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Archiv "Valproatexposition des Fetus I: Risiko für autistische Störungen ist erhöht" (01.03.2013)

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A 386 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 9

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1. März 2013

STUDIEN IM FOKUS

Die Antiepileptika-Einnahme bei Schwangeren kann mit einer erhöh- ten Prävalenz von Entwicklungs- störungen des zentralen Nerven sys - tems beim Kind assoziiert sein. In der im Jahr 2000 begonnenen Ko- hortenstudie zur Dokumentation der physischen und kognitiven Ent- wicklung von Kindern, die vor der Geburt gegenüber Antiepileptika exponiert waren, wurde ihren Müt- tern Valproat (VPA), Valproat in Kombination mit anderen Sub - stanzen (PolyVPA), Carbamazepin (CBZ) oder Lamotrigin (LTG) ge- geben. 243 schwangere Epileptike- rinnen bildeten die eine Kohorte, 285 gesunde Schwangere die Kon- trollgruppe, rekrutiert wurden sie jeweils in Pränatalkliniken in Groß- britannien. Einer Exposition im Uterus waren 59 ungeborene Kinder CBZ ausgesetzt, 59 weitere VPA, 36 LTG, 14 einer anderen Monothe- rapie und 41 einer Therapie von Valproat kombiniert mit mindestens einem anderen Wirkstoff. 34 Epilep- tikerinnen nahmen in der Schwan- gerschaft keinen Arzneistoff ein.

Von den zwischen 2000 und 2004 geborenen 528 Kindern wur- den 415 (78,6 Prozent) longitudinal bis zum Alter von sechs Jahren be- gleitet, dem Endpunkt der Studie.

Die Epileptikerinnen gebaren 201

Kinder, die Frauen der Kontroll- gruppe 214. Die übrigen Kinder schieden formal aus. Ein 6-fach er- höhtes Risiko für neuronale Ent- wicklungsstörungen verglichen mit den Schwangeren der Kontroll- gruppe zeigte demnach der Nach- wuchs der Epileptikerinnen unter VPA in der Schwangerschaft und ein 10-fach erhöhtes Risiko derjeni- ge von Müttern mit Poly-VPA. Die häufigste Entwicklungsstörung war Autismus, gefolgt vom Aufmerk- samkeitsdefizit- und Hyperaktivi- tätssyndrom (ADHS) sowie Dys- praxie. Von 19 Kindern insgesamt mit neuronalen Entwicklungsstö- rungen hatten 12 eine aus dem Au- tismus-Spektrum wie Asperger oder Autismus und ein Kind zusätzlich

ADHS. Bei 3 Kindern war ADHS die Einzeldiagnose, bei 4 wurde Dyspraxie diagnostiziert. Körper - liche Fehlbildungen wurden bei 3 Kindern beschrieben. In der Kon- trollgruppe betrug die Prävalenz von Kindern mit einer autistischen Störung 1,87 Prozent (repräsentativ für Großbritannien), dagegen fehl- ten die Diagnosen Dyspraxie oder ADHS völlig. Einschränkend ver- weisen die Autoren darauf, dass diese Krankheiten häufiger erst bei älteren Kindern erkannt werden.

Bei unbehandelter Epilepsie wäh- rend der Schwangerschaft wurde keine Schädigung berichtet.

Fazit: Ein erhöhtes Risiko für Hirn- entwicklungsstörungen, vor allem aus dem Autismus-Spektrum, konn- te bei Kindern mit Valproatexposi - tion in der Schwangerschaft nach- gewiesen werden, nicht aber bei Carbamazepin, Lamotrigin oder bei unbehandelter Epilepsie. Über das erhöhte Risiko für das Kind sollte den Autoren zufolge vor einer mög- lichen Schwangerschaft ausführlich gesprochen werden, wenn Valproat die Therapie der Wahl ist. Kinder mit Valproateexposition im Uterus sollten engmaschig vor allem in den ersten Lebensjahren hinsichtlich möglichst früher Diagnosen und Unterstützung beobachtet werden.

Susanne Imhoff-Hasse, Apothekerin

Bromley RL, et al.: The prevalence of neurode- velopmental disorders in children prenatally exposed to antiepileptic drugs; Neurol Neuro- surg Psychiatry 2013; 0: 1–7.

VALPROATEXPOSITION DES FETUS I

Risiko für autistische Störungen ist erhöht

GRAFIK

Prävalenz für Hirnentwicklungsstörungen bei Kindern von Epileptikerinnen unter verschiedenen Medikationen (n = 175) und einer Kontrollgruppe von Frauen ohne Epilepsie (n = 214)

Innerhalb der Gutenberg Health Study mit 15 000 Teilnehmern aus dem Großraum Mainz-Bingen wur- de die Verteilung des Intraokular- drucks (IOD) in Assoziation mit an- deren Augenbefunden und kardio- vaskulären Risikofaktoren analy- siert. Ein erhöhter IOD ist der wich-

tigste Risikofaktor für ein Glaukom und der einzige behandelbare.

Die 4 335 ausgewerteten Teil- nehmer waren durchschnittlich 54,7 Jahre alt und hatten im Schnitt einen Augeninnendruck von 14,0 mmHg (6,0 bis 27,0 mmHg). We- gen des relativ jungen Kollektivs GLAUKOMRISIKO

Erhöhten Intraokulardruck rechtzeitig behandeln

Prävalenz nach Art der Medikation (in %)

Kontrolle (2/214)

CBZ 1/50

LTG 2/30

VPA 6/50

Andere 2/14

PolyVPA 3/20

Poly 1/11 CBZ (Carbamazepin)

LTG (Lamotrigin) VPA (Valproat)

Poly-VPA (Valproatkombination) Poly (benzodiazepinhaltige Kombination)

modifiziert nach: Neurol Neurosurg Psychiatry 2013; 0:1–7

M E D I Z I N R E P O R T

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Deutsches Ärzteblatt

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1. März 2013 A 387 Etwa jede fünfte schwangere Pa-

tientin erhält Valproat. Es ist vor al- lem bei schwer kontrollierbaren, generalisierten Anfällen das wirk- samste Antikonvulsivum.

In der prospektiven multizentri- schen NEAD*-Studie (3) wurden in einem Kollektiv von 305 Frauen, die während der Schwangerschaft Antiepileptika eingenommen ha- ben, die kognitiven Fähigkeiten der Kinder im Alter bis zu sechs Jahren untersucht (n = 311, Follow-up 6 Jahre: 224 Kinder). 30 % der Müt- ter hatten Carbamazepin eingenom- men (mediane tägliche Dosis 700

mg), 32 % erhielten Lamotrigin (median 443 mg/d), 17 % Phenytoin (median 398 mg/d) und 20 % Val- proat (median 1 000 mg/d). Primä- rer Evaluierungsparameter war der Intelligenzquotient (IQ) des Kin- des, wobei in der linearen Regressi- onsanalyse der IQ der Mutter, Art und Dosis der Medikation, Gestati- onszeit bei Geburt und eine Folat - einnahme berücksichtigt wurden.

Kinder mit Valproatexposition im Alter von 6 Jahren hatten einen um 7 bis 11 Punkte statistisch signi- fikant geringeren IQ (durchschnitt- lich 97) als Kinder nach anderen Antiepileptika-Expositionen (p = 0,0015 für den Unterschied zu Car- VALPROATEXPOSITION DES FETUS II

Dosisabhängige Assoziation zu kognitiven Defiziten

bamezepin: IQ 105; p = 0,0003 für die Differenz zu Lamotrigin: IQ 108; p = 0,0006 für die Differenz zu Phenytoin: IQ 108). Die Valproat- Exposition des Fetus war – im Ge- gensatz zu den anderen Medika- menten – mit schlechteren verbalen Fähigkeiten und Gedächtnisfunk- tionen des Kindes im Schulalter as- soziiert. Dabei gab es eine Dosisab- hängigkeit für Valproat mit einer negativen Assoziation für höhere Dosierungen. Höhere IQ-Werte des Kindes korrelierten mit höheren IQ- Werten der Mütter, längerer Gesta- tionsdauer und Folateinnahme um den Konzeptionszeitpunkt in allen Gruppen. Rechtshändigkeit war im gesamten Kollektiv weniger häufig (86 %), vor allem unter Valproat (79 %). Als mögliche Mechanismen von Valproat auf die zerebrale Ent- wicklung werden apoptotische Ef- fekte auf das unreife Gehirn – ohne Schwellenwert für die Dosis – dis- kutiert mit Folgen auch für die Ent- wicklung der Lateralisation.

Fazit: Für eine Valproatexposition des Fetus ergibt sich eine dosisab- hängige Assoziation zu verminder- ter Intelligenz im Alter von sechs Jahren. „Es ist seit langem bekannt, dass Valproat zu einem erhöhten Risiko für Spina bifida beim Kind führt, weshalb man bei Frauen mit Kinderwunsch – trotz der guten Wirksamkeit – mit der Substanz sehr zurückhaltend war“, kommen- tiert Prof. Dr. med. Soheyl Noach- tar vom Epilepsie-Zentrum der Neurologischen Klinik an der LMU München. „Nun wird natürlich zu prüfen sein, ob der in der aktuellen Studie gefundene IQ-Unterschied im Langzeitverlauf bestehen bleibt und sich klinisch auswirkt. Es liegt jetzt ein weiterer Grund vor, Val- proat bei Frauen mit Kinderwunsch nur anzuwenden, wenn keine medi- kamentösen Alternativen bestehen, also andere Antiepileptika nicht zum gewünschten Erfolg führen.“

Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze

Meador KJ, Baker GA, Cohen MJ, et al.: Fetal antiepileptic drug exposure and cognitive out- comes at age 6 years (NEAD study): a pro- spective oberservational study. Lancet Neuro- logy 2013; e-pub before print http://dx.

doi.org/10.1016/S1474–4422(12)70323-X GRAFIK

Intelligenzquotient (IQ) des Kindes im Alter von 6 Jahren nach Antiepileptika- Exposition durch die Mutter mit und ohne Einnahme von Folat

sind die Werte niedriger als in ver- gleichbaren Studien anderer Län- der. Ein erhöhter IOD war mit einer überdurchschnittlich dicken Horn- haut, mit brauner Iris, mit männli- chem Geschlecht, Hypertonus, Rauchen und einer erhöhten Waist- to-Hip-Ratio assoziiert, letzteres auch bei Frauen. Bei Frauen ging höheres Alter mit einem niedrigen IOD einher.

Fazit: Ein erhöhter Augeninnen- druck – und damit ein potenziell erhöhtes Glaukomrisiko – ist mit kardiovaskulären Risikofaktoren assoziiert; die Studie liegt damit auf einer Linie mit einer Reihe von Arbeiten , die zum Beispiel eine Be- ziehung zwischen IOD-Anstieg und

Charakteristiken des metabolischen Syndroms aufzeigten wie Hyper - tonie, abdominelle Fettleibigkeit und Hyperlipidämie. Nicht erfasst wird in der Untersuchung, welchen Einfluss die genannten kardiovas- kulären Parameter auf den Status der retrobulbären und retinalen Ge- fäße haben – auf jene „vaskuläre Seite“ des Glaukoms, die pathoge- netisch im Schatten des erhöhten IOD steht und weit schwieriger zu behandeln ist. Dr. med. Ronald D. Gerste

Hoehn R, Mirshahi A, Hoffmann EM, et al.:

Distribution of intraocular pressure and its as- sociation with ocular features and cardiovas- cular risk factors. The Gutenberg Health Study.

Ophthalmology 2013 Feb 8. doi: pii:

S0161–6420(12)01050–0. 10.1016/j.opht- ha.2012.10.031

CBZ LTG PHE VPA alle X

CBZ (Carbamazepin) LTG (Lamotrigin) PHE (Phenytoin) VPA (Valproat) alle X (alle Antiepileptika kombiniert)

IQ-Wert im Alter von 6 Jahren

———— Folat --- kein Folat

modifiziert nach: Lancet Neurology 2013; http://dx. doi.org/10.1016/S1474–4422(12)70323-X

*NEAD: Neurodevelopmental effects of anti - epileptic drugs

M E D I Z I N R E P O R T

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