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Archiv "KORONARE HERZKRANKHEIT - KONSERVATIVE UND/ODER OPERATIVE BEHANDLUNG?" (22.10.1982)

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

EDITORIAL

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KORONARE

HERZKRANKHEIT - KONSERVATIVE UND/ODER

OPERATIVE BEHANDLUNG?

Helmut Roskamm

Einleitung

Vor 20 Jahren wurde die koronare Herzerkrankung als ein mehr oder minder schicksalhaft ablaufendes Leiden aufgefaßt, bei dem keine entscheidenden Therapien zur Verfügung stehen. Das hat sich er- heblich geändert. Sowohl mit der medikamentösen als auch mit der chirurgischen Therapie können heutzutage nicht nur die Be- schwerden — nämlich die Angina pectoris —, sondern auch die Pro- gnose gebessert werden. Beide Wege ergänzen sich in der Thera- pie der koronaren Herzerkran- kung. Insgesamt läßt sich die The- rapie der koronaren Herzerkran- kung in 4 Blöcke aufgliedern:

O Allgemeinbehandlung ein- schließlich der nicht-antianginö- sen medikamentösen Therapie

• Antianginöse medikamentöse Therapie

• Perkutane transluminale Koro- narangioplastie (PTCA)

O Chirurgische Therapie (aorto- koronare Bypassoperation und Aneurysmektomie).

Welche Patienten sollen vorrangig diesen unterschiedlichen Thera- pien zugeführt werden?

Allgemeinbehandlung einschließlich der

nicht-antianginösen

medikamentösen Therapie Unter Allgömeinbehandlung sol- len allgemeine Ratschläge für die Lebensführung einschließlich der Korrektur von Risikofaktoren (Rauchen, Hypertonie, Hyperlipid- ämie, Diabetes, Hyperurikämie, körperliche Inaktivität und psy- chosomatischer Streß) verstanden werden. Diese Basistherapie gilt für alle Koronarkranken, sowohl für die asymptomatischen wie auch für die symptomatischen, gleich ob letztere der medikamen- tösen antianginösen Therapie oder der Koronarchirurgie zuge- führt werden. Weiterhin soll unter Allgemeinbehandlung die bei be- stimmten Patienten notwendig werdende nicht-antianginöse me- dikamentöse Therapie verstanden werden. Für verhältnismäßig weni- ge Patienten mit koronarer Herzer- krankung, insbesondere nach gro- ßen oder mehreren Infarkten, bei denen eine muskuläre lnsuffizenz besteht, ergibt sich eine Indikation für Digitalis.

Kontrovers ist weiterhin die chro- nische Behandlung mit Phenpro- cuomon Marcumar® sowie mit Thrombozytenaggregationshem- mern. Eine langfristige Marcumar- behandlung ist nur dann sinnvoll, wenn die Gewähr besteht, daß der

Patient gut eingestellt werden kann. Auf der Grundlage einiger Studien (1, 2, 3, 11)*) entschließen sich einige Kollegen bei Postin- farktpatienten häufig für die Be- handlung mit Aggregationshem- mern über 1 bis 2 Jahre.

In einer Reihe von Studien wurde festgestellt, daß die langfristige Gabe eines Beta-Rezeptorenblok- kers die Häufigkeit des plötzlichen Herztodes bei Postinfarktpatien- ten verringert (4, 7, 9, 10). Es be- steht jedoch die Möglichkeit, daß nur bestimmte Patienten profitie- ren. Die meisten Kollegen werden

sich aufgrund der vorliegenden Befunde wohl auch bei asympto- matischen Postinfarktpatienten für 1 bis 2 Jahre zu einer Betablok- kertherapie entschließen.

Antianginöse

medikamentöse Therapie Die medikamentöse Therapie der Angina pectoris sollte bei allen Pa- tienten zur Anwendung kommen, die nicht chirurgisch behandelt werden sollten (siehe unter 0) Folgende drei Therapiesäulen ste- hen zur Verfügung:

2.1. Nitrosubstanzen

Von vielen Kollegen werden Nitro- substanzen weiterhin als Therapie der ersten Wahl nicht nur zur An- fallskupierung, sondern auch zur Anfallprophylaxe verwendet. So- lange die Frage der Gewöhnung nicht endgültig geklärt ist, sollte die Notwendigkeit einer Langzeit- nitrobehandlung immer wieder aufs neue überprüft werden.

2.2. Beta-Rezeptorenblocker Die Domäne der Beta-Rezeptoren- blockertherapie liegt bei der klas- sischen Arbeits-Angina-pectoris.

Für viele Kardiologen ist der Beta- Rezeptoren blocker die Therapie der ersten Wahl, insbesondere auch deshalb, weil nach den oben erwähnten Studien gleichzeitig mit einer Reduktion des plötzli- chen Herztodes gerechnet werden darf, jedenfalls bei Patienten im chronischen Infarktstadium.

2.3. Calciumantagonisten Diese Substanzgruppe erfährt wohl im Moment die größte Zu- wachsrate in der Behandlung der Angina pectoris. Das besonders deshalb, weil man gelernt hat, daß

*) Die in Klammern stehenden Ziffern bezie- hen sich auf das Literaturverzeichnis des Sonderdrucks.

42 Heft 42 vom 22. Oktober 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe B

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

manche Angina-pectoris-Patien- ten — insbesondere diejenigen mit sehr wechselnder Arbeitstoleranz oder mit einer instabilen Form — zusätzlich zu organischen Steno- sen Spasmen, bzw. einen unter- schiedlich erhöhten Tonus im Ste- nosenbereich aufweisen können, der zur kritischen Einengung ei- nes Gefäßes mit beiträgt. Aber auch die stabile Arbeits-Angina- pectoris erfährt durch Calcium- antagonisten eine Besserung.

O Perkutane transluminale Koronarangioplastie

Nachdem die PTCA von Grüntzig in Zürich eingeführt worden ist (6), sind in der Zwischenzeit schon einige tausend Patienten mit die- ser Methode behandelt worden.

Sie kann bereits jetzt als etablierte Methode zur Behandlung vorran- gig von Patienten mit Eingefäß- erkrankung und kurzer Laufzeit der Angina pectoris gelten. Man kann heute davon ausgehen, daß bei richtiger Indikationsstellung in ungefähr 80 Prozent ein primärer Erfolg zu erzielen ist, in 10 bis 20 Prozent kommt es jedoch im Ver- laufe des kommenden Jahres zu einem Rezidiv (8).

Chirurgische Therapie — aortokoronare

Bypass-Operation und Aneurysmektomie

Allgemein anerkannt wird heute, daß die aorto-koronare Bypass- Operation bei wenigstens 90 Pro- zent der Patienten die Angina pec- toris bessert und sie bei ungefähr zwei Drittel der Patienten ganz be- seitigt.

Randomisierte Studien konnten für bestimmte Subgruppen von Koronarkranken eine Verbesse- rung der Überlebenskurven we- nigstens für einige Jahre nachwei- sen. Diese Gruppen sind:

O Symptomatische Patienten mit linker Hauptstammstenose (5, 14).

0

Symptomatische Patienten mit einer Dreigefäßerkrankung (5).

Bei Patienten mit einer Eingefäß- erkrankung ist keine weitere Ver- besserung der günstigen Spon- tanprognose möglich. Bei Patien- ten mit einer Zweigefäßerkran- kung hängt die Prognose sehr da- von ab, ob der proximale Anteil des Ramus interventricularis ante- rior mitbefallen ist oder nicht (5).

Nur im ersten Fall ist eine Progno- severbesserung durch Koronar- chirurgie zu erwarten. Insgesamt entsprechen die Überlebenskur- ven von operierten Patienten der Indikationsgruppe 1 bis 4 für we- nigstens 5 bis 10 Jahre denen der Allgemeinbevölkerung (12). In den ersten 5 Jahren beträgt die Fre- quenz von Rückfall in den präope- rativen Zustand ungefähr 2 Pro- zent pro Jahr (13). Auf der Grund- lage dieser Ergebnisse besteht weitgehende Einigkeit darüber, daß folgende Patienten operiert werden sollten:

O Symptomatische Patienten mit stenosierender Koronargefäßskle- rose, die auf adäquate medika- mentöse Therapie nicht ausrei- chend reagiert haben.

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Symptomatische Patienten mit linker Hauptstammstenose.

(D Symptomatische Patienten mit einer Dreigefäßerkrankung.

C) Symptomatische Patienten mit einer Zweigefäßerkrankung, bei denen der Ramus interventricula- ris anterior proximal befallen ist.

Die unter 1 bis 4 genannten Pa- tienten können entweder eine sta- bile oder eine instabile Angina pectoris haben. Letztere sollten nach Möglichkeit präoperativ und auch vor der erforderlichen Koro- narangiographie medikamentös

stabilisiert sein. Patienten mit ei- ner sogenannten asymptomati- schen lschämie werden in der Re- gel operiert, wenn die Koronar- morphologie den Gruppen 2 bis 4 entspricht und die Operation tech- nisch machbar erscheint. Mit et- was mehr Zurückhaltung werden entsprechende asymptomatische Patienten behandelt, die keine Hinweise auf Myokardischämie zeigen. Bei der Indikationsstellung zur aorto-koronaren Bypass-Ope- ration müssen eine Reihe zusätzli- cher Faktoren wie Alter, Allge- meinzustand, Nebenerkrankun- gen und Rehabilitationswilligkeit beachtet werden. Die Indikation für eine Aneurysmektomie wird in der Regel nur bei therapierefraktä- rer Herzinsuffizienz gestellt. Be- sonders sinnvoll erscheint sie, wenn zusätzlich eine aorto-koro- nare Bypassoperation durchge- führt werden muß.

Bedarf an Koronarchirurgie Exakte Bedarfszahlen für die Bun- desrepublik Deutschland lassen sich sehr schwer erstellen. Auf kei- nen Fall ist es richtig, unseren Be- darf aus den Operationszahlen in den USA abzuleiten. Auf einer von der WHO einberufenen Tagung in Den Haag (15) einigte man sich für Europa auf einen fortlaufenden jährlichen Neubedarf von 150 Operationen pro 1 Million Einwoh- ner und einen einmaligen Nach- holbedarf von 400 Operationen pro 1 Million Einwohner. Dieser Bedarf kann im Moment bei uns nicht gedeckt werden. Dabei sind jedoch große regionale Unter- schiede vorhanden.

(Literatur beim Verfasser) Professor Dr. med.

Helmut Roskamm Benedikt-Kreutz- Rehabilitationszentrum Südring 15

7812 Bad Krozingen

Ausgabe B DEUTSCHES ARZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 42 vom 22. Oktober 1982 43

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