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Archiv "Erst Schrecken, jetzt fast Alltag" (08.09.2006)

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it dem Gesetz zur Modernisie- rung der Gesetzlichen Kranken- versicherung sind Medizinische Versorgungszentren (MVZ) zum 1. Ja- nuar 2004 als neue Form der Leistungs- erbringung in die vertragsärztliche Versorgung eingeführt worden. Deren Vorteil sieht der Gesetzgeber insbeson- dere in der Möglichkeit der engeren Kooperation unterschiedlicher ärztlicher Fachgebiete untereinander sowie mit nichtärztlichen Leistungserbringern. Eine Versorgung von Patienten „aus einer Hand“ soll entstehen. Darüber hinaus wird erwartet, dass jungen Ärzten durch eine Angestelltentätigkeit im MVZ der Einstieg in die vertragsärztliche Versorgung erleichtert wird, weil das wirtschaftliche Risiko einer Praxisgrün- dung entfällt.

Ende des Jahres 2005 befragte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) die Ärztlichen Leiter aller bis zum Ende des 3. Quartals zugelassenen 253 Medizinischen Versorgungszentren mithilfe eines standardisierten Frage- bogens. Dieser „MVZ-Survey 2005“

sollte Aufschluss sowohl über die Aus- gestaltung der neuen Kooperations- form geben als auch Einblicke in Moti- vationslage, Erfahrungen und Visionen der Gründer. Insgesamt beteiligten sich 104 Ärztliche Leiter (Rücklaufquote:

41 Prozent).

Die untersuchten MVZ wiesen zum Befragungszeitpunkt eine Arbeitsgröße von durchschnittlich drei Ärzten auf. 80 Prozent waren innerhalb der letzten zwölf Monate zugelassen worden, über- wiegend in städtischen Gebieten (60 Prozent). Für ihre betriebswirtschaftli- che Organisation ist zumeist noch keine eigene Verwaltungsstruktur aufgebaut.

Vielmehr werden die anfallenden be- trieblichen Verwaltungsaufgaben haupt- sächlich dem Ärztlichen Leiter zusätz- lich übertragen (62 Prozent).

Die Gründung eines Medizinischen Versorgungszentrums gleicht der eines Unternehmens: Komplexe Entschei- dungen, zum Beispiel über Rechtsform, Kooperationsvereinbarungen, strategi- sche Positionierung und Finanzplanung stehen an. Deshalb benötigen die betei- ligten Ärztinnen und Ärzte Beratung.

Mehr als die Hälfte der MVZ wandte sich dazu an die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen). Aufgeschlüsselt waren es vor der Gründung 57 Prozent, danach 42 Prozent. In vertragsärzt- lichen Fragestellungen, also den The- menbereichen Abrechnung, Niederlas- sung und Vertragsarztrecht, waren die

KV-Mitarbeiter Berater der ersten Wahl.

Darüber hinaus zog die überwiegende Zahl der MVZ zeitgleich einen Rechts- anwalt zurate (78 Prozent vor der Gründung, 60 Prozent danach). Die Mehrheit konsultierte zudem einen Steuerberater (61,5 Prozent vor und nach der Gründung).

Neben der Wahl geeigneter Berater ist die Unternehmensvision Grundlage einer ausgereiften Zielarchitektur. Ei- nen wichtigen Teilaspekt der Erhebung bildete daher die Gründungsmotivati- on. Offensichtlich war der Ausbau der eigenen Position am Gesundheitsmarkt das vorrangige Motiv für die MVZ- Gründung (Grafik 1).

Mit dem Survey wurde weiterhin un- tersucht, womit sich die MVZ am Markt positionieren und über welches Ent- wicklungspotenzial sie verfügen. Es hat sich gezeigt, dass 61 Prozent der MVZ einen medizinischen Versorgungs- schwerpunkt herausgebildet haben. Die sieben am häufigsten gewählten speziel- len Leistungsspektren sind: Augenheil- kunde und Angiologie (je elf Prozent), P O L I T I K

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A2278 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 36⏐⏐8. September 2006

Medizinische Versorgungszentren

Auf Expansionskurs

Noch sind sie klein. Aber eine KBV-Umfrage zeigt: Die meisten MVZ haben Potenzial, sich in viele Richtungen zu vernetzen.

Erst Schrecken, jetzt fast Alltag

„Der Gründungsdrang ist ungebro- chen“, fasste KBV-Vorstand Dr. med.

Andreas Köhler Ende August die Ent- wicklung zusammen: Bis zum 30. Juni 2006 hatten sich 491 MVZ gegründet, im Durchschnitt arbeiten dort vier Ärztinnen und Ärzte. Die KBV ist mit den Umfra- geergebnissen zufrieden, vor allem da- mit, dass die KVen als kompetenter An- sprechpartner wahrgenommen werden.

„Anfangs überwog die Skepsis“, erin- nerte Köhler. 2004, als die Gründung von MVZ erlaubt wurde, fürchteten KBV und KVen, dass die Krankenhäu- ser einen Wettbewerbsvorteil erzielen könnten und dass Unternehmen in großem Stil einsteigen und der Freibe- ruflichkeit der beteiligten Ärzte ein En- de machen könnten. „Um es klar zu sa- gen: Diese Gefahr besteht immer noch“, betonte Köhler. Allerdings werden der- zeit 61 Prozent aller MVZ allein von Vertragsärzten getragen und nur 27 Pro- zent von Krankenhäusern.

KBV und KVen betrachten sie mitt- lerweile als eine von mehreren Koope-

rationsformen. Und sie nehmen stärker Vorteile von MVZ wahr, sagte Köhler:

„Sie bieten nämlich den Niedergelasse- nen die Gelegenheit, berufliche Wün- sche in einer Weise zu realisieren, wie sie es oft in der Einzelpraxis nicht kön- nen.“ Inzwischen sind in den 491 MVZ 1 934 Ärztinnen und Ärzte tätig, davon 1 172 angestellt. Am häufigsten sind folgende Fachgruppen vertreten: Haus- ärzte, Internisten, diagnostische Radio- logen, Chirurgen. Die meisten MVZ wurden bislang in Bayern (120), Ber- lin (58) und Niedersachsen (46) ge- gründet.

Die KBV wartet nun die Entwicklung ab, allerdings nicht tatenlos. In Sachen MVZ „muss das KV-System noch ler- nen“, räumte Köhler ein. Manchen Ärz- ten dauert die Zulassung zu lange.Ande- re ärgern sich über die Abrechnung, die im Kern noch auf die Leistungserbrin- gung in einer Einzel- oder Gemein- schaftspraxis ausgerichtet ist.

Die KBV will zudem nicht alles al- lein machen: Mit der Bundesärztekam- mer führt sie Gespräche, ob es in Zu- kunft nicht ein umfassendes Bera- tungsangebot aus einer Hand für Ärz- tinnen und Ärzte geben könnte, die ein

MVZ gründen wollen. Rie

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A2280 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 36⏐⏐8. September 2006

ambulantes Operieren, Labormedizin und Palliativmedizin (je zehn Prozent), Onkologie/Hämatologie (acht Prozent), Gynäkologie (sechs Prozent). Nahezu die Hälfte der Zentren arbeitet mit selbst entwickelten Behandlungspfaden. Um den Informationsfluss zwischen den be- handelnden Ärzten im MVZ zu opti- mieren und einen reibungslosen Be- handlungsablauf für Patienten zu ge- währleisten, arbeiten bereits 71 Prozent der Befragten mit einer gemeinsamen Patientenakte. Einen Überblick über weitere Angebote enthält Grafik 2.

Generell setzen 90 Prozent der MVZ auf die persönliche Beratung durch das eigene Personal, um ihre Patienten über das Leistungsangebot zu informieren.

Darüber hinaus nutzen sie bereits eine Vielzahl verschiedener Medien: Neben Vorträgen (53 Prozent) zu bestimmten medizinischen und gesundheitsrelevan- ten Themen bieten viele Befragte (34 Prozent) einen „Tag der offenen Tür“

an. 64 Prozent haben zudem eine eigene Homepage im Internet eingerichtet.

MVZ sind stark an weiterer Koope- ration interessiert. 26 Prozent sind Ver- tragspartner der Integrierten Versor- gung, 39 Prozent wollen sich in naher Zukunft beteiligen. 40 Prozent der Be- fragten nehmen an DMP teil, 30 Pro- zent an der hausarztzentrierten Versor- gung. Neben dem Abschluss von Ver- sorgungsverträgen kooperieren MVZ am häufigsten mit niedergelassenen Ärzten (85 Prozent) und Krankenhäu- sern (65 Prozent), aber auch mit Physio- therapeuten, Sanitätshäusern, Apothe- ken und Pflegeeinrichtungen. 58 Pro- zent der Befragten bauen dazu Netz- werke mit drei oder mehr Partnern auf.

Wie sich MVZ in Zukunft entwickeln werden: Auf diese offene Frage haben die Ärztlichen Leiter der MVZ indivi- duelle Antworten gegeben. Für den Sur- vey sind sie zusammengefasst worden (Grafik 3). Insgesamt lässt sich daraus schließen, dass die Befragten die Zu- kunft der MVZ positiv bewerten. Der Ergebnisbericht sowie weiterführende Hinweise sind im Internet zu finden un- ter www.kbv.de/themen/8737.html.

Anschrift der Verfasser:

Dr. Susanne Armbruster, Susanne Lubs Nicole Röhrig, Kathrin Wagner Kassenärztliche Bundesvereinigung Herbert-Lewin-Platz 2, 10623 Berlin Grafik 1

Hauptmotivation zur MVZ-Gründung(Mehrfachnennungen möglich) erweiterte Position am Markt

Effizienzsteigerung Anstellungsmöglichkeit interdisziplinäre Zusammenarbeit Wertsteigerung der Praxen Möglichkeit zur Kooperation mit Krankenhäusern höhere Qualität der ambulanten Versorgung Entlastung bei Verwaltungsaufgaben verringertes Investitionsrisiko bessere Marketingmöglichkeiten flexiblere Arbeitszeiten

sonstige 13,5 %

1,9 % 2,9 % 2,9 % 2,9 % 3,8 %

5,8 % 6,7 %

7,7 % 11,5 %

16,3 %

24,0 %

Grafik 2

Angebote und Serviceleistungen(Mehrfachnennungen möglich)

gemeinsame Patientenakte IGeL selbst entwickelnde Behandlungspfade Patientenschulungen Telefonsprechstunde Naturheilverfahren sonstige

7,7 %

71,2 % 12,5 %

66,3 % 15,4 %

47,1 % 14,4 %

44,2%

10,6 %

25,0 % 1,9 %

25,0 % 0,0 %

17,3 %

implementiert geplant

Grafik 3

Zukunft der Medizinischen Versorgungszentren

Zunahme von Anzahl/Größe der MVZ Stärkung der ambulanten Versorgung verstärkte Integration von Kranken- häusern bei MVZ-Bildung Qualitätsverbesserung durch interdiszipli- näre/sektorübergreifende Versorgung starke Markt-/Verhandlungsposition Entwicklung zu Facharztzentren Zunahme von Kooperationen

mit Krankenhaus

11,5 % 7,7%

6,7%

4,8%

3,8 % 3,8 % 1,9 %

Referenzen

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