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Archiv "Die operative Behandlung ossärer Metastasen" (07.08.1995)

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DIZIN DIE ÜBERSICHT

Die operative Behandlung ossärer Metastasen

Thomas VVirth Peter Griss

V

erbesserte, primär-chirurgi- sche Behandlungsstrategien und die moderne onkologische Radio- und Chemotherapie haben vielfach zu einem Anstieg der Lebenserwartung von Patienten mit malignen Tumoren geführt (17). Da die Patienten länger mit ihrem Tu- morleiden leben, wird die Therapie der Metastasen immer bedeutsamer.

Die ossären Metastasen spielen dabei eine besondere Rolle. Ruhe und Be- wegungsschmerzen, drohende Insta- bilität oder aber das Auftreten von Spontanfrakturen bedrohen sowohl die Mobilität der Patienten als auch die Lebensqualität während der ver- bleibenden Lebenszeit. Im Falle einer Wirbelsäulenbeteiligung kommt zu den Schmerzen die Gefahr der Quer- schnittslähmung hinzu.

Im folgenden sollen Möglichkei- ten und Techniken zur Stabilisierung von metastasenbefallenen Extremitä- ten- und Wirbelsäulenabschnitten dargestellt werden.

Indikationsstellung

Das orthopädisch-chirurgische Eingreifen orientiert sich an eindeuti- gen beziehungsweise fakultativen In- dikationen zur Stabilisierung von be- fallenen Extremitäten- oder Wirbel- säulenabschnitten.

Eindeutige Indikationen an den Extremitäten sind drohende bezie- hungsweise manifeste Instabilitäten oder Spontanfrakturen. An der Wir- belsäule wird das Vorgehen nicht al- lein von der Ausdehnung der knöchernen Destruktion bestimmt, sondern vom Vorliegen manifester neurologischer Symptomatik (6).

Als fakultative Indikationen müssen große Metastasen an den Ex- tremitäten und der Wirbelsäule mit deutlichem Substanzverlust der last- übertragenden Knochenstrukturen angesehen werden (8, 9).

Schmerzen allein sind nicht als Indikation zur Operation anzusehen,

Das Auftreten von Skelettmetastasen maligner Tumoren führt häufig zu pa- thologischen Frakturen der Extremitä- ten und zu Frakturierung der Wirbel- säule mit gelegentlicher Querschnitts- symptomatik. Die Mobilität vieler Pati- enten kann auch in fortgeschrittenen Tumorstadien durch operative Stabili- sierung der befallenen Abschnitte auf- rechterhalten werden. Zur Anwendung kommen belastungsstabile Verbund- osteosynthesen und speziell entwickel- te sogenannte Tumorendoprothesen an den Extremitäten sowie primär sta- bile Spondylodeseverfahren an der Wirbelsäule. Neben der Beseitigung der Querschnittssymptomatik und neben der wiederhergestellten Mobi- lität wird häufig eine Linderung der präoperativen Schmerzen erreicht.

da ebenfalls die lokale Bestrahlung oder systemische Chemotherapie the- rapeutisch erfolgreich eingesetzt wer- den können.

Dies gilt gleichermaßen für die Extremitäten wie für die Wirbelsäule, solange manifeste Instabilitätszei- chen oder schwerwiegende neurologi- sche Symptome fehlen (9).

Es scheiden sowohl Patienten mit einer sehr geringen Lebenserwartung von unter sechs Monaten, die eine voll ausgeschöpfte onkologische The- rapie erhalten, aus wie auch Patien- ten in zu schlechtem Allgemeinzu- stand. Es sei denn, die Pflegefähigkeit wäre durch eine Spontanfraktur un- möglich geworden.

Orthopädische Klinik und Poliklinik (Leiter:

Prof. Dr. med. Peter Griss), Zentrum für Ope- rative Medizin II der Philipps-Universität, Marburg

Im Falle einer länger als 24 Stun- den bestehenden Querschnittssym- ptomatik ist die operative Dekom- pression zur Verbesserung der neuro- logischen Symptomatik als aussichts- los anzusehen und nicht mehr ange- zeigt.

Operationstechnik

Extremitäten

Grundsätzlich hängt die Wahl der Stabilisierungsmethode von der Lage und Ausdehnung im betroffe- nen Knochen ab, dabei kommen je nach Lokalisation und Frakturtyp alle gängigen Osteosyntheseverfahren (Platte, Zuggurtung, Nagel) in Frage (11, 18). Von ganz wenigen Ausnah- men abgesehen, sollte die Stabilisie- rungsmethode die primäre Bela- stungsstabilität gewährleisten (3, 12).

Metaphysärer oder diaphysärer Be- fall, der das Belassen des benachbar- ten Gelenkes erlaubt, sollte nach Aus- räumen des Herdes durch Platten- osteosynthese im Verbund mit Kno- chenzement (Verbundosteosynthese) behandelt werden (7).

Am proximalen Femur ist die dy- namische Hüftschraube besonders geeignet. Gelegentlich kann es aber auch zur lokalen Progredienz des Tu- morwachstums mit erneuter Instabi- lität kommen (19). Hüftgelenksnah kann hier durch Implantation einer Tumorendoprothese eine Problemlö- sung herbeigeführt werden (Abbil- dung la und b).

Bei rein diaphysären Metastasen empfiehlt sich die Verbundosteosyn- these mittels Doppelplattentechnik.

Die Marknagelung (Verriegelungsna- gel) wird bei günstiger Lokalisation, besonders aber beim langstreckigen Befall großer Röhrenknochen, vor al- lem am Femur, angewandt.

Am Humerus kommt die Bün- delnagelung in Betracht. Für kleinere Metastasenbezirke ist die Kürettage und die alleinige Knochenzementauf-

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Abbildung la und b: Patientin B. F., 66 Jahre, metastasierendes Mammakarzinom, stabilitätsgefährdende inter- subtrochantäre Osteolyse des rechten Femur. Versorgung durch Verbundosteosynthese mit dynamischer Hüft- schraube. Knapp 2 Jahre später erneute Schmerzen bei beginnender Frakturierung im Osteosynthesebereich wegen lokaler Tumorausbreitung (1 a). Definitive Versorgung mit Tumortotalendoprothese (1 b).

Abbildung 2a und b: 64jährige Patientin, P. A., große Osteolyse rechtes distales Femur mit Beteiligung der Kon- dylenregion bei metastasierendem Mammakarzinom (2a). Operative Versorgung durch speziell angefertigte Kniegelenkscharnierprothese (2b).

füllung ohne zusätzliche Osteosyn- these eine Alternative (7). In allen Fällen strahlensensibler Primärtumo- ren ist die postoperative Nachbe- strahlung obligatorisch, um einer lo- kalen Tumorprogredienz entgegenzu- wirken.

Gelenknahe Metastasen, bei de- ren Sanierung die Integrität des Ge- lenkes geopfert werden muß, bedür- fen der endoprothetischen Versor- gung (1). Abhängig von der Ausdeh- nung des befallenen Areals kann die Implantation einer einfachen Endo- prothese nicht mehr ausreichend sein, so daß nach Resektion größerer meta- statischer Areale oft individuell maß- gefertigte Tumorendoprothesen im- plantiert werden müssen (8).

Am Hüftgelenk werden wegen der primären Belastbarkeit zemen- tierte. Endoprothesen verwendet. Bei gleichzeitiger metastatischer De- struktion des Pfannengrundes ermög- lichen spezielle Pfannenstützschalen eine Stabilisierung des Pfannenbo- dens.

Für das Kniegelenk sind eben- falls Spezialprothesen zur zementier- ten Verankerung verfügbar. Diese sind je nach Erfordernis mit partiel-

lem Tibia- oder Femurersatz zu be- kommen (Abbildung 2a und b).

Am Schultergelenk wird in der Regel nur der proximale Humerus durch individuell maßangefertigte

Prothesen aus Polyacetal ersetzt, die eine primäre Übungsstabilität besit- zen (10).

Wirbelsäule

Die operativen Ziele bei der me- tastasenbefallenen Wirbelsäule bezie- hen sich auf die Myelondekompressi- on und die gleichzeitige Stabilisierung des betroffenen Abschnittes. Die operative Strategie richtet sich nach Anzahl und Lage der befallenen Wir- belsegmente, der Ausdehnung der Destruktion in den einzelnen anato- mischen Abschnitten des Wirbels (Wirbelkörper, Bogenwurzel, hintere Strukturen), der Tumorinvasion in den Wirbelkanal, der umgebenden Weichteilinfiltration und dem Zu- stand und der Stabilität der gesunden Nachbarwirbel (4, 13).

Auch das Ausmaß der neurologi- schen Schädigung, der Grad der Ach- sendeformität bei Wirbelsinterung, das Alter und der Allgemeinzustand des Patienten sollten berücksichtigt werden.

Fälle mit solitären oder bis maxi- mal drei Wirbelkörpermetastasen können sinnvoll operativ angegangen werden. Die Tumorinvasion des Wir- belkanals von vorne bedarf in der Re- gel der ventralen Dekompression und

A-2136 (44) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 31/32, 7. August 1995

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MEDIZIN DIE UBERSICHT

Stabilisierung (4, 9). Dies gilt insbe sondere für die mittleren und unteren Abschnitte der Halswirbelsäule (HWS), die Brustwirbelsäule (BWS) und die Lendenwirbelsäule (LWS).

An der HWS bevorzugen wir nach Tumorausräumung die Ver- bundspondylodese mit der Caspar- Platte.

An der Brust- und Lendenwir- belsäule erfolgt die Verbundspondy- lodese mit ein oder zwei in gesunde Nachbarwirbel eingefalzte Osteosyn- theseplatten, die mit Knochenzement umgossen werden (4) (Abbildung 3a und b). Im Falle mehrsegmentaler Spinalkanalinvasion sowie bei über- wiegendem Befall der dorsalen Wir- belstrukturen ist an allen Abschnitten der Wirbelsäule der dorsale Zugang mit Laminektomie und dorsaler Dop- pelstabinstrumentation die Methode der Wahl.

In Einzelfällen kann auch eine transpedikuläre Verschraubung durchgeführt werden (Abbildung 4a und b).

Abbildung 3a und b: T. M., 31 Jahre, metastasierendes Mammakarzinom mit pathologischer Fraktur des LWK 3 (Pfeil) und seitenbetonter progredienter neurologischer Symptomatik (3a). Ventrale Verbund- spondylodese durch Einfalzen einer Unterschenkelplatte in die LWK 2 und 4 sowie zusätzlicher Stabilisierung durch eine DDS-Brücke (3b).

Abbildung 4a und b: L. 0., 55jähriger Patient mit metastasierendem Prostatakarzinom. Innerhalb weniger Stunden entwickelte sich eine Querschnittssymptomatik bei bekannter Tumorinfiltration der LWK 1 und 3 durch Kompression des Rückenmarks in Höhe des 3. LWK (4a, lumbale Myelographie, Pfeil). Nach Laminektomie und dorsaler Verbundspondylodese mittels transpedikulärer Verschraubung von L2 bis L5 (Modulock) erholte sich die Querschnittssymptomatik vollständig (4b).

Dehnt sich der Tumor auf ventra- le und dorsale Wirbelabschnitte aus, verbunden mit einer relativ guten prospektiven Überlebensrate, so ist eventuell ein ein- oder zweizeitiges kombiniertes Vorgehen von ventral und dorsal ratsam (6, 13).

Die sofortige Belastungsstabi- lität ist ventral wie dorsal durch die zusätzliche Zementapplikation im Sinne einer Verbundspondylodese ge- geben (4, 6, 13, 20).

Homologe

Knochentransplantate

In wenigen Ausnahmefällen, bei- spielsweise, wenn keine weiteren Herde bekannt sind oder wenn eine gute Gesamtprognose besteht, ist die Verwendung von homologem Kno- chenmaterial, vorzugsweise Hüft- kopftransplantaten, sinnvoll.

Dieses Material findet zur De- fektüberbrückung an der Wirbelsäule bei ventralem Vorgehen (5) und auch an großen Röhrenknochen (Abbil- dung 5a und b) Verwendung.

Am ehesten kommen diese Ver- fahren für Plasmozytompatienten oder für ausgewählte Patientinnen mit einem Mammakarzinom in Frage.

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Abbildung 5a und b: 65jährige Patientin, H. M., metastasierendes Schilddrüsenkarzinom, große Osteolyse rechtes Femur (5a). Defektüberbrückung mit zwei homologen Hüftkopftransplantaten und operative Stabili- sierung durch Marknagelung und zusätzliche Plattenosteosynthese (5b).

Patientengut

Seit 1985 wurden bei 89 Patien- ten 101 Eingriffe wegen Skelettmeta- stasen durchgeführt. Es erfolgten 55 Operationen wegen Metastasen an Extremitäten, 46 zur Stabilisierung an der Wirbelsäule.

Die beiden häufigsten Primärtu- moren waren das Mammakarzinom und das Adenokarzinom der Niere sowie das wegen seines ähnlichen Charakters miteinbezogene Plasmo-

zytom (Tabelle 1). Hauptlokalisatio- nen an den Extremitäten waren das Hüftgelenk, das proximale Femur und die hüftnahe Beckenregion sowie die Brustwirbelsäule. Im einzelnen wurden 21 Hüfttotalendoprothesen und je zwei Knie- und Schulterendo- prothesen eingesetzt.

Davon waren 13 Prothesen spezi- ell angefertigte Tumorendoprothesen zum Ersatz größerer osteolytischer Bezirke.

Achtmal mußten zusätzlich Pfan- nenstützschalen eingebracht werden.

Verbundplattenosteosynthesen wur- den zwölfmal durchgeführt. In vier Fällen reichten das Ausräumen der Osteolyse und Auffüllen mit Kno- chenzement aus. Eine Marknagelung wurde fünfmal vorgenommen, einmal eine Zuggurtungsverbundosteosyn- these.

In zehn Fällen wurde kein Kno- chenzement zur Stabilisierung ver- wendet. Es handelte sich um Platten- osteosynthesen mit oder ohne homo- loge Spongiosaplastik. Zweimal wur- de der Defekt durch ein homologes Hüftkopftransplantat überbrückt. In drei Fällen waren Reoperationen we- gen lokaler Tumorprogredienz mit Frakturgefährdung notwendig.

An der Wirbelsäule wurden 16 dorsale und 24 ventrale Stabilisie- rungen durchgeführt. In sechs Fällen

wurde ein kombiniertes ventrales und dorsales Verfahren gewählt. Achtmal wurde homologe Spongiosa zur Transplantation verwendet, 38mal wurden die Verbundspondylodesen durchgeführt.

Ergebnisse

Von allen Patienten wiesen jene, die an einem Plasmozytom erkrankt waren, die günstigste Gesamtprogno- se auf, mit einer mittleren postopera- tiven Überlebenszeit von 34 Mona- ten. Beim Mammakarzinom zeigte sich eine durchschnittliche Überle- benszeit von 18 Monaten. Zu den Pa- tienten mit deutlich schlechterer Ge- samtprognose zählten die mit Nieren- karzinomen, vor allem aber jene mit Bronchial- und Prostatakarzinomen

(Tabelle 2). Histologisch nicht diffe- renzierbare Tumoren hatten eine be- sonders schlechte Prognose. Diese Tendenzen wurden durch die Daten der noch lebenden Patienten be- stätigt. Auch hier zeigten die Patien- ten mit Plasmozytom und mit Mammakarzinom die längsten Über- lebenszeiten auf.

Vorrangig für die Patienten sind die Beeinflussung der Schmerzsym- ptomatik und die wiederhergestellte Funktion der Extremität sowie Mobi- lität.

Die postoperative Schmerzsitua- tion aller Patienten, ermittelt über ei- ne Befragung der betreuenden Fach- oder Hausärzte, zeigte, daß 27 Pro- zent keine oder geringfügige gele- gentliche Schmerzen aufwiesen, 29 Prozent unter leichten bis mittleren gelegentlichen Schmerzen, 24 Prozent unter starken und 20 Prozent unter sehr starken Schmerzen litten, die mit Morphinen behandelt wurden. Die differenzierte Bewertung der Schmerzsymptomatik dürfte aller- dings durch das bestehende generali- sierte Tumorleiden Einschränkungen unterliegen.

Die Gelenkfunktion war abhän- gig von der jeweiligen Schmerzsituati- on und ließ sich retrospektiv nur sehr ungenau einschätzen. Patienten, die weitgehend schmerzfrei waren, hat- ten meist eine zur Bewältigung der Alltagsprobleme ausreichende Funk- tion. Ein besonderes Problem ist die hohe Luxationsrate von 20 Prozent in den ersten sechs postoperativen Wo- chen bei den Hüftgelenktumorpro- thesen (15), welche auf die unzurei- chende muskuläre Stabilisierung der frisch operierten Hüftgelenke zurück- zuführen ist. Es mußten deswegen drei Reoperationen durchgeführt werden.

Bezüglich der Mobilität fanden sich 25 Prozent, die ohne Einschrän- kungen mobil waren, und 43 Prozent, die Hilfsmittel (Stock, Gehstützen) benutzten oder deren Mobilität auf die häusliche Umgebung einge- schränkt war. 18 Prozent blieben je- doch nach einem halben Jahr bettlä- gerig und waren trotz Operation nicht entscheidend mobilisierbar. 14 Pro- zent büßten nach einer postoperati- ven Phase der Besserung die erlangte Mobilität wieder ein.

A-2138 (46) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 31/32, 7. August 1995

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MEDIZIN

Diskussion

Skelettmetastasen führen je nach ihrer Lokalisation zur Destabilisie- rung lastübertragender Knochenab- schnitte und zu beeinträchtigten Ge- lenkfunktionen. An der Wirbelsäule kommt durch die Ausdehnung des Tumors in den Wirbelkanal zusätzlich die Gefahr der Querschnittslähmung hinzu Dadurch verliert der Betroffe- ne, ohnehin durch das Grundleiden eingeschränkt, seine Mobilität oder kann alltägliche Dinge nicht mehr selbständig verrichten. Die Aufgabe der palliativen orthopädischen Chir- urgie der Skelettmetastasen ist, ent- sprechend der erwähnten Indikati- onskriterien, so einzugreifen, daß die- sen Patienten auch in dem fortge- schrittenen Krankheitsstadium eine möglichst hohe Lebensqualität erhal- ten werden kann.

Die hier vorgelegten Daten be- stätigen, daß durch die orthopädische Metastasenchirurgie 75 Prozent der Patienten geholfen werden kann (6, 19, 20) und diese aufgrund dessen zu einem beträchtlichen Teil an gesell- schaftlichen Aktivitäten wieder teil- nehmen können.

Wie auch in anderen Studien an- geführt (6, 14), sind nur ein Drittel der operierten Patienten völlig schmerz- frei. Ein weiteres Drittel leidet unter durch nichtsteroidale Antiphlogistika gut beeinflußbaren Schmerzzustän- den, die angesichts der präoperativen Ausgangslage von den Patienten selbst aber als guter Erfolg angesehen werden.

Trotzdem blieben rund 20 Pro- zent der Patienten aufgrund fortbe- stehender Schmerzen morphinpflich- tig und waren nicht mobilisierbar.

Diese relativ hohe Zahl von Pati- enten, die über zum Teil heftige persi- stierende Schmerzen klagen oder de- ren Mobilität nicht wiederhergestellt werden kann, zwingt uns dazu, auch die Ausschlußkriterien für die pallia- tive Metastasenchirurgie am Skelett- system klar zu definieren und Patien- ten ohne Aussicht auf Verbesserung ihrer Gesamtsituation diese belasten- den Eingriffe zu ersparen.

Die oben genannten Techniken, die zur Stabilisierung metastatisch be- fallener Extremitäten- oder Wirbel- säulenabschnitte angegeben worden

DIE UBERSICHT

sind, sind allgemein anerkannt (1, 3 bis 6, 13, 16).

Wegen der Präferenzen mancher Operateure für bestimmte Osteosyn- thesemethoden oder spezielle Syste- me zur Stabilisierung der Wirbelsäule lassen sich lediglich allgemeingültige Orientierungshilfen geben. Für die obere Extremität gilt die primäre Übungsstabilität als Ziel, für Wirbel- säule und untere Extremität sollte ei- ne belastungsstabile Situation ge- schaffen werden (3, 4, 13, 15, 16). Bei

Tabelle 1

Primärtumoren der 89 wegen Skelettmetastasen operierten Pa- tienten

Mammakarzinom 32

Plasmozytom 18

Nierenkarzinom 17

Prostatakarzinom 5

Bronchialkarzinom 3

Primärtumor unbekannt 10

andere 4

Tabelle 2

Mittlere postoperative Überle- benszeiten in Monaten von 80 Patienten bei neun noch leben- den Patienten

Plasmozytom 34

Mammakarzinom 18

Nierenkarzinom 12

Prostatakarzinom 7

Bronchialkarzinom 6

Primärtumor unbekannt 4

andere 10

der Verfahrenswahl muß die bei der Verbundosteosynthese beschriebene mögliche Tumorprogredienz berück- sichtigt werden. Beispielsweise kann es sinnvoll sein, im Falle einer Meta- stase am proximalen Femur die weni- ger belastende Operation der Ver- bundosteosynthese mit dynamischer Hüftschraube zugunsten einer bela- stenderen Hüfttumorprothese aufzu- geben, um dem Patienten eine zweite Operation zu ersparen (19).

An der Wirbelsäule bleiben die belastenderen ventralen Eingriffe den jüngeren Patienten in noch gutem Allgemeinzustand vorbehalten (13).

Die alleinige dorsale Dekompression und Stabilisierung gilt im Hinblick auf die Beherrschung neurologischer Komplikationen als genauso effektiv

wie das ventrale Vorgehen (2) und ist in der Regel der kleinere chirurgische Eingriff. Ein kombiniertes ventrales und dorsales Vorgehen ist indiziert bei Kollaps des Wirbelkörpers und gleichzeitiger Tumorinvasion in die dorsalen Wirbelabschnitte (6, 9).

Neben einer möglichen Tumor- progression werfen den Patienten aber auch jene Komplikationen zurück, die die Gelenk- oder Extre- mitätenfunktion unmittelbar post- operativ betreffen. Hierzu gehören die Wundheilung, die sich wegen der Grundkrankheit allgemein und bei perioperativer adjuvanter onkologi- scher Therapie auch lokal verschlech- tert, sowie die hohe Rate an Luxatio- nen der Hüfttumorendoprothesen bis zu 30 Prozent. Dies sollte in der post- operativen Nachbehandlung berück- sichtigt werden.

Patienten mit Tumorerkrankun- gen, die bevorzugt in das Skelett me- tastasieren, werden immer häufiger auch zu Patienten des operativ tätigen Orthopäden. Dieser hat die Aufgabe, in enger Kooperation mit Fachkolle- gen jene Patienten auszuwählen, die dauerhaft für den Rest ihres Lebens von den hier skizzierten Eingriffen profitieren.

Aber auch für den Fall, daß eine operative Intervention wenig erfolg- versprechend und sinnvoll erscheint, sollten Patienten mit Skelettmetasta- sen dem orthopädischen Chirurgen vorgestellt werden.

Häufig kann nämlich durch An- passung geeigneter Orthesen trotz- dem eine Beschwerdelinderung her- beigeführt werden.

Zitierhinweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1995; 92: A-2135-2139 [Heft 31/32]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonderdruck, anzufordern über die Verfasser.

Anschrift für die Verfasser:

Dr. med. Thomas Wirth Orthopädische Klinik und Poliklinik der Philipps-Universität Klinikum Lahnberge

Baldingerstraße 35033 Marburg/Lahn

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