliche Stu- dien jetzt auch an Patienten durch- zuführen, die in der VISION-Studie ein erhöhtes Risiko hatten. Ein Ein- satz von ASS oder Statinen sollte vom Ergebnis dieser Studien abhän- gig gemacht werden. Rüdiger Meyer
The Vascular Events In Noncardiac Surgery Patients Cohort Evaluation: Association Between Postoperative Troponin Levels and 30-Day Mortality Among Patients Undergoing Noncardiac Surgery. JAMA 2012; 307:
2295–304.
Schon länger ist bekannt, dass die Makrolidantibiotika Erythromycin und Clarithromycin zu schweren ventrikulären Rhythmusstörungen (Torsade de pointes) führen kön- nen. Azithromycin galt bislang als relativ wenig kardiotoxisch, in den letzten Jahren gab es jedoch ver-
mehrt Berichte zu proarrhythmi- schen Wirkungen dieses Makro- lids. Weil die im Zusammenhang mit Azithromycin auftretenden ventrikulären Arrhythmien häufig rasch tödlich endeten, wurde in ei- ner retrospektiven Kohortenstudie die Sterblichkeit von Azithromy- cin-behandelten Patienten unter- sucht.
Die analysierten Daten stammten von 347 795 Patienten aus dem Tennessee-Medicaid-Programm, die zwischen 1992 und 2006 Azithro- mycin erhalten hatten und bestimm- te Einschlusskriterien erfüllten. So durften sie nicht an einer lebens - bedrohlichen kardiovaskulären Er- krankung leiden und in den letzten 30 Tagen nicht hospitalisiert wor- den sein. Als Kontrollgruppen dien- ten gematchte Patienten ohne Anti- biotikatherapie (n = 1 391 180) so- wie Patienten, die mit Amoxicillin (n = 1 348 672), Ciprofloxacin (n = 264 626) oder Levofloxacin (n = 193 906) behandelt worden waren. Primäre Studienendpunkte waren kardiovaskuläre Todesfälle und Todesfälle jeder Ursache.
Bei den Patienten, die Azithro- mycin über 5 Tage einnahmen, waren die Zahl kardiovaskulärer Todesfäl-
le (Hazard Ratio 2,88; 95-%-KI 1,79–4,63; p < 0,001) sowie die Zahl aller Todesfälle (HR 1,85;
95-%-KI 1,25–2,75; p = 0,002) si - gnifikant erhöht im Vergleich zu Patienten, die keine Antibiotika er- hielten (Grafik). Bei Einnahme über 10 Tage war das kardiovasku- läre Risiko ebenfalls signifikant höher, das Gesamtmortalitätsrisiko unterschied sich jedoch nicht von den Patienten ohne Antibiotikabe- handlung.
Bei Patienten, die Amoxicillin nahmen, war das Risiko nicht er- höht. Auch im Vergleich zu Amoxi- cillin erhöhte Azithromycin das Risiko für kardiovaskulären Tod (HR 2,49; 95-%-KI 1,38–4,50; p = 0,002) und alle Todesfälle (HR 2,02; 95-%-KI 1,24–3,30; p = 0,005). Das Risiko eines kardiovas- kulären Todes war mit Azithromy- cin signifikant höher als bei Ein- nahme von Ciprofloxacin, aber es unterschied sich nicht signifikant, wenn die Patienten Levofloxacin nahmen, was nach Aussage von Prof. Dr. med. Ralf Stahlmann, Ber- lin, bemerkenswert ist.
Fazit: Eine 5 Tage dauernde Thera- pie mit Azithromycin erhöhte das Risiko für einen kardiovaskulären Tod. Im Vergleich zu Amoxicillin wurden 47 zusätzliche kardiovas- kuläre bedingte Todesfälle pro 1 Million Therapiezyklen mit Azi- thromycin beobachtet. Bei hohem kardialem Risiko stieg die Zahl je- doch auf 245 zusätzliche Todesfälle pro 1 Million Therapiezyklen. „Die kardialen Grunderkrankungen schei- nen also eine wichtige Rolle zu spielen“, sagte Stahlmann. In der Fachinformation werde bereits auf das Problem aufmerksam gemacht.
Es bestehe dringender Aufklärungs- bedarf, und es sei wichtig, die beste- henden Warnhinweise konsequen- ter zu beachten. Die FDA kündigte in einer ersten Stellungnahme an, die Risikobeurteilung von Azithro- mycin aufgrund dieser Ergebnisse zu überprüfen.
Dr. rer. nat. Susanne Heinzl 1. Ray WA, et al.: Azithromycin and the risk of
cardiovascular death. NEJM 2012; 366:
1881–90.
2. FDA Safety Alert vom 17. Mai 2012.
ARZNEIMITTELSICHERHEIT
Azithromycin erhöht das kardiovaskuläre Risiko
GRAFIK
Kumulierte Todesfälle jeglicher Ursache
Hazard Ratio für die Verschreibung von Azithromycin über den gesamten Zeitraum (0 bis 10 Tage): 1,27 (95-%-KI 0,92–1,75)
Hazard Ratio für die Tage 1–5: 1,85 (95-%-KI 1,25–2,75;
p = 0,002)
Hazard Ratio für die Tage 6–10: 0,68 (95-%-KI 0,38–1,23;
p = 0,20)
Tage seit der Verschreibung
Kumulierte Todesfälle pro 1 Million Verschreibungen
Azithromycin
keine Antibiotika
modifiziert nach: NEJM 2012; 366: 1881–90