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Archiv "Koronare Herzkrankheit: Die Grenzen der Statine" (11.03.2005)

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ine intensivierte Statintherapie mit 80 Milligramm Atorvastatin kann zwar das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle etwas deutlicher sen- ken als eine Therapie mit 10 Milli- gramm, aber die aggressive Therapie verlängert nicht das Leben. Das ist das widersprüchliche Ergebnis einer Studie an 10 000 Patienten, die diese Woche bei dem Kongress des amerikanischen

„College of Cardiology“ in Orlando vorgestellt und deren Ergebnisse zeit- gleich auf den Internetseiten des „New England Journal of Medicine“ veröf- fentlich wurden.

Die „Treat to New Targets“ genannte randomisierte Studie wird weltweit die Diskussion anheizen, wie aggressiv eine Statintherapie sein sollte. In Deutsch- land wird sie auch dem Streit um die Frage, ob Atorvastatin mit anderen Sta- tinen zu einer Festbetragsgruppe zu- sammengefasst werden kann, neuen Zündstoff liefern.

Im Rahmen der Studie haben 5 006 Patienten mit stabiler koronarer Herz- krankheit etwa fünf Jahre lang täglich 10 Milligramm Atorvastatin eingenommen.

Weitere 4 995 Patienten erhielten täglich 80 Milligramm. Die höhere Dosierung senkte den LDL-Cholesterinwert deutli- cher: Bei den mit 10 Milligramm behan- delten Patienten lag er im Durchschnitt bei 101 mg/dl, bei den mit 80 Milligramm Behandelten bei 77 mg/dl.

Doch die Hoffnung auf einen Nutzen der aggressiven Cholesterinsenkung be- stätigte sich nur teilweise. Die Rate der Herzinfarkte lag niedriger: Umgerech- net auf 100 Patienten, hatten unter der 10-Milligramm-Dosis innerhalb von fünf Jahren etwa elf einen Infarkt oder Schlaganfall erlitten, unter der 80-Milli- gramm-Dosis waren es etwa neun, die Intensivierung der Therapie hatte also zwei von 100 Patienten einen Herzin- farkt oder Schlaganfall erspart.

Die Rate der Nebenwirkungen war niedrig.Vor Beginn der Studie gab es eine achtwöchige Phase, in der alle Kandida- ten 10 Milligramm Atorvastatin erhiel- ten. Patienten, bei denen Nebenwirkun- gen auftraten, wurden von der Teilnah- me an der Studie ausgeschlossen. Bei den so selektierten Teilnehmern der Studie setzten unter der 10-Milligramm- Dosis fünf von 100 Patienten wegen Nebenwirkungen die Therapie ab, un- ter der 80-Milligramm-Dosis waren es sieben von 100, Rhabdomyolysen wa- ren selten. „Patienten, die die 10-Milli- gramm-Dosis vertragen, haben auch un- ter der 80-Milligramm-Dosis nicht sehr viel mehr Nebenwirkungen“, sagt Prof.

Dr. med. Gerd Assmann von der Univer- sität Münster.

Sterblichkeit nicht verringert

Doch während diese Daten durchaus für die intensivierte Therapie sprechen, gab die Studie auf die Frage, ob die ho- he Dosis das Leben verlängert, eine be- unruhigende Antwort. Insgesamt war die Zahl der Toten in beiden Gruppen identisch, aber offenbar hatte die 80- Milligramm-Dosis für eine Verschie- bung der Todesursachen gesorgt. Von 1 000 mit 10 Milligramm Atorvastatin behandelten Patienten waren 31 an Herzkrankheiten gestorben und 25 an anderen Todesursachen, zusammen al- so 56. Unter der 80-Milligramm-Dosis lag die Gesamtzahl der Toten bei 57 pro 1 000: Zwar waren in dieser Gruppe sechs Patienten weniger an Herz-Kreis- lauf-Komplikationen gestorben, doch dafür hatten andere Todesursachen sie- ben zusätzliche Opfer gefordert.

Experten rätseln, was die Ursache dieser Zunahme sein könnte. Nach den Daten verteilt sich der Anstieg auf meh- rere Todesursachen, ohne dass eine ein-

zelne besonders herausragt. Die Auto- ren betonten, dass die Studie nicht groß genug war, um eindeutige Auswirkungen auf andere Todesursachen nachzuwei- sen. Der US-Kardiologe Bertram Pitt kommentiert das Ergebnis mit Vorsicht:

„Der Anstieg der nicht durch Herz- Kreislauf-Komplikationen bedingten To- desursachen könnte zwar Zufall sein, er ist aber Grund zur Besorgnis.“

Nach den Daten scheint es, dass es mindestens drei Gruppen von Patien- ten gibt. Für die große Mehrzahl – etwa 950 von 1 000 Patienten – macht es demnach keinen Unterschied, ob sie mit der 10- oder der 80-Milligramm- Dosis behandelt werden. Dann gibt es 40 bis 45 von 1 000 Patienten, denen die Therapie zumindest über fünf Jahre ei- ne Herz-Kreislauf-Komplikation erspart.

Es gibt aber eben möglicherweise unter 1 000 Patienten auch eine Gruppe von etwa sieben Patienten, denen die Be- handlung mit 80 Milligramm Atorvasta- tin das Leben verkürzt.

Die Bewertung der 80-Milligramm- Dosis wird da zu einer heiklen Abwä- gung, bei der auch die Prioritäten des Patienten eine entscheidende Rolle spielen müssen. „Wenn das primäre Ziel darin besteht, das Leben zu verlän- gern, gibt es keinen Unterschied zwi- schen beiden Dosierungen“, sagt Prof.

Dr. med. Heiner Berthold, Geschäfts- führer der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft.

Ein Ausweg aus dem Dilemma wäre, wenn man die Patienten erkennen könnte, die von der 80-Milligramm-Do- sis einen größeren Nutzen haben, sagt Assmann. Er plädiert dafür, den Einsatz der 80-Milligramm-Dosis auf „Patien- ten zu beschränken, die nach einem er- sten Herzinfarkt wegen zusätzlicher Ri- sikofaktoren ein extrem hohes Risiko für einen zweiten Infarkt haben“.

Die Studie lässt auch keine Rück- schlüsse zu, ob die potenzielle Verschie- bung der Todesursachen eine Konse- quenz der aggressiven Cholesterinsen- kung ist oder eine spezifische Wirkung der hohen Atorvastatin-Dosis. Auch mit anderen Konzepten zur aggressiven Sen- kung von Cholesterin, etwa der Kombi- nation verschiedener Medikamente,

„müsse man nach diesen Daten vorsich- tig sein, solange ihre Sicherheit nicht er- wiesen ist“, sagt Assmann. Klaus Koch M E D I Z I N R E P O R T

Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 1011. März 2005 AA641

Koronare Herzkrankheit

Die Grenzen der Statine

Der Einsatz von 80 Milligramm Atorvastatin zeigt

widersprüchliche Ergebnisse.

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