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Archiv "Die operative Behandlung der spontanen Subarachnoidalblutung" (08.05.1980)

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Die operative Behandlung der spontanen

Subarachnoidalblutung

Hans Werner Pia

Aus der Neurochirurgischen Universitätsklinik Gießen

(Direktor: Professor Dr. med. Dr. med. h. c. Hans Werner Pia)

Die spontane Subarachno idalblutung entsteht bei Ge- fäßerkrankungen, Mißbildun- gen, degenerativen, hyperto- nischen und entzündlichen Erkrankungen in den zerebra- len und spinalen Liquorräu- men einschließlich der Hirn- ventrikel. Klinisches Bild und Nachweis von blutigem Liquor indizieren umgehend Com- putertomographie. zerebrale und spinale Angiographie. Da- mit sind Sitz, Form und Aus- dehnung der Blutung, Blu- tungsquelle und Blutungsur- sache zu klären.

Zeit- und zielgerecht sind kon- servative und operative Maß- nahmen einzusetzen. Unter den operativen Maßnahmen sind Liquordauerdränagen so- wie die Entfernung von Häma- tomen, bei Gefäßmißbildun- gen zusätzlich die Ausschal- tung der Blutungsursache in- diziert.

Die modernen diagnostischen und mikrochirurgischen Maß- nahmen haben die Prognose der spontanen Subarachno- idalblutung entscheidend ver- bessert.

Spontane Subarachnoidalblutungen entstehen durch Ruptur patholo- gisch veränderter Gefäße an jedem Ort der äußeren und inneren Liquor- räume. Wir haben zu unterscheiden:

O die zerebrale Subarachnoidal- blutung

O die spinale Subarachnoidalblu- tung

O die intraventrikuläre Blutung.

Unabhängig vom Ort und von der Art der Blutungsquelle ist der Liquor re- gelmäßig im gesamten Liquorsy- stem blutig verfärbt. Die Feststel- lung von blutigem Liquor bei der Lumbalpunktion besagt somit nichts über die Ätiologie und Lokalisation des arteriellen Gefäßprozesses.

Die wichtigsten Ursachen der Sub- arachnoidalblutung sind in Tabelle 1 zusammengestellt.

Im neurochirurgischen Krankengut ist der Anteil der Gefäßmißbildungen groß und in den letzten 10 Jahren stark angestiegen. Im eigenen Kran- kengut (Tabelle 2) hatten unter 5299 Tumoren des Nervensystems 755 ze- rebrale Aneurysmen und Angiome und 178 spinale Angiome, das heißt 14,2 Prozent zerebrale und 3,4 Pro- zent spinale vaskuläre Anomalien.

Degenerative, entzündliche und an- dersartige Gefäßerkrankungen spie- len für den Neurochirurgen keine Rolle, Kranke mit Subarachnoidal- blutung und angiographisch unauf- fälligem Gefäßsystem machten 10 bis 20 Prozent unseres Krankengu- tes aus. Sie haben so gut wie nie eine zweite Blutung.

Die intraventrikuläre Blutung, nicht selten kombiniert mit einer intraze- rebralen Blutung, verursacht nicht in allen Fällen schwere allgemeine und lokalisierte zerebrale Ausfälle, also etwa Koma, zentrale vegetative und metabolische Dysregulation bis zur Dekompensation, Hemiplegie, u. a. Sie hat somit auch nicht immer eine infauste Prognose. Man muß wissen, daß es verschiedene Formen der intraventrikulären Hämorrhagie gibt (Abbildung 1). Der Haematoce- phalus totalis, die totale Tamponade des Ventrikelsystems oder auch des 3. Ventrikels, des Aquaeducts und des 4. Ventrikels, hat immer eine in- fauste Prognose, der Haematoce- phalus partialis, die partielle Ventri- keltamponade braucht keinesfalls bedrohliche Symptome zu haben; in beiden Fällen handelt es sich um echte Ventrikelhämatome.

Bei der Ventrikelhämorrhagie ist wie bei zerebraler oder spinaler Sub- arachnoidalblutung der Liquor mehr

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oder weniger stark mit Blut durch- mischt. Die Symptome dieser Blu- tungsform allein sind gering, sie werden bestimmt durch das beglei- tende intrazerebrale Hämatom, sind aber bei Angiom-, Tumor- und atypi- schen Hämatomen vielfach unwe- sentlich. Dieser auffallende Befund wird durch die verbesserte Resorp- tion des Hämatoms infolge der Ven- trikelperforation erklärt. Sie ist nicht selten Ursache für das Überleben des Kranken.

Intrazerebrale Hämatome bei Hyper- tonie mit Lieblingslokalisation in den Stammganglien und dem Thala- mus haben eine ungünstige Progno- se. Das gilt besonders für ausge- dehnte Hämatome, die in die Ventri- kel perforieren und nicht selten auch sekundäre Hämorrhagien im Hirnstamm bedingen. Hypertone Massenblutungen mit Befall der Großhirnlappen sind der operativen Behandlung zugängig; das gleiche gilt für umschriebene Hämatome

Tabelle 1: Wichtigste Ursachen der Subarachnoidalblutungen

..,.. Gefäßmißbildungen:

CD

Zerebrale Aneurysmen in 50-60%

@ Zerebrale Angiome in 5-10%

@ Spinale Angiome in 1- 3%

..,.. Degenerative und entzündliche Gefäßerkrankungen:

@ die zerebrale Arteriosklerose

®

seltene zerebrale, ausnahmsweise spinale Gefäßerkrankungen

in 15-20% und

in 10-20%

Tabelle 2: Tumoren des Nervensystems - Neurochirurgische Uni- versitätsklinik Gießen 1953-1977, N 5299

N % Gesamt N %

Schädeltumoren 171 3,2

Hirntumoren 3 443 65 4 369 82,4

Angiome und

Aneurysmen des Gehirns 755 14,2

Tumoren der Wirbelsäule 333 6,3

Tumoren des Rückenmarks 378 7,1 889 16,8 Angiome des Rückenmarks 178 3,4

Nerventumoren 41 0,8 41 0,8

1232 Heft 19 vom 8. Mai 1980 DEUTSCHES ARZTEBLATT

des Putamens. Die spqntane Hei- lung von Thalamusblutungen ist möglich. Zerebelläre Hämatome bei Hypertonie und Angiomen mit Ven- trikeleinbruch sind seltener.

Diagnose

der Subarachnoidalblutung Die klinische Diagnose der zerebra- len Subarachnoidalblutung ist in ty- pischen Fällen mit akutem Kopf- und Nackenschmerz und Meningismus mit und ohne Bewußtseinstrübung und anderen Ausfällen leicht. Eine weniger dramatische Entstehung und weniger Schmerzen werden oft falsch beurteilt oder übersehen. Ein Krankheitsbild mit sofortigem Koma, schweren zentralen Regulationsstö- rungen und Halbseitenausfällen weist auf ein begleitendes intrazere- brales Hämatom oder eine Hirn- stammblutung hin. Die pnmare Schmerzlokalisation rechts, links, frontal, occipital gibt Hinweise auf den Sitz des Prozesses .

Die spinale Subarachnoidalblutung tritt in 50 Prozent der arteriovenösen Rankenangiome auf, wie die gleich- artigen zerebralen Angiome betont in den ersten drei Lebensdekaden.

Unter den eigenen Fällen wurde die Blutung entweder nicht erkannt oder als zerebrale Subarachnoidal- blutung verkannt. Die Konsequenz ist die zerebrale Totalangiographie.

ln vielen Fällen kommt es akut zu heftigen lokalen Rückenschmerzen und erst sekundär aszendierend zu Nacken- und Kopfschmerzen und meningealen Symptomen, gelegent- lich auch von einer Bewußtseinstrü- bung begleitet.

Spezialdiagnose

Der klinische Verdacht muß sofort zur Liquoruntersuchung und in un- komplizierten Fällen ohne Koma und schwerste Ausfälle zur Einwei- sung in die Neurochirurgische Klinik führen. Es handelt sich um Kranke in den zerebralen und spinalen Lä- sionsgraden I bis IV, von symptom- freien bis schweren Ausfällen, das heißt bis zu mittelgradiger Bewußt-

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Intrazerebrales Hämatom •••

B

Haematocephalus partialis (Partielle Ventrikeltamponadel

A

Haematocephalus totalis (Totale Ventrikeltamponadel

Plexus tamponade··

Aneurysma der

Arteria communicans anterior

C

Ventrikelhämorrhagie

•• ••• Aneurysma der

Arteria calcarina Intrazerebrales Hämatom

Arte rio-venöses Angiom

Abbildung 1: Schema der intraventrikulären Blutungen (H. W Pia 1968)

seinstrübung, zu Hemiparesen be- ziehungsweise Paraparesen ohne Steh- und Gehfunktion.

Ausgenommen sind Kranke im Grad V, das heißt Koma, zentrale Dysregu- lation beziehungsweise schlaffe Pa- raplegie.

Die Computertomographie (CT) führt bei zerebraler Blutung sofort zur Diagnose

..,. einer intrazerebralen, ..,. einer intraventrikulären und ..,. einer subarachnoidalen Hämorrhagie

und läßt anhand von Lokalisation, Ausdehnung und Form die Ätiologie vermuten (Abbildungen 2a, b, c, d).

Die zerebrale Angiographie muß sich in jedem Falle einer spontanen Subarachnoidalblutung unmittelbar anschließen. Wir Neurochirurgen befürworten den Tag der Blutung.

Bei einem Aneurysma sind Totalan- giographie, in unklaren Fällen Magni- fikations-Angiographie und Angio- tomographie zur Bestimmung von Ursprung und Projektion des Aneu- rysmas erforderlich (Abbildung 3). Bei zerebralen Angiomen sind intra- zerebrales Hämatom und Ventrikel- beteiligung in 60 Prozent die Ursa- che des blutigen Liquors. Die primä- ren Symptome und der Verlauf sind selten dramatisch und verlangen kein unmittelbares Handeln wie die Aneurysmen. Das im CT diagnosti- zierte Hämatom sollte frühzeitig zur Angiographie führen.

Von den spinalen Angiomen ver- langt allein das seltene komprimie- rende Hämatom die sofortige Dia- gnose. Unter 84 intraduralen Angio- men waren 6 intramedulläre und 1 Subdurales Hämatom, unter 54 epi- duralen Angiomen 2 epidurale Hä- matome. Die Kombination der Lum- balpunktion mit einer Passageprü- fung nach Queckenstedt und die gleichzeitige Myelographie mit Amy-

paque bei totalem oder subtotalem Stop klärt den Sitz des Hindernisses und indiziert die Dekompression.

Die selektive spinale Angiographie, jeweils in zwei Ebenen (Abbildung 4) ist in der postakuten Phase indiziert.

Operative Behandlung der Subarachnoidalblutung Die operative Behandlung der Sub- arachnoidalbutung besteht in der Ausschaltung der Blutungsquelle und der Blutungsursache. Bei den arteriovenösen Rankenangiomen des Gehirns und des Rückenmarkes ist die Totalexstirpation des An- gioms das Verfahren der Wahl. Her- bert Olivecrona in Schweden und sein Schüler Wilhelm Tönnis in Deutschland sind die wichtigsten Pioniere dieser Therapie für die ze- rebralen Angiome. Ihr 1936 erschie- nenes, gemeinsam mit dem Patholo- gen Bergstrand verfaßtes Buch ist der bahnbrechende Beitrag. Die mo- derne Operationstechnik der Mikro- chirurgie hat die Indikation erweitert

DEUTSCHES ARZTEBLATT

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Abbildung 2a (oben): Subarachnoidalblutung an der Ba- sis. in der linken Inselzisterne und über dem Großhirn bei Aneurysma der linken Arteria-carotis-Bifurkation.

Computertomogramm

Abbildung 2b (unten): Subarachnoidalblutung, intraze- rebrales Hämatom fronto-basal beiderseits mit partiel- lem Ventrikelhämatom bei zerebralem Aneurysma der Arteria communicans anterior, Computertomogramm

Abbildung 2c (links): Hämatom okzipital und der Stamm- ganglien mit Ventrikeleinbruch bei Hypertonie, Compu- tertomogramm

Abbildung 2d (rechts): Zerebelläres Hämatom rechts bei arterio-venösem Angiom mit Einbruch in den 4. Ventrikel und Verschlußhydrozephalus, Computertomogramm

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und die Prognose deutlich verbes- sert. Angiome im Bereich funktionell und vital wichtiger Hirnstrukturen können erfolgreich angegangen werden (Abbildungen 5a und b).

Der Eingriff ist bei Hämatomen be- sonders erfolgreich, weil er neben dem Hämatom in derselben Sitzung das Angiom exzidiert. Die Gefahr ei- ner Zweitblutung und der perma- nenten Zirkulationsreduzierung durch den arteriovenösen Shunt ist mit der Operation beseitigt.

Die Diagnose und Therapie der spi- nalen Angiome ist erst im letzten Jahrzehnt durch die spinale An- giographie, die mikrochirurgische Technik und die Möglichkeit der Embolisation zu einem vertretbaren Standard entwickelt worden. Der große Fortschritt wird meßbar an der Möglichkeit, risikoarm auch intra- medulläre Angiome exzidieren zu können (Abbildung 6).

Die zerebralen Aneurysmen haben durch ihre Zahl und die vitale Ge- fährdung die größte Bedeutung. Wie

Abbildung 3: Angiographie mit Angiotomographie und Vergrößerungs-Angio- graphie bei Aneurysma der Arteria communicans anterior

Abbildung 4: Spinale Angiographie bei intra-extra-medullarem spinalen Angiom mit akuter spinaler Subarachnoidalblutung

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Abbildung Sb: Arterio-venöses Angiogramm des Caput nuclei caudati mit Massenblutung

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wir gehört haben, sind etwa 60 Pro- zent aller Subarq.chnoidalblutungen durch ein Aneurysma verursacht.

Frühe Rezidivblutungen sind bei den 70 bis 80 Prozent Überlebenden die Regel; der überwiegende Teil stirbt an ihnen oder an den durch sie verursachten Angiospasmen, Zirku- lationsstörungen und intrakraniellen Drucksteigeru ngen.

Bei den Aneurysmen ist schnellstes diagnostisches und therapeutisches Handeln erforderlich. Die techni- sche Perfektion gibt uns die Voraus- setzung dazu. Mit der Diagnose am Blutungstage und der operativen Ausschaltung 7 bis 8 Tage nach der Blutung, in besonders günstigen Fällen schon am 2. oder 3. Tage, eröffnet sich seit einigen Jahren ein erfolgversprechender Weg, die Kranken, die bislang an Zweitblutun- gen und anderen Komplikationen verstarben oder schwer geschädigt blieben, zu retten.

Übereinstimmende Untersuchungen und Katamnesen zeigen, daß die Mortalität und Morbidität der Opera- tion selbst heute keine Rolle mehr spielt. Kranke ohne oder mit gerin- gen Ausfällen werden fast immer ge- sund (Mortalität und Morbidität etwa 5 Prozent); erst mit zunehmender Hirnschädigung durch die Blutung, das heißt ansteigend vom Läsions- grad 111 bis V, wird die Prognose un- günstiger. Der Kranke stirbt nicht an der Operation, sondern an der Hirn- blutung und ihren Folgen.

Voraussetzungen für eine optimale Therapie sind vom Technischen her:

~ die mikrochirurgische Technik selbst,

~ das adäquate Instrumentarium,

~ spezielle, fast individuelle Silber- clips,

~ die bipolare Koagulation, und vom Allgemeinen her:

~ Neuroleptanalgesie mit artifiziel- ler Blutdrucksenkung und

~ moderne Intensivüberwachung und -therapie in der prä-, per- und postoperativen Phase. [>

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LUCKY 76 Dank einer neuen mikrochirurgi-

schen Klassifikation sind alle Aneu- rysmen hinsichtlich ihres Ur- sprungs, ihrer Projektion und ihrer topographischen Relationen zu wichtigen Strukturen besser be- kannt; weiter kennen wir die Bedeu- tung von Anomalien und selbst kleinster Arterien und können daher bereits präoperativ die optimale Kra- niotomie und die optimale Präpara- tion und Dissektion bestimmen.

So wird man zum Beispiel bei einem Aneurysma der Arteria communi- cans anterior, das nach kranial und ventral projiziert, von kaudal und dorsal präparieren, um so ohne Be- rührung des Aneurysmasackes mit der Rißstelle direkt den Aneurysma- hals freizulegen.

Mittels der bipolaren Koagulation ist die elektrothermische Präparations-

technik (Abbildung 7) entwickelt worden. Durch die bipolare Koagu- lation werden das Aneurysma, be- sonders dünnwandige Ausstülpun- gen und die frische Rißstelle zur Schrumpfung und gleichzeitig Ver- stärkung der Wand gebracht. Dies kann in günstigen Fällen auch nur für den Hals praktiziert werden.

Durch die elektrothermische Dissek- tion kann ein Aneurysma auf ein Viertel seiner Größe reduziert wer- den. Diese Präparation erfordert die artifizielle Hypotension. Die Druck- senkung ist risikolos bis zu Mittel- druckwerten von 40, 30, ja 20 mm HG möglich. Mit der Präparation ist der Värschluß des Halses mittels ei- nes autoblockierenden Clips im all-

gemeinen gut möglich, ohne daß wichtige Gefäße und andere Teile tangiert werden. Die Vorteile dieser Technik werden besonders bei un- günstig gelegenen Aneurysmen deutlich, zum Beispiel bei denen der Basilaris-Bifurkation, die nach dor- sal projizieren und über die die vita- len perforierenden Gefäße des Mit- telhirns verlaufen. Durch gezielte Koagulation werden diese Gefäße isoliert, an den Rand plaziert und damit vom Aneurysmasack abtrenn- bar. In speziellen Fällen bringt ein Tunnelclip die Lösung für nicht ab- lösbare Gefäße oder Nerven.

Die früher so bedrohliche intraope- rative Aneurysmaruptur hat ihren Schrecken verloren; in diesen kriti- schen Augenblicken zeigen sich die

Abbildung 6: Totalexstirpation intramedullärer Angiome

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Abbildung 7: Elektrothermische bipolare Dissektion und Schrumpfung bei großem Aneurysma der Bifurkation der Arteria basilaris

Vorteile der Magnifikation und opti- malen stereokopischen Illumination.

Die Blutungsquelle wird aufgesucht und durch den Saugerdruck ver- schlossen, in besonderen Fällen durch einen temporären Clip; die Präparation wird dann ohne Eile be- endet und der Hals mit dem spezifi- schen Clip verschlossen.

Gegenüber der direkten Unterbre- chung des Aneurysmas aus der Zir- kulation haben Eingriffe wie der Ver- schluß der Hauptarterie vor und hin- ter dem Aneurysma und der Wand- verstärkung durch Umhüllung mit Muskel, Kunststoff und anderen Substanzen — Trapping beziehungs- weise Wrapping nennen die Anglo- Amerikaner diese lange bekannte Technik — so gut wie keine Indika- tion mehr. Die Entwicklung der Technik hat den Zugangsweg immer kleiner und physiologischer und die Hirntraumatisierung immer geringer gemacht. So benützt man heute die benachbarten Liquorzisternen als Zugangsweg und verzichtet auf ein starkes Zurückziehen von Hirntei- len; auf diese Weise kann man bei ungünstigen Basilaris-Aneurysmen transoral transclival das vor der Brücke liegende Aneurysma — ebenso einen Tumor — isolieren und ausschalten.

Gigantische Aneurysmen sind wei- terhin ein großes Problem. Von den neuen Möglichkeiten ist die primäre Operation einer artifiziellen Anasto- mose zwischen Arteria-carotis-ex- terna- und Arteria-carotis-interna- Kreislauf zu nennen.

Dieser Kollateralkreislauf erlaubt die Radikalentfernung der oft riesigen, pseudotumoralen Aneurysmen mit wesentlich geringerem Risiko für ei- nen Ausfall, falls die versorgende Ar- terie nicht geschont werden kann.

Auch letzteres ist möglich geworden und wird sich künftig zur Methode der Wahl entwickeln.

Die Behandlung der Aneurysmen — allgemein der zur Subarachnoidal- blutung führenden Gefäßprozesse — ist in den letzten zehn Jahren dank Computertomographie, verfeinerter Angiographie-Techniken und der

Mikrochirurgie ganz wesentlich ver- bessert worden. In Europa und spe- ziell in der Bundesrepublik Deutsch- land versuchen wir zudem, die Ko- operation mit den Hausärzten und Spezialärzten zu intensivieren. Wir glauben, daß durch noch schnellere

Diagnose oder durch Einweisung in die Klinik schon bei Verdacht ein weiterer Fortschritt möglich ist.

Die Behandlung der Ventrikelblu- tungen jeder Ätiologie ist durch die Computertomographie wegen des

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Medikamentöse Speiseröhrenulzera

In den letzten Jahren wurde wieder- holt über medikamenteninduzierte Ulcera oesophagi berichtet, die durch hohe Konzentrationen meist saurer Medikamente bei längerem Verweilen einer Tablette oder einer Kapsel in der Speiseröhre verur- sacht wurden. Die Autoren berichten über 41 derartige Schädigungen, die klinisch mit heftigen retrosternalen Schmerzen bei Nahrungsaufnahme einhergingen. Fast immer hatten die Patienten ihre Medikamente trocken heruntergeschluckt. Acht Substan- zen konnten gefunden werden, die offensichtlich zu Ulzerationen der Speiseröhre führen können: Eme- proniumbromid (Restenacht®, Uro- Ripiring), kaliumhaltige Dragees, Doxycyclinhydrochlorid (Vibra- mycin®, Doxitard®), Phenylbuta- zon-Prednison und 5-Fluorouracil.

Die Ulzera treten bevorzugt an den physiologischen Engstellen auf. Da Röntgenuntersuchungen gezeigt haben, daß Kapseln bis zu einer Stunde in der Speiseröhre verweilen können, sollten alle Patienten ange- halten werden, ihre Medikamente mit einem großen Schluck Flüssig- keit hinunterzuspülen.

Collins, F. J.; Matthews, H. R.; Baker, S. E.;

Strakova, J. M.: Drug-induced oesophageal in- jury, Brit. med. J. 1 (1979) 1673-1676

Pfefferminzöl beim Reizkolon

Rezidivierende krampfartige Bauch- schmerzen, Völlegefühl und Nei- gung zu Obstipation, mitunter wech- selnd mit Durchfallsattacken, kenn- zeichnen das Syndrom des irritablen Darms. Die therapeutischen Bemü- hungen mit Weizenkleie, Anticholin- ergika, Spasmolytika und Sedativa sind häufig von zweifelhaftem Er- folg, da es sich um ein chronisch rezidivierendes Leiden handelt. In einer Doppelblindstudie wurde der Effekt des Carminativums Pfeffer- minzöl, welches eine Relaxierung der glatten Muskulatur des Verdau- ungstrakts bewirkt, auf die Sympto- me des Reizkolons untersucht. 18

Patienten erhielten 0,2 Milliliter Pfef- ferminzöl in Gelatinekapseln oder vom Aussehen her identische Place- bos. Während einer dreiwöchigen Behandlungsperiode wurde von den Patienten Protokoll über die abdo- minellen Symptome und über ihre Stuhlgewohnheiten geführt. Unter der Therapie mit Pfefferminzöl kam es zur signifikanten Besserung der Symptome, das Stuhlverhalten wur- de allerdings nicht beeinflußt. Als Nebenwirkung kam es bei zwei Pa- tienten zu Sodbrennen, wahrschein- lich durch vorzeitige Freisetzung der Substanz im Magen hervorgerufen. R

Rees, W. D. W.; Evans, B. K.; Rhodes, J.: Treat- ing irritable bowel syndrome with peppermint oil, Br. med. J. 4 (1979) 835-836, University Department of Medicine, Hope Hospital, Man- chester M6 8HD

Diagnostik der

renovaskulären Hypertonie

Bei Patienten mit einseitiger Nieren- erkrankung und Hypertonie erlaubt der Nierenvenenrenin-Quotient fest- zustellen, ob eine renovaskuläre Er- krankung Ursache des Hochdrucks ist. Allerdings ergeben sich auch bei Angiotensin-unabhängigen Hyperto- nien, allein durch ungleiche Organ- größen, Nierenvenenrenin-Quotien- ten bis 2,0, ohne daß diese auf Hoch- druckwirksamkeit hinweisen. Bei geringerer Durchblutungsdifferenz beider Nieren zeigen hingegen schon niedrigere Nierenvenenrenin- Quotienten eine einseitige Reninse- kretion mit Hochdruckwirkung an.

Bei der vorhergehenden Bestim- mung des seitengetrennten Funk- tionsanteils mit Hilfe der 131 J-Hip- puran-Clearance lassen sich Nieren- venenrenin-Quotienten im Grenzbe- reich zwischen 1,5 und 2,5 sicherer interpretieren, so daß überflüssige Saralasin-lnfusions-Tests bei Patien- ten ohne renovaskuläre Hypertonie vermieden werden können. Mhs

Helber, A.; Bönner, G.; Hummerich, G.; Wam- bach, G.; Meurer, K. A.; Dvorak, K.; Lent, V.;

Zehle, A.; Kaufmann, W.: Verbesserte Aussage des Nierenvenenreninquotienten durch gleich- zeitige Bestimmung der 131 J-Hippuran-Clea- rance in der Diagnostik der renovaskulären Hypertonie, Klin. Wochenschr. 57 (1979) 13-20, Privatdozent Dr. med. A. Helben, Medizinische Klinik Mehrheim, Ostmerheimer Str. 100,5000 Köln 91

sofortigen Nachweises und der Möglichkeit zur Verlaufskontrolle wesentlich verbessert worden. Die ein- und beidseitige offene Ventri- keldrainage gewährleistet eine schnellere Beseitigung des Blutes einschließlich von Blutgerinnseln und die gleichzeitige Senkung des erhöhten intrakraniellen Druckes.

Die Drainage kann eine Woche und auch länger ohne nennenswerte In- fektionsgefährdung liegen bleiben.

Die Erfolge mit dieser Therapie sind zum Teil so eindrucksvoll, daß das Verfahren immer häufiger eingesetzt wird. Die direkte Beseitigung von Ventrikelhämatomen ist bei Angio- men mit gleichzeitigem zerebralen Hämatom angezeigt und oftmals le- bensrettend. Dabei wird zugleich das Angiom exstirpiert. Die Indika- tion zu diesem Verfahren ergibt sich aus dem klinischen Bild und Verlauf zusammen mit den Befunden der Computertomographie. Bei sponta- ner Besserung der Symptome ist ei- ne Entlastung nicht notwendig; bei schwersten zerebralen Ausfällen mit Versagen der zentralen Regulation ist keine aktive Maßnahme ange- zeigt.

Lite ratur

Cerebral Angiomas, Advances in Diagnosis and Therapy, Edit.: H. W. Pia, J. R. W. Gleave, E. Grote und J. Zierski, Springer: Berlin/Heidel- berg/New York (1976) — Cerebral Aneurysms.

Advances in Diagnosis and Therapy, Edit.: H.

W. Pia and C. Langmaid, Springer: Berlin/

Heidelberg/New York (1979) — Spinal An- giomas, Advances in Diagnosis and Therapy, Edit.: H. W. Pia, R. Djindjian t, Springer: Berlin/

Heidelberg/New York (1978) — Spontaneous In- tracerebral Haemorrhage, Advances in Diagno- sis and Therapy, Edit.: H. W. Pia, C. Langmaid, J. Zierski, Springer: BerliniHeidelberg/New York (1980)

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med. Dr. med. h. c.

Hans Werner Pia Direktor der Neurochirurgischen Universitäts-Klinik Klinikstraße 29 6300 Gießen

1240 Heft 19 vom 8. Mai 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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