Tabelle: Epidemiologische
und demographische Parameter für ein bestimmtes Gebiet und einen bestimmten Zeitraum
Natalität Zahl der Lebendgeborenen mittlere Gesamtbevölkerung
Prävalenz Zahl der Erkrankten*)
mittlere Gesamtbevölkerung Zahl der neu Erkrankten mittlere Gesamtbevölkerung Inzidenz
Mortalität Zahl der Gestorbenen
mittlere Gesamtbevölkerung Zahl der Gestorbenen Zahl der beendeten Erkrankungen Letalität
Fertilität Zahl der Lebendgeborenen Zahl der gebärfähigen Frauen Nuptialität Zahl der Eheschließungen
mittlere Gesamtbevölkerung
*) Anzahl zu einem bestimmten Zeitpunkt
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
DEFINITION
Mortalität — Letalität — Morbidität (Inzidenz Prävalenz)
A
ufgabe der Demographie ist die Beschreibung des Wer- dens und Vergehens einer Bevölkerung durch die demogra- phischen Prozesse Geburt, Heirat und Tod. Sie werden quantitativ erfaßt durch die Fertilität oder Fruchtbarkeit, durch die Nuptiali- tät oder Heiratsneigung und durch die Mortalität oder Sterb- lichkeit (Tabelle). In der Medizi- nalstatistik und Epidemiologie, aber auch in der klinisch-prakti- schen Medizin werden darüber hinaus Begriffe benötigt und ver- wandt, mit denen die Morbidität, die Häufigkeit von Erkrankungen, von Krankheits- und Todesursa- chen in Personen- und Patienten- gruppen quantitativ charakteri- siert werden kann.Mortalität
desrate läßt sich als gewogenes Mittel der altersspezifischen To- desraten m, darstelfen, wobei als Gewichte lt, der einzelnen Alters- klassen die Anteile, die sie in der Gesamtbevölkerung haben, zu nehmen sind:
M = nj • mi
Die altersspezifische Mortalität gibt über die Sterblichkeit jeder einzelnen Altersgruppe einer Per- sonengruppe Auskunft. Nicht nur altersdifferenziert kann die Morta- lität von Interesse sein, sondern auch differenziert nach Ge- schlecht, Familienstand, Beruf, Konfession oder Wohnort. Auch als gewichtete Summe dieser dif- ferentiellen Mortalitäten läßt sich die rohe Todesrate darstellen. Er- mittlung und Analyse der differen- tiellen Mortalitäten sind Aufgabe der Medizinischen Soziologie.
Um mit einer einzigen Zahl Bevöl- kerungen hinsichtlich ihrer Morta- lität vergleichen zu können, be- zieht man die Todesrate auf eine Standardbevölkerung, deren Al- tersverteilung feststeht, und be- rechnet die fiktive Todesrate, die sich für die Standardbevölkerung aus der beobachteten Sterberate ergibt. Diese bezeichnet man als standardisierte Sterbeziffer:
mst = ,st mi
Als Standardbevölkerung wählt man zum Beispiel bei internatio- nalen Vergleichen die Weltbevöl- kerung, bei Vergleichen von Teil- gebieten die Bevölkerung des Ge- samtgebietes.
Letalität
Ist n(t A) die Anzahl der am Anfang eines Beobachtungszeitraumes, n(t E) die Anzahl der am Ende des Beobachtungszeitraumes und n, die Anzahl der im Beobachtungs- zeitraum neu an einer bestimmten Krankheit Erkrankten, so bezeich- Es sei für ein bestimmtes Gebiet,
(z. B. die Bundesrepublik) und für einen bestimmten Zeitraum (z. B.
das Kalenderjahr 1983) n t die An- zahl der im Beobachtungszeit- raum Gestorbenen und N die mitt- lere Gesamtbevölkerung. Dann bezeichnet man als Mortalität (Sterblichkeitsrate, Sterbeziffer oder rohe Todesrate) die auf die mittlere Gesamtbevölkerung be- zogene Anzahl der im Bezugszeit- raum Gestorbenen:
M = -r2t
Man spricht von der rohen Todes- rate, weil sie sich undifferenziert auf die Gesamtbevölkerung be- zieht. Für eine detailliertere Ana- lyse des demographischen Pro- zesses werden spezifische Raten benutzt, von denen die altersspe- zifischen Todesraten die größte Bedeutung haben, Raten, die sich auf Altersgruppen oder Geburts- jahrgänge beziehen. Die rohe To-
98 (38) Heft 3 vom 15. Januar 1986 83. Jahrgang Ausgabe A
nete man als Letalität oder Töd- lichkeitsrate die auf die Anzahl der im betreffenden Zeitraum - durch Heilung oder Tod- beende- ten Krankheitsfälle bezogene An- zahl der an der Krankheit Gestor- benen:
Die Zahl der Patienten, bei denen die Krankheit im Beobachtungs- zeitraum endete, ist n(tA)
+
nk - n(tE).Kann man annehmen, daß die An- zahl der Erkrankungen im Laufe der Zeit statistisch etwa gleich bleibt, was, abgesehen von außer- gewöhnlichen Umständen (zum Beispiel bei Epidemien) im allge- meinen der Fall ist, gilt n(tE) ""
n(tA). Damit erhält man
die im allgemeinen Sprachge- brauch übliche Definition der Le- talität als auf die Anzahl der Er- krankten bezogene Anzahl der Verstorbenen.
Morbidität
Im Gegensatz zu den Begriffen Mortalität und Letalität ist der Be- griff Morbidität nicht allgemein- verbindlich definiert und wird nicht immer im gleichen Sinne ge- braucht. Um die Zahl der Krank- heitsfälle in einem Zeitraum ein- deutig angeben zu können, müs- sen bei der Definition von Maß- zahlen Zeitraum und Zeitpunkt berücksichtigt werden. Zwei Maß- zahlen werden verwandt:
~ lnzidenz
oder Neuerkrankungsrate be- zeichnet die auf die mittlere Ge- samtzahl der Bevölkerung bezo- gene Anzahl der im Beobach- tungszeitraum neu an der Krank- heit erkrankten Personen:
I= nk N
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Die Neuerkrankung kann eine Ersterkrankung sein oder eine Wiedererkrankung nach Heilung. Es ist auch gleichgültig, ob die Krankheit am Ende des Bezugs- zeitraumes noch andauert oder beendet ist.
Aus der Letalität folgt bei gleich- bleibender Erkrankungshäufig- keit
Letalität
=
Mo_rtalität . lnz1denzManchmal werden lnzidenz und Morbidität als Synonyma ge- braucht; an anderen Stellen wird Morbidität gleichgesetzt mit
~ Prävalenz,
die als auf die Gesamtbevölke- rung bezogene Anzahl der Krank- heitsfälle an einem bestimmten Termin, zum Beispiel zu Beginn eines Jahres, definiert ist:
p
=!!ill
N
Die Prävalenz charakterisiert also das Ausmaß oder die Ausbreitung einer Krankheit in einer Gruppe zu einem bestimmten Zeitpunkt, den "Krankenstand".
Weitere wichtige Häufigkeitsma- ße, die bei der demographischen Analyse einer Bevölkerung oder beim Vergleich verschiedener Länder benötigt werden, sind die Natalität oder Geborenenziffer als die auf die Gesamtbevölkerung bezogene Anzahl der Lebendge- borenen. Die Höhe der Geburten- rate wird von der Altersstruktur der Bevölkerungsgruppe und der Sexualproportion beeinflußt. Zu unterscheiden von der Natalität ist deshalb die Fertilität oder allge- meine weibliche Fruchtbarkeits- ziffer, die auf die Anzahl der Frau- en im gebärfähigen Alter zwi- schen 15 und 45 Jahren bezogene Anzahl der im Laufe des Bezugs- zeitraumes Geborenen.
Erwähnt sei schließlich noch die Heiratsrate oder Nuptialität, die zur Beschreibung der Heiratsnei-
Epidemiologische Definitionen
gung als demographischem Pro- zeß, der wesentlichen Einfluß auf die Fruchtbarkeit besitzt, dient.
Die rohe Heiratsrate oder allge- meine Eheschließungsziffer wird als relative Häufigkeit auf die Ge- samtbevölkerung zur Mitte des Bezugszeitraumes bezogen. Ein besseres Maß für die Heiratsnei- gung einer Bevölkerungsgruppe als die rohe Heiratsrate ist die spezifische Eheschließungsziffer.
Ihre Bezugsgröße ist der Durch- schnittsbestand an heiratsfähigen Personen. Er ergibt sich aus der Gesamtbevölkerung durch Ver- minderung um die Zahl der be- reits Verheirateten und der noch nicht Ehemündigen.
A. Habermehl
Literatur: Feichtinger. G.: Bevölkerungsstati- stik; Walter de Gruyter, Berlin. (1973)- Ramm, B.: Biomathematik, Enke-Verlag, Stuttgart (1976)
FÜR SIE GELESEN
Von parenteraler auf orale Theophyllin-Gabe?
Patienten, die wegen akuter Atemnot bis zu fünf Tage lang sta- tionär mit einer Theophyllin-Dau- erinfusion behandelt wurden, lie- ßen sich nach kurzer Zeit risiko- arm auf eine orale Applikation ei- nes Retard-Präparates umstellen.
Dies ergab eine klinische Studie an 13 Asthmatikern. Dabei konnte die Bronchodilatation bis zu 21 Stunden nach der letzten oralen Gabe von 600 mg Uniphyllin® auf- rechterhalten werden. Aufgrund der Pharmakakinetik des Präpara- tes nahm der Autor an, daß bei der abendlichen Gabe von Uniphyl- lin® die höchsten Theophyllin- Spiegel im Serum zwischen Mit- ternacht und 6 Uhr morgens er- reicht werden, also in einer Zeit, in der der Patient aus tagesrhyth- mischen Gründen den antiob- struktiven Effekt am dringendsten
benötigt. jv
Mayer, L.: Übergang von parenteraler auf ora- le Theophyllin-Therapie bei Asthmatikern.
Fortschr. Med. 103 (1985) 923-926. L. Mayer, I.
Medizinische Klinik des Zentralklinikums, 8900 Augsbu rg
Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 3 vom 15. Januar 1986 (41) 99